Beschluss vom 28.07.2014 -
BVerwG 7 B 22.13ECLI:DE:BVerwG:2014:280714B7B22.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.07.2014 - 7 B 22.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:280714B7B22.13.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 22.13

  • VG München - 07.12.2010 - AZ: M 2 K 10.4898
  • VGH München - 18.12.2012 - AZ: VGH 8 B 12.431

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Kläger wendet sich gegen eine wasserrechtliche Planfeststellung für den Ausbau der Götzinger Achen im Ortsbereich K. zum Schutz gegen ein 50-jährliches Hochwasser. Das planfestgestellte Vorhaben bildet die erste Stufe einer zweistufigen Gesamtmaßnahme, die den schadlosen Abfluss eines 100-jährlichen Hochwassers sicherstellen soll. Auf die Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 4. Juli 2005 stellte das Verwaltungsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 27. März 2007 die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Beschlusses fest: Er leide an einem - in einem ergänzenden Verfahren grundsätzlich heilbaren - Abwägungsmangel hinsichtlich der privaten Belange des Klägers, weil die Planfeststellungsbehörde verkannt habe, dass ein weiteres Grundstück des Klägers von der Planung teilweise in Anspruch genommen werde. Hinsichtlich des im Hauptantrag geltend gemachten Aufhebungsantrags wurde die Klage abgewiesen: Insbesondere bestehe für das Vorhaben eine hinreichende Planrechtfertigung. Die nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des ergänzenden Bescheids vom 30. August 2010 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dem Aufhebungsbegehren stehe in weiten Teilen die Bindungswirkung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 27. März 2007 entgegen; danach bleibe die Klage ohne Erfolg, soweit erneut die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen eines Mangels begehrt werde, der bereits im Vorprozess geltend gemacht worden sei oder hätte geltend gemacht werden können. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Formelle und materielle Fehler der Planfeststellung lägen nicht vor, insbesondere seien Abwägungsmängel nicht gegeben.

2 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II

3 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

4 1. Die Beschwerde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil weicht nicht vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 30) ab.

5 Nach dieser Entscheidung (Randnummern 25 f.) kann der Kläger, auf dessen Klage die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses festgestellt, das Aufhebungsbegehren hingegen rechtskräftig abgewiesen worden ist, ein erneutes Aufhebungsbegehren gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planänderungs- bzw. Planergänzungsbeschlusses insoweit geltend machen, als Gegenstand des ergänzenden Verfahrens und des dieses abschließenden Beschlusses auch aufhebungsrelevante Gesichtspunkte der Planungsentscheidung waren.

6 Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat der Verwaltungsgerichtshof mit seinen Ausführungen unter Randnummer 31 der Entscheidungsgründe, wonach der Kläger aufhebungsrelevante Mängel nur insoweit geltend machen kann, „als der neue, ergänzende Regelungsgehalt des Planfeststellungsbeschlusses im (neuen) Bescheid ... betroffen ist“, nicht aufgestellt. Etwas anderes könnte nur dann angenommen werden, wenn der Begriff des „ergänzenden Regelungsgehalts“ einschränkend im Sinne einer Änderung des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses zu verstehen wäre und demnach nur den Fall beträfe, dass der Kläger durch den Planergänzungsbeschluss erstmals oder weitergehend als bisher betroffen ist. Der Begriff des ergänzenden Regelungsgehalts kann aber auch rechtserhebliche Erwägungen im Begründungsteil des Planergänzungsbeschlusses umfassen, die die im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss ausgesprochene Vorhabenzulassung und darauf bezogene Anordnungen unberührt lassen. Dies gilt nicht nur für solche Erwägungen, die im ergänzenden Verfahren zur Korrektur von Abwägungsfehlern gemäß § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG angestellt werden und als solche der gerichtlichen Kontrolle unterliegen (vgl. Urteil vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - Rn. 16), sondern auch für Erwägungen, die sich auf von der Rechtskraft des das Aufhebungsbegehren abweisenden Urteils erfasste Umstände beziehen, diese einer neuerlichen Sachprüfung mit dem Ergebnis einer Bestätigung der ursprünglichen Entscheidung unterziehen und insoweit im Sinne eines Zweitbescheides die Rechtsschutzmöglichkeiten wieder eröffnen (siehe hierzu Urteile vom 19. Dezember 2007 - BVerwG 9 A 22.06 - BVerwGE 130, 138 Rn. 22 ff. = Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 15 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 7 C 3.08 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 51 Rn. 14).

7 Von einem solchen weiten Verständnis des Begriffs Regelungsgehalt geht der Verwaltungsgerichtshof ersichtlich aus. Denn er prüft unter Randnummer 35 der Entscheidungsgründe ausdrücklich, ob der ergänzende Planfeststellungsbeschluss die Frage der Planrechtfertigung erneut aufgeworfen und insoweit wiederum eine - das Vorliegen der Planrechtfertigung bestätigende - Sachentscheidung getroffen hat. Der Verwaltungsgerichtshof verneint dies unter Verweis auf die Ausführungen im Planergänzungsbeschluss (S. 6 <2.3>, 10). Dieser bezieht sich insoweit auf die im vorangegangenen Klageverfahren nicht beanstandeten Erwägungen im Planfeststellungsbeschluss, bezeichnet eine „erneute Diskussion der Planrechtfertigung“ als „nicht veranlasst“, und befasst sich im Übrigen aber nicht mit dem vom Kläger herangezogenen, im ergänzenden Verfahren erstellten Plan (Anlage 6, Plan-Nr. 1) vom 26. Februar 2009 „Überschwemmungsgrenzen Vergleich“ (siehe hierzu auch das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2010, juris Rn. 32). Insoweit prüft der Verwaltungsgerichtshof - in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - aufhebungsrelevante Gesichtspunkte. Einen von der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz legt das angefochtene Urteil demnach nicht zugrunde.

8 2. Die Rechtssache hat auch nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die der Kläger ihr beimisst.

9 a) Die Voraussetzungen, unter denen ein Kläger, gegenüber dem der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss aufgrund der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nicht bestandskräftig geworden ist, nach Abschluss eines ergänzenden Verfahrens im Rahmen einer neuen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses weiterhin ein Aufhebungsbegehren geltend machen kann, sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der oben unter 1. zitierten Entscheidung geklärt. Daraus folgt zugleich, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten desjenigen Klägers, gegenüber dem der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss in Bestandskraft erwachsen ist (siehe hierzu Urteile vom 19. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 20 und vom 8. Januar 2014 a.a.O. Rn. 16, sowie Beschluss vom 4. Juli 2012 - BVerwG 9 VR 6.12 - Buchholz 407.4 § 17e FStrG Nr. 14 Rn. 12, jeweils m.w.N.), sich hiervon unterscheiden.

10 b) Auch die hieran anschließende Frage nach der inhaltlichen Reichweite und den prozessualen Wirkungen eines Urteils, mit dem die Klage, soweit sie auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet war, abgewiesen worden ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Es ist geklärt, dass aufgrund der präjudiziellen Wirkung der rechtskräftigen Verneinung eines Aufhebungsanspruchs eine weitere Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses, sofern im ergänzenden Verfahren aufhebungsrelevante Gesichtspunkte nicht erneut geprüft worden sind, keinen Erfolg haben kann. Da die Verneinung eines Aufhebungsanspruchs bei zulässiger Klage zugleich das Fehlen aufhebungsrelevanter Rechtsmängel voraussetzt, ist auch für die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des geänderten Planfeststellungsbeschlusses wegen einer hierauf bezogenen Rechtswidrigkeit kein Raum.

11 c) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist des Weiteren geklärt, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seines Erlasses ankommt (vgl. etwa Urteile vom 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 - BVerwGE 104, 337 <347> = Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 16 S. 35, vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283> = Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 16 S. 82 und vom 18. Juli 2013 - BVerwG 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 34).

12 Der Kläger zeigt nicht substantiiert auf, dass diese Rechtsprechung insoweit einer rechtsgrundsätzlichen Überprüfung bedürfte, als es abweichend hiervon für die Bestimmung der Beschaffenheit eines Grundstücks - hier der Eignung als Retentionsfläche - auf den Beginn der Auslegung im Planfeststellungsverfahren ankomme. Der Kläger verweist auf enteignungsrechtliche Grundsätze, wonach der so genannte Qualitätsstichtag als der Zeitpunkt für die Ermittlung des Zustands des Enteignungsobjekts entgegen dem gesetzlich normierten Regelfall, der auf den Tag des Eingriffs abstellt (siehe etwa § 93 Abs. 4 Satz 2 BauGB), unter dem Gesichtspunkt der so genannten Vorwirkung der Enteignung dann vorzuverlegen ist, wenn bereits vorherige Entscheidungen das Grundstück von jeglicher konjunktureller Weiterentwicklung ausschließen (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2000 - III ZR 18/00 - NVwZ 2001, 351 <352>; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 93 Rn. 5). Die Beschwerdebegründung legt indes nicht dar, dass diese Erwägungen, mit denen die finanziellen Folgen von Planungsentscheidungen realitätsnah erfasst werden sollen, auf die Fallgestaltung des Erlasses eines Planfeststellungsbeschlusses übertragbar sein könnten. Denn mit dem Planfeststellungsbeschluss soll ein aktuelles Sachproblem bewältigt werden, so dass die Bezugnahme auf frühere und nunmehr hypothetische Umstände fern liegt. Den vom Kläger befürchteten „Manipulationen“ im Hinblick auf eine bevorstehende Planung ist gegebenenfalls mit hierauf bezogenen rechtlichen Instrumenten zu begegnen.

13 d) Schließlich führt auch die Frage, ob es dem Abwägungsgebot genügt, im Rahmen einer Planfeststellung nur diejenigen vorübergehend in Anspruch zu nehmenden Flächen zu ermitteln, die nicht freiwillig vom jeweiligen Eigentümer zur Verfügung gestellt werden, oder ob sämtliche eigentumsmäßigen Betroffenheiten Privater einschließlich aller auch nur vorübergehend in Anspruch zu nehmenden Flächen ermittelt und in die Abwägung eingestellt werden müssen, nicht zur Zulassung der Revision. Denn der Kläger zeigt jedenfalls die Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht auf. Das angefochtene Urteil führt aus, dass die Entscheidungserheblichkeit eines unterstellten Abwägungsmangels im Sinne von Art. 75 Abs. 1a Satz 1 BayVwVfG nicht ersichtlich sei. Diese Einschätzung wird durch das Vorbringen des Klägers nicht substantiiert erschüttert. Denn das Gewicht der Eigentümerinteressen ist offensichtlich als gering zu bewerten, wenn die Eigentümer der vorübergehenden Inanspruchnahme ihrer Grundstücke zustimmen und damit zu erkennen geben, dass sie mit dem Vorhaben einverstanden sind oder diesem jedenfalls keine Hindernisse in den Weg legen wollen.

14 3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

15 Ein Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Das leistet die Beschwerde weder in Bezug auf die Gehörsrüge noch auf den jeweils ergänzend behaupteten Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz.

16 a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt vom Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Dieser Ausnahmefall ist indessen nicht gegeben, wenn das Gericht den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt gelassen hat, namentlich wenn er nach der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts nicht entscheidungserheblich war (stRspr, vgl. etwa Beschlüsse vom 8. August 2012 - BVerwG 7 B 1.12 - juris Rn. 5 und vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - juris Rn. 24 [insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 11 Art. 31 GG Nr. 2], jeweils m.w.N.). Hiernach lässt das Beschwerdevorbringen einen Gehörsverstoß nicht erkennen.

17 Der Kläger trägt zum einen vor, dass der Verwaltungsgerichtshof den Inhalt des in den Planunterlagen des ergänzenden Verfahrens enthaltenen und von ihm im Gerichtsverfahren nochmals vorgelegten Plans vom - richtigerweise - 26. Februar 2009 „Überschwemmungsgrenzen Vergleich“ und seinen hierauf bezogenen Vortrag nicht zur Kenntnis genommen, jedenfalls aber inhaltlich völlig verkannt habe. Der Verwaltungsgerichtshof sei der Ansicht, der Plan enthalte keine neuen Erkenntnisse, die für die Beurteilung von Planrechtfertigung, Abschnittsbildung und Null-Variante hinsichtlich des streitgegenständlichen, auf ein 50-jährliches Hochwasser bezogenen Vorhabens von Bedeutung seien. Er verweise zur Begründung auf einen bereits im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren erstellten Plan, der sich auf ein 100-jährliches Hochwasser beziehe. Damit verkenne der Verwaltungsgerichtshof ersichtlich den Inhalt des Plans vom 26. Februar 2009. Dem ist nicht zu folgen. Zu Unrecht stützt sich die Beschwerde insoweit auf die Ausführungen unter Randnummer 42 des angefochtenen Urteils. Denn der Verwaltungsgerichtshof verweist dort lediglich im Hinblick auf das Problem einer Anstoßwirkung darauf, dass diese schon durch einen den ursprünglichen Planunterlagen beigefügten Plan gewährleistet worden sei, auf dem die von einem 100-jährlichen Hochwasser betroffenen Grundstücke verzeichnet seien, der neue Plan aber keine weitergehenden Betroffenheiten begründe. Ungeachtet der inhaltlichen Bewertung dieser Erwägungen lassen sie nicht den Schluss zu, der Verwaltungsgerichtshof habe den Inhalt des Plans vom 26. Februar 2009 sowie den Vortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und sei vielmehr im Widerspruch zu den sonstigen zutreffenden Erwähnungen des Ausbauziels des Vorhabens davon ausgegangen, dass der Plan nicht gleichermaßen auf 50-jährliches Hochwasser bezogen sei. Der Kläger wendet sich insoweit letztlich im Gewand der Verfahrensrüge gegen eine in seinen Augen unzutreffende Bewertung des Sachverhalts.

18 Zum anderen rügt der Kläger einen Gehörsverstoß, weil der Verwaltungsgerichtshof sich mit seinem Vorbringen zur Null-Variante wegen der im Gerichtsverfahren fortwirkenden materiellen Präklusion von diesbezüglichen Einwendungen inhaltlich nicht auseinandergesetzt habe. Gegen eine solche Bewertung gewährt der Anspruch auf rechtliches Gehör aber keinen Schutz. Der Kläger greift mit seiner Beschwerde vielmehr die tatsächliche und rechtliche Würdigung seines Vorbringens durch den Verwaltungsgerichtshof an, was einer Gehörsrüge indessen nicht zum Erfolg verhelfen kann (Beschluss vom 9. August 2010 - BVerwG 9 B 10.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 12 Rn. 5).

19 b) Eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ist mit diesem Vortrag ebenso wenig dargetan. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen (vgl. nur Beschluss vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4). Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht. Eine Aktenwidrigkeit der tatsächlichen Feststellungen liegt vor, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Akten ein offensichtlicher Widerspruch besteht (vgl. Beschlüsse vom 28. März 2012 - BVerwG 8 B 76.11 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 76 Rn. 8, vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7 und vom 17. Mai 2011 - BVerwG 8 B 98.10 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, nicht aufgezeigt.

20 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 26.08.2014 -
BVerwG 7 B 26.14ECLI:DE:BVerwG:2014:260814B7B26.14.0

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    BVerwG, Beschluss vom 26.08.2014 - 7 B 26.14 - [ECLI:DE:BVerwG:2014:260814B7B26.14.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 26.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. August 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Brandt
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 28. Juli 2014 - BVerwG 7 B 22.13 - wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Der Senat hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Der Kläger rügt, der Verwaltungsgerichtshof und der beschließende Senat hätten ihren jeweiligen Verfahren seinen wesentlichen Vortrag zur Bedeutung des Plans vom 26. Februar 2009 („Überschwemmungsgrenzen Vergleich“) für die rechtliche Bewertung des planfestgestellten Vorhabens nicht berücksichtigt.

3 Soweit der Kläger (erneut) einen Gehörsverstoß durch den Verwaltungsgerichtshof rügt, ist das im Rahmen der Anhörungsrüge unbeachtlich. Denn zum einen dient dieses Verfahren nicht dazu, eine vorinstanzliche Entscheidung nochmals auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Zum anderen kann die Anhörungsrüge nicht darauf gestützt werden, dass dem Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung eines Verfahrensfehlers der Vorinstanz in Anwendung der rechtlichen Prüfungsmaßstäbe ein Fehler unterlaufen sei. Die Anhörungsrüge gegen einen Beschluss, mit dem eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist, ist unzulässig, soweit sie sich nicht gegen eine neue und eigenständige Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Bundesverwaltungsgericht richtet, sondern lediglich einen Verfahrensfehler in der Vorinstanz geltend macht. Auch wenn der Kläger aus einem behaupteten Gehörsverstoß des Verwaltungsgerichtshofs folgern will, dass damit (notwendig) auch der erkennende Senat mangels Abhilfe im Beschwerdeverfahren einen solchen begangen habe, geht das fehl. Die Erfolglosigkeit eines Rechtsmittels gegen einen behaupteten Gehörsverstoß der Vorinstanz begründet für sich genommen keine neue Gehörsverletzung durch das Rechtsmittelgericht (Beschluss vom 28. November 2008 - BVerwG 7 BN 5.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 6).

4 Ein eigenständiger Gehörsverstoß durch den Senat ist weder in einer den Anforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO genügenden Weise dargetan noch sonst erkennbar. Vielmehr hat der Senat auch das der Begründung des geltend gemachten Verfahrensmangels unter Ziffer 3.4 und 3.5 , Seiten 18 bis 29 der Beschwerdebegründung dienende wesentliche Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in Erwägung gezogen und damit den Anforderungen aus der Garantie des rechtlichen Gehörs genügt.

5 Im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Vorgehens des Senats beanstandet der Kläger - auf der Grundlage einer Zuordnung der Ausführungen des Senats zu einer vermeintlich „formellen“ und einer vermeintlich „inhaltlichen“ Seite -, dass die Ausführungen des Senats am Kern seines Vortrags vorbeigingen (S. 19 der Anhörungsrüge), der Senat seinen Vortrag folglich inhaltlich nicht zutreffend erfasst habe. Dem ist nicht zu folgen.

6 Die auf Randnummer 42 des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs bezogenen Ausführungen in Randnummer 17 des Beschlusses knüpfen sehr wohl an das Beschwerdevorbringen des Klägers an und gehen entgegen der Auffassung des Klägers nicht an der Sache vorbei. Auf Seite 24 (siehe auch S. 22 letzter Absatz) der Beschwerdebegründung schließt der Kläger aus der Erwähnung eines Plans zu den Wasserspiegellagen bei einem 100-jährlichen Hochwasser, dass der Verwaltungsgerichtshof den Inhalt des auf ein 50-jährliches Hochwasser bezogenen Plans von 2009 verkenne. Der Senat legt dar, dass er diese Einschätzung, die nach Ansicht des Klägers eine unzutreffende Erfassung des Kerns seines Vortrags zu belegen geeignet sei, nicht teilt.

7 Die Erwägungen des Senats in Randnummer 18 des Beschlusses befassen sich mit der vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen Präklusion des Vorbringens des Klägers zur Null-Variante (siehe hierzu Ziffern 3.5, 3.5.3; S. 26 ff. der Beschwerdebegründung). Allein auf diese Rechtsausführungen bezieht sich der Hinweis, dass der Kläger die tatsächliche und rechtliche Würdigung seines Vorbringens durch den Verwaltungsgerichtshof angreife. Insoweit kommt es auf das in der Sache als Kern des Vortrags bezeichnete Vorbringen nicht an.

8 Ein Gehörsverstoß ist schließlich auch nicht mit dem Vortrag dargetan, dass sich der Senat mit dem Vorbringen des Klägers, das sich auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in den Randnummern 58 und 59 des angefochtenen Urteils beziehe, nicht ausdrücklich auseinander gesetzt habe (S. 13 der Anhörungsrüge). Der Senat hat, wie oben ausgeführt, in Randnummer 17 seines Beschlusses dargelegt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verwaltungsgerichtshof den von ihm an mehreren Stellen im Zusammenhang mit einem Ausbau zum Schutz vor einem 50-jährlichen Hochwasser erwähnten Plan in seinem Inhalt verkannt habe. Die Ausführungen insbesondere in Randnummer 58 des Urteils sind dann nicht geeignet, die generell geltende Vermutung zu erschüttern, der Verwaltungsgerichtshof sei seiner Pflicht zur inhaltlichen Verarbeitung des Vortrags nicht nachgekommen. Denn diese Ausführungen stellen sich als mögliches Ergebnis einer Bewertung - auch - dieses Plans dar. Darauf musste der Senat in seinem Beschluss nicht ausdrücklich eingehen. Etwas anderes ergäbe sich nur dann, wenn aus dem Plan zu entnehmen wäre, dass das Planvorhaben keinerlei positive Auswirkungen hätte. Davon ist indessen nicht auszugehen.

9 Letztlich wendet sich der Kläger mit seiner Anhörungsrüge in Wirklichkeit gegen das Ergebnis der Prüfung des Senats, die Revision wegen des mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zuzulassen. Er setzt der seiner Ansicht nach fehlerhaften Bewertung des Senats seine eigene abweichende Würdigung entgegen und versucht auf diese Weise, eine erneute Überprüfung der vom Senat getroffenen (negativen) Entscheidung zu erreichen. Das aber ist nicht Aufgabe und Gegenstand einer Anhörungsrüge nach § 152a VwGO.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.