Be­schluss vom 08.01.2025 -
BVer­wG 2 B 32.24ECLI:DE:BVer­wG:2025:080125B2B32.24.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 B 32.24

  • VG Dres­den - 29.10.2019 - AZ: 10 K 1847/16.D
  • OVG Baut­zen - 22.03.2024 - AZ: 12 A 328/20.D

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 8. Ja­nu­ar 2025
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Kennt­ner, den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. von der Wei­den
und die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Schübel-Pfis­ter
be­schlos­sen:

  1. Die Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Säch­si­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 22. März 2024 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der Klä­ger trägt die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens.

Grün­de

1 Der Klä­ger er­strebt ein Dis­zi­pli­na­r­ur­teil, mit dem der Be­klag­ten das Ru­he­ge­halt ab­erkannt wird.

2 1. Die ... ge­bo­re­ne Be­klag­te wur­de 1989 in den Dienst der Deut­schen Volks­po­li­zei ein­ge­stellt und spä­ter im säch­si­schen Lan­des­dienst bis zur Po­li­zei­ober­meis­te­rin (Be­sol­dungs­grup­pe A 8) be­för­dert. Seit Ju­ni 2012 leis­te­te sie krank­heits­be­dingt kei­nen Dienst mehr und wur­de im Jahr 2015 we­gen Dienst­un­fä­hig­keit vor­zei­tig in den Ru­he­stand ver­setzt.

3 Durch Ur­teil ei­nes Amts­ge­richts vom Au­gust 2012 wur­de die Be­klag­te we­gen Dieb­stahls in zwei Fäl­len zu ei­ner Ge­samt­geld­stra­fe von 25 Ta­ges­sät­zen ver­ur­teilt und im Üb­ri­gen frei­ge­spro­chen. Das ge­mäß § 267 Abs. 4 StPO ab­ge­kürz­te Ur­teil ent­hält fol­gen­de tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen: "Am 31.08.2011 ent­wen­de­te sie in dem Fri­sör­ge­schäft der Zeu­gin 70,- € aus der Hand­ta­sche der Zeu­gin, ver­ließ das Fri­sör­ge­schäft, um das Geld für sich zu ver­wen­den. Am 24.09.2011 ent­wen­de­te die An­ge­klag­te aus der Hand­ta­sche der Zeu­gin 60,- €. Sie ver­ließ mit dem Geld das Fri­sör­ge­schäft und ver­wand­te das Geld für sich." Im Sep­tem­ber 2012 lei­te­te der Lei­ter der Po­li­zei­di­rek­ti­on ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren ge­gen die Be­klag­te ein und dehn­te es noch im sel­ben Jahr mehr­fach aus. Im April 2013 ent­hob er die Be­klag­te vor­läu­fig des Diens­tes und im Sep­tem­ber 2016 hat er Dis­zi­pli­nar­k­la­ge er­ho­ben.

4 Im Jahr 2018 hat die Dis­zi­pli­nar­kam­mer Be­weis er­ho­ben zu der Fra­ge, ob bei der Be­klag­ten bei Be­ge­hung der ihr vor­ge­wor­fe­nen Dienst­pflicht­ver­let­zun­gen die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der Ein­gangs­merk­ma­le der §§ 20, 21 StGB vor­la­gen, durch Ein­ho­lung ei­nes fo­ren­sisch-psych­ia­tri­schen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ei­nes Fach­arz­tes für Psych­ia­trie und Psy­cho­the­ra­pie und Lei­ter des For­schungs­be­reichs Fo­ren­si­sche Psych­ia­trie der Po­li­kli­nik für Psych­ia­trie und Psy­cho­the­ra­pie ei­nes Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums. Das von dem Sach­ver­stän­di­gen er­stat­te­te Gut­ach­ten vom April 2018 kommt zu dem Er­geb­nis, dass die Be­klag­te an ei­ner Per­sön­lich­keits­ak­zen­tu­ie­rung lei­de, die seit dem Ju­gend­al­ter in ver­schie­de­nen Le­bens­be­rei­chen, ins­be­son­de­re wohl bei Part­ner­schaf­ten und am Ar­beits­platz, zu Be­ein­träch­ti­gun­gen ge­führt ha­be. Ih­re Be­zie­hungs­ge­stal­tung und Kon­flikt­be­wäl­ti­gung schie­nen durch Schul­dat­tri­bu­tie­rung, Un­rei­fe, Pas­si­vi­tät, De­pen­denz, feh­len­de Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me, Nei­gung zu De­pres­si­vi­tät und So­ma­ti­sie­rung ge­prägt. Dies stel­le den bio­gra­fi­schen Hin­ter­grund dar, vor dem wo­mög­lich ei­ni­ge Hand­lun­gen in ih­rer Mo­ti­va­ti­on ver­steh­bar wür­den. Dies sei je­doch oh­ne Ent­spre­chung ei­nes Ein­gangs­merk­mals des § 20 StGB und kon­se­ku­tiv oh­ne po­si­ti­ven Hin­weis auf ei­ne Fä­hig­keits­be­ein­träch­ti­gung ent­spre­chend §§ 20, 21 StGB. Sach­ver­stän­dig wür­den die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der §§ 20, 21 StGB nicht be­rührt ge­se­hen.

5 Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat ein Dienst­ver­ge­hen der Be­klag­ten we­gen der bei­den straf­ge­richt­lich sank­tio­nier­ten Dieb­stahls­hand­lun­gen, der nicht ord­nungs­ge­mä­ßen Ver­wah­rung ih­rer Dienst­waf­fe im März 2012 und der Nicht­an­zei­ge ih­rer Ne­ben­tä­tig­keit als Be­ra­te­rin für ei­ne Fir­ma an­ge­nom­men und der Be­klag­ten das Ru­he­ge­halt ab­erkannt. Recht­fer­ti­gungs- und Schuld­aus­schlie­ßungs­grün­de oder An­halts­punk­te für ei­ne ver­min­der­te Schuld­fä­hig­keit (§§ 20, 21 StGB) lä­gen nicht vor. Die Be­klag­te sei auch nicht in ih­rer tat­be­zo­ge­nen Ein­sichts- und Steue­rungs­fä­hig­keit be­ein­träch­tigt ge­we­sen. Wie der Gut­ach­ter in sei­nem Gut­ach­ten vom 20. April 2018, der er­gän­zen­den Äu­ße­rung vom 21. Sep­tem­ber 2018 so­wie in sei­ner Aus­sa­ge in der münd­li­chen Ver­hand­lung über­zeu­gend dar­ge­legt ha­be, lie­ge bei der Be­klag­ten zwar ei­ne krank­haf­te Per­sön­lich­keits­ak­zen­tu­ie­rung vor, die aber die Ein­gangs­merk­ma­le der tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 20 StGB nicht er­rei­che.

6 Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Dis­zi­pli­nar­k­la­ge ab­ge­wie­sen. Weil das Dienst­ver­ge­hen der Be­klag­ten un­ter Be­rück­sich­ti­gung sämt­li­cher für die Be­mes­sung re­le­van­ter Um­stän­de des Falls mit der Kür­zung des Ru­he­ge­halts zu ahn­den ge­we­sen wä­re und für die­se Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me ein Maß­nah­me­ver­bot we­gen Zeit­ab­laufs vor­lie­ge, dür­fe die­se Maß­nah­me nicht aus­ge­spro­chen wer­den und sei die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Bei der straf­ge­richt­li­chen Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten we­gen der bei­den Dieb­stäh­le sei mit den ent­wen­de­ten Be­trä­gen von 70 € und 60 €, ins­ge­samt 130 €, zwar kein ge­ring­wer­ti­ger Scha­den ent­stan­den; die Schwel­le hier­für lie­ge bei 50 €. Al­ler­dings sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass die­ser Scha­den eher im un­te­ren Be­reich lie­ge. Vor al­lem ent­las­te­ten die Be­klag­te ih­re ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen, die bei Be­ge­hung der hier in Re­de ste­hen­den Vor­wür­fe akut ge­we­sen sei­en. Die­se er­füll­ten zwar nicht die An­for­de­run­gen der Ein­gangs­merk­ma­le i. S. v. §§ 20, 21 StGB, sei­en aber in un­mit­tel­ba­rer Nä­he zum Dienst­ver­ge­hen so aus­ge­prägt ge­we­sen, dass sie ei­ne sta­tio­nä­re Be­hand­lung der Be­klag­ten er­for­der­lich ge­macht hät­ten. Nach dem Gut­ach­ten vom 20. April 2018 lei­de die Be­klag­te an ei­ner Per­sön­lich­keits­ak­zen­tu­ie­rung, die zu Be­ein­träch­ti­gun­gen füh­re. Ih­re Be­zie­hungs­ge­stal­tung und Kon­flikt­be­wäl­ti­gung schie­nen durch Schul­dat­tri­bu­tie­rung, Un­rei­fe, Pas­si­vi­tät, De­pen­denz, feh­len­de Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me, Nei­gung zu De­pres­si­vi­tät und So­ma­ti­sie­rung ge­prägt zu sein. Vom 6. Sep­tem­ber 2011 bis zum 18. Ok­to­ber 2011 ha­be sich die Be­klag­te in sta­tio­nä­rer Be­hand­lung be­fun­den und sei dort un­ter an­de­rem we­gen ei­ner Per­sön­lich­keits­stö­rung und ei­ner mit­tel­gra­dig de­pres­si­ven Epi­so­de be­han­delt wor­den. Ih­re Ein­las­sung zur Recht­fer­ti­gung ih­rer Dieb­stäh­le, die be­stoh­le­ne Per­son ha­be ihr Geld für Ker­zen ge­schul­det, dürf­te da­mit im Zu­sam­men­hang ste­hen und zum Zeit­punkt der Be­ge­hung der Dieb­stäh­le be­son­ders aus­ge­prägt ge­we­sen sein, denn der ers­te Dieb­stahl sei kurz vor An­tritt und der zwei­te Dieb­stahl wäh­rend der me­di­zi­ni­schen Be­hand­lung im Rah­men ei­nes Be­suchs bei der da­mals mit ihr be­freun­de­ten Per­son be­gan­gen wor­den. Dies zu­grun­de ge­legt und in An­be­tracht der bei­den wei­te­ren Pflicht­ver­let­zun­gen - dem sorg­falts­wid­ri­gen Um­gang mit der Dienst­waf­fe und der feh­len­den An­zei­ge der Tä­tig­keit als Be­ra­te­rin für ein Un­ter­neh­men, die von der Be­klag­ten eher als Hob­by be­trach­tet wor­den sei –, die nicht er­heb­lich er­schwe­rend wirk­ten, er­schei­ne die Kür­zung des Ru­he­ge­halts vor­lie­gend als tat- und schuldan­ge­mes­sen.

7 2. Die auf die Zu­las­sungs­grün­de des Ver­fah­rens­feh­lers (§ 70 SächsDG i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO) und der grund­sätz­li­chen Be­deu­tung (§ 70 SächsDG i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) ge­stütz­te Be­schwer­de des Klä­gers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on hat kei­nen Er­folg.

8 a) Die von der Be­schwer­de gel­tend ge­mach­ten Ver­fah­rens­feh­ler (§ 70 SächsDG i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO) lie­gen nicht vor.

9 aa) Die Be­schwer­de rügt als ob­jek­tiv will­kür­li­che Be­weis­wür­di­gung und als Ver­stoß ge­gen Denk­ge­set­ze und all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze, dass das Be­ru­fungs­ge­richt trotz der gut­ach­ter­lich fest­ge­stell­ten un­ein­ge­schränk­ten Schuld­fä­hig­keit blo­ße Per­sön­lich­keits­ak­zen­tu­ie­run­gen deut­lich un­ter­halb der Schwel­le der Ein­gangs­merk­ma­le der tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen der §§ 20, 21 StGB als Mil­de­rungs­grund an­ge­se­hen ha­be, der ein Ab­se­hen von der dis­zi­pli­na­ren Höchst­maß­nah­me recht­fer­ti­ge. Da­mit ist ein Ver­stoß ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz aber nicht dar­ge­tan.

10 Ge­mäß § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO ent­schei­det das Ge­richt nach sei­ner frei­en, aus dem Ge­samt­er­geb­nis des Ver­fah­rens ge­won­ne­nen Über­zeu­gung. Die Frei­heit, die der Über­zeu­gungs­grund­satz dem Tat­sa­chen­ge­richt zu­ge­steht, be­zieht sich nicht auf die Aus­le­gung des an­zu­wen­den­den Rechts, son­dern auf die Be­wer­tung der für die Fest­stel­lung des Sach­ver­halts ma­ß­ge­ben­den Um­stän­de. § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO ver­langt, dass das Ge­richt sei­ner Über­zeu­gungs­bil­dung das Ge­samt­er­geb­nis des Ver­fah­rens zu­grun­de legt. Dar­aus er­wächst die Ver­pflich­tung des Ta­trich­ters, der Über­zeu­gungs­bil­dung den im Ver­fah­ren fest­ge­stell­ten Sach­ver­halt voll­stän­dig und rich­tig zu­grun­de zu le­gen. Das Tat­sa­chen­ge­richt darf nicht in der Wei­se ver­fah­ren, dass es ein­zel­ne er­heb­li­che Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen oder Be­weis­er­geb­nis­se nicht in die recht­li­che Wür­di­gung ein­be­zieht, ins­be­son­de­re Um­stän­de über­geht, de­ren Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit sich ihm hät­te auf­drän­gen müs­sen. In sol­chen Fäl­len fehlt es an ei­ner trag­fä­hi­gen Tat­sa­chen­grund­la­ge für die in­ne­re Über­zeu­gungs­bil­dung des Ge­richts, auch wenn die dar­auf ba­sie­ren­de recht­li­che Wür­di­gung als sol­che nicht zu be­an­stan­den ist. Da­ge­gen ist die Ein­hal­tung der ver­fah­rens­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Sach­ver­halts- und Be­weis­wür­di­gung durch das Tat­sa­chen­ge­richt nicht schon dann in Fra­ge ge­stellt, wenn ein Be­tei­lig­ter das vor­lie­gen­de Tat­sa­chen­ma­te­ri­al an­ders wür­digt oder aus ihm an­de­re Schlüs­se zie­hen will als das Ge­richt (stRspr, vgl. zu­letzt BVer­wG, Be­schlüs­se vom 2. Mai 2024 - 2 B 24.23 - NVwZ 2024, 1938 Rn. 12 und vom 10. De­zem­ber 2024 - 2 B 19.24 - ju­ris Rn. 13, je­weils m. w. N.).

11 Wel­ches recht­li­che Ge­wicht das Dis­zi­pli­nar­ge­richt ei­nem von ihm als ent­las­tend an­ge­se­he­nen Um­stand bei der Be­mes­sungs­ent­schei­dung bei­misst, ist ei­ne Fra­ge des ma­te­ri­el­len Rechts, nicht des Ver­fah­rens­rechts. Der Klä­ger be­an­stan­det mit sei­ner Rü­ge nicht die Be­weis­wür­di­gung des Be­ru­fungs­ge­richts, son­dern des­sen recht­li­che Schluss­fol­ge­rung aus dem - zwi­schen den Be­tei­lig­ten in­so­weit nicht um­strit­te­nen - Be­weis­er­geb­nis.

12 bb) Die Be­schwer­de rügt au­ßer­dem als ak­ten­wid­ri­ge Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­klag­ten in un­mit­tel­ba­rer (zeit­li­cher) Nä­he zum Dienst­ver­ge­hen so aus­ge­prägt ge­we­sen sei­en, dass sie ei­ne sta­tio­nä­re Be­hand­lung er­for­dert hät­ten.

13 Die Ver­fah­rens­rü­ge der ak­ten­wid­ri­gen Fest­stel­lung des Sach­ver­halts setzt die schlüs­sig vor­ge­tra­ge­ne Be­haup­tung vor­aus, zwi­schen den in der an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dung ge­trof­fe­nen tat­säch­li­chen An­nah­men und dem in­so­weit un­um­strit­te­nen Ak­ten­in­halt sei ein Wi­der­spruch ge­ge­ben. Die­ser Wi­der­spruch muss of­fen­sicht­lich sein, so­dass es ei­ner wei­te­ren Be­weis­er­he­bung zur Klä­rung des rich­ti­gen Sach­ver­halts nicht be­darf; der Wi­der­spruch muss al­so "zwei­fels­frei" sein (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 2. Fe­bru­ar 1984 - 6 C 134.81 - BVer­w­GE 68, 338; Be­schlüs­se vom 19. No­vem­ber 1997 - 4 B 182.97 - Buch­holz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1, vom 2. No­vem­ber 1999 - 4 BN 41.99 - UPR 2000, 226 f. und vom 14. De­zem­ber 2023 - 2 B 18.23 - ju­ris Rn. 8). Liegt hier­nach ei­ne ak­ten­wid­ri­ge Fest­stel­lung vor, ver­letzt dies den Grund­satz der frei­en Be­weis­wür­di­gung und das Ge­bot der sach­ge­rech­ten Aus­schöp­fung des vor­han­de­nen Pro­zess­stoffs nach § 86 Abs. 1 und § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 23. No­vem­ber 2016 - 4 C 2.16 - BVer­w­GE 156, 336 Rn. 23; Be­schlüs­se vom 19. No­vem­ber 1997 - 4 B 182.97 - Buch­holz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 S. 1 m. w. N., vom 12. De­zem­ber 2019 - 2 B 3.19 - ju­ris Rn. 12, vom 4. Ja­nu­ar 2023 ‌- 2 B 22.22 - ju­ris Rn. 28 ff. und vom 13. Ju­li 2023 - 2 C 3.22 - ju­ris Rn. 18).

14 § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO ist ver­letzt bei ei­ner ak­ten­wid­ri­gen, ge­gen die Denk­ge­set­ze ver­sto­ßen­den oder sonst von ob­jek­ti­ver Will­kür ge­präg­ten Sach­ver­halts­wür­di­gung, et­wa bei denk­feh­ler­haf­ten, aus Grün­den der Lo­gik schlech­ter­dings un­mög­li­chen oder sonst will­kür­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen von In­di­zi­en auf Haupt­tat­sa­chen (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 19. Ja­nu­ar 1990 - 4 C 28.89 - BVer­w­GE 84, 271 <273 f.>; Be­schlüs­se vom 6. März 2008 - 7 B 13.08 u. a. - Buch­holz 310 § 108 Abs. 1 Vw­GO Nr. 54 Rn. 8 und vom 22. Mai 2008‌ - 9 B 34.07 - Buch­holz 442.09 § 18 AEG Nr. 65 Rn. 22). Ein Denk­feh­ler in die­sem Sin­ne liegt al­ler­dings nicht be­reits dann vor, wenn die ta­trich­ter­li­che Wür­di­gung auch an­ders hät­te aus­fal­len kön­nen. Denk­ge­set­ze wer­den durch Schluss­fol­ge­run­gen nur dann ver­letzt, wenn nach dem ge­ge­be­nen Sach­ver­halt nur ei­ne ein­zi­ge Fol­ge­rung ge­zo­gen wer­den kann, je­de an­de­re Fol­ge­rung aus Grün­den der Lo­gik schlech­ter­dings un­mög­lich ist und das Ge­richt die al­lein mög­li­che Fol­ge­rung nicht ge­zo­gen hat (BVer­wG, Be­schlüs­se vom 18. Fe­bru­ar 1972 - 8 B 3.72 u. a. - Buch­holz 310 § 108 Vw­GO Nr. 62 S. 28, vom 6. März 2008 - 7 B 13.08 - Buch­holz 310 § 108 Abs. 1 Vw­GO Nr. 54 Rn. 8 und vom 11. Ju­li 2022 - 2 B 31.21 - Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 111 Rn. 24). Über­prüft wer­den kann auch, ob das Tat­sa­chen­ge­richt all­ge­mei­ne Sach­ver­halts- und Be­weis­wür­di­gungs­grund­sät­ze ver­letzt hat, et­wa ob es ge­gen das Ver­bot se­lek­ti­ver Ver­wer­tung des Pro­zess­stoffs (BVer­wG, Ur­teil vom 20. März 1990 - 9 C 91.89 - BVer­w­GE 85, 92 <95> und Be­schluss vom 20. Au­gust 2003 - 1 B 463.02 - Buch­holz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 275 S. 100), ob es ge­gen das Ge­bot ra­tio­na­ler, um Ob­jek­ti­vi­tät be­müh­ter Be­ur­tei­lung ver­sto­ßen (BVer­wG, Be­schluss vom 2. No­vem­ber 1995 - 9 B 710.94 - Buch­holz 310 § 108 Vw­GO Nr. 266 S. 20) oder ob es den ihm ge­zo­ge­nen Be­ur­tei­lungs­rah­men über­schrit­ten hat, sei es da­durch, dass es von ei­nem zwei­fels­frei un­rich­ti­gen oder un­voll­stän­di­gen Sach­ver­halt aus­ge­gan­gen ist, ins­be­son­de­re ob es in das Ver­fah­ren ein­ge­führ­te Um­stän­de über­gan­gen hat, de­ren Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit sich auf­drängt (BVer­wG, Ur­tei­le vom 2. Fe­bru­ar 1984 - 6 C 134.81 - BVer­w­GE 68, 338 <339 f.> und vom 5. Ju­li 1994 - 9 C 158.94 - BVer­w­GE 96, 200 <208 f.>), sei es, dass es ge­setz­li­che Be­weis­re­geln, all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze, un­um­strit­te­ne Ge­schichtstat­sa­chen oder gar die Denk­ge­set­ze miss­ach­tet hat (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schlüs­se vom 2. No­vem­ber 1995 - 9 B 710.94 - Buch­holz 310 § 108 Vw­GO Nr. 266 S. 20 und vom 11. Ju­li 2022 - 2 B 31.21 - Buch­holz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 111 Rn. 25; vgl. zum Gan­zen BVer­wG, Be­schluss vom 19. De­zem­ber 2023 - 2 B 43.22 - ju­ris Rn. 24 ff.).

15 Die Be­schwer­de führt in­so­weit an, dass die Be­klag­te bei ih­rer psych­ia­tri­schen Be­gut­ach­tung selbst aus­ge­führt ha­be, sie sei an den bei­den Ta­gen des Dieb­stahls si­cher nicht al­ko­ho­li­siert oder sonst wie be­ein­träch­tigt ge­we­sen, beim zwei­ten Dieb­stahl sei sie fahr­taug­lich ge­we­sen und es sei ihr auch nicht sehr schlecht ge­gan­gen. Sie ver­weist au­ßer­dem dar­auf, dass der Gut­ach­ter ins­be­son­de­re aus­ge­führt ha­be, dass ei­ne ab­ge­ur­teil­te Hand­lung zeit­lich in ei­ne Re­ha-Maß­nah­me fal­le, wo bei Auf­nah­me und im Ver­lauf bis zur fol­gen­den Straf­an­zei­ge kei­ne kli­nisch si­gni­fi­kan­ten Sym­pto­me ei­ner psy­chi­schen Stö­rung no­tiert sei­en, nicht ein­mal ei­ne De­pres­si­on oder schäd­li­cher Al­ko­hol­ge­brauch bei Auf­nah­me. Vor die­sem Hin­ter­grund er­schei­ne die ei­ge­ne Wür­di­gung des Ge­richts los­ge­löst von der Ak­ten­la­ge bzw. den ein­deu­tig for­mu­lier­ten gut­ach­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen. Den in­so­weit be­reits kon­stru­iert wir­ken­den mil­dern­den Um­stän­den wer­de da­mit ein un­zu­tref­fen­des Ge­wicht ver­lie­hen, das in der Ent­schei­dung will­kür­lich zur Be­rück­sich­ti­gung von tat­säch­lich nicht ge­ge­be­nen Ent­las­tungs­grün­den füh­re.

16 Da­mit ist ei­ne ak­ten­wid­ri­ge Fest­stel­lung nicht dar­ge­tan. Dass die Be­klag­te bei den bei­den Dieb­stahls­hand­lun­gen sich selbst nicht in be­son­de­rer Wei­se be­las­tet ge­fühlt hat und auch beim Kli­nik­auf­ent­halt kei­ne kli­nisch si­gni­fi­kan­ten Sym­pto­me ei­ner psy­chi­schen Stö­rung fest­ge­stellt wor­den sind, steht nicht in ei­nem un­auf­lös­ba­ren Wi­der­spruch zu der Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­klag­ten in un­mit­tel­ba­rer zeit­li­cher Nä­he zu den Dienst­ver­ge­hen so aus­ge­prägt wa­ren, dass sie ei­ne sta­tio­nä­re Be­hand­lung er­for­der­lich ge­macht ha­ben. Das Be­ru­fungs­ge­richt stellt dar­auf ab, dass die - lang­jäh­ri­gen - psy­chi­schen Be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­klag­ten zum frag­li­chen Zeit­punkt ei­nen sta­tio­nä­ren Kli­nik­auf­ent­halt er­for­dert hät­ten; die Be­schwer­de nimmt in den Blick, dass die­se Be­ein­träch­ti­gun­gen von der Be­klag­ten sub­jek­tiv als nicht be­son­ders schwer­wie­gend und vom me­di­zi­ni­schen Sach­ver­stän­di­gen als nicht kli­nisch si­gni­fi­kant ein­ge­ord­net wur­den. Dies be­trifft ver­schie­de­ne As­pek­te der psy­chi­schen Be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­klag­ten, ist aber nicht wi­der­sprüch­lich.

17 Letzt­lich zielt auch die­se Ver­fah­rens­rü­ge auf die ma­te­ri­el­le Rich­tig­keit der Be­mes­sungs­ent­schei­dung, in­dem sie gel­tend macht, die fest­ge­stell­ten ge­sund­heit­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen hät­ten sich nicht in der Wei­se maß­nah­me­mil­dernd aus­wir­ken dür­fen, wie es das Be­ru­fungs­ge­richt für an­ge­mes­sen ge­hal­ten ha­be. Wel­ches recht­li­che Ge­wicht das Dis­zi­pli­nar­ge­richt ei­nem von ihm als ent­las­tend an­ge­se­he­nen Um­stand bei der Be­mes­sungs­ent­schei­dung bei­misst, ist aber - wie be­reits aus­ge­führt - ei­ne Fra­ge des ma­te­ri­el­len Rechts, nicht des Ver­fah­rens­rechts.

18 b) Die von der Be­schwer­de au­ßer­dem gel­tend ge­mach­te grund­sätz­li­che Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 70 SächsDG i. V. m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) ist eben­falls nicht ge­ge­ben.

19 Ei­ne Rechts­sa­che hat grund­sätz­li­che Be­deu­tung i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO, wenn sie ei­ne Fra­ge des re­vi­si­blen Rechts von all­ge­mei­ner, über den Ein­zel­fall hin­aus­rei­chen­der Be­deu­tung auf­wirft, die im kon­kre­ten Fall ent­schei­dungs­er­heb­lich ist. Ein der­ar­ti­ger Klä­rungs­be­darf be­steht nicht, wenn die Rechts­fra­ge be­reits ge­klärt ist oder auf der Grund­la­ge der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung mit Hil­fe der an­er­kann­ten Aus­le­gungs­re­geln auch oh­ne Durch­füh­rung ei­nes Re­vi­si­ons­ver­fah­rens ein­deu­tig be­ant­wor­tet wer­den kann oder wenn sie ei­ner abs­trak­ten Klä­rung nicht zu­gäng­lich ist (stRspr, vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 24. Ja­nu­ar 2011 - 2 B 2.11 - ju­ris Rn. 4, vom 22. Mai 2013 - 1 B 25.12 -‌ Buch­holz 402.242 § 7 Auf­en­thG Nr. 7 Rn. 3, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 -‌ Buch­holz 310 § 132 Abs. 2 Zif­fer 2 Vw­GO Nr. 20 Rn. 9, vom 24. April 2017 - 1 B 70.17 - Buch­holz 310 § 132 Abs. 2 Zif­fer 1 Vw­GO Nr. 68 Rn. 3 und vom 20. De­zem­ber 2023 - 2 B 19.23 - ju­ris Rn. 16).

20 Die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO er­for­der­li­che Dar­le­gung des Zu­las­sungs­grun­des der grund­sätz­li­chen Be­deu­tung der Rechts­sa­che i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO setzt vor­aus, dass der Be­schwer­de­füh­rer ei­ne kon­kre­te Fra­ge des re­vi­si­blen Rechts be­zeich­net und auf­zeigt, dass die­se Fra­ge so­wohl im kon­kre­ten Fall ent­schei­dungs­er­heb­lich als auch all­ge­mein klä­rungs­be­dürf­tig ist. Aus der Be­schwer­de­be­grün­dung muss sich er­ge­ben, dass ei­ne die Be­ru­fungs­ent­schei­dung tra­gen­de recht­li­che Er­wä­gung des Be­ru­fungs­ge­richts im In­ter­es­se der Rechts­ein­heit oder der Rechts­fort­bil­dung der Nach­prü­fung in ei­nem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­darf (stRspr, vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 6. Ja­nu­ar 2012 - 2 B 113.11 - ju­ris Rn. 6, vom 6. Ok­to­ber 2016 - 2 B 80.15 - ju­ris Rn. 6 und vom 10. Ja­nu­ar 2024 - 2 B 16.23 - ju­ris Rn. 8).

21 aa) Die Fra­ge,
"ob es recht­mä­ßig ist, dass das Ge­richt sich über die über­zeu­gen­den Fest­stel­lun­gen ei­nes psych­ia­tri­schen Gut­ach­tens hin­weg­set­zen und aus dem Gut­ach­ten­in­halt will­kür­lich ei­ge­ne Schlüs­se kon­stru­ie­ren kann, wel­che so­dann als Ent­las­tungs­grün­de mit ei­nem ih­nen nicht zu­kom­men­den Ge­wicht in die Be­mes­sung ei­ner Dis­zi­pli­nar­k­la­ge ein­ge­stellt wer­den",
recht­fer­tigt nicht die Zu­las­sung der Re­vi­si­on, weil sie sich in ei­nem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht stel­len wür­de; wie sich aus den obi­gen Aus­füh­run­gen zur Ver­fah­rens­rü­ge er­gibt, hat sich das Be­ru­fungs­ge­richt we­der über Fest­stel­lun­gen ei­nes psych­ia­tri­schen Gut­ach­tens hin­weg­ge­setzt noch aus dem Gut­ach­ten­in­halt will­kür­lich ei­ge­ne Schlüs­se kon­stru­iert.

22 Auch wenn man der for­mu­lier­ten Fra­ge im We­ge rechts­schutz­freund­li­cher Aus­le­gung die Fra­ge ent­näh­me, mit wel­chem Ge­wicht un­ter­halb der Schwel­le der §§ 20, 21 StGB lie­gen­de Ein­schrän­kun­gen in ei­ne dis­zi­pli­na­re Be­mes­sungs­ent­schei­dung ein­flie­ßen kön­nen, recht­fer­tig­te dies nicht die Zu­las­sung der Re­vi­si­on. Die Grund­sät­ze zur Be­stim­mung der an­ge­mes­se­nen Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me durch die Dis­zi­pli­nar­ge­rich­te auf der Grund­la­ge von § 13 SächsDG (ent­spricht § 13 BDG a. F.) sind - so­weit sie in ver­all­ge­mei­ne­rungs­fä­hi­ger Form for­mu­liert wer­den kön­nen - in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts ge­klärt (vgl. zu­letzt BVer­wG, Be­schluss vom 10. De­zem­ber 2024 - 2 B 19.24 - ju­ris Rn. 9).

23 Die Ent­schei­dung über ei­ne Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me er­geht nach pflicht­ge­mä­ßem Er­mes­sen. Hat der Be­am­te durch ein schwe­res Dienst­ver­ge­hen das Ver­trau­en des Dienst­herrn oder der All­ge­mein­heit end­gül­tig ver­lo­ren, so ist er auf die vom Dienst­herrn er­ho­be­ne Dis­zi­pli­nar­k­la­ge hin vom Ge­richt aus dem Be­am­ten­ver­hält­nis zu ent­fer­nen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 SächsDG).

24 Die Schwe­re des Dienst­ver­ge­hens ist Aus­gangs­punkt und rich­tungs­wei­sen­des Kri­te­ri­um für die Be­mes­sung der er­for­der­li­chen Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me, die im pflicht­ge­mä­ßen Er­mes­sen des Ge­richts liegt. Bei ei­nem straf­ba­ren Ver­hal­ten des Be­am­ten dient als Ori­en­tie­rung für die Schwe­re des Dienst­ver­ge­hens der zum Tat­zeit­punkt gel­ten­de Straf­rah­men. Mit der ge­setz­li­chen Straf­an­dro­hung hat der Ge­setz­ge­ber sei­ne Ein­schät­zung zum Un­wert ei­nes Ver­hal­tens ei­nes Be­am­ten ver­bind­lich zum Aus­druck ge­bracht. Die­se ge­setz­li­che Wer­tung ist Maß­stab für die Be­ur­tei­lung, in wel­chem Maß der Be­am­te durch sein straf­ba­res Ver­hal­ten ei­ne dis­zi­pli­nar­recht­lich be­deut­sa­me Schä­di­gung des An­se­hens des öf­fent­li­chen Diens­tes her­bei­ge­führt hat. Sieht das Straf­ge­setz für die in­ner­dienst­lich un­ter Aus­nut­zung der Dienst­stel­lung be­gan­ge­ne Ver­feh­lung als Straf­rah­men ei­ne Frei­heits­stra­fe von bis zu drei Jah­ren vor, reicht nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts der Ori­en­tie­rungs­rah­men für die mög­li­che Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me bis zur Ent­fer­nung aus dem Be­am­ten­ver­hält­nis als dis­zi­pli­nar­recht­li­che Höchst­maß­nah­me (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schluss vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - Buch­holz 235.1 § 13 BDG Nr. 55 Rn. 11 m. w. N.).

25 Mit der Fest­le­gung des Ori­en­tie­rungs­rah­mens wird le­dig­lich die Band­brei­te der für das kon­kre­te Dienst­ver­ge­hen in Be­tracht kom­men­den Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me in ei­nem ers­ten Schritt be­stimmt. Die wei­te­ren Schrit­te zur Fest­le­gung der Dis­zi­pli­nar­maß­nah­me, ob der Ori­en­tie­rungs­rah­men aus­ge­schöpft oder in­ner­halb die­ses Rah­mens Ab­stu­fun­gen an­zu­neh­men sind, be­tref­fen Fra­gen des kon­kre­ten Ein­zel­falls und der dem Dis­zi­pli­nar­ge­richt auf­ge­ge­be­nen Wür­di­gung sämt­li­cher be- und ent­las­ten­den Um­stän­de. Da­bei sind ins­be­son­de­re die dem Be­am­ten zur Last fal­len­den Um­stän­de, die den Un­rechts­ge­halt der kon­kret be­gan­ge­nen Straf­tat kenn­zeich­nen (Um­stän­de der Tat­be­ge­hung als ob­jek­ti­ve so­wie sub­jek­ti­ve Hand­lungs­merk­ma­le, Form und Ge­wicht der Schuld und die Be­weg­grün­de des Be­am­ten für sein pflicht­wid­ri­ges Ver­hal­ten) zu be­rück­sich­ti­gen und zu wür­di­gen (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schluss vom 30. März 2022 - 2 B 46.21 - Buch­holz 235.1 § 13 BDG Nr. 55 Rn. 12 m. w. N.).

26 Zu den bei der Be­mes­sungs­ent­schei­dung zu be­rück­sich­ti­gen­den be- und ent­las­ten­den Um­stän­den zäh­len auch ge­sund­heit­li­che Be­ein­träch­ti­gun­gen des Be­am­ten im Tat­zeit­raum, die zwar nicht die ho­hen An­for­de­run­gen ei­nes Ein­gangs­merk­mals i. S. v. § 20 StGB er­fül­len, die aber den­noch für die Kri­te­ri­en des § 13 BDG re­le­vant sind. Die in der Recht­spre­chung des Dis­zi­pli­nar­se­nats des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts ent­wi­ckel­ten und "an­er­kann­ten" Mil­de­rungs­grün­de sind nicht als ab­schlie­ßen­der Ka­non der al­lein be­acht­li­chen Ent­las­tungs­grün­de an­zu­se­hen (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 20. Ok­to­ber 2005 - 2 C 12.04 -‌ BVer­w­GE 124, 252 <262>, vom 3. Mai 2007 - 2 C 9.06 - Buch­holz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 ff., vom 2. De­zem­ber 2021 - 2 A 7.21 - BVer­w­GE 174, 219 Rn. 46 und vom 20. April 2023 - 2 A 18.21 - NVwZ 2024, 165 Rn. 46).

27 bb) Die Fra­ge,
"ob bei der Be­stim­mung des Aus­ma­ßes des Ver­trau­ens­scha­dens im Fal­le au­ßer­dienst­li­cher vor­sätz­li­cher Straf­ta­ten von Po­li­zei­voll­zugs­be­am­ten der Hö­he des Ge­samt­scha­dens in­so­weit kei­ne aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung mehr zu­kommt, als bei deut­li­cher Über­schrei­tung der bis­her an­er­kann­ten Ge­ring­wer­tig­keits­gren­ze und er­schwe­ren­der äu­ße­rer Um­stän­de wie auch er­heb­li­cher kri­mi­nel­ler En­er­gie bei der Tat­be­ge­hung gleich­wohl auch ei­ne Scha­dens­hö­he im vier­stel­li­gen Be­reich als im eher un­te­ren Be­reich zu qua­li­fi­zie­ren ist und ei­nen Mil­de­rungs­grund da­hin­ge­hend dar­stellt, als die grund­sätz­li­che an­ge­zeig­te Höchst­maß­nah­me nun­mehr nicht mehr ver­wirkt ist",
recht­fer­tigt eben­falls nicht die Zu­las­sung der Re­vi­si­on. Sie be­trifft ei­ne nicht in ver­all­ge­mei­ne­rungs­fä­hi­ger Form zu be­ant­wor­ten­de Fra­ge der kon­kre­ten dis­zi­pli­na­ren Maß­nah­me­be­mes­sung. Die bei der Be­mes­sungs­ent­schei­dung ge­ne­rell zu be­ach­ten­den Grund­sät­ze sind - wie be­reits aus­ge­führt - in der Se­nats­recht­spre­chung ge­klärt.

28 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 78 Abs. 4 SächsDG i. V. m. § 154 Abs. 2 Vw­GO. Ei­ner Fest­set­zung des Streit­werts für das Be­schwer­de­ver­fah­ren be­darf es nicht, weil sich die Ge­richts­ge­bühr aus dem Ge­büh­ren­ver­zeich­nis er­gibt (§ 79 Abs. 1 SächsDG i. V. m. der An­la­ge zu § 79 SächsDG).