Verpflichtung der Conterganstiftung zur erneuten Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen eines Schadensfalles?
Die Beteiligten streiten darüber, ob der 1961 geborene Kläger einen Anspruch auf Leistungen nach dem Gesetz über die Conterganstiftung (Conterganstiftungsgesetz - ContStifG) hat.
Der Kläger beantragte Anfang 2011 bei der beklagten Conterganstiftung die Gewährung von Leistungen nach dem Conterganstiftungsgesetz. Zur Begründung legte er Atteste und Arztberichte vor und führte unter Bezugnahme hierauf aus, die von ihm konkret benannten Fehlbildungen seien darauf zurückzuführen, dass seine verstorbene Mutter während der Schwangerschaft das Medikament Contergan eingenommen habe. Der Vorstand der Beklagten leitete die Antragsunterlagen dem Vorsitzenden ihrer medizinischen Kommission zu. Dieser gehörten zu diesem Zeitpunkt der Vorsitzende und 21 medizinische Sachverständige an. Der Vorsitzende übermittelte die Antragsunterlagen nacheinander an acht medizinische Sachverständige der Kommission mit der Bitte um Stellungnahme. Die abgegebenen Stellungnahmen fasste er in einem Schreiben an den Vorstand der Beklagten zusammen und teilte mit, dass der Antrag abzulehnen sei. Daraufhin erließ der Vorstand der Beklagten gegenüber dem Kläger unter dem 2. Dezember 2015 einen entsprechenden Bescheid. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage des Klägers blieb vor dem Verwaltungsgericht erfolglos. Die Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht hat einen Teil der geltend gemachten Fehlbildungen zwar als hinreichend dargelegt angesehen. Es hat aber ausgeführt, nicht abschließend beurteilen zu können, ob die Fehlbildungen mit einer Thalidomideinnahme (im Sinne des § 12 Abs. 1 ContStifG) in Verbindung gebracht werden könnten. Hierfür sei erforderlich aber auch ausreichend, dass bei einer Gesamtbetrachtung im Einzelfall die Thalidomideinnahme durch die Mutter während der Schwangerschaft als Ursache für die Fehlbildungen des Antragstellers ernsthaft in Betracht komme und dies zur Überzeugung des Gerichts feststehe. Dies sei zu bejahen, wenn ein dahingehender Ursachenzusammenhang plausibel und nachvollziehbar dargelegt werde und dagegensprechende Umstände kein größeres Gewicht besäßen. Soweit dem die bisherige Rechtsprechung, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine gerade auf die Thalidomideinahme beruhende Schädigung werdenden Lebens vorliegen müsse, entgegenstehe, werde daran nicht mehr festgehalten. Das Oberverwaltungsgericht hat des Weiteren ausgeführt, es sei ausnahmsweise auch nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, sondern könne die Beklagte zur erneuten Bescheidung des Antrags verpflichten. Denn das Conterganstiftungsgesetz sehe (in § 16 ContStifG) ein besonderes Verfahren für die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen unter Beteiligung eines mit besonderer Sachkunde besetzten Gremiums vor. Dieses Verfahren sei hier nicht eingehalten worden, weil nicht alle Kommissionsmitglieder beteiligt worden seien.
Mit ihrer Revision, die das Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, tritt die Beklagte der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts entgegen und begehrt, die Berufung des Klägers in vollem Umfang zurückzuweisen. Sie macht insbesondere geltend, das Oberverwaltungsgericht sei von einem unzutreffenden Beweismaß ausgegangen und habe es überdies in rechtswidriger Weise versäumt, die Sache spruchreif zu machen.