Verfahrensinformation



Gegenstand der Klagen, über die das Bundesverwaltungsgericht erst- und letztinstanzlich zu entscheiden hat, ist ein Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold. Der planfestgestellte Abschnitt umfasst eine Länge von rd. 3,7 km. Das Projekt ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen in die Dringlichkeitsstufe „laufend und fest disponiert“ eingeordnet. Sämtliche Kläger halten den Planfeststellungsbeschluss für formell und materiell rechtswidrig.


Die insgesamt 14 Privatkläger im Verfahren BVerwG 9 A 16.16 sind von der Planung in unterschiedlichem Umfang betroffen. Manche sind Enteignungsbetroffene, die z.T. Existenzgefährdungen geltend machen, andere sind nur mittelbar Betroffene, die sich gegen Lärmbelastungen wehren. Teilweise erheben sie auch wasserrechtliche Bedenken. Sie befürchten eine Gefährdung ihrer Hauswasserversorgung (Brunnen) durch die Versickerung von Straßenabwässern.


Dem Kläger im Verfahren BVerwG 9 A 15.16 steht ein lebenslanges Wohnrecht auf einem Wohngrundstück zu, das zur vollständigen Übernahme durch den Vorhabenträger vorgesehen ist. Das Wohngebäude soll abgerissen werden. Außerdem ist er Eigentümer von insgesamt acht Grundstücken, die in unterschiedlichem Umfang für das Vorhaben selbst bzw. für landschaftspflegerische Maßnahmen in Anspruch genommen werden sollen.



Pressemitteilung Nr. 26/2018 vom 26.04.2018

Autobahn A 33/Bundesstraße B 61 (Zubringer Ummeln): EuGH muss entscheiden

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat beschlossen, die bei ihm anhängigen Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Detmold für den Neubau der A 33/B 61, Zubringer Ummeln, auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg entscheidungserhebliche Rechtsfragen zur Auslegung des europäischen Rechts vorzulegen.


Die insgesamt 14 Kläger sind von der Planung des 3,7 km langen Straßenabschnitts in unterschiedlichem Umfang betroffen. Manche sollen für den Straßenbau enteignet werden oder sind in ihrer Existenz als Landwirte betroffen. Andere Kläger wehren sich gegen Lärmbelastungen. Die meisten Kläger erheben darüber hinaus wasserrechtliche Bedenken. Sie befürchten eine Gefährdung ihrer privaten Wasserversorgung (Hausbrunnen) durch die Versickerung von Straßenabwässern oder machen Überschwemmungsgefahren geltend.


Dem Bundesverwaltungsgericht stellen sich verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Fragen, die die Auslegung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie betreffen. Zu dieser Richtlinie hat der EuGH bereits entschieden, dass bei der Genehmigung eines Vorhabens - wie hier eines Straßenbauprojekts - jede Verschlechterung des Zustandes eines Wasserkörpers vermieden werden muss. Geklärt ist ferner, nach welchen Kriterien sich die Verschlechterung beurteilt, sofern es um Oberflächengewässer geht. Eine solche Klärung fehlt indessen in Bezug auf die Verschlechterung des Zustandes des Grundwassers. Klärungsbedürftig ist darüber hinaus, ob und inwieweit sich private Kläger in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot berufen können.


Das Bundesverwaltungsgericht ist verpflichtet, die nicht eindeutig zu beantwortenden europarechtlichen Fragen, auf die es für seine Entscheidung ankommt, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Der ausführlich begründete Vorlagebeschluss wird den Verfahrensbeteiligten im Lauf der nächsten Wochen schriftlich bekannt gegeben.



BVerwG 9 A 15.16 - Beschluss vom 25. April 2018

BVerwG 9 A 16.16 - Beschluss vom 25. April 2018


Beschluss vom 10.10.2017 -
BVerwG 9 A 16.16ECLI:DE:BVerwG:2017:101017B9A16.16.0

Leitsatz:

Richterliche Hinweise und Anregungen sind Aufgabe des Richters und rechtfertigen grundsätzlich keine Befangenheitsablehnung. Dies gilt auch dann, wenn hierdurch die Prozesschancen einer Partei verringert werden. Jedoch darf sich das Gericht nicht durch Empfehlungen zur Fehlerbehebung zum Berater der Behörde machen.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 54 Abs. 1, §§ 86, 87
    ZPO § 42 Abs. 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.10.2017 - 9 A 16.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:101017B9A16.16.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Oktober 2017
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, Dr. Martini
und Dr. Dieterich
beschlossen:

Die Ablehnungsgesuche der Kläger gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht A vom 28. September 2017 und den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht B vom 5. Oktober 2017 werden zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Anträge auf Ablehnung der Richterin am Bundesverwaltungsgericht A und des Vorsitzenden Richters am Bundesverwaltungsgericht B wegen Besorgnis der Befangenheit, über die gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne die Mitwirkung der abgelehnten Richter zu entscheiden ist, haben keinen Erfolg.

2 Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht dagegen, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Kriterium für die Unparteilichkeit des Richters ist die Gleichbehandlung der Parteien. Der Ablehnung setzt er sich aus, wenn er, ohne Stütze im Verfahrensrecht, die Äquidistanz zu den Parteien aufgibt und sich zum Berater einer Seite macht (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2003 - V ZB 22/03 - BGHZ 156, 269 <270>). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 2009 - 1 BvR 182/09 - BVerfGK 15, 111 <114>; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.> und Beschluss vom 12. September 2012 - 2 AV 11.12 u.a. - juris Rn. 4 f., jeweils m.w.N.).

3 Bei Anwendung dieses Maßstabs ist die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Richter nicht begründet.

4 1. Der Vorwurf des Antragstellers, das Hinweisschreiben der Richterin am Bundesverwaltungsgericht A vom 14. September 2017 beinhalte eine rechtliche Beratung des Beklagten einschließlich einer konkreten "Bedienungsanleitung" zur Fehlerbehebung im ergänzenden Verfahren und ziele auf eine Schmälerung der Erfolgsaussichten der Klage, ist objektiv nicht geeignet, an der Unparteilichkeit der Richterin zu zweifeln.

5 a) Mit dem vorgenannten Schreiben wurde der Beklagte darauf hingewiesen, die Erstellung eines bislang fehlenden wasserrechtlichen Fachbeitrags zur Beurteilung einer möglichen Verschlechterung oder Gefährdung des Zustands der von dem Vorhaben betroffenen Wasserkörper könne sinnvoll sein, werfe allerdings die Frage der Notwendigkeit einer erneuten Öffentlichkeitsbeurteilung auf. Darüber hinaus wies das Schreiben darauf hin, es gebe zwar für die wasserrechtliche Prüfung noch keine anerkannte Standardmethode, jedoch lägen erste - konkret benannte - Leitfäden hierfür vor. Bei nachträglicher Vorlage eines Fachbeitrags müsse der Beklagte darauf achten, dass sich dieser auch auf das Grundwasser beziehe und sich zur Prüfung kleinerer, nicht berichtspflichtiger Gewässer verhalte. Darüber hinaus werde um nähere Darlegungen zum Versickerungskonzept gebeten; hierzu sei wahrscheinlich die Vorlage einer ergänzenden Stellungnahme der Wasserbehörde sinnvoll.

6 b) Richterliche Hinweise und Anregungen sind Aufgabe des Richters und rechtfertigen grundsätzlich keine Befangenheitsablehnung (BVerwG, Beschluss vom 8. September 2010 - 8 B 54.10 - juris Rn. 4; Czybulka, Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 72) (aa). Dies gilt auch dann, wenn hierdurch die Prozesschancen einer Partei verringert werden (vgl. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 42 Rn. 26 m.w.N.) (bb). Jedoch darf sich das Gericht nicht durch Empfehlungen zur Fehlerbehebung zum Berater der Behörde machen (cc).

7 aa) Der Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verpflichtet das Gericht, den Sachverhalt unter Heranziehung der Beteiligten von Amts wegen zu erforschen. Es ist hierbei nicht an das Vorbringen der Beteiligten gebunden, sondern kann seiner Entscheidung auch tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte zugrunde legen, welche die Beteiligten selbst nicht zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht haben. Zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen ist das Gericht verpflichtet, hierauf vorab hinzuweisen. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird ergänzt durch den Konzentrationsgrundsatz, der darauf abzielt und die Gerichte dazu anhält, einen Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (§ 87 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diesem im Interesse aller Beteiligten sowie des Gerichts liegenden Zweck dienen die in §§ 86, 87 VwGO konkretisierten Hinweis- und Aufklärungspflichten (vgl. Rixen, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 86 Rn. 120, 125). Der Vorsitzende und der Berichterstatter können bzw. müssen daher die Beteiligten frühzeitig zur Stellungnahme auch bezüglich solcher rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte anhalten, die zwar nach deren bisherigen Vortrag nicht oder nur in Teilen Gegenstand des Verfahrens waren, die jedoch zu den aufgeworfenen Fragen in einem derartigen Zusammenhang stehen, dass ihnen Bedeutung für die Entscheidung des Verfahrens zukommen kann und daher eine - wenngleich unter Umständen nur vorsorgliche - Stellungnahme aller Beteiligten hierzu angezeigt ist, um die Erledigung in einem Termin zu gewährleisten. Dies schließt die Möglichkeit ein, die Beteiligten im vorbereitenden Verfahren wie auch in der mündlichen Verhandlung im Rahmen einer vorläufigen Bewertung des bisherigen Sach- und Streitstandes auf die aus Sicht des Gerichts maßgeblichen Gesichtspunkte und Bedenken hinzuweisen. Derartige Hinweise sind besonders im Interesse der Beteiligten, weil sie ihnen ermöglichen, hierauf in ihrer Argumentation, aber auch prozessual - etwa durch Klaglosstellung mittels Aufhebung der angefochtenen Entscheidung oder durch verfahrensbeendende Erklärungen - zu reagieren.

8 bb) Die Entscheidung des Gesetzgebers, noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fehlerhafte Verfahrenshandlungen nachholen (§ 45 Abs. 2 VwVfG), Ermessenserwägungen ergänzen (§ 114 Satz 2 VwGO) und zur Heilung von Verfahrensfehlern das gerichtliche Verfahren auf Antrag aussetzen zu können (§ 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG) sowie der das Planfeststellungsrecht prägende Grundsatz der Planerhaltung (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 <Rn. 34> und vom 17. Januar 2007 - 9 C 1.06 - BVerwGE 128, 76 <Rn. 12>) einschließlich der Möglichkeit zur Fehlerbehebung durch Planergänzung oder ergänzendes Verfahren (§ 4 Abs. 1b UmwRG, § 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) können dazu führen, dass Planfeststellungsbehörden klägerischen, aber auch gerichtlichen Hinweisen Rechnung tragen und so eine zunächst begründete Klage letztlich keinen Erfolg hat. Der Umstand, dass ein Beteiligter aus der den Verwaltungsprozess aufgrund der vorgenannten (aa) Grundsätze prägenden Offenheit des Rechtsgesprächs - die nicht auf die mündliche Verhandlung beschränkt ist, sondern sich in Form von richterlichen Hinweisen auch auf deren Vorfeld erstreckt - möglicherweise Schlussfolgerungen zieht, zwingt die Verwaltungsgerichte indes nicht dazu, in Abkehr von dieser Offenheit nur noch "verdeckt" zu verhandeln. Dies gilt auch deshalb, weil der Kläger einer erst im Prozess erfolgenden Heilung durch die Abgabe einer Erledigungserklärung Rechnung tragen und so eine ihm nachteilige Kostenfolge abwenden kann. Die Abwägung, ob er seine Klage stattdessen, gestützt auf weitere Kritikpunkte, aufrechterhält, erfordert zwar eine Neubewertung seiner Erfolgsaussichten, sie geht damit aber nicht über die klägerseits in jedem Verfahren ohnehin erforderliche Abschätzung des Prozessrisikos hinaus.

9 cc) Misst der Gesetzgeber der Möglichkeit, Fehler der Planfeststellung im Prozess zu heilen, großes Gewicht bei, so gebieten insbesondere die verfassungsrechtlichen Grundsätze des fairen Verfahrens, der Waffengleichheit, der richterlichen Neutralität, des (einen effektiven Rechtsschutz einschließenden) Rechtsstaatsgebots und des Gewaltenteilungsprinzips gleichwohl eine Zurückhaltung der Gerichte bei der Mitwirkung hieran (vgl. Czybulka, Kluckert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 54 Rn. 72; eine "rechtsstaatlich bewusste Handhabung" anmahnend auch Rennert, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 94 Rn. 11). Wenngleich sich das Prinzip richterlicher Unparteilichkeit an den Grundwerten der Verfassung orientiert und daher unter dem Blickpunkt materialer, wertorientierter Gerechtigkeit seine Grenze in dem Gebot sachgerechter Entscheidung findet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 1976 - 2 BvR 804/75 - BVerfGE 42, 64 <78>), rechtfertigt es dieser Gesichtspunkt nicht, den Verwaltungsgerichten die Funktion eines "Reparaturbetriebs" der Verwaltung zuzuweisen. Richterliche Hinweise auf eine für erforderlich erachtete Substantiierung des Vortrags nur zugunsten eines Beteiligten, das Aufzeigen von für die Verwaltung günstigen Gestaltungsmöglichkeiten oder eine zielgerichtete Initiierung von Verfahren zur Fehlerheilung gehen daher - vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls - über die vorgenannten verfassungsrechtlichen Grenzen hinaus. Sie können folglich grundsätzlich geeignet sein, die Besorgnis einer ungleichen Distanz zu den Beteiligten und damit einer Befangenheit zu begründen.

10 Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die vormals in § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 VwGO vorgesehene Möglichkeit des Vorsitzenden und des Berichterstatters, der Verwaltungsbehörde im vorbereitenden Verfahren die Gelegenheit zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern zu geben (zur Kritik hieran gerade im Hinblick auf die richterliche Neutralität vgl. Hüttenbrink/Kuhla, DVBl. 1996, 717 <718>; Berkemann, DVBl. 1998, 446 <448>; Beckmann, NVwZ 1998, 146 <147>; Geiger, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 87 Rn. 13), mit dem Gesetz zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3987) aufgrund fehlender Bewährung in der Praxis aufgehoben hat (BT-Drucks. 14/7474 S. 15).

11 Eine auf die behördliche Heilung von Rechtsverstößen zielende Initiative des Gerichts findet danach auch im einfachen Recht keine Stütze (mehr). Stattdessen sieht nunmehr § 4 Abs. 1b Satz 2 UmwRG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes vom 20. November 2015 (BGBl. I S. 2069) vor, dass das Gericht (nur) auf Antrag anordnen kann, die Verhandlung zur Heilung von Verfahrensfehlern auszusetzen. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst gegen den weitergehenden Vorschlag des Bundesrats (BT-Drucks. 18/6288 S. 2) entschieden, dem Gericht die Möglichkeit einzuräumen, das Verfahren aus eigener Initiative bis zur Nachholung erforderlicher Handlungen im Sinne von § 4 Abs. 1 und 1a UmwRG auszusetzen (vgl. Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, BT-Drucks. 18/6385 S. 2). Eine solche Zurückhaltung ist zudem geeignet, einer rechtsstaatlich verfehlten Verwaltungspraxis entgegenzuwirken, Einwänden von Betroffenen und anerkannten Vereinigungen erst dann und nur in dem Maße nachzugehen, in dem das Gericht Bedenken an der Rechtmäßigkeit zu erkennen gibt.

12 c) Gemessen an der vorstehend beschriebenen Unterscheidung zwischen Hinweisen auf für das Verfahren maßgebliche rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte einerseits und einer Initiierung von Verfahren zur Fehlerheilung andererseits begegnet das - an beide Beteiligte gerichtete - Schreiben der Berichterstatterin vom 14. September 2017 keinen rechtlichen Bedenken. Es initiiert weder eine Fehlerheilung durch den Beklagten noch bevorzugt es diesen sonst einseitig. Vielmehr dient es dazu, die entscheidungsrelevanten Tatsachen und Rechtsfragen so aufzubereiten, dass das Gericht den Rechtsstreit auf der Grundlage nur einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann.

13 Insofern darf das vorgenannte Schreiben nicht isoliert betrachtet, sondern muss insbesondere vor dem Hintergrund der Klageerwiderung vom 10. März 2017 gesehen werden. Darin hat der Beklagte, allerdings ohne Darlegung der derzeitigen und der nach der Durchführung des Vorhabens zu erwartenden Bewertung der einzelnen Qualitätskomponenten (zum diesbezüglichen Maßstab des Verschlechterungsverbots vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​433] - Rn. 70), geltend gemacht, die Einhaltung der wasserrechtlichen Vorgaben sei entgegen dem klägerischen Vorbringen bereits vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geprüft worden. Zwar sei dies nur teilweise in den planfestgestellten Unterlagen dokumentiert, jedoch bedürfe es keines gesonderten wasserwirtschaftlichen Fachbeitrags.

14 Die Frage, ob die letztgenannte Annahme zutrifft, lässt das von den Klägern gerügte Schreiben der Berichterstatterin ausdrücklich offen. Es führt stattdessen aus, die Erstellung eines solchen Beitrags könne jedenfalls zur Arbeitserleichterung für den Senat sinnvoll sein. Der Beklagte wird somit nicht aufgefordert, eine versäumte wasserrechtliche Prüfung nachzuholen, sondern die von ihm als vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführt behaupteten Untersuchungen in einer Weise darzulegen, die eine Überprüfung durch das Gericht - und damit auch eine inhaltliche Auseinandersetzung der Kläger mit den Untersuchungen - ermöglicht.

15 Zu der Frage, ob ein solcher Fachbeitrag eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung erfordert, verhält sich das Schreiben ebenfalls nicht; es weist lediglich auf den - selbstverständlichen - Umstand hin, dass diese Frage vom Senat ggfs. zu entscheiden sei und ein etwaiger Fachbeitrag daher so rechtzeitig erstellt werden müsse, dass die Kläger ausreichend Zeit zur Stellungnahme hätten. Eine Anregung oder gar Anleitung für eine Auslegung enthält das Schreiben folglich nicht.

16 Die weiteren Hinweise auf die Prüfung der Auswirkungen auf das Grundwasser sowie kleinere Gewässer tragen ebenfalls dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte auch insoweit einerseits eine vorherige umfassende wasserrechtliche Prüfung behauptet, diese jedoch bislang nur in nicht konkret überprüfbarer Weise dargelegt hat. Insoweit berücksichtigt das Hinweisschreiben insbesondere, dass für den Fall, dass der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nicht schon das Fehlen eines gesonderten wasserrechtlichen Fachbeitrags entgegensteht, es darauf ankommt, ob die durchgeführte wasserrechtliche Prüfung den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes genügt. Um dieser Frage in der mündlichen Verhandlung abschließend nachgehen zu können, bedarf es jedoch - auch, damit die Kläger vorab umfassend Stellung nehmen können - der vorherigen Darlegung, welche Prüfungen mit welchen Ergebnissen durchgeführt wurden. Dies schließt die (wechselseitige) Stellungnahme zu rechtlichen Fragen wie derjenigen ein, ob und wie das Verschlechterungsverbot auf kleinere Gewässer Anwendung findet (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 99 ff.). Soweit der Senat in seinem vorgenannten Urteil ausgeführt hat, in dem zugrundeliegenden "Standardfall" einer Straßenentwässerung bedürfe es keiner konkreten Zahlenangaben zur Untermauerung der Annahme, das Verschlechterungsverbot werde nicht verletzt, ist die Übertragung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall wegen dessen auch im Schreiben der Berichterstatterin hervorgehobenen wasserrechtlichen Besonderheiten (Wasserschutzzone III, Hausbrunnen in Trassennähe, hoher Grundwasserstand) zumindest fraglich.

17 Vor diesem Hintergrund sowie angesichts der Vielzahl der auch nach dem Urteil des EuGH vom 1. Juli 2015 (Rs. C-461/13) noch offenen fachlichen und rechtlichen Fragen zum wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot erklärt sich schließlich auch der vorsorgliche Hinweis auf drei Leitfäden zur Prüfung des Verschlechterungsverbots nicht als einseitige Bevorzugung des Beklagten, sondern - anknüpfend an den Einwand des Beklagten, es gebe keine anerkannte Standardmethode zur Bewertung vorhabenbedingter wasserrechtlicher Auswirkungen - als an beide Parteien gerichteter Hinweis auf zwischenzeitlich vorliegende, in Betracht kommende Bewertungsmaßstäbe und -methoden.

18 Die abschließende Aufforderung, zu den Einwänden der Kläger gegen das Versickerungskonzept Stellung zu nehmen, hält sich offenkundig innerhalb des Rahmens verwaltungsrichterlicher Aufklärungspflichten nach §§ 86, 87 VwGO. Hierin liegt auch deshalb kein nur einseitiger Hinweis zur Substantiierung des Vortrags, weil die Berichterstatterin in dem Schreiben vom 14. September 2017 auch die Kläger auf eine etwaige Ergänzungsbedürftigkeit ihres Vortrags hingewiesen und ihnen hierdurch Gelegenheit gegeben hat, den Inhalt der bislang nur pauschal in Bezug genommenen Anlagenkonvolute zum Gegenstand auch des Klageverfahrens zu machen. Dass die Kläger diesen Hinweis als nicht notwendig erachten, steht dem nicht entgegen. Zudem enthält das Schreiben weitere Hinweise zugunsten der Kläger.

19 2. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass die vorherige Kenntnisnahme des Schreibens der Berichterstatterin durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht B nicht die Besorgnis von dessen Befangenheit begründet.

20 3. Da das vorgenannte Schreiben keine konkreten Hinweise zur Heilung umweltrechtlicher Mängel enthält, war der Anregung der Kläger, dem Europäischen Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung die Frage vorzulegen, ob Art. 11 UVP-RL einer Auslegung und Anwendung des nationalen Prozessrechts dahingehend entgegensteht, dass ein Gericht einer Zulassungsbehörde derartige Hinweise erteilt, nicht nachzukommen.

21 4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).

Beschluss vom 25.04.2018 -
BVerwG 9 A 16.16ECLI:DE:BVerwG:2018:250418B9A16.16.0

Vorabentscheidungsersuchen zum Neubau der A 33/B 61, Zubringer Ummeln, auf dem Gebiet der Stadt Bielefeld

Leitsätze:

Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:

1. Ist Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - im Folgenden: UVP-RL - dahin auszulegen, dass mit ihm eine Vorschrift des nationalen Rechts vereinbar ist, nach der ein Kläger, der keine anerkannte Umweltvereinigung ist, die Aufhebung einer Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers nur verlangen kann, wenn der Verfahrensfehler ihm selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat?

2. a) Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) Ziff. i - iii der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014 (ABl. Nr. L 311 S. 32) - im Folgenden: Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - dahin auszulegen, dass er nicht nur einen materiellrechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern darüber hinaus auch Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren beinhaltet?

b) Falls die Frage a) zu bejahen ist:

Muss sich die Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 UVP-RL stets zwingend auf die Unterlagen zur wasserrechtlichen Prüfung im vorgenannten Sinne beziehen oder ist eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Erstellung der Unterlage und deren Komplexität zulässig?

3. Ist der Begriff der Verschlechterung des Zustands eines Grundwasserkörpers in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff i WRRL dahin auszulegen, dass eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers vorliegt, sobald mindestens eine Umweltqualitätsnorm für einen Parameter vorhabenbedingt überschritten wird, und dass unabhängig davon dann, wenn für einen Schadstoff der maßgebliche Schwellenwert bereits überschritten ist, jede weitere (messbare) Erhöhung der Konzentration eine Verschlechterung darstellt?

4. a) Ist Art. 4 WRRL - unter Berücksichtigung seiner verbindlichen Wirkung (Art. 288 AEUV) und der Garantie wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 EUV) - dahin auszulegen, dass alle Mitglieder der von einem Vorhaben betroffenen Öffentlichkeit, die geltend machen, von der Genehmigung des Vorhabens in ihren Rechten verletzt zu sein, auch befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen?

b) Falls die Frage a) zu verneinen ist:

Ist Art. 4 WRRL - unter Berücksichtigung seiner Zielsetzung - dahin auszulegen, dass jedenfalls solche Kläger, die in räumlicher Nähe zur geplanten Straßentrasse Hausbrunnen zur privaten Wasserversorgung unterhalten, befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen?

  • Rechtsquellen
    WRRL Art. 4
    UVP-RL Art. 6, 11
    FFH-RL Art. 6
    UmwRG §§ 2, 4
    WHG §§ 27, 47
    VwGO §§ 42, 113

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:250418B9A16.16.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. April 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, Dr. Martini und
Dr. Dieterich
beschlossen:

  1. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird ausgesetzt.
  2. Es wird gemäß Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu folgenden Fragen eingeholt:
  3. 1. Ist Art. 11 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - im Folgenden: UVP-RL - dahin auszulegen, dass mit ihm eine Vorschrift des nationalen Rechts vereinbar ist, nach der ein Kläger, der keine anerkannte Umweltvereinigung ist, die Aufhebung einer Entscheidung wegen eines Verfahrensfehlers nur verlangen kann, wenn der Verfahrensfehler ihm selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat?
  4. 2. a) Ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i - iii der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014 (ABl. Nr. L 311 S. 32), - im Folgenden: Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - dahin auszulegen, dass er nicht nur einen materiellrechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern darüber hinaus auch Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren beinhaltet?
  5. b) Falls die Frage a) zu bejahen ist:
  6. Muss sich die Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 UVP-RL stets zwingend auf die Unterlagen zur wasserrechtlichen Prüfung im vorgenannten Sinne beziehen oder ist eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Erstellung der Unterlage und deren Komplexität zulässig?
  7. 3. Ist der Begriff der Verschlechterung des Zustands eines Grundwasserkörpers in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i WRRL dahin auszulegen, dass eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers vorliegt, sobald mindestens eine Umweltqualitätsnorm für einen Parameter vorhabenbedingt überschritten wird, und dass unabhängig davon dann, wenn für einen Schadstoff der maßgebliche Schwellenwert bereits überschritten ist, jede weitere (messbare) Erhöhung der Konzentration eine Verschlechterung darstellt?
  8. 4. a) Ist Art. 4 WRRL - unter Berücksichtigung seiner verbindlichen Wirkung (Art. 288 AEUV) und der Garantie wirksamen Rechtsschutzes (Art. 19 EUV) - dahin auszulegen, dass alle Mitglieder der von einem Vorhaben betroffenen Öffentlichkeit, die geltend machen, von der Genehmigung des Vorhabens in ihren Rechten verletzt zu sein, auch befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen?
  9. b) Falls die Frage a) zu verneinen ist:
  10. Ist Art. 4 WRRL - unter Berücksichtigung seiner Zielsetzung - dahin auszulegen, dass jedenfalls solche Kläger, die in räumlicher Nähe zur geplanten Straßentrasse Hausbrunnen zur privaten Wasserversorgung unterhalten, befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen?

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen den Beschluss der Bezirksregierung Detmold (künftig: Zulassungsbehörde) vom 27. September 2016, mit dem auf Antrag des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen (künftig: Vorhabenträger) der Plan für den Neubau der A 33/B 61, Zubringer Ummeln, festgestellt worden ist (Planfeststellungsbeschluss). Das Straßenbauprojekt unterfällt dem Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie. Es soll neben dem Anschluss an die bereits autobahnkreuzähnlich ausgebaute Anschlussstelle Bielefeld-Zentrum der A 33 auch der Entlastung der Ortsdurchfahrt Ummeln dienen. Der planfestgestellte Abschnitt umfasst eine Länge von rd. 3,7 km. Die Straße soll teilweise vier-, teilweise dreispurig geführt werden.

2 Die Klägerin zu 13 hat ihre Klage zurückgenommen. Die verbleibenden Kläger sind wie folgt von dem Vorhaben betroffen:

3 Die Kläger zu 1 bis 6, 10 und 14 sind enteignungsbetroffen, d.h. ihre Grundstücke sollen in unterschiedlichem Umfang für das Vorhaben selbst oder für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen in Anspruch genommen werden; drei der enteignungsbetroffenen Kläger (zu 3, 6 und 10) sollen ihre Wohnhäuser verlieren, andere machen Existenzgefährdungen geltend. Teilweise befürchten die enteignungsbetroffenen Kläger auch eine Überschwemmung ihrer Grundstücke. Die Kläger zu 4, 5, 6 bis 12 und 14 verfügen über einen Hausbrunnen für die private Trinkwasserversorgung; sie befürchten eine Verunreinigung des Wassers. Nahezu alle Kläger machen Lärmbelange geltend.

4 Die Planunterlagen lagen in der Zeit vom 30. August bis zum 29. September 2010 öffentlich aus. In der der Auslegung vorangegangenen Bekanntmachung wurden einige Unterlagen genannt (Verkehrsgutachten, artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, zwei faunistische Untersuchungen), nicht aber die Unterlagen zum Lärmschutz und zur geplanten Entwässerung. Sämtliche Kläger haben Einwendungen erhoben. Der Erörterungstermin fand am 10. und 11. April 2013 statt.

5 Nach Auswertung der Ergebnisse des Anhörungsverfahrens beschloss der Vorhabenträger verschiedene Planänderungen. Unter anderem wurde aufgrund von Bedenken der Wasserbehörde, die auf den hohen Grundwasserstand (ca. 0,25 m unter Gelände) und die topographischen Besonderheiten (flache, wenig geneigte Bachläufe) hingewiesen hatte, die Entwässerung des auf den Straßenoberflächen anfallenden Niederschlagswassers im Entwässerungsabschnitt 4 geändert. Dieser (kleinste) Entwässerungsabschnitt betrifft die Innenfläche des nördlichen Anschlussstellen-Ohres mit einer Fläche von ca. 1,1 ha. Geplant ist nun keine Einleitung mehr in ein Oberflächengewässer, sondern eine Versickerung in das Grundwasser. Der 4. Entwässerungsabschnitt liegt außerhalb eines Wasserschutzgebiets, jedoch innerhalb des Wassereinzugsgebiets eines Wasserbeschaffungsverbandes, der über Trinkwasserbrunnen verfügt. Im Übrigen erfolgt die Straßenentwässerung durch eine Einleitung in näher bezeichnete Gewässer an drei Einleitstellen über Regenrückhaltebecken und Leichtflüssigkeitsabscheider mit vorgeschaltetem Öl- und Schlammfang.

6 Aufgrund der Planänderungen erstellte der Vorhabenträger ein sogenanntes "Deckblatt". In dieses nahm er unter Kenntlichmachung der Änderungen nochmals alle Planunterlagen - d.h. auch die unverändert gebliebenen - auf. Die Neuauslegung dieser Deckblattunterlagen erfolgte in der Zeit vom 19. Mai bis zum 18. Juni 2014. In der vorangegangenen Bekanntmachung wurde erneut auf verschiedene Unterlagen (etwa eine neue Verkehrsuntersuchung und eine neue lärmtechnische Unterlage), nicht aber auf die geänderte wassertechnische Untersuchung hingewiesen. Sämtliche Kläger haben nochmals Einwendungen erhoben.

7 Die Zulassungsbehörde erteilte mit dem gerichtlich angefochtenen Planfeststellungsbeschluss dem Vorhabenträger auch die jederzeit widerrufliche Erlaubnis, das auf den Straßenoberflächen anfallende Niederschlagswasser - wie oben beschrieben - in drei Gewässer bzw. in das Grundwasser einzuleiten. Dabei wird die Lage und der Umfang der Einleitung genauer bezeichnet. Sowohl hinsichtlich der Einleitung in die Oberflächengewässer als auch hinsichtlich der Versickerung in das Grundwasser enthält der Planfeststellungsbeschluss zahlreiche Nebenbestimmungen, die den Gewässerschutz sicherstellen sollen.

8 Vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses fand keine dokumentierte gewässerkörperbezogene Prüfung der Anforderungen des Art. 4 WRRL bzw. der §§ 27, 47 WHG statt. Der Begriff der Qualitätskomponente bzw. Umweltqualitätsnorm taucht weder in den planfestgestellten Unterlagen noch im Planfeststellungsbeschluss auf. Im Planfeststellungsbeschluss wird allerdings zusammenfassend festgestellt, vorhabenbedingt sei weder mit einer Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers noch mit einer Verschlechterung eines Grundwasserkörpers zu rechnen. Das Vorhaben verstoße mithin nicht gegen Art. 4 WRRL i.V.m. §§ 27 und 47 WHG.

9 Erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens hat die Zulassungsbehörde nähere Angaben zur Prüfung des Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots gemacht und hierzu ein 48 Seiten umfassendes Dokument (im Folgenden: nachgereichter Fachbeitrag) vorgelegt, ohne dieses allerdings förmlich zum Inhalt des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses zu machen. In dieser Unterlage werden die betroffenen Wasserkörper beschrieben und die Auswirkungen des Vorhabens auf deren Qualitätskomponenten bewertet. Zur Rechtfertigung ihres Vorgehens hat die Zulassungsbehörde vorgebracht, eine wasserkörperbezogene Prüfung sei bereits im Planfeststellungsverfahren durch die Untere Wasserbehörde der Stadt Bielefeld erfolgt; diese sei lediglich nicht dokumentiert worden.

10 Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. und 18. April 2018 ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss an einem Abwägungsfehler hinsichtlich der Trassenwahl leidet, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses führen wird. Auf diesen Fehler ist in einem gesonderten Beschluss vom heutigen Tage hingewiesen worden.

II

11 Der Rechtsstreit ist auszusetzen. Es ist eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) zu den im Beschlusstenor formulierten Fragen einzuholen (Art. 267 AEUV).

12 Der rechtliche Rahmen wird durch die folgenden nationalen Vorschriften gebildet:

13 1. Das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) in seiner auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung lautet:
§ 3 Begriffsbestimmungen
6. Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
§ 27 Bewirtschaftungsziele für oberirdische Gewässer
(1) Oberirdische Gewässer sind, soweit sie nicht nach § 28 als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass
1. eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
2. ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.
§ 47 Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser
(1) Das Grundwasser ist so zu bewirtschaften, dass
1. eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands vermieden wird;
2. alle signifikanten und anhaltenden Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umgekehrt werden;
3. ein guter mengenmäßiger und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden; zu einem guten mengenmäßigen Zustand gehört insbesondere ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung.

14 2. Die Verordnung zum Schutz des Grundwassers (Grundwasserverordnung - GrwV) vom 9. November 2010 (BGBl. I S. 1513) in der maßgeblichen Fassung lautet:
§ 7 Einstufung des chemischen Grundwasserzustands
(1) Die zuständige Behörde stuft den chemischen Grundwasserzustand als gut oder schlecht ein.
(2) Der chemische Grundwasserzustand ist gut, wenn
1. die in Anlage 2 enthaltenen (...) Schwellenwerte an keiner Messstelle nach § 9 Absatz 1 im Grundwasserkörper überschritten werden oder (...)
§ 9 Überwachung des mengenmäßigen und chemischen Grundwasserzustands
(1) In jedem Grundwasserkörper sind Messstellen für eine repräsentative Überwachung des mengenmäßigen Grundwasserzustands nach Maßgabe der Anlage 3 und des chemischen Grundwasserzustands nach Maßgabe der Anlage 4 Nummer 1 zu errichten und zu betreiben.
Anlage 2 der GrwV enthält für Chlorid einen Schwellenwert von 250 mg/l.

15 3. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der hier anwendbaren Fassung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) - im Folgenden: UVPG a.F. - lautet:
§ 6 Unterlagen des Trägers des Vorhabens
(1) Der Träger des Vorhabens hat die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens der zuständigen Behörde zu Beginn des Verfahrens vorzulegen, in dem die Umweltverträglichkeit geprüft wird. (...)
§ 9 Beteiligung der Öffentlichkeit
(1a) Bei der Bekanntmachung zu Beginn des Beteiligungsverfahrens nach Absatz 1 hat die zuständige Behörde die Öffentlichkeit über Folgendes zu unterrichten:
(...)
5. die Angabe, welche Unterlagen nach § 6 vorgelegt wurden,

16 4. Das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) lautet:
§ 46 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
§ 75 Rechtswirkungen der Planfeststellung
(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.
(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

17 5. Die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) lautet:
§ 42 Anfechtungs- und Verpflichtungsklage
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
§ 113 Urteilstenor
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. (...)

18 6. Das Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2017 (BGBl. I S. 3290) lautet:
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz ist anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen folgende Entscheidungen:
1. Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Absatz 6 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach
a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, (...)
eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann;
(...)
(4) Umweltbezogene Rechtsvorschriften im Sinne dieses Gesetzes sind Bestimmungen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf
1. den Zustand von Umweltbestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 1 des Umweltinformationsgesetzes oder
2. Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des Umweltinformationsgesetzes beziehen.
§ 2 Rechtsbehelfe von Vereinigungen
(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung
1. geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2. geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3. im Falle eines Verfahrens nach
a) § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b) § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
(...)
(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit
1. die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2. die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 1 Nummer 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.
§ 3 Anerkennung von Vereinigungen
(1) Auf Antrag wird einer inländischen oder ausländischen Vereinigung die Anerkennung zur Einlegung von Rechtbehelfen nach diesem Gesetz erteilt. Die Anerkennung ist zu erteilen, wenn die Vereinigung
1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördert,
2. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist (...)
§ 4 Verfahrensfehler
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (...)
a) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b) erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2. eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundesimmissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3. ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a) nicht geheilt worden ist,
b) nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
1. § 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2. § 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.
(...)
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
1. Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2. Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. (...)

III

19 Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich.

20 Zwar hat der Senat unabhängig von der Beantwortung der mit dem Vorlagebeschluss aufgeworfenen Fragen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil er die Entscheidung hinsichtlich der Trassenwahl für abwägungsfehlerhaft hält. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf seinen Hinweisbeschluss vom heutigen Tage Bezug. Unbeschadet dessen sind aber auch die in den Vorlagefragen angesprochenen Punkte für die abschließende Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt:

21 Der vorgenannte Fehler hätte nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zur Folge; denn er könnte in einem ergänzenden Verfahren behoben werden (§ 75 Abs. 1a VwVfG). Mit dieser Regelung will der deutsche Gesetzgeber erreichen, dass in solchen Fällen nicht das gesamte, sehr zeitaufwändige Verwaltungsverfahren wiederholt werden muss; er will vielmehr der Planfeststellungsbehörde Gelegenheit geben, den Fehler in einem auf deren Korrektur beschränkten ergänzenden Verfahren zu beheben. Diese verfahrensrechtliche Besonderheit des nationalen Rechts hat zur Folge, dass das Bundesverwaltungsgericht die dem Gerichtshof vorgelegten Fragen nicht offenlassen darf, sondern die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses umfassend prüfen und in seinem Urteil den Umfang der Rechtswidrigkeit genau feststellen muss. Denn wegen der Rechtskraftwirkung des vom Bundesverwaltungsgericht zu erlassenden Urteils wird der Kläger gegen die behördliche Entscheidung im ergänzenden Verfahren nicht mehr gerichtlich geltend machen können, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus an weiteren Fehlern leidet (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht im Interesse einer umfassenden Klärung der Streitpunkte auch darzulegen, von welchen rechtlichen Anforderungen die Planfeststellungsbehörde bei der Behebung der festgestellten Fehler in einem ergänzenden Verfahren auszugehen hat.

IV

22 Die Vorlagefragen bedürfen einer Klärung durch den Gerichtshof, weil sie weder durch seine Rechtsprechung geklärt noch offenkundig sind. Zu den einzelnen Vorlagefragen sind folgende Erwägungen von Bedeutung:

23 Zu Frage 1:
Der Senat hält die Auslegungsbekanntmachungen vom 21. August 2010 und vom 10./11. Mai 2014 für fehlerhaft, weil die Öffentlichkeit nicht, wie es das nationale Recht im Anschluss an das Unionsrecht vorschreibt (vgl. § 9 Abs. 1a i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG a.F. bzw. Art. 6 Abs. 2 und 3 UVP-RL) hinreichend über die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens informiert wurde. Denn in der ersten Bekanntmachung fehlte ein Hinweis auf die Antragsunterlagen zu den Themen Lärm und Wasser. In der zweiten Bekanntmachung wurde nicht auf die (geänderte) wassertechnische Unterlage hingewiesen; auch wird in dem Bekanntmachungstext der irreführende Eindruck einer vollständigen Aufzählung sämtlicher Unterlagen erweckt.

24 Diese Verfahrensfehler führen jedoch nach nationalem Recht (hier: § 46 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1a Satz 1 und § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG) nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit. Denn sie haben nach der Überzeugung des Gerichts die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst. Klagt - wie hier - ein Individualkläger, kommt es gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG nur darauf an, ob ihm selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist; auf die Verkürzung der Verfahrensrechte anderer Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit kann sich ein solcher Beteiligter dagegen nicht berufen (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 20 Rn. 5 unter Hinweis auf BT-Drs. 18/5927 S. 10 f.). In der erwähnten Drucksache heißt es:
Der angefügte neue Satz 2 bestimmt, dass Beteiligte nach § 61 Nummer 1 und 2 VwGO die Aufhebung einer Entscheidung nur dann verlangen können, wenn ihnen selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist. Nicht ausreichend ist insoweit, wenn lediglich einem anderen Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen wurde. Ein Aufhebungsanspruch besteht also zum Beispiel dann nicht, wenn eine Auslegung der Unterlagen zwar in einigen von dem Vorhaben betroffenen Gemeinden unterblieben, am Wohnort des Beteiligten aber erfolgt ist. Die Vorschrift gilt nicht für Rechtsbehelfe anerkannter Vereinigungen nach § 2.

25 Die Rechtslage ist hingegen bei Umweltverbänden anders. Diese können sich auf die Verkürzung der Verfahrensrechte der betroffenen Öffentlichkeit berufen. Dies ergibt sich daraus, dass § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG ausdrücklich nur auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG, also auf die Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen im Sinne von § 61 Nr. 1 und 2 VwGO verweist, nicht aber auf § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 UmwRG, der die Rechtsbehelfe von Umweltvereinigungen im Sinne der §§ 2 und 3 UmwRG erfasst.

26 Das Bundesverwaltungsgericht hält die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG im Hinblick auf die Systementscheidung des deutschen Gesetzgebers zugunsten des subjektiven Rechtsschutzes für konsequent und aus den nachfolgenden Gründen für vereinbar mit Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL:

27

Array

28 Soweit der Gerichtshof in seinem Urteil einschränkend darauf hingewiesen hat, dass das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht dem Rechtsbehelfsführer insoweit in keiner Form die Beweislast aufbürden darf, dass das Gericht anhand der von den zuständigen Behörden vorgelegten Beweise und anhand des Akteninhalts entscheiden muss und dass schließlich der Schweregrad des geltend gemachten Fehlers zu berücksichtigen ist (vgl. Rn. 52 ff.), hat der deutsche Gesetzgeber dem mit der differenzierenden Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG, die nach dem Schweregrad des Fehlers unterscheidet und in § 4 Abs. 1b UmwRG eine Non-liquet-Regelung enthält, Rechnung getragen.

29 Die Forderung des Gerichtshofs, es sei insbesondere zu prüfen, "ob dieser Fehler der betroffenen Öffentlichkeit eine der Garantien genommen hat, die geschaffen wurden, um ihr im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 85/337 Zugang zu Informationen und die Beteiligung am Entscheidungsprozess zu ermöglichen" (Urteil vom 7. November 2013 - C-72/12, Gemeinde Altrip/Land Rheinland-Pfalz - Rn. 54, Hervorhebung nicht im Original), steht der Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Vielmehr ist diese Regelung von der dem Mitgliedstaat in Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit gedeckt, im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften auf eine Rechtsverletzung abzustellen. "Betroffene Öffentlichkeit" in diesem Sinne ist danach im vorliegenden Zusammenhang nur der einzelne Kläger und nicht die gesamte potentielle Öffentlichkeit.

30 Diese Ansicht stützt sich auch auf das Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​683], Kommission/Bundesrepublik. Mit diesem Urteil, das ebenfalls den Anwendungsbereich des Art. 11 Abs. 1 UVP-RL betrifft, hat der Gerichtshof entschieden, dass § 113 Abs. 1 VwGO mit den Vorgaben der vorgenannten Richtlinienbestimmung vereinbar ist (Rn. 28 ff.). Der entgegenstehenden Ansicht der Kommission und des Generalanwalts Wathelet ist er nicht gefolgt, sondern hat festgestellt, dass der Mitgliedstaat auch vorschreiben darf, dass die Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung durch das zuständige Gericht die Verletzung eines subjektiven Rechts auf Seiten des Klägers voraussetzt. Dem nationalen Gesetzgeber steht es frei, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs geltend machen kann, auf subjektive Rechte zu beschränken. Er darf diese Beschränkung allerdings nicht auf Umweltverbände anwenden. Diese müssen zwingend die nationalen Rechtsvorschriften, die die Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Umwelt umsetzen, sowie die unmittelbar anwendbaren Vorschriften des Umweltrechts der Union geltend machen können (Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14, Kommission/Bundesrepublik - Rn. 32 f., 92).

31 Zu Frage 2:
a) Durch das Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​433], BUND/Bundesrepublik - ist geklärt, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i bis iii WRRL verbindlicher Charakter zukommt mit der Folge, dass die Genehmigung eines konkreten Vorhabens zu versagen ist, wenn es eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächengewässers verursachen kann oder wenn es die Erreichung eines guten Zustands eines Oberflächengewässers bzw. seines guten ökologischen Potentials und eines guten chemischen Zustands eines Oberflächengewässers zu dem nach der Richtlinie maßgeblichen Zeitpunkt gefährdet.

32 Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zulassungsbehörde eine Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots bzw. Verbesserungsgebots erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nachvollziehbar dokumentiert hat. Er wirft daher die Frage auf, ob die genannte Richtlinienbestimmung - vergleichbar Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (im Folgenden: FFH-Richtlinie) - nicht nur einen materiellrechtlichen Prüfungsmaßstab, sondern auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren enthält. Konkret stellt sich für das Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob es nur darauf ankommt, ob sich die Aussage des Planfeststellungsbeschlusses, das Vorhaben verstoße nicht gegen Art. 4 WRRL i.V.m. §§ 27 und 47 WHG, im Ergebnis als zutreffend erweist, was mit Hilfe der im gerichtlichen Verfahren nachgereichten Unterlagen und gegebenenfalls mit sachverständiger Hilfe ermittelt werden könnte, oder ob die Wasserrahmenrichtlinie zwingend verlangt, dass das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot bereits vor der Zulassungsentscheidung in einem transparenten, d.h. anhand entsprechender Dokumentationen nachvollziehbaren behördlichen Verfahren geprüft werden müssen.

33 Im Zusammenhang mit der FFH-Verträglichkeitsprüfung geht das Bundesverwaltungsgericht - gestützt auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 7. September 2004 - C-127/02 [ECLI:​EU:​C:​2004:​482], Waddenzee - Rn. 53 ff.) - in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Art. 6 Abs. 3 FFH-RL bestimmte Anforderungen an das Zulassungsverfahren enthält. Danach sind die fachwissenschaftlichen Erkenntnisse von den für die Prüfung zuständigen Behörden grundsätzlich zu dokumentieren. Ermittlungs- und Bewertungsdefizite, die der FFH-Verträglichkeitsprüfung anhaften, können regelmäßig nicht allein anhand nachträglichen Vortrags im Prozess aufgefangen werden. Im Grundsatz ist vielmehr ein ergänzendes Verfahren nach § 75 Abs. 1a Satz 2 Halbs. 1 VwVfG erforderlich, das mit einer erneuten, gegebenenfalls in ein noch laufendes Verwaltungsstreitverfahren einzubeziehenden Entscheidung der zuständigen Behörde abschließt. Das schließt nicht aus, dass die Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidung und deren Grundlagen durch ergänzenden Vortrag erläutern und in diesem Rahmen auch auf Einwände des Klägers erwidern kann. Unberührt bleibt schließlich die Möglichkeit, dass Mängel der Verträglichkeitsprüfung in Anwendung von § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG unbeachtlich bleiben, wenn sie im Sinne der genannten Vorschrift auf das Ergebnis der behördlichen Entscheidung nicht von Einfluss gewesen sind. Ausgeschlossen ist aber, dass die Behörde die Verträglichkeitsprüfung erstmals im gerichtlichen Verfahren durchführt oder erstmals ihre fachwissenschaftlichen Erkenntnisse dokumentiert.

34 Der Senat neigt dazu, die genannten Vorgaben jedenfalls im Grundsatz auf die wasserrechtliche Prüfung des Verschlechterungsverbots zu übertragen, obwohl die Wasserrahmenrichtlinie - anders als Art. 6 Abs. 3 FFH-RL - eine solche vorangehende Prüfung weder erwähnt noch näher regelt. Hierfür sprechen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts folgende Erwägungen: Ebenso wie die zuständigen nationalen Behörden Gewissheit darüber erlangen müssen, dass sich der Plan oder das Projekt nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt, müssen sie die Frage entscheiden, ob es vorhabenbedingt zu einer Beeinträchtigung des Zustands bzw. Potentials von Qualitätskomponenten eines Oberflächen- oder Grundwasserkörpers kommt. Da es hierfür derzeit keine anerkannte Standardmethode gibt, kommt den Behörden bei der Entwicklung eigener Methoden ein erweiterter Spielraum zu. Dabei sind sie jedoch nicht völlig frei. Vielmehr müssen sie eine Methode anwenden, die transparent, funktionsgerecht und schlüssig ausgestaltet ist. Unverzichtbar ist dabei auch, dass die angewandten Kriterien definiert werden und ihr fachlicher Sinngehalt nachvollziehbar dargelegt wird (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2014 - 7 A 14.12 - DVBl 2015, 95 Rn. 6 und Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 112). Zur Sicherstellung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für die Rechtsschutzsuchenden und zugleich zur Vermeidung einer Überfrachtung des gerichtlichen Verfahrens sollten die zum Habitatschutzrecht entwickelten Grundsätze auf die Entscheidung über das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot übertragen werden.

35 Die vorstehende Ansicht stützt sich auch auf das Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juni 2017 - C-529/15 [ECLI:​EU:​C:​2017:​419], Folk - Rn. 38 f. Dort heißt es: "Wenn die zuständige nationale Behörde (...) die Bewilligung erteilt hat, ohne die Einhaltung der Bedingungen des Art. 4 Abs. 7 Buchst. a bis d der Richtlinie 2000/60 zu prüfen, muss das nationale Gericht nicht selbst prüfen, ob die Bedingungen dieser Bestimmung erfüllt sind, und kann sich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rechtsakts beschränken. Unbeschadet der Möglichkeit einer gerichtlichen Nachprüfung haben die für die Bewilligung eines Vorhabens zuständigen nationalen Behörden vor der Bewilligung nämlich zu prüfen, ob die in Art. 4 Abs. 7 Buchst. a bis d der Richtlinie 2000/60 aufgeführten Bedingungen erfüllt sind. Hat die zuständige Behörde die Bewilligung erteilt, ohne diese Prüfung vorzunehmen, sind hingegen die nationalen Gerichte nach dem Unionsrecht keineswegs verpflichtet, die Aufgaben der zuständigen Behörde zu übernehmen, indem sie selbst diese Bedingungen prüfen."

36 Zusammenfassend kommt das Bundesverwaltungsgericht bei Frage 2a) also zu dem Ergebnis, dass die Zulassungsbehörde selbst das Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot gewässerkörperbezogen prüfen und diese Prüfung und die sich daraus ergebenden Erkenntnisse dokumentieren muss. Prüfung und Dokumentation können jedoch in einfach gelagerten Fällen der Straßenentwässerung knapp ausfallen, insbesondere dann, wenn eine standardisierte Entwässerung nach den Regeln der Technik geplant ist und das Wasser vor der Einleitung vorgereinigt wird.

37 b) Sofern die Frage a) bejaht wird, stellt sich die weitere Frage, ob sich die Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 UVP-RL stets zwingend auf die Unterlagen zur wasserrechtlichen Prüfung im vorgenannten Sinne beziehen muss. Das Bundesverwaltungsgericht hält insoweit eine differenzierende Lösung für angemessen, die sowohl nach dem Zeitpunkt der Erstellung der Unterlage als auch der Komplexität der wasserrechtlichen Fragen unterscheidet:

38 Erstellt der Vorhabenträger eine Unterlage, die eine Prüfung der Voraussetzungen der Wasserrahmenrichtlinie enthält (meist wasserrechtlicher Fachbeitrag oder wassertechnische Unterlage genannt), und legt diese der Zulassungsbehörde mit dem Genehmigungsantrag vor, dürfte es sich dabei in der Regel um einen der "wichtigsten Berichte" (Art. 6 Abs. 3 Buchst. b UVP-RL) handeln, auf den die Öffentlichkeitsbeteiligung zu erstrecken ist.

39 In Fällen, in denen die wasserrechtliche Unterlage erst aufgrund des Urteils des Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 - C-461/13, BUND/Bundesrepublik - in einem laufenden Genehmigungsverfahren, und zwar nach der Öffentlichkeitsbeteiligung, erstellt worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht wie folgt differenziert:

40 Eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung ist dann nicht erforderlich, wenn die aufgrund des Urteils des Gerichtshofs erstmals erfolgte wasserkörperbezogene Untersuchung in ihrer Ermittlungstiefe und Komplexität nicht wesentlich über das hinausgeht, was bereits in den ausgelegten Unterlagen behandelt worden ist. Im konkreten Fall hatte der Fachbeitrag in - teilweise wortgleicher - Übereinstimmung mit den bereits ausgelegten Unterlagen dargelegt, dass mit dem gewählten Entwässerungssystem sowie mit den bauzeitlichen Vorkehrungen so viele Schadstoffe zurückgehalten würden, dass es zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung der Oberflächengewässer und des Grundwassers komme. Damit beschränkte sich der Fachbeitrag nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Lösung der mit dem Bau und der Nutzung einer Autobahn üblicherweise verbundenen Entwässerungsprobleme und erforderte keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung (BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 27).

41 Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung für einen wasserrechtlichen Fachbeitrag verlangt, der eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue und über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen hat. Im Unterschied zu dem vorgenannten Fall ging es hier nicht nur um typische, mit einer Autobahn üblicherweise verbundene Entwässerungsprobleme, sondern insbesondere um die Frage, mit welchen Einleitungsparametern das für den Bau eines Tunnels zur Unterquerung der Elbe benötigte Wasser (sogenanntes Prozesswasser) wieder in die Elbe eingeleitet werden durfte (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 34).

42 Bei der vorgenannten differenzierenden Beurteilung wasserrechtlicher Fachbeiträge hat sich das Bundesverwaltungsgericht an seiner bisherigen Rechtsprechung orientiert. Danach ist bei der Beseitigung von Ermittlungsdefiziten und Änderungen namentlich der landschaftspflegerischen Begleitplanung und der ihr zugrunde liegenden habitat- und artenschutzrechtlichen Fachbeiträge dann keine neue Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich, wenn sich die geänderten Unterlagen auf Detailänderungen und eine vertiefte Prüfung von Betroffenheiten beschränken, ohne das Gesamtkonzept der Planung zu ändern oder zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen zu gelangen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 33). Andernfalls würde sich das Zulassungsverfahren, mit dem regelmäßig erhebliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden, unverhältnismäßig verzögern.

43 Zu Frage 3:
Die 3. Frage betrifft den Bewertungsmaßstab, der bei der Prüfung des Verschlechterungsverbots in Bezug auf das Grundwasser anzulegen ist.

44 Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass das Verschlechterungsverbot auch für das Grundwassers (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i - ii WRRL) verbindlichen Charakter hat und bei der Zulassung eines Vorhabens zwingend zu prüfen ist. Die Ausführungen im Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2015 - C-461/13, BUND/Bundesrepublik - Rn. 43 ff. - zur Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers sind insoweit auf das Grundwasser übertragbar. Dementsprechend unterstellt das Bundesverwaltungsgericht, dass die Antwort des Gerichtshofs auf die oben gestellte Frage 2 auch für das Grundwasser gilt. Des Weiteren nimmt das Bundesverwaltungsgericht an, dass Bezugspunkt der Prüfung des Verschlechterungsverbots der Grundwasserkörper in seiner Gesamtheit ist, denn auf diesen stellt auch Nr. 2.4.5 des Anhangs V der Wasserrahmenlinie bei der "Interpretation und Darstellung des chemischen Zustands des Grundwassers" ab. Unter einem Grundwasserkörper ist nach der Legaldefinition des § 3 Nr. 6 WHG das "abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter" zu verstehen. Lokal begrenzte Veränderungen sind daher nicht relevant, solange sie sich nicht auf den gesamten Grundwasserkörper auswirken (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 506 zur räumlichen Bezugsgröße bei der Prüfung des Verschlechterungsverbots in Bezug auf Oberflächenwasserkörper).

45 Vom Gerichtshof noch nicht - zumindest nicht ausdrücklich - geklärt ist aber die Übertragbarkeit der Aussagen im Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13, BUND/Bundesrepublik - in Bezug auf den Bewertungsmaßstab. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i WRRL vorliegt, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist jedoch die betreffende Qualitätskomponente im Sinne von Anhang V bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers dar (Rn. 69).

46 Dieser Bewertungsmaßstab ist nicht ohne Weiteres übertragbar. Denn anders als für Oberflächenwasserkörper, für die die Richtlinie 2000/60/EG eine fünfstufige Skala der ökologischen Qualitätskomponenten vorsieht (vgl. Anhang V Nr. 1.4.1 Ziff. iii WRRL), unterscheidet sie in Bezug auf das Grundwasser bezüglich des mengenmäßigen und chemischen Zustands jeweils nur zwischen gut und schlecht (vgl. Anhang V Nr. 2.2.4 und Nr. 2.4.5).

47 In der deutschen Verwaltungspraxis wird der chemische Zustand eines Grundwasserkörpers regelmäßig dadurch ermittelt, dass die Konzentrationen der Schadstoffe an Messstellen, die ein für den Grundwasserkörper repräsentatives Messnetz bilden, ermittelt werden. Der Zustand eines Grundwasserkörpers ist nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 GrwV insbesondere dann gut, wenn die in Anlage 2 enthaltenen oder die nach § 5 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 3 festgelegten Schwellenwerte an keiner Messstelle überschritten werden.

48 Zur Erläuterung: Anlage 2 zur Grundwasserverordnung enthält Schwellenwerte für sämtliche Stoffe, die in Anhang II Teil B Nr. 1 der Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung - Grundwasserrichtlinie - in der Mindestliste aufgeführt sind und für die die Mitgliedstaaten die Festlegung von Schwellenwerten gemäß Art. 3 der Grundwasserrichtlinie zu erwägen haben. Dementsprechend enthält die Anlage 2 zur Grundwasserverordnung Schwellenwerte für Arsen, Cadmium, Blei, Quecksilber, Ammonium, Chlorid und Sulfat. Darüber hinaus enthält sie auch Schwellenwerte für weitere Stoffe und Stoffgruppen, wie etwa Nitrat, ortho-Phosphat oder Sulfat.

49 Dies zugrunde gelegt und unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13, BUND/Bundesrepublik - herausgearbeiteten Zielsetzung der Wasserrahmenrichtlinie - Erreichen eines "guten Zustands" aller Gewässer - dürfte eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers vorliegen, sobald mindestens eine Umweltqualitätsnorm für einen Parameter vorhabenbedingt überschritten wird. Für Schadstoffe hingegen, die den maßgeblichen Schwellenwert bereits im Ist-Zustand überschreiten, stellt jede weitere (messbare) Erhöhung der Konzentration eine Verschlechterung dar (ähnlich BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 578 zur Verschlechterung des chemischen Zustands eines Oberflächenwasserkörpers).

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51 Zu Frage 4:

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52 a) Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sind die Mitgliedstaaten von Unionsrecht wegen zunächst nicht verpflichtet, ihr nationales Recht so zu gestalten, dass alle Mitglieder der von einem Vorhaben betroffenen Öffentlichkeit, die sich auf eine Verletzung eigener Rechte berufen, auch befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen.

53 aa) Dem liegt folgendes Verständnis der Normen des nationalen Prozessrechts zugrunde:

54 Gemäß § 42 Abs. 2 VwGO hängt die Zulässigkeit von Einzelnen erhobener Klagen davon ab, dass der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt (oder seine Ablehnung) in seinen Rechten verletzt zu sein. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO betrifft dagegen die Begründetheit der von einem Einzelnen erhobenen Klage. Nach dieser Vorschrift hebt das Verwaltungsgericht den Verwaltungsakt (nur) auf, soweit dieser rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Voraussetzung dafür, dass die von einem Einzelnen erhobene Klage Erfolg hat, ist daher nach deutschem Verwaltungsprozessrecht eine subjektive Rechtsverletzung. Dementsprechend können sich einzelne Kläger vor Gericht nur auf die Verletzung derjenigen Normen stützen, die zumindest auch dazu bestimmt sind, ihre eigenen Rechte zu schützen. Mit der Klage gegen eine planerische Entscheidung können sie die fehlerhafte Abwägung ihrer eigenen geschützten Belange rügen, nicht aber eine in jeder, auch objektiver Hinsicht fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.

55 Soweit ein einzelner Kläger in seinem Eigentum betroffen ist, weil ihm wegen des Vorhabens die Enteignung droht, kann er zwar - im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht (Art. 14 GG) - grundsätzlich eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen. Ein solcher Kläger kann sich also im Grundsatz auch auf die fehlerhafte Anwendung objektiven Rechts - etwa des Umweltrechts - oder die fehlerhafte Abwägung öffentlicher Belange stützen. Das gilt aber wiederum dann nicht, wenn auch die fehlerfreie Beachtung dieser Belange nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich seines Grundstücks führen würde. Denn dann berührt der Fehler im Ergebnis nicht das subjektive Eigentumsrecht dieses Klägers (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24 und vom 16. Juni 2016 - 9 A 4.15 - Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 12 Rn. 50).

56 Demgegenüber beurteilen sich die Zulässigkeit und die Begründetheit von Klagen anerkannter inländischer oder ausländischer Umweltvereinigungen nach anderen Rechtsvorschriften, nämlich nach §§ 1 und 2 UmwRG. Dieses Gesetz ist unter anderem anzuwenden auf Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben, für die - wie in dem hier vorgelegten Fall - eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG). Gegen solche Entscheidungen oder deren Unterlassen können anerkannte Umweltvereinigungen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, im Rahmen ihres satzungsgemäßen Aufgabenbereichs Rechtsbehelfe einlegen (§ 2 Abs. 1 UmwRG). Diese Rechtsbehelfe sind nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 UmwRG begründet, wenn ein Verstoß gegen objektives Recht vorliegt. Auf die Verletzung subjektiver Rechte kommt es für die Begründetheit solcher Klagen nicht an.

57 Vor diesem Hintergrund ist das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung, dass einzelne (nicht in ihrem Grundeigentum betroffene) Kläger - anders als Umweltvereinigungen - grundsätzlich nicht befugt sind, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot geltend zu machen. Zwar sind das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot bei der Entscheidung über die Zulassung eines Projekts strikt zu beachten (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13, BUND/Bundesrepublik - Rn. 50). Die in §§ 27, 47 WHG enthaltenen Regelungen über die Bewirtschaftungsziele für Gewässer, die Art. 4 WRRL umsetzen, dienen nach deutschem Rechtsverständnis aber ausschließlich dem öffentlichen Interesse und verleihen keine subjektiven Rechte (so zuletzt BVerwG, Urteil vom 28. November 2017 - 7 A 1.17 - juris Rn. 42).

58 Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts spricht vieles dafür, dass Unionsrecht es nicht gebietet, bei Individualklagen von dem vorstehend dargestellten Rechtsverständnis abzuweichen. Diese Ansicht stützt sich vor allem auf das schon bei Frage 1 erwähnte Urteil des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 - C-137/14, Kommission/Bundesrepublik -, das den Anwendungsbereich des - heutigen - Art. 11 Abs. 1 UVP-RL betrifft. Danach kann der nationale Gesetzgeber die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs geltend machen kann, auf subjektive Rechte beschränken, darf diese Beschränkung allerdings nicht auf Umweltverbände anwenden (Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14, Kommission/Bundesrepublik - Rn. 32 f., 92). Im Hinblick darauf ist es nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts unionsrechtlich - jedenfalls im Grundsatz - nicht geboten, Art. 4 WRRL dahin auszulegen, dass zwingend einzelne Kläger Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot gerichtlich geltend machen können.

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60 In demselben Sinn versteht das Bundesverwaltungsgericht die Ausführungen des Gerichtshofs zu der Garantie wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes, die in Art. 19 Abs. 1 EUV und in Art. 47 der EU-Grundrechte-Charta (GRCh) enthalten und auch in Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention angelegt ist. Es sind danach gerade die Umweltorganisationen, denen durch im innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien nicht die Möglichkeit genommen werden darf, die Beachtung der aus dem Umweltrecht der Union hervorgegangenen, dem Allgemeininteresse dienenden Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen (Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-664/15, Protect/Bezirkshauptmannschaft Gmünd - Rn. 35 ff., 45 ff.). Ebenso hatte Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen (insbesondere Rn. 79 f., 85, 90) ausgeführt, dass Einzelpersonen eine Klagemöglichkeit zum Schutz ihres Eigentums oder ihrer sonstigen Interessen haben (müssten), während Umweltschutzorganisationen ein darüber hinausgehendes Klagerecht deshalb nicht abgeschnitten werden dürfe, weil sie Ausdruck kollektiver und öffentlicher Interessen seien, die sonst niemand schützen könne.

61 Auch das zuvor ergangene Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 2016 - C-243/15 [ECLI:​EU:​C:​2016:​838], Lesoochranárske zoskupenie VLK/Obvodný úrad Trenčín - nötigt nach Auffassung des Senats nicht dazu, in Bezug auf die Klagerechte Einzelner den in Art. 11 Abs. 1 UVP-RL und Art. 9 Abs. 3 Aarhus-Konvention angelegten Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten weiter einzuschränken. Im Hinblick auf die Richtlinie 92/43/EG - FFH-Richtlinie - heißt es dort zwar, deren praktische Wirksamkeit und dem Umweltschutz dienende Zielsetzung verlangten, dass "die Bürger" sich vor Gericht auf sie berufen und eine entsprechende Überprüfung verlangen könnten. Auch dieses Urteil bezieht sich aber wiederum auf die Rechtsstellung anerkannter Umweltvereinigungen. Vor allem sie müssen zwingend die Verletzung der aus dem Unionsrecht hervorgegangenen Umweltvorschriften geltend machen können. Das Urteil des Gerichtshofs vom 8. November 2016 (Rn. 59) verweist insoweit auf das Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14, Kommission/Bundesrepublik. In dem zuletzt genannten Urteil hatte es der Gerichtshof indessen, wie schon erwähnt, dem nationalen Gesetzgeber gerade freigestellt, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs geltend machen kann, auf subjektive Rechte zu beschränken.

62 bb) Aus dem Umstand allein, dass alle Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit - wie die Bevölkerung allgemein - auf gesundheitlich unbedenkliches Trinkwasser angewiesen sind, ergeben sich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keine weitergehenden Klagerechte Einzelner im Hinblick auf Art. 4 WRRL.

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64 Weder die Wasserrahmenrichtlinie noch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs definieren indes die Voraussetzungen der Betroffenheit und der damit einhergehenden Notwendigkeit, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können. Bei der diesbezüglichen Präzisierung ist den Mitgliedstaaten ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Insbesondere steht es dem nationalen Gesetzgeber frei, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung geltend machen kann, auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken, d.h. auf individuelle Rechte, die nach dem nationalen Recht als subjektiv-öffentliche Rechte qualifiziert werden können (EuGH, Urteile vom 16. April 2015 - C-570/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​231], Gruber - Rn. 40 und vom 15. Oktober 2015 - C-137/14, Kommission/Bundesrepublik - Rn. 32 f.). Die gegen ein Vorhaben klagenden Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit beziehen ihr Trinkwasser, soweit sie nicht ausnahmsweise über Hausbrunnen zur privaten Wasserversorgung verfügen (s. dazu sogleich unter b)), aus der öffentlichen Wasserversorgung. Nicht zuletzt im Hinblick darauf dürften sie von der Gefahr einer etwaigen Überschreitung von Grenzwerten nicht in dem Sinne "unmittelbar" betroffen sein (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Juni 2008 - C-237/07, Janecek/Freistaat Bayern - Rn. 39), dass sie selbst von Unionsrechts wegen zwingend in der Lage sein müssten, Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot gerichtlich geltend zu machen.

65 b) Darüber hinaus spricht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts vieles dafür, dass das nationale Recht auch denjenigen einzelnen Klägern, die in räumlicher Nähe zur geplanten Straßentrasse Hausbrunnen zur privaten Wasserversorgung unterhalten und deren Beeinträchtigung durch eine Versickerung von Straßenoberflächenwasser befürchten, nach Maßgabe des Art. 4 WRRL nicht zwingend das Recht einräumen muss, ihre Klagen auf etwaige Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot zu stützen. Auch wenn an dem rein objektiven Charakter der betreffenden Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie festgehalten wird, werden diese Kläger nach nationalem Recht ausreichend geschützt.

66 aa) Das deutsche Recht unterscheidet zwar zwischen der Planfeststellung (Genehmigung des Vorhabens) einerseits und der Erteilung der für die Gewässerbenutzung benötigten wasserrechtlichen Erlaubnis andererseits. Das Einleiten bzw. Versickern von Straßenoberflächenwasser in das Grundwasser ist eine erlaubnispflichtige Gewässerbenutzung. Unbeschadet dessen führen wasserrechtliche Zulassungshürden aber ohne Weiteres zur Rechtswidrigkeit und damit zur Unzulässigkeit des Planvorhabens, wenn sie unüberwindlich sind und sich das Vorhaben ohne die Gewässerbenutzung nicht verwirklichen lässt. Darüber hinaus können Dritte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch gegen die wasserrechtliche Erlaubnis als solche gerichtlich vorgehen, soweit sie von dieser in einer qualifizierten und individualisierten Weise betroffen sind (s. zuletzt Urteil vom 12. April 2018 - 3 A 16.15 - juris Rn. 19 ff. m.w.N.).

67 Auch wenn sich Besitzer von Hausbrunnen vor Gericht nicht unmittelbar auf Verstöße gegen das unionsrechtliche Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot berufen dürfen, können sie von daher unabhängig vom Unionsrecht schon nach nationalem Recht gerichtlich geltend machen, die Erlaubnis gefährde die Trinkwasserqualität des in ihren Hausbrunnen geförderten Grundwassers.

68 bb) Sollte Art. 4 WRRL (gegebenenfalls i.V.m. Art. 288 AEUV, Art. 19 EUV und Art. 47 GRCh) entgegen den vorstehenden Ausführungen verlangen, dass der einzelne Besitzer eines straßennahen Hausbrunnens - unbeschadet des Klagerechts anerkannter Umweltvereinigungen und auch unabhängig von seinen eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten nach nationalem Recht - vor Gericht eine Verletzung des unionsrechtlichen Verschlechterungsverbots und des Verbesserungsgebots geltend machen kann, dürfte ihm dieses Recht jedenfalls nur im Umfang seiner jeweiligen Betroffenheit zustehen. Gerichtlichen Rechtsschutz nach Maßgabe des Art. 4 WRRL dürfte ein Kläger unter dieser Prämisse nur insoweit verlangen können, als er nicht nur von dem Vorhaben selbst, sondern darüber hinaus gerade durch den (vermeintlichen) Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot konkret betroffen wird.

69 Als in diesem Sinne betroffen wären die jeweiligen Kläger dann (nur) insoweit anzusehen, als ihre Gesundheit aufgrund der Nichteinhaltung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie gefährdet werden kann. Danach könnten beispielsweise die Besitzer von Hausbrunnen von Unionsrechts wegen eine Gefährdung der Qualität des von ihnen geförderten und verbrauchten Trinkwassers geltend machen. Sie könnten sich aber nicht auf eine von der Gesundheitsgefährdung unabhängige Einhaltung des Verschlechterungsverbots bzw. Verbesserungsgebots in sonstiger Hinsicht berufen.

Beschluss vom 25.04.2018 -
BVerwG 9 A 16.16ECLI:DE:BVerwG:2018:250418B9A16.16.1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.04.2018 - 9 A 16.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:250418B9A16.16.1]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.16

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. April 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler, Dr. Martini und
Dr. Dieterich
beschlossen:

Es wird darauf hingewiesen, dass gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses der Bezirksregierung Detmold vom 27. September 2016 für den Neubau der A 33/B 61, Zubringer Ummeln, unter den nachstehend aufgeführten Gesichtspunkten Bedenken bestehen.

Gründe

I

1 Da das Verfahren mit gesondertem Beschluss ausgesetzt wird und dem Gerichtshof der Europäischen Union (in Zukunft: Gerichtshof) verschiedene Fragen zur Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der UVP-Richtlinie vorgelegt werden, kann auch zu den übrigen im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen kein Urteil des Senats ergehen.

2 Der Senat hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung, in der die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses mit den Beteiligten erörtert worden ist, über den gesamten Streitstoff beraten. Er hält es für zweckmäßig, den Beteiligten seine vorläufige Einschätzung aufgrund der wesentlichen Ergebnisse seiner Beratung mitzuteilen:

II

3 Die Klagen sind sämtlich zulässig.

4 Die Kläger zu 9 sind als Miterben materiell-rechtlich notwendige Streitgenossen (§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB).

5 Das Rechtsschutzinteresse des Klägers zu 5 ist durch die zu Protokoll erklärte Bereitschaft des Beklagten, das Grundstück G. Str. ... (Gemarkung U., Flur ..., Flurstücke ..., ... und ...) wegen unzumutbarer Lärmbelastungen auf der Grundlage einer sachverständigen Wertermittlung zu übernehmen, nicht entfallen, da sein Begehren weiterhin vorrangig auf eine Verhinderung des Vorhabens und damit den Erhalt seines Grundeigentums gerichtet ist.

6 Die Kläger sind in unterschiedlichem Umfang nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (§ 19 Abs. 1 FStrG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher haben die Kläger zu 1 bis 6, 10 und 14, die von der Planung als Grundstückseigentümer in Anspruch genommen werden, nach Art. 14 Abs. 1 GG Anspruch auf gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch), soweit der geltend gemachte Fehler für die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke kausal ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24). Die nicht enteignungsrechtlich betroffenen Kläger zu 7 bis 9, 11 und 12 können hingegen nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen. Zu den in diesem Sinne rügefähigen Belangen gehören unzweifelhaft der Lärm, die Beeinträchtigung ihrer privaten Trinkwasserbrunnen sowie die Gefahr von Überschwemmungen.

7 Ob und in welchem Umfang sich die Kläger auf Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (Art. 4 WRRL i.V.m. §§ 27, 47 WHG) berufen können, ist derzeit ungeklärt. Der Senat hat dem Gerichtshof mit Beschluss vom heutigen Tage hierzu Fragen vorgelegt.

III

8 1. Die Auslegungsbekanntmachungen vom 21. August 2010 und vom 10./11. Mai 2014 sind beide fehlerhaft (a) und (b); die Verfahrensfehler führen jedoch nach § 46 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG - vorbehaltlich deren Europarechtskonformität (vgl. hierzu den Vorlagebeschluss vom heutigen Tage) - nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit (c).

9 a) Für beide Auslegungsbekanntmachungen galt § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (BGBl. I S. 94). Danach hat die zuständige Behörde zu Beginn des Beteiligungsverfahrens die Öffentlichkeit unter anderem über die nach § 6 UVPG vorgelegten Unterlagen zu unterrichten; hierzu zählen die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens (§ 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG).

10 Zwar erfordert § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG keine vollständige Auflistung aller vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen, sondern lässt einen aussagekräftigen Überblick genügen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 21). Doch auch diesen Anforderungen wird der Bekanntmachungstext vom 11. August 2010 nicht gerecht. Denn in Bezug auf die umweltrelevanten Themen Lärm und Wasser wurde auf keine der hierzu vorgelegten Antragsunterlagen hingewiesen; stattdessen beschränkte sich die Bekanntmachung auf das Verkehrsgutachten, den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag sowie zwei faunistische Untersuchungen.

11 b) Auch die weitere Bekanntmachung vom 10./11. Mai 2014 ist fehlerhaft. Zwar musste nicht zwingend erneut auf die UVP-Pflicht hingewiesen werden, da sich ein solches Erfordernis weder aus dem UVP-Gesetz noch aus der zugrunde liegenden EU-Richtlinie ergibt. Allerdings wäre auch hier eine Erwähnung der wassertechnischen Unterlage erforderlich gewesen, da der Entwässerungsabschnitt 4 wesentlich geändert wurde (Versickerung in das Grundwasser, keine Einleitung mehr in ein Oberflächengewässer). Der in der Bekanntmachung enthaltene Hinweis auf den geänderten Landespflegerischen Begleitplan reichte insoweit nicht aus, da dort nichts zur geplanten Änderung steht. Es kommt als weiteres Problem hinzu, dass der Bekanntmachungstext den irreführenden Eindruck erweckt, es handele sich bei den genannten Unterlagen um eine abschließende Aufzählung, obwohl dies nicht der Fall ist.

12 c) Die Verfahrensfehler führen nach § 46 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit. Denn sie haben nach Überzeugung des Senats die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst.

13 Mit dem neu gefassten § 4 UmwRG (Verfahrensfehler) hat der Gesetzgeber dreierlei geregelt (vgl. im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2016 - 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 41 ff. m.w.N.): Zum Ersten hat er klargestellt, dass § 46 VwVfG für nicht unter § 4 Abs. 1 UmwRG n.F. fallende - relative - Verfahrensfehler weiterhin maßgeblich ist mit der Folge, dass eine Aufhebung eines Verwaltungsakts nicht allein wegen dieses Fehlers beansprucht werden kann, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Zum Zweiten hat er die nach § 86 VwGO bestehende Pflicht des Gerichts zur Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen hervorgehoben. Zum Dritten hat er die Folgen eines non liquet dahingehend geregelt, dass die Kausalität des Verfahrensfehlers vermutet wird (s. auch § 4 Abs. 1a Satz 2 UmwRG).

14 Die in § 4 UmwRG geregelte Kausalitätsbetrachtung ist jedenfalls dann verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie konkret erfolgt; die nur abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genügt nicht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Oktober 2017 - 1 BvR 1026/13 - NVwZ 2018, 573 Rn. 46). Tritt - wie hier - ein Beteiligter im Sinne von § 61 Nr. 1 und 2 VwGO als Kläger auf, kommt es zudem gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG darauf an, ob ihm selbst die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen worden ist; auf die Verkürzung der Verfahrensrechte anderer Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit kann sich ein solcher Beteiligter dagegen nicht berufen (BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2016 - 9 B 65.15 - Buchholz 406.25 UmwRG Nr. 20 Rn. 5 unter Hinweis auf BT-Drs. 18/5927 S. 10 f.).

15 Hiervon ausgehend führen die beiden Fehler - vorbehaltlich der Europarechtskonformität dieser Regelung (vgl. hierzu den Vorlagebeschluss vom heutigen Tage) - nicht zur Feststellung der Rechtswidrigkeit. Die Bekanntmachungsfehler fallen weder unter die in § 4 Abs. 1 UmwRG normierten absoluten Verfahrensfehler noch sind sie nach Art und Schwere mit den in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen vergleichbar. Die damit nur "relativen" Fehler haben sich im Ergebnis auf die Kläger offensichtlich nicht ausgewirkt, denn diese haben sämtlich im Rahmen beider Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren Einwendungen erhoben, sich also in der Sache mit den ausgelegten Planunterlagen auseinandergesetzt. Auswirkungen der Bekanntmachungsfehler auf sie selbst scheiden damit aus; etwaige Auswirkungen auf andere Mitglieder der Öffentlichkeit sind nach § 4 Abs. 3 Satz 2 UmwRG nicht relevant.

16 2. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht wegen Fehlern im Zusammenhang mit der Auslegung der Planunterlagen für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären. Die Kläger halten das Verfahren wegen unvollständig ausgelegter Unterlagen und wegen einer rechtswidrigen Verkürzung des Auslegungszeitraums für rechtswidrig; sie stützen sich insoweit auf eine zweiseitige, undatierte und nicht unterzeichnete Zusammenstellung angeblicher Fehler in Bezug auf die Auslegung im Bezirksamt Brackwede. Der Beklagte hat hiergegen zu Recht eingewandt, ein solches undatiertes und nicht unterzeichnetes "Protokoll" sei von vornherein ungeeignet, Fehler aufzuzeigen bzw. zu belegen. Im Übrigen hat der Beklagte in der Klageerwiderung nachvollziehbar dargelegt, dass die Auslegung auch in Brackwede ordnungsgemäß erfolgt ist, und dies durch die Stellungnahme des Leiters des Bezirksamtes Brackwede vom 7. Juli 2014 belegt. Dem sind die Kläger nicht entgegen getreten.

17 3. Ebenfalls nicht durchdringen können die Kläger mit ihrer Kritik, es fehle eine eigenständige Umweltverträglichkeitsuntersuchung auf der maßgeblichen Ebene der Vorhabenzulassung; die Bezugnahme auf diejenige des Linienbestimmungsverfahrens genüge nicht, insbesondere fehle die Aktualisierung/Ergänzung in Bezug auf wasserrechtliche Fragen. Auch fehlten Angaben zum Baulärm und zu der infolge der Bahntrasse ohnehin schon angespannten immissionsschutzrechtlichen Situation.

18 Inhalt und Umfang der Unterlagen, die der Träger des Vorhabens für eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung vorzulegen hat, bestimmen sich gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG in der hier anwendbaren Fassung vom 4. Februar 2010 (BGBl. I S. 94) - im Folgenden: UVPG a.F. - nach den Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens maßgebend sind. Soweit das Fachrecht keine weitergehenden Regelungen enthält, sind die Mindestangaben nach § 6 Abs. 3 und 4 UVPG a.F. erforderlich. Diese Angaben sollen einerseits der Planfeststellungsbehörde die Beurteilung erlauben, welche Umweltauswirkungen des Vorhabens zu erwarten sind und mit welchen Maßnahmen diese vermieden, vermindert oder ausgeglichen werden können (vgl. § 11 Satz 1 UVPG a.F.), und andererseits Dritten die Beurteilung ermöglichen, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen werden können (§ 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG a.F.; BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 26 f.).

19 Der Grundsatz der Problembewältigung fordert, dass grundsätzlich alle durch das festzustellende Vorhaben verursachten Konflikte schon im Planfeststellungsbeschluss gelöst werden. Hiervon ist hinsichtlich der Bauausführung eine Ausnahme anzuerkennen. Sie darf aus der Planfeststellung ausgeklammert werden, wenn sie lediglich technische, nach dem Stand der Technik lösbare Probleme aufwirft und gewährleistet ist, dass die dem Stand der Technik entsprechenden Vorgaben beachtet werden. Das hat Bedeutung auch für die im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung vorzulegenden Unterlagen. Es genügt, wenn die Planfeststellungsbehörde aus ihnen erkennen kann, ob die bei Durchführung des Plans aufgeworfenen Probleme der Ausführungsplanung überlassen bleiben können oder Regelungen bereits im Planfeststellungsbeschluss erforderlich sind. Zudem müssen die Unterlagen so aussagekräftig sein, dass potenziell Betroffenen ein Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst werden kann (BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 26 f.).

20 Schließlich ist auf die dem Vorhabenträger bzw. der Planfeststellungsbehörde durch § 15 Abs. 4 UVPG a.F. eingeräumte Möglichkeit der Abschichtung hinzuweisen. Danach darf sie die Prüfung der Umweltverträglichkeit auf zusätzliche und andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens beschränken. Zwar kann gemäß § 15 Abs. 5 UVPG a.F. die Linienbestimmung nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss überprüft werden. Das Ziel der Auslegung, den Betroffenen das Interesse an der Erhebung von Einwendungen bewusst zu machen, bezieht sich jedoch nicht auf das gerichtliche, sondern auf das Verwaltungsverfahren. Ist dessen Prüfungsgegenstand - wie durch § 15 Abs. 4 UVPG a.F. - beschränkt, gilt dies auch für die mit der Auslegung zu bewirkende Anstoßfunktion. Auszulegen sind folglich nur die Unterlagen, die sich auf die zusätzlichen, im Linienbestimmungsverfahren noch nicht geprüften Umweltauswirkungen des Vorhabens beziehen. Soweit sich für den Betroffenen die Notwendigkeit zur Einsichtnahme in Unterlagen zur Prüfung der Umweltverträglichkeit aus den vorhergehenden Verfahren ergibt, kann er den Einblick im Rahmen seiner allgemeinen Informations- und Einsichtsrechte verlangen (BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 22).

21 Die ausgelegten Unterlagen entsprachen den vorgenannten Anforderungen. Das Problem der bestehenden Lärmvorbelastung durch die Bahn und das Erfordernis etwaiger weiterer Lärmuntersuchungen wurde bereits in den ausgelegten UVS-Unterlagen im Rahmen der Linienbestimmung ausdrücklich angesprochen. Die wasserrechtlichen Besonderheiten des Falles (Wasserschutzgebiet, Brunnenversorgung, hoher Grundwasserstand) wurden damals ebenfalls erwähnt, auch die mögliche Beeinträchtigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer wurde thematisiert. In den im Rahmen der Planfeststellung ausgelegten Unterlagen wurden diese Umweltbelange wiederholt und vertieft, insbesondere in den Unterlagen 1 (Erläuterungsbericht), 12.0 (landschaftspflegerischer Begleitplan) und 13.2 (Einleitungsstellen/wasserrechtliche Regelung); die Deckblattänderungen enthielten teilweise Aktualisierungen. Ob in den wasserrechtlichen Unterlagen das Verschlechterungsverbot (Art. 4 WRRL i.V.m. §§ 27 und 47 WHG) näher hätte geprüft werden müssen und welche Folgerungen sich hieraus für die UVP-Prüfung ergeben, bleibt mit Blick auf die Entscheidung des Gerichtshofs abzuwarten.

22 Dass keine speziellen Unterlagen zum Baulärm erstellt wurden, hält der Senat für unproblematisch. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass mit dem Bau einer Straße Lärm verbunden ist. Anlass für ein besonderes Lärmkonzept bestand nicht. Es ging weder um einen aufwändigen Tunnel- oder Brückenbau noch um überdurchschnittlich lärmintensive Baumaßnahmen. Daher konnten die Betroffenen und die Planfeststellungsbehörde von einem "Standardfall" ausgehen, bei dem die entsprechenden Regelwerke zu beachten sind und etwaige Einzelheiten in die Ausführungsplanung verlagert werden. Genau dies sieht der Planfeststellungsbeschluss auch vor. Er verweist in der Nebenbestimmung - künftig auch NB genannt - 5.1.2 (S. 23) auf die Einhaltung der AVV Baulärm und die Vorgaben der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV). Weitere Vorgaben enthält NB 7.5.3 (S. 449 f.). Zudem wird in NB 5.5.4 (S. 47) angeordnet, dass die Lärmschutzeinrichtungen - soweit im Bauablauf abseits der Dammlage möglich und sinnvoll - vor den eigentlichen Trassenbauarbeiten zu errichten sind, um einen größtmöglichen Schutz der Anlieger vor Baustellenlärm sicherzustellen.

23 4. Der Planfeststellungsbeschluss ist inhaltlich hinreichend bestimmt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG).

24 a) Soweit die Kläger in der Klagebegründung Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der NB 5.5.6 (vgl. S. 48: "Entschädigungsanspruch Außenwohnbereich") sowie der NB 5.15 (vgl. S. 61: "Aktualisierung der Planunterlagen") des Planfeststellungsbeschlusses geäußert haben, hat der Beklagte diese Bedenken durch klarstellende Protokollerklärungen ausgeräumt (vgl. Anlage 3 zum Protokoll vom 18. April 2018).

25 b) Die übrigen von den Klägern als zu unbestimmt kritisierten Nebenbestimmungen (NB 5.6.3 <S. 50> - spätere Klärung von Zufahrtsproblemen, NB 5.6.4 <S. 50> - spätere Klärung von Erschließungsproblemen, NB 5.6.9 <S. 51> - spätere Klärung von "unzumutbaren" Ertragsminderungen und NB 5.6.10 <S. 51> - spätere Festsetzung von Lichtsignalanlagen) hält der Senat sämtlich für unproblematisch.

26 5. Die Kläger haben sich in Bezug auf das Wasserrecht zum einen gegen die technische Entwässerungsplanung gewandt und in diesem Zusammenhang u.a. auf Überschwemmungsgefahren sowie eine Gefährdung ihrer Trinkwasserbrunnen durch Verunreinigung des Wassers hingewiesen (dazu a)), zum anderen haben sie Verstöße gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot der §§ 27 und 47 WHG geltend gemacht (dazu b)).

27 a) Die gegen verschiedene Aspekte der technischen Entwässerungsplanung vorgebrachten Kritikpunkte greifen nicht durch.

28 aa) Die Kläger halten die ca. 1,1 ha große Versickerungsfläche im "Ohr" der Anschlussstelle Ummeln, die im Planfeststellungsbeschluss in einer eigenen Nebenbestimmung (NB 3.6.7 <S. 17>) genauer geregelt wird (Festlegung zulässiger Baustoffe, Regelungen zu Pflege- und Unterhaltsmaßnahmen, zur Überprüfung des pH-Wertes etc.), wegen der ungünstigen hydrogeologischen Verhältnisse für ungeeignet. Dies zeige der unter Nr. 7.7.1 (S. 457 f.) des Planfeststellungsbeschlusses beschriebene Bodenaufbau, der aus einer nur 0,3 m mächtigen Oberbodenschicht und einer Unterlagerung einer bis zu 1,4 m mächtigen Schicht aus Fein- und Mittelsand bestehe. Darunter stehe Geschiebelehm an, der im Bereich der Versickerungsfläche nicht durchgehend verbreitet sei. Nach dem technischen Regelwerk sei dauerhaft ein Flurabstand von mindestens einem Meter bei einer Versickerung erforderlich. Dieser Meter werde nicht eingehalten. Noch deutlicher werde dies im Erläuterungsbericht der wassertechnischen Unterlage (Unterlage 13.1 S. 3), wo darauf hingewiesen werde, dass der Grundwasserflurabstand beim mittleren Höchststand des Grundwasserspiegels mindestens 1 m betragen müsse, was aber generell im ganzen Bauabschnitt wegen des hoch anstehenden Grundwassers nicht möglich sei.

29 Die Bedenken greifen aus Sicht des Senats nicht durch.

30 Die Versickerungsfläche soll einen Teil des Straßenoberflächenwassers aufnehmen, also Niederschlagswasser im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 2 WHG. Nach § 55 Abs. 2 WHG kann Niederschlagswasser ortsnah versickert werden, wenn dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften oder wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier in Bezug auf die wassertechnischen Fragen vor; auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot wird später noch im Einzelnen zurückzukommen sein (vgl. hierzu 5 b)).

31 Der Planfeststellungsbeschluss hat die Problematik des hohen Grundwasserstandes durchaus gesehen und Vorkehrungen zur Einhaltung der einschlägigen Regelwerke (RAS-Ew/RiStWag, Arbeitsblätter der DVWG/ATV sowie Arbeitsblatt DWA-A 138) getroffen (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 456 ff.). Die von der Unteren Wasserbehörde geforderten Maßnahmen wurden teilweise wortgleich in die Nebenbestimmungen übernommen (vgl. etwa E-Mail vom 3. März 2015 S. 4 und Planfeststellungsbeschluss S. 17 f.). Soweit die Regelwerke einen Flur-Mindestabstand von einem Meter vorsehen, verweist der Planfeststellungsbeschluss auf eine Terrassierung des leicht hängigen Geländes sowie eine Begrünung, um die Aufenthaltsdauer des zu versickernden Abwassers in der belebten Bodenzone zur Verbesserung der Reinigungsleistung zu erhöhen (S. 460). Zwar wurde beides zunächst nicht in den Nebenbestimmungen näher geregelt; insbesondere enthält die einschlägige NB 3.6.7 (S. 17) keine entsprechenden Vorgaben. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich aber, dass der Vorhabenträger beides verbindlich zugesagt hat (vgl. S. 1540 des Verwaltungsvorgangs <im Folgenden: VV>). Es kommt hinzu, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die NB 3.6.7.1 zur weiteren Konkretisierung um die Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben des DWA Arbeitsblattes-A 138 ergänzt hat. Darin wird die Begrünung ebenfalls näher geregelt (S. 33).

32 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Grundwassergefährdung durch die geplante Versickerung auch dadurch ausgeschlossen wird, dass die natürliche Schutzfunktion für den zur Trinkwassergewinnung genutzten zweiten quartären Grundwasserleiter im Bereich des Auffahrtsohres aufgrund des geologischen Untergrundaufbaus (Geschiebemergelverbreitung) sehr hoch ist, da hier geringdurchlässige Deckschichten in großer Mächtigkeit verbreitet sind. Dies ergibt sich aus der nachträglich erstellten Unterlage mit der Bezeichnung "Zusammenführung der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Erkenntnisse zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorgaben/Bewirtschaftungszielen der WRRL bzw. mit dem WHG ..." (im Folgenden: "nachgereichter Fachbeitrag"), dort Anlage 5, S. 6 ff., sowie Plan Nr. 4 "Karte der Beschaffenheit schützender Deckschichten".

33 bb) Das in der NB 5.3.4.3 (S. 31 ff.) angeordnete Beweissicherungsverfahren ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Diese Nebenbestimmung sieht vor, dass der Vorhabenträger sowohl für die Trinkwasserförderbrunnen des Wasserbeschaffungsverbandes Kralheide als auch für die Eigenversorgungsanlagen Dritter, die einen Abstand von nicht mehr als 100 m zum Fahrbahnrand aufweisen, mithilfe eines Grundwassermonitorings ein Beweissicherungsverfahren installieren muss, und zwar mindestens fünf Jahre nach Verkehrsfreigabe. Der Planfeststellungsbeschluss sieht hierzu genauere Regelungen vor (z.B. Grundwasserstandsmessungen, Information der Betreiber eigener Wasserversorgungsanlagen über die Aufnahme ihres Brunnens in die Beweissicherung). Mit dem Grundwassermonitoring/Beweissicherungsverfahren ist ein geeignetes und unabhängiges Fachbüro zu beauftragen, das - nach Maßgabe näherer Vorgaben in Abstimmung mit dem Umweltamt der Stadt Bielefeld - einen Konzeptvorschlag entwickeln muss. Gemäß NB 5.3.4.3.5 (S. 32) sind in die qualitativen Untersuchungen alle Parameter einzubeziehen, die üblicherweise durch den Straßenverkehr freigesetzt werden (insbesondere Chlorid, Schwermetalle, PAK und Kohlenwasserstoffe); sollte sich aufgrund entsprechender Zwischenergebnisse die Notwendigkeit ergeben, ist der Untersuchungsradius über die 100 m hinaus auszuweiten.

34 Soweit die Kläger vorbringen, es würden nur Brunnen einbezogen, die einen Abstand von weniger als 100 m zum Fahrbahnrand aufweisen, obwohl es nicht auf den Abstand zum Fahrbahnrand, sondern die Fließrichtung des Grundwassers ankomme, hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die 100 m-Grenze fachlich nachvollziehbar erläutert. Außerdem hat er zutreffend darauf hingewiesen, dass hiervon im Einzelfall ausdrücklich abgewichen werden kann.

35 Die einzelnen Regelungen zum Beweissicherungsverfahren, die hinsichtlich des Monitoringzeitraums auf eine Forderung der Unteren Wasserbehörde zurückgehen, sind aus Sicht des Senats hinreichend bestimmt und geeignet, den angestrebten Beweissicherungszweck zu erfüllen. Hierfür sorgen sowohl die verfahrensrechtlichen Vorgaben, insbesondere die Einschaltung eines Fachbüros und die Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde als der zuständigen Fachbehörde, als auch die inhaltlichen Vorgaben für das noch auszuarbeitende Beweissicherungskonzept. Eine gewisse Einbindung der Betroffenen ist dadurch vorgesehen, dass sie über die Einbeziehung ihrer Brunnen in das Monitoring informiert werden müssen. Auf eine weitergehende Beteiligung, insbesondere hinsichtlich der Erstellung des Fachkonzepts, haben die Kläger keinen Anspruch. Dies würde auch angesichts der Zahl der Betroffenen das Verfahren überfrachten.

36 Die in der NB 5.3.4.3.5 (S. 32) lediglich erwähnte und erst in der Anlage 5 zum nachgereichten Fachbeitrag (dort S. 9) näher konkretisierte Grundwassermessstelle im Bereich der Versickerungsfläche im Anschlussstellenohr hat der Beklagte durch Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung verbindlich festgesetzt (Ergänzung um einen neuen Absatz 1 der NB 5.3.4.3.5).

37 cc) Aus den planfestgestellten Unterlagen (insbesondere Entwässerungstechnischer Entwurf), die in der mündlichen Verhandlung näher erläutert wurden, ergibt sich, dass die Aufnahmekapazitäten sowie die Dimensionierung sämtlicher Gräben und sonstigen Vorfluter geprüft wurden. Hinsichtlich der verschiedenen Bemessungsgrundlagen (etwa Regenspende nach KOSTRA), der konkreten Berechnung der Entwässerungsflächen sowie der hieraus abgeleiteten Größe der geplanten Regenrückhaltebecken und der Drosselungsgeschwindigkeit in Bezug auf die vorgesehenen Einleitungen haben die Kläger - nach den diesbezüglichen Klarstellungen und Erläuterungen des Beklagten - keine weiteren Einwände mehr erhoben; hiervon abgesehen bestehen insoweit keine Anhaltspunkte für Fehler. Soweit die Kläger zu 9 Fragen hinsichtlich Lage und Größe des in ihrer Nähe befindlichen Regenrückhaltebeckens geäußert haben, konnten diese in der mündlichen Verhandlung beantwortet werden. Das Becken ist sowohl im Bauwerkeverzeichnis vermerkt (S. 120 f. Nrn. 5.03 und 5.04 ) als auch im Lageplan eingezeichnet (Unterlage 7.1 Blatt 5 Mappe 1).

38 Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung nachdrücklich auf die schlechte Unterhaltung verschiedener Gräben hingewiesen haben, die teilweise mit dem gesetzlichen Biotopschutz zusammenhänge - erwähnt wurde der Kulturlandschaftskomplex Ruwisch - und wiederholt zu Überschwemmungen geführt habe, ist auf Folgendes hinzuweisen: Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde dürfen in Bezug auf die Unterhaltung von Gewässern, die sie in ihr Entwässerungskonzept einbeziehen, grundsätzlich von regelkonformen Zuständen ausgehen, wobei der Vorhabenträger selbstverständlich seiner eigenen Unterhaltungspflicht ordnungsgemäß nachkommen muss. Gleiches gilt für das erstmals in der mündlichen Verhandlung thematisierte, aber nicht näher dargelegte Problem des gesetzlichen Biotopschutzes. Führt dieser im Einzelfall zu Konflikten mit der Wahrnehmung der Gewässerunterhaltungspflicht, muss ggf. eine Genehmigung eingeholt und im Falle des Versagens dagegen vorgegangen werden. All dies ist aber nicht Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sondern der unterhaltungspflichtigen Eigentümer der betroffenen Gewässer, die zu den notwendigen Maßnahmen erforderlichenfalls gewässeraufsichtlich angehalten werden müssen (§§ 39, 100 WHG; §§ 61 f., 93 LWG NW).

39 dd) Der Planfeststellungsbeschluss schreibt die Einhaltung der einschlägigen Regelwerke für die Ausführung abwassertechnischer Einrichtungen (ATV-Arbeitsblätter und RAS-Ew) vor. Alle innerhalb des Wasserschutzgebiets Bielefeld-Ummeln sowie alle innerhalb des Wassereinzugsgebiets des Wasserbeschaffungsverbandes Kralheide gelegenen Entwässerungsanlagen sind unter Beachtung der Vorgaben der Richtlinie für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten (RiStWag) zu erstellen, wobei verschiedene Stufen der Schutzmaßnahmen angeordnet werden (vgl. NB 3.6.2 <S. 15>).

40 Die NB 5.3.4.1 (S. 29) gilt entgegen der Annahme der Kläger nicht nur im Wasserschutzgebiet. Vielmehr gilt das Abdichtungsgebot für alle Ableitungen (1. Absatz); für diejenigen im Wasserschutzgebiet gelten allerdings die strengeren Vorgaben der RiStWag. Der Vorhabenträger hat die Unterschiede in der mündlichen Verhandlung erläutert - danach handelt es sich bei der "normalen" Abdichtung um Betonsohlschalen - und zugleich darauf hingewiesen, dass in der Ausführungsplanung eine Änderung dahingehend geplant sei, dass sämtliche Ableitungen die strengeren Vorgaben der RiStWag erfüllen sollen.

41 ee) Die Gefahrenabwehr bei Unfällen ist in erster Linie Sache der dafür zuständigen Behörden. Daher greift die Kritik der Kläger, der Planfeststellungsbeschluss sei insoweit defizitär, nicht durch. Im Übrigen enthält der Plan Nebenbestimmungen zur Problematik (vgl. NB 3.6.6.1 <S. 16 f.>, 3.6.6.3 <S. 17> und 3.6.12 <S. 20>).

42 In Bezug auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (s. dazu noch weiter unten unter 5 b)) sehen § 31 Abs. 1 Nr. 1 WHG (für oberirdische Gewässer) bzw. § 47 Abs. 3 WHG (für Grundwasser) Ausnahmen für vorübergehende Verschlechterungen des Gewässerzustands aufgrund von Unfällen vor, wenn geeignete Abhilfemaßnahmen ergriffen werden.

43 ff) Die Kläger befürchten, dass der Einbau schadstoffbelasteter Abfälle nicht ausgeschlossen sei; insoweit beziehen sie sich auf ein kürzlich ergangenes Urteil zum Eisenbahnrecht (BVerwG, Urteil vom 9. November 2017 - 3 A 4.15 - juris Rn. 80 ff.). Das Gericht hatte in dieser Entscheidung den vom Planfeststellungsbeschluss zugelassenen offenen Einbau von Dammschüttmaterial der Schadstoffklasse Z 1.1 in der Zone III des Wasserschutzgebiets beanstandet.

44 Zwar wird im vorliegenden Fall das Baumaterial nicht weiter spezifiziert. In der NB 3.6.7.2 zur Versickerung (S. 17) wird aber die "wasserwirtschaftliche Unbedenklichkeit" verlangt, die jeweils schriftlich durch das Umweltamt der Stadt Bielefeld bestätigt werden muss. Außerdem enthält der Plan eine allgemeine Nebenbestimmung zu Recyclingstoffen (NB 5.3.1.4 <S. 25>). Dies hält der Senat für ausreichend.

45 b) Der Planfeststellungsbeschluss leidet - vorbehaltlich der Entscheidung des Gerichtshofs - nach derzeitiger Einschätzung des Senats an Fehlern in Bezug auf das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot (dazu aa) und bb)); welche Folgerungen ggf. aus den Fehlern zu ziehen sind und insbesondere welche Kläger sich auf etwaige Verstöße berufen können, kann zur Zeit nicht abschließend bewertet werden (cc).

46 aa) Die Verschlechterungsverbote und Verbesserungsgebote der §§ 27 Abs. 1 und 47 Abs. 1 WHG sind zwingende Vorgaben für die Zulassung von Vorhaben. Sie müssen deshalb bei der Zulassung eines Projekts - auch im Rahmen der Planfeststellung eines fernstraßenrechtlichen Vorhabens nach § 17 FStrG - strikt beachtet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 [ECLI:​EU:​C:​2015:​433], BUND/Bundesrepublik - Rn. 50 f.; BVerwG, Urteile vom 11. August 2016 - 7 A 1.15 - BVerwGE 156, 20 Rn. 160 und vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 96).

47 Nach Auffassung des Senats spricht viel dafür, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, zuletzt geändert durch Art. 1 der Richtlinie 2014/101/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Oktober 2014 (ABl. Nr. L 311 S. 32) - im Folgenden: Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) - nicht nur einen materiell-rechtlichen Prüfungsmaßstab enthält, sondern darüber hinaus unausgesprochen auch eine Vorgabe für das behördliche Zulassungsverfahren. Dies bedeutet, dass das Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot vor der Zulassung des Vorhabens gewässerkörperbezogen für alle vorhabenbedingten Wirkpfade hätte geprüft und die Prüfung und deren Erkenntnisse hätten dokumentiert werden müssen. Hinsichtlich der Einzelheiten verweist der Senat auf den Vorlagebeschluss vom heutigen Tage (dort Frage 2). Dies ist nicht geschehen, so dass der Planfeststellungsbeschluss insoweit fehlerhaft ist.

48 bb) Soweit der Beklagte erstmals in der Klageerwiderung sowie im nachgereichten Fachbeitrag nähere Ausführungen zum wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot gemacht hat, sind auch diese nicht frei von Fehlern:

49 (1) Die Prüfung des Verschlechterungsverbots hätte sich auch auf den Entwässerungsabschnitt 1 einschließlich der Einleitstelle 1 beziehen müssen, die sich im bereits planfestgestellten und in Betrieb befindlichen Nachbarabschnitt befindet. Denn es geht insoweit um einen im Vorhabengebiet der Ortsumgehung Ummeln entstehenden wasserrechtlichen Konflikt, der (auch) in dem hier zu prüfenden Abschnitt zu bewältigen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. November 2016 - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 120). Die verfahrens- und materiell-rechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung sind grundsätzlich einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden. Eine Aufteilung von Entscheidungen zu demselben Abschnitt oder derselben Teilstrecke auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten ist grundsätzlich ausgeschlossen (BVerwG, Urteil vom 8. Januar 2014 - 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 18).

50 Zwar ist der Planfeststellungsbeschluss im Grundsatz von diesem Ansatz ausgegangen, wie sich an der NB 5.3.1.3 (S. 25) zeigt, die die Nebenbestimmungen zur wasserrechtlichen Erlaubnis auch für die Einleitstelle 1 in den Sunderbach für anwendbar erklärt. Allerdings hätte sich auch die Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots auf den Entwässerungsabschnitt 1 beziehen müssen. Dem steht nicht entgegen, dass die Einleitung bereits im Nachbarabschnitt bestandskräftig genehmigt wurde. Die Planfeststellungsbehörde entscheidet unabhängig von dem sonstigen Inhalt der Planfeststellung nach § 19 Abs. 1 WHG über die Erteilung der Erlaubnis oder die Bewilligung. Diese Entscheidung tritt, auch wenn sie in ein und demselben Beschluss getroffen wird, als rechtlich selbstständiges Element neben die Planfeststellung. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass im Gegensatz zu Planfeststellungsbeschlüssen, die in hohem Maße änderungsresistent sind, im Wasserrecht flexibel handhabbare Instrumente unverzichtbar sind. Die Erlaubnis und die Bewilligung stehen nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 WHG von vornherein unter dem Vorbehalt nachträglicher Anordnungen. Diese Regelungen ermöglichen es, auf veränderte Situationen effektiv zu reagieren (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 450).

51 (2) Eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots setzt eine Ermittlung des Ist-Zustands der zu bewertenden Wasserkörper voraus. Daran dürfte es hier bezüglich des durch die Versickerung im Entwässerungsabschnitt 4 betroffenen Grundwasserkörpers (3_07 - Niederung der Oberen Ems <Beelen/Harsewinkel>) gefehlt haben. Zwar wird im nachgereichten Fachbeitrag auszugsweise der maßgebliche Bewirtschaftungsplan wiedergegeben (Anlage 2.2). Aus diesem ergibt sich allerdings nur, dass der für Chlorid festgelegte Schwellenwert in Höhe von 250 ml/l eingehalten wird. Angaben zum konkreten Ist-Zustand fehlen hingegen. Da es aus Sicht des Senats auf eine vorhabenbedingte Überschreitung dieses Schwellenwertes ankommt (vgl. hierzu genauer Vorlagebeschluss, dort zu Frage 3), hätte - wie bei den Oberflächengewässern geschehen (vgl. nachgereichter Fachbeitrag S. 35) - die genaue Grundbelastung angegeben werden müssen.

52 (3) Nicht entscheiden muss der Senat, ob ein weiterer Fehler darin liegt, dass der nachgereichte Fachbeitrag von einem rechtlich unzutreffenden Maßstab der bloßen Eintrittswahrscheinlichkeit ausgeht, wie die Kläger unter Hinweis auf eine entsprechende Formulierung im nachgereichten Fachbeitrag (S. 45: "Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit ...") und in kritischer Auseinandersetzung mit der hierzu vorliegenden Rechtsprechung des 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts meinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 480: "allgemeiner ordnungsrechtlicher Maßstab" in Abweichung vom Habitatrecht). Denn an mehreren Stellen des nachgereichten Fachbeitrags wird deutlich, dass dieser eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung der untersuchten Gewässerkörper sicher ausschließt (vgl. etwa S. 44). Die Frage ist damit für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich und kann daher nicht, wie von den Klägern angeregt, dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

53 cc) Ob die vorgenannten Mängel wirklich bestehen, welche Folgerungen ggf. aus den Fehlern zu ziehen sind und insbesondere welche Kläger sich auf etwaige Verstöße berufen können, kann erst abschließend bewertet werden, wenn der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen beantwortet hat. Vorläufig geht der Senat von Folgendem aus:

54 Eine Heilung durch die Vorlage des nachgereichten Fachbeitrags dürfte - abgesehen von den vorgenannten inhaltlichen Bedenken - auch daran scheitern, dass der Beklagte die Unterlage nicht in den Planfeststellungsbeschluss einbezogen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 - 9 C 3.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 14 Rn. 47).

55 Ebenfalls dürfte die Feststellung ausscheiden, dass sich die Fehler nach § 46 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG nicht ausgewirkt haben. Dagegen spricht schon der Umstand, dass in der Ausführungsplanung in Bezug auf die Abdichtung strengere Vorgaben als planfestgestellt gelten sollen (s.o. unter a) dd)). Dies belegt, dass die im gerichtlichen Verfahren geübte wasserrechtliche Kritik der Kläger nicht ohne Folgen geblieben ist. Es kann auch im Übrigen nicht ausgeschlossen werden, dass eine Beteiligung der Öffentlichkeit - insbesondere der Naturschutzverbände - zu weiteren Änderungen in Bezug auf die wasserrechtlichen Nebenbestimmungen geführt hätte.

56 6. Der Planfeststellungsbeschluss erweist sich hinsichtlich der Abwägung zwischen der Variante 3 und 3.1 als fehlerhaft (a). Der Fehler ist auch entscheidungserheblich (b); auf ihn können sich aber nur einige der Kläger berufen (c).

57 a) Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf Abwägungsmängel hin zugänglich. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials müssen einerseits alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativlösungen berücksichtigt und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingestellt werden. Eine Planfeststellungsbehörde handelt andererseits nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Vielmehr sind die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere, hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 66 und vom 10. Februar 2016 - 9 A 1.15 - BVerwGE 154, 153 Rn. 14, jeweils m.w.N.).

58 Der Planfeststellungsbeschluss ist der Sache nach von dem zutreffenden Maßstab ausgegangen (vgl. S. 292 f.). Die von den Klägern kritisierte ergänzende Erwähnung des gerichtlichen Kontrollmaßstabes (S. 293, 322) hält der Senat für unschädlich. Den unter Bezugnahme auf die frühere UVS vorgenommenen Vergleich der Hauptvarianten 1 bis 3 (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 300 ff.) beanstanden die Kläger ausdrücklich nicht, so dass kein Anlass für eine gerichtliche Kontrolle besteht. Demgegenüber machen sie aber zu Recht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss es versäumt hat, einen Vergleich der Trassenvarianten 3 und 3.1 . vorzunehmen. Insoweit war ihm eine Bezugnahme auf die UVS des Linienbestimmungsverfahrens nicht möglich, denn diese hatte lediglich mit dem Vorschlag geendet, eine "aus städtebaulicher Sicht durch ein weiteres Abrücken von der Wohnbebauung 'Auf der Hart' optimierte Variante 3.1 zugrunde" zu legen (vgl. Kurzfassung der UVS S. 8 f.).

59 Diese Optimierung hätte auf der Ebene der Planfeststellung vorgenommen werden müssen. Denn eine Enteignung verlangt nach Art. 14 Abs. 3 GG eine Gesamtabwägung der für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange mit den durch seine Verwirklichung beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belangen; erforderlich ist eine Gewichtung der in der Summe betroffenen privaten Belange (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 211, 229). Dies bedeutet, dass insbesondere die Zahl und das Ausmaß der mit den beiden Varianten verbundenen Gebäudeabrisse bzw. Existenzgefährdungen hätte ermittelt und mit den übrigen Belangen (etwa städtebauliche Argumente, Schutz des Landschaftsbildes, Kosten für Lärmschutz, naturschutzfachliche Gründe) abgewogen werden müssen. Hieran fehlt es. Soweit dies in der Klageerwiderung (Kosten für Lärmschutz) bzw. in der mündlichen Verhandlung (Erläuterung der Gebäudeabrisse sowie städtebauliche Erwägungen) nachträglich geschehen ist, handelt es sich nach Auffassung des Senats nicht um eine bloße Vertiefung einer bereits im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Abwägungsentscheidung, sondern um eine erstmals vorgenommene Abwägung. Dies zeigt sich schon daran, dass die Planfeststellungsbehörde auf Nachfrage keinerlei Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren (etwa Karten, Aktenvermerke, tabellarische Übersichten o.Ä.) zu diesen Fragen vorlegen konnte. Die in der mündlichen Verhandlung gezeigten Karten zum "Detailplanungskonzept Variante 3/3.1" (Anlagen 1a und 1b zum Protokoll vom 17. April 2018) wurden erst für das gerichtliche Verfahren erstellt.

60 b) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass der vorgenannte offensichtliche Abwägungsmangel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen und damit gemäß § 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1a Satz 1 VwVfG erheblich ist.

61 Eine Erheblichkeit kann nur verneint werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür nachweisbar sind, dass die Planfeststellungsbehörde auch im Falle einer ordnungsgemäßen Abwägung die gleiche Entscheidung getroffen hätte. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Planfeststellungsbeschluss ergeben. Das Gericht darf keine eigene hypothetische Abwägungsentscheidung an die Stelle der Entscheidung durch die Planfeststellungsbehörde setzen (BVerwG, Urteil vom 10. Februar 2016 - 9 A 1.15 - BVerwGE 154, 153 Rn. 30 unter Hinweis auf BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Dezember 2015 - 1 BvR 685/12 - WM 2016, 184 <186>). An derartigen konkreten Anhaltspunkten fehlt es hier.

62 Sollte die Variantenprüfung in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden, weist der Senat mit Blick auf die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zu den erforderlichen Gebäudeabrissen (S. 310) vorsorglich darauf hin, dass der Erhalt von Wohnungseigentum und landwirtschaftlichen Betrieben über Art. 14 GG einen hohen Schutz genießt und daher mit einem entsprechend hohen Gewicht in die Abwägung eingestellt werden muss. Dies ist nicht dadurch gemindert, dass die abzureißenden Gebäude keine kulturhistorische Bedeutung haben. Allenfalls umgekehrt kann dem Erhalt kulturhistorisch wertvoller Gebäude ein besonderes Gewicht zukommen.

63 c) Auf den Abwägungsfehler können sich nur diejenigen Kläger berufen, zu deren Gunsten sich der Abwägungsfehler auswirken könnte, mit anderen Worten nur diejenigen, die im Falle der Variante 3 besser stünden als bei Variante 3.1.

64 Danach können sich die Kläger zu 1 bis 4, zu 6, 11, 12 und 14 auf den Abwägungsfehler berufen, nicht aber die Kläger zu 7 bis 10, die schon aus räumlichen Gründen nicht von dem in Rede stehenden Abschnitt der Trasse betroffen sind, und ebenfalls nicht der Kläger zu 5, denn dessen Grundstück würde durch die Variante 3 stärker und nicht schwächer beeinträchtigt.

65 7. Die Inanspruchnahme der enteignungsbetroffenen Kläger zu 1 bis 6, 10 und 14 ist - vorbehaltlich der noch ungeklärten Frage des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots sowie der fehlerhaften Alternativenprüfung - im Übrigen nicht zu beanstanden.

66 Da dem Planfeststellungsbeschluss enteignende Wirkung zukommt, gelten - wie bereits erwähnt - strenge Anforderungen an die Inanspruchnahme privater Grundstücke für die Vorhabenverwirklichung. Eine Enteignung verlangt nach Art. 14 Abs. 3 GG eine Gesamtabwägung der für das Vorhaben sprechenden Gemeinwohlbelange mit den durch seine Verwirklichung beeinträchtigten öffentlichen und privaten Belangen (BVerfG, Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - BVerfGE 134, 242 Rn. 211, 229). Der Planfeststellungsbeschluss muss sich insbesondere mit Fragen der Existenzgefährdung oder gar -vernichtung auseinandersetzen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn die behauptete Existenzgefährdung hypothetisch zugrunde gelegt, aber dennoch im Wege der Abwägung überwunden wird. Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 4 A 2.16 u.a. - DVBl 2017, 1039 Rn. 73 m.w.N.).

67 Der Planfeststellungsbeschluss geht zutreffend von den o.g. Maßstäben aus; insbesondere erkennt er richtig die Abgrenzung der unmittelbaren und mittelbaren Grundstücksinanspruchnahmen und die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Entschädigung (vgl. S. 487 ff.). Danach wäre der konkrete Zugriff auf die Grundstücke der einzelnen Kläger - bliebe es bei der gewählten Variante 3.1 - aus den nachfolgenden Gründen gerichtlich nicht zu beanstanden:

68 a) Die Klägerin zu 1 führt gemeinsam mit ihrem Ehemann einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb, der insgesamt über rd. 74 ha Bewirtschaftungsflächen, davon ca. 41,6 ha Eigentumsflächen und ca. 32,6 ha Pachtflächen, verfügt. Aus den Eigentumsflächen der Klägerin gehen durch das Vorhaben rd. 3,8 ha unmittelbar dauerhaft verloren. Zusätzlich ergeben sich Beeinträchtigungen durch Verkleinerung des Zuschnitts und durch Zerschneidungswirkungen. Der Planfeststellungsbeschluss geht angesichts der beschriebenen Beeinträchtigungen, gestützt auf ein eingeholtes Gutachten, von einer Existenzgefährdung aus (S. 568 f.), räumt dem Vorhaben aber bei der Abwägung den Vorrang ein. Kleinräumige Trassenverschiebungen seien wegen der zu beachtenden Trassierungsparameter nicht möglich; es ergäben sich zwangsläufig vergleichbare Eingriffe an anderer Stelle. Soweit möglich, habe man auf Einwendungen reagiert. So sei die Ausgleichsmaßnahme A 6 verlagert worden; auch habe man für Kompensationsmaßnahmen möglichst solche Flächen gewählt, die ohnehin nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzbar seien. Diese Erwägungen sind nicht zu beanstanden.

69 b) Der Kläger zu 2 nutzt das rd. 2,73 ha große Flurstück ... der Flur ..., Gemarkung U. sowohl als Acker-, Grün- und Gartenland als auch als Gebäude- und Freifläche (D.weg ...). Es wird durch die geplante Trasse der B 61n zerschnitten. Außerdem soll für die Trasse - einschließlich Lärmschutzwall - aus dem Grundstück eine Fläche von rd. 0,53 ha Größe endgültig in Anspruch genommen werden. Bauzeitlich werden weitere rd. 0,36 ha benötigt.

70 Der Planfeststellungsbeschluss hat die Eigentumsbeeinträchtigung des Klägers erkannt. Er billigt ihm (S. 535) - sofern er dies wünscht - einen Anspruch auf Übernahme der Restfläche des o.g. Flurstücks ... zu. Sollte er sich dagegen entscheiden, steht ihm der im Bauwerksverzeichnis unter Nr. 3.33 gelistete Weg, der parallel zur Bahnlinie verläuft, zwecks Erschließung zur Verfügung. Die Unterhaltungskosten werden dem Vorhabenträger auferlegt. Die Regelung ist aus Sicht des Senats hinreichend bestimmt und auch in der Sache nicht zu beanstanden.

71 c) Bezüglich der Klägerin zu 3 sind insgesamt vier Flurstücke der Flur 35, Gemarkung U., betroffen: Beim Flurstück ... handelt es sich um die 1 412 m² große Gebäude- und Freifläche K.weg ... Dort befindet sich ein Wohngebäude (Baujahr 1895) mit zwei Wohneinheiten; eine davon bewohnt die Klägerin selbst. Bei den anderen drei Flurstücken, die zusammen eine Größe von 5 143 m² aufweisen und unmittelbar östlich an das Flurstück ... angrenzen, handelt es sich um Ackerflächen. Alle vier Flurstücke liegen auf der planfestgestellten Trasse und sollen nahezu vollständig für das planfestgestellte Vorhaben in Anspruch genommen. Die Restflächen von rd. 3 300 m² sind für die landschaftspflegerische Begleitplanung vorgesehen. Auch bezüglich der Klägerin zu 3 hat der Planfeststellungsbeschluss den Eigentumsverlust erkannt, aber zugunsten der Trasse weggewogen.

72 d) Das schmale, langgestreckte Flurstück ... der Flur ..., Gemarkung U., der Klägerin zu 4 ist 1 809 m² groß; davon werden 320 m² dauerhaft benötigt, weitere 157 m² vorübergehend. Die Klägerin hat das Flurstück ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung zufolge zur Zeit an die Klägerin zu 1 verpachtet. Sollte es bei der Variante 3.1 bleiben, ist die Inanspruchnahme grundsätzlich gerechtfertigt; ob sie zu einem unwirtschaftlichen Restgrundstück führt, musste der Planfeststellungsbeschluss nicht näher prüfen. Er durfte die Frage vielmehr - wie geschehen - in das Entschädigungsverfahren verlagern.

73 e) Der Kläger zu 5 ist Miteigentümer der Grundstücke Gemarkung U., Flur ..., Flurstücke ..., ... und ... (zusammenhängende Fläche von insgesamt 4 588 m²); auf dem Flurstück ... ist Wohn- und zu gewerblichen Zwecken genutzte Bebauung vorhanden. Das 1 359 m² große Flurstück ... liegt dabei genau in der Trasse der B 61n und soll in vollem Umfang (932 m² für die Straße und die Restfläche von 427 m² für LBP-Maßnahmen) in Anspruch genommen werden; aus den beiden anderen Grundstücken wird eine Teilfläche von insgesamt 160 m² benötigt. Nachdem der Planfeststellungsbeschluss zunächst eine Existenzgefährdung verneint und eine Übernahme der Restflächen abgelehnt hat (S. 418 und 517), hat die Planfeststellungsbehörde nun zu Protokoll erklärt, dass sie die Flächen wegen unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen doch übernimmt (s.o. unter II).

74 f) Der Kläger zu 6 ist Eigentümer des Flurstücks ... der Flur ..., Gemarkung U., mit einer Größe von 6 276 m²; es wird vom Kläger selbst bewohnt. Dauerhaft benötigt werden nur 9 m² für die Neuanlage der Straße R. bzw. deren Bankett, die an dieser Stelle neu an die B.straße südlich der B 61n angebunden werden muss. Die Erforderlichkeit der Grundstücksinanspruchnahme wird nach Auffassung des Senats im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar erläutert. Danach ist der Anschluss des "R." an die B.straße als Folgemaßnahme des eigentlichen Vorhabens unverzichtbar (vgl. S. 553 unter Hinweis auf Nrn. 6.1, 7.1 und 7.2 ).

75 g) Auch bezüglich des Klägers zu 10 enthält der Planfeststellungsbeschluss keinen weiteren Fehler. Sollte es bei der Variante 3.1 bleiben, wird der Großteil des 2 592 m² großen Flurstücks ... der Flur ..., Gemarkung U., auf dem sich zur Zeit Wohngrundstück, Garage, Werkstatt und Garten befinden, für das Vorhaben dauerhaft benötigt. Bezüglich des obstbaulich genutzten Gartens wird dem Kläger allerdings ein Wahlrecht eingeräumt: Entweder wird auch dieser Teil des Grundstücks durch den Vorhabenträger übernommen oder der Kläger erhält einen Anspruch auf Erschließung; Letzteres bezieht sich allerdings nur auf die wegemäßige Erschließung, nicht auf die Verlegung von Leitungen, da es sich nur um eine Obstwiese handelt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 531).

76 h) Schließlich ist auch die Inanspruchnahme des Klägers zu 14 nicht zu beanstanden. Dieser hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters übernommen. Nur dieser landwirtschaftliche Betrieb (D.weg ...) ist durch das Vorhaben betroffen, nicht das Wohnhaus des Klägers selbst (A. ...). Dem Kläger bleiben die Gebäude- und Freifläche der Hofstelle D.weg ... (Gemarkung U., Flur ..., Flurstück ...) weitgehend erhalten; die recht große angrenzende Ackerfläche wird jedoch vollständig für die Trasse und naturschutzrechtliche Maßnahmen in Anspruch genommen. Der landwirtschaftliche Betrieb verfügt insgesamt über 11 ha Eigentumsflächen und über eine zweite Hofstelle (D.weg ...); die Stellen liegen nicht unmittelbar nebeneinander.

77 Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich mit den Belangen des Klägers auseinander (S. 562 f.). Die Grundstücksinanspruchnahme sei nicht verzichtbar. Anlass, von einer Existenzgefährdung bei dem Nebenerwerbslandwirt auszugehen, bestehe auch unter Berücksichtigung der Zerschneidungen nicht. Im Übrigen könne der Kläger im Rahmen der Grunderwerbsverhandlungen südlich der B 61n verbleibende Restflächen erhalten; konkret wird das Flurstück ... genannt.

78 Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden, zumal der Kläger eine konkrete Existenzgefährdung im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat. Soweit der Kläger rügt, die Planung nehme nicht genügend Rücksicht auf agrarstrukturelle Belange (vgl. § 15 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG), ist darauf hinzuweisen, dass damit nicht diejenigen des einzelnen Land- oder Forstwirts gemeint sind, sondern solche, die die land- oder forstwirtschaftlichen Flächen insgesamt betreffen; insbesondere muss sichergestellt sein, dass weiterhin genügend Flächen für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stehen (BVerwG, Urteil vom 22. November 2016 - 9 A 25.15 - Buchholz 406.403 § 15 BNatSchG 2010 Nr. 6 Rn. 29).

79 8. Die Lärmbelange der Kläger wurden jedenfalls im Ergebnis ordnungsgemäß abgewogen. Zwar hat der Senat Zweifel, ob der Planfeststellungsbeschluss insoweit in jeder Hinsicht von zutreffenden Obersätzen ausgegangen ist; Bedenken bestehen insbesondere hinsichtlich der Summenpegelberechnung (vgl. hierzu unter (a) und (b)); dies kann aber letztlich offen bleiben, da sich auch bei vorsorglicher Anlegung strengerer Maßstäbe keine Rechtsverletzungen feststellen lassen (c).

80 a) Der Planfeststellungsbeschluss musste im Rahmen der Prüfung der Lärmbelange der Kläger eine Reihe von Vorgaben beachten:

81 aa) Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen ist nach § 41 Abs. 1 BImSchG sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung gilt dies nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen wird durch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV konkretisiert. Diese betragen - soweit hier von Interesse - für reine und allgemeine Wohngebiete: 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts und für Kern-, Dorf- und Mischgebiete 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts.

82 bb) Die Rechtsprechung stellt bestimmte Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 41 Abs. 2 BImSchG. Danach darf die Unverhältnismäßigkeit der Kosten aktiven Lärmschutzes nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die nach § 42 Abs. 2 BImSchG zu leistenden Entschädigungen für passiven Lärmschutz - wie regelmäßig - erheblich niedriger wären. Vielmehr ist grundsätzlich zunächst zu untersuchen, welcher Betrag für eine die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte vollständig sicherstellende Schutzmaßnahme aufzuwenden wäre (sog. Vollschutz). Sollte sich dieser Aufwand als unverhältnismäßig erweisen, sind - ausgehend von diesem grundsätzlich zu erzielenden Schutzniveau - schrittweise Abschläge vorzunehmen, um so die mit gerade noch verhältnismäßigem Aufwand zu leistende maximale Verbesserung der Lärmsituation zu ermitteln. Bei welcher Relation zwischen Kosten und Nutzen die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes für aktiven Lärmschutz anzunehmen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Ziel der Bewertung der Kosten hinsichtlich des damit erzielbaren Lärmschutzeffekts muss eine Lärmschutzkonzeption sein, die auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Lärmbetroffenen vertretbar erscheint. Kriterien für die Bewertung des Schutzzwecks sind die Vorbelastung, die Schutzbedürftigkeit und Größe des Gebiets, das ohne ausreichenden aktiven Schallschutz von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche des betreffenden Verkehrsweges betroffen wäre, die Zahl der dadurch betroffenen Personen sowie das Ausmaß der für sie prognostizierten Grenzwertüberschreitungen und des zu erwartenden Wertverlustes der betroffenen Grundstücke (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2012 - 9 A 20.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 229 Rn. 33 m.w.N.).

83 cc) Abwägungserheblich sind alle im jeweiligen Einzelfall von der Planung betroffenen Belange mit Ausnahme derjenigen, die geringwertig oder nicht schutzwürdig sind. Schutzwürdig ist auch der Belang, nicht von mehr als nur geringfügigem Lärm unterhalb der Schwelle der Unzumutbarkeit betroffen zu sein. Dies gilt selbst bei normativ festgesetzten Immissionsgrenzwerten (BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2011 - 7 B 55.10 - Buchholz 445.4 § 68 WHG Nr. 1 Rn. 6).

84 dd) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen nur sicherzustellen ist, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Maßgeblich ist ausschließlich der Beurteilungspegel des von dem zu bauenden oder zu ändernden Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. März 2013 - 4 BN 39.12 - UPR 2013, 277 = juris Rn. 6 m.w.N.).

85 Geklärt ist ferner, dass abweichend von diesem Grundsatz die Bildung eines Summenpegels dann geboten sein kann, wenn der neue oder der zu ändernde Verkehrsweg zusammen mit vorhandenen Vorbelastungen anderer Verkehrswege insgesamt zu einer Lärmbelastung führt, die mit Gesundheitsgefahren oder einem Eingriff in die Substanz des Eigentums verbunden ist (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2010 - 4 BN 28.10 - ZfBR 2011, 165 = juris Rn. 3 m.w.N.).

86 (1) Dabei wird die vorgenannte grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle allerdings uneinheitlich bestimmt (vgl. auch Storost, UPR 2015, 121 <124> m.w.N.): Regelmäßig wird sie für Wohngebiete an Werten von etwa 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts festgemacht (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. November 2013 - 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 53 und OVG Münster, Beschluss vom 26. April 2018 - 7 B 1459/17.NE - juris Rn. 25), teilweise werden aber auch für Kern-, Dorf- und Mischgebiete etwas höhere Werte (72 dB(A) tags und 62 dB(A) nachts) für zulässig gehalten (BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 36). Eine solche Differenzierung nach Baugebieten hält der Senat mit Blick darauf, dass die Werte von 70/60 dB(A) nicht nur im Eigentumsschutz (vgl. zur "enteignungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle" etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 1987 - III ZR 204/86 - NJW 1988, 900 = juris Rn. 13), sondern auch im vorsorgenden Gesundheitsschutz verankert werden (BVerwG, Urteil vom 8. September 2016, a.a.O. Rn. 54), für zweifelhaft.

87 Die vorgenannten Werte scheinen dem Senat aus einem weiteren Grund überdenkenswert: Die in Nr. 37.1 der Richtlinie für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (VkBl. 1997, 434) - VLärmSchR 97 - enthaltenen Richtwerte, an denen sich die vorgenannte Rechtsprechung zur grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle teilweise ausdrücklich orientiert (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 36 und BGH, Urteil vom 10. Dezember 1987 - III ZR 204/86 - NJW 1988, 900 = juris Rn. 16), wurden im Zusammenhang mit dem Bundeshaushalt 2010 um 3 dB(A) abgesenkt; die frühere Bezeichnung "Immissionsgrenzwerte" wurde durch den Begriff "Auslösewerte" (zur Lärmsanierung) ersetzt. Die Maßnahme erfolgte im Zusammenhang mit dem "Nationalen Verkehrslärmschutzpaket II" des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (vgl. BT-Drs. 17/5077 S. 2; vgl. auch Schreiben des genannten Ministeriums vom 25. Juni 2010, Az.: StB 13/7144.2/01/1206434). Hiervon ausgehend dürfte einiges dafür sprechen, auch die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle nicht höher als 67 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts in allgemeinen Wohngebieten bzw. 69 dB(A) tags und 59 dB(A) nachts in Kern-, Dorf- und Mischgebieten anzusetzen.

88 (2) Der vorliegende Fall wirft zudem die Frage auf, ob die mit Blick auf den Bahnlärm vorsorglich durchgeführte Summenpegelberechnung - wie geschehen - mit dem sog. Schienenbonus rechnen durfte, den Bahnlärm also im Vergleich zum Straßenlärm mit einem um 5 dB(A) niedrigeren Wert ansetzen konnte, obwohl der Schienenbonus durch die Neufassung von § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG mit Gesetz vom 2. Juli 2013 (BGBl. I S. 1943) für neu eingeleitete Planfeststellungsverfahren für Eisenbahnen seit dem 1. Januar 2015 abgeschafft worden ist.

89 Zwar lägen die Tatbestandsvoraussetzungen der Übergangsregelung des § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG vor, denn die Planunterlagen lagen vor dem 1. Januar 2015 aus. Auch bedeutet die Aufgabe des Schienenbonus durch den Gesetzgeber nicht, dass dieser mit höherrangigem Recht unvereinbar war bzw. ist; vielmehr hat der Gesetzgeber die Regelung nicht mehr für "sachgerecht und zeitgemäß" gehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 50 ff.). Vorliegend geht es aber nicht um ein Bahn-, sondern um ein Straßenprojekt und in diesem Zusammenhang um eine - auch dem Gesundheitsschutz dienende - Summenpegelbildung, so dass schon die Anwendbarkeit der Regelung zweifelhaft erscheint. Da im Übrigen auch die Deutsche Bahn bei ihren im Vorhabengebiet geplanten und inzwischen weit vorangeschrittenen Lärmsanierungsmaßnahmen ohne den Schienenbonus rechnet (vgl. hierzu E-Mail des mit der Planung beauftragten Ingenieurbüros B. vom 11. April 2018), spricht aus Sicht des Senats alles dafür, die Summenpegelberechnung ohne Schienenbonus vorzunehmen. Daher wurde der Beklagte um eine entsprechende Nachberechnung gebeten, die mit Fax vom 13. April 2018 vorgelegt wurde.

90 (3) Schließlich haben die Kläger die Frage der Berechnungsreihenfolge aufgeworfen. Der Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass der Summenpegel erst dann berechnet werden muss, wenn der Lärm der Straße trotz des vorgesehenen aktiven Lärmschutzes ein gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreicht. Entsprechend ist die Planung auch im vorliegenden Fall vorgegangen. Demgegenüber vertreten die Kläger die Auffassung, dass der Summenpegel bei einem Aufeinandertreffen von Straßen- mit Bahnlärm zunächst ohne straßenseitige Lärmschutzmaßnahmen ermittelt werden muss und sich dann der gesamte Lärmschutz einschließlich der Kosten-Nutzen-Analyse daran auszurichten hat.

91 Für Letzteres fehlt es nach Auffassung des Senats an einer tragfähigen Begründung. Die Bildung eines Summenpegels ist - wie oben ausgeführt - nicht die Regel, sondern eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Lärm verkehrsträgerbezogen ermittelt wird. Dabei unterscheiden sich auch die Berechnungsmethoden. Zwar gilt die Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) nach deren § 1 Abs. 1 für den Bau und die wesentliche Änderung von Straßen und Schienenwegen. Der Beurteilungspegel wird aber für Schienenwege nach § 4 Abs. 1 Satz 1 16. BImSchV nach Anlage 2, also nach der Schall 03, ermittelt, während die Beurteilungspegel für Straßen gemäß § 3 Satz 1 16. BImSchV nach Anlage 1 berechnet werden. Diese wiederum verweist auf die Berechnungsverfahren der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90). Für die Summenpegelberechnung gibt es also keine normativen Vorgaben. Sie soll in besonders gelagerten Einzelfällen die Zumutbarkeit für die Betroffenen bewerten. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis würde bei dem Ansatz der Kläger umgekehrt. Zudem setzt die grundrechtliche Schutzpflicht eine Kausalität zwischen dem Bau bzw. der Änderung des Verkehrsweges und der gesundheitsgefährdenden oder eigentumsrechtlich unzumutbaren Verkehrslärmbelastung voraus. Die Kausalität besteht nur dann, wenn die Lärmbelastung durch das Vorhaben ansteigt. Überschreitet allerdings schon die Vorbelastung die Schwelle der Gesundheits- oder Eigentumsgefährdung, so sind die grundrechtsrelevanten Auswirkungen in erster Linie der Vorbelastung, nicht aber dem hinzutretenden Verkehrsträger zuzurechnen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Dezember 2017 - 3 B 15.16 - NVwZ 2018, 830 Rn. 25; Storost, UPR 2015, 121 <125> m.w.N.). Dies zugrunde gelegt, spricht mehr für das Vorgehen des Beklagten, denn es stellt einerseits sicher, dass die grundrechtsrelevante Lärmschwelle - wie geboten - im Einzelfall geprüft wird, sie führt aber andererseits zu einer gerechteren Aufteilung erforderlicher Schutzmaßnahmen auf die jeweiligen Verkehrsträger. Demgegenüber hätte die Auffassung der Kläger u.U. zur Folge, dass der Vorhabenträger des Straßenprojekts auch dann aktiven Lärmschutz vorsehen müsste, wenn der wesentliche Lärmanteil bei der Bahn liegt.

92 b) Der Planfeststellungsbeschluss bzw. die ihm zugrunde liegenden Lärmuntersuchungen haben die vorstehenden Obersätze ganz überwiegend zutreffend zugrunde gelegt:

93 aa) Dass auch Lärmbeeinträchtigungen unterhalb des Schutzniveaus der 16. BImSchV abwägungserheblich sind, wird richtig erkannt (Planfeststellungsbeschluss S. 425 ff.).

94 bb) Eine ausführliche Kosten-Nutzen-Analyse (KNA) zur Untersuchung der Unverhältnismäßigkeit weitergehenden aktiven Lärmschutzes wurde durchgeführt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 407 - 421). Soweit die Kläger erstmals in der mündlichen Verhandlung die Verwendung von offenporigem Asphalt (sog. Flüsterasphalt) thematisiert haben, die vom Vorhabenträger wegen des erhöhten Unterhaltungsaufwandes und der kürzeren Haltbarkeit abgelehnt wurde - stattdessen wird ein lärmarmer Splitmastixasphalt verwendet (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 526) -, kann der Vortrag mit Blick auf die Aussetzung des Verfahrens vom Gericht nicht nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG i.V.m. § 87b Abs. 3 VwGO als verspätet zurückgewiesen werden. Stattdessen erhält der Beklagte Gelegenheit, sich zu dieser Frage vor einer endgültigen Entscheidung des Senats noch schriftsätzlich zu äußern.

95 Allerdings bemängeln die Kläger zu Recht, dass die Außenwohnbereichsentschädigung nicht ermittelt und in die KNA einbezogen wurde. Denn grundsätzlich sind die Nettokosten einzustellen, also die Gesamtkosten für aktiven Schallschutz (Errichtungs- plus Unterhaltungskosten der Lärmschutzwände, abzüglich der Kosten für den ersatzweise zu leistenden passiven Schallschutz einschließlich etwaiger Außenbereichsentschädigungen). Es ist aber im Einzelfall durchaus zulässig, nur eine überschlägige Kostenabschätzung vorzunehmen, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich erhebliche Verschiebungen ergeben können (BVerwG, Urteil vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 61). So liegt der Fall hier, so dass sich die fehlende Ermittlung der Außenwohnbereichsentschädigung letztlich nicht ausgewirkt hat.

96 Von der Problematik betroffen waren nur der Kläger zu 5, dessen Lärmbeeinträchtigung die Planfeststellungsbehörde inzwischen aber ohnehin anders bewertet und infolgedessen die Übernahme seiner Restflächen erklärt hat (vgl. hierzu oben unter II), sowie die Klägerin zu 8 mit ihrem Wohnhaus Am B. ... Insoweit enthält der Planfeststellungsbeschluss jedenfalls im Ergebnis keinen Fehler:

97 Der Planfeststellungsbeschluss hat in vertretbarer Weise im Rahmen der durchgeführten KNA die im räumlichen Zusammenhang stehenden Gebäude Am B. ..., ... und ... als Einheit betrachtet (S. 409, 413 ff.). Alle drei Wohnhäuser sind auch ohne die geplante B 61n schon allein durch den Bahnverkehr ganz erheblich vorbelastet; das Haus der Klägerin zu 8 erreicht auf der bahnzugewandten Seite Nachtwerte - mit Schienenbonus - zwischen 59 und 66 dB(A), überschreitet also den maßgeblichen Immissionsgrenzwert von 54 dB(A) schon jetzt ganz erheblich. Bei den beiden anderen Häusern sind die Überschreitungen sogar noch etwas höher (Planfeststellungsbeschluss S. 414 f.). Betrachtet man den Summenpegel, und zwar ohne Schienenbonus, wie es der Senat für geboten hält (s.o.), überschreiten die Nachtwerte an einigen Stellen sogar die gesundheitsgefährdende Schwelle, da hier Werte von 70 und 71 dB(A) erreicht werden (vgl. hierzu die mit Fax vom 13. April 2018 nachgereichte Neuberechnung der Summenpegel). Dennoch hat der Beklagte mit nachvollziehbaren Erwägungen lediglich passiven Lärmschutz zugesprochen, aktiven Lärmschutz aber als unverhältnismäßig abgelehnt: Die hierfür aufzuwendende Investition in Höhe von mehr als 71 000 € (Lärmschutzwand in Höhe von 79 200 € abzüglich Kosten für passiven Lärmschutz in Höhe von 7 920 €) sei nicht zu rechtfertigen, wenn man bedenke, dass die Lärmschutzwand angesichts des vorhandenen Bahnlärms weder rechnerisch noch von der Wahrnehmbarkeit her zu einer nennenswerten Verbesserung führe. Letzteres wird im Planfeststellungsbeschluss mit näheren Angaben belegt (S. 414 f.). Eine wirkliche Verbesserung könne sinnvollerweise und insoweit verursachergerecht nur durch den Träger der Bahnlinie im Rahmen eigenständiger Lärmsanierungsmaßnahmen erfolgen.

98 Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden. An den vorstehenden Bewertungen ändert sich auch nichts, wenn man die Außenwohnbereichsentschädigungen, die nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Beklagten i.d.R. zwischen 500 und 1 600 € liegen (vgl. Klageerwiderung S. 91), in die Überlegungen einbezöge. Denn es bleibt dabei, dass ein weitergehender aktiver Lärmschutz seitens der Straße angesichts der erheblichen Vorbelastung durch die Bahn keine nennenswerte Verbesserung bewirken könnte.

99 cc) Auch die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss zur Summenpegelbildung sind im Ansatz zutreffend. Es wird richtig erkannt, dass grundsätzlich - vorbehaltlich der bereits erwähnten grundrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle - kein Summenpegel mit dem neu hinzukommenden Straßenlärm gebildet werden muss, es sei denn, es geht um baulich veränderte Knotenbereiche mit anderen Straßen. Denn dann entstehen neue Lärmbelastungen durch die B 61n (S. 394 ff.). Konsequenterweise wurde für diese Bereiche eine summative Lärmberechnung vorgenommen. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung am Beispiel des Klägers zu 7 näher erläutert und an einer Ausschnittkarte visualisiert.

100 Soweit der Planfeststellungsbeschluss allerdings vorsorglich auch in Bezug auf den Bahnlärm eine summative Betrachtung vorgenommen hat, hält diese einer Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Zwar ist nicht zu beanstanden, dass die Summenpegelbetrachtung auf das Prognosejahr 2025 bezogen angestellt wurde, weil die Deutsche Bahn weiter reichende Zahlen nicht zur Verfügung stellen konnte (Planfeststellungsbeschluss S. 397 ff.). Auch hat der Planfeststellungsbeschluss bei der Einzelbetrachtung der klägerischen Lärmbelange die gesundheitsgefährdende Schwelle eher vorsichtig angesetzt (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 523: 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts für ein Mischgebiet). Aus dem Vorstehenden unter a) dd) (2) ergibt sich aber, dass die Berechnung des Summenpegels nicht mit Schienenbonus hätte erfolgen dürfen.

101 c) Im Ergebnis führt dies aber nicht zum Erfolg der Klage. Dies ergibt sich aus den bereits erwähnten Nachberechnungen, die der Beklagte für einige der betroffenen Objekte ohne Schienenbonus durchgeführt hat und aus denen man hinsichtlich der übrigen Objekte ausreichende Rückschlüsse ziehen kann. Selbst wenn man zudem von einem noch strengeren Maßstab in Bezug auf die grundrechtliche Zumutbarkeitsschwelle ausgeht, ergibt sich letztlich für keinen der Kläger ein Anspruch auf noch weitergehenden Lärmschutz, als ihn bereits der Planfeststellungsbeschluss einräumt. Im Einzelnen:

102 aa) Der Kläger zu 2 macht eine Lärmbetroffenheit bezüglich seiner Grundstücke D.weg ..., ... und ... (alle im allgemeinen Wohngebiet, vgl. hierzu den klarstellenden Hinweis im Planfeststellungsbeschluss S. 391) geltend. Dabei werden die Lärmgrenzwerte, betrachtet man allein das Straßenvorhaben, mit dem vorgesehenen Lärmschutz (im Folgenden: Straße mit LSW) eingehalten (vgl. planfestgestellte Unterlage 11.2 S. 12, 13 - Nr. 78, 83, 84). Ausgehend von den strengsten Sanierungsgrenzwerten von tags 67 dB(A) und nachts 57 dB(A), ergeben sich schon ohne den Straßenneubau erhebliche Vorbelastungen durch den Bahnlärm; so werden - ohne Schienenbonus - teilweise Werte von 64 dB(A) nachts erreicht (vgl. VV Bl. 001137 f.). Diese erhebliche Vorbelastung wird durch das Straßenvorhaben nicht verschlechtert (vgl. Summenpegel ohne Schienenbonus, Anlage zum Fax vom 13. April 2018 sowie VV Bl. 001157).

103 bb) Die Klägerin zu 4 macht eine Lärmbetroffenheit bezüglich ihrer Grundstücke O.straße ... und ... (allgemeines Wohngebiet) sowie R. ... (Mischgebiet) geltend. Auch hier ergeben sich für die Straße mit LSW keine Grenzwertüberschreitungen (Unterlage 11.2 S. 9 und 16 - Nr. 55 und 110); bezüglich der O.straße ... ist insoweit auf das Referenzgebäude O.straße ... (Unterlage 11.2 S. 8 - Nr. 52) abzustellen.

104 Der mit Schienenbonus errechnete Summenpegel weist für die O.straße ... und für das Referenzgebäude O.straße ... jeweils max. 54 dB(A) tags und 51 dB(A) nachts (VV Bl. 001153 f.) und für den R. ... max. 55 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts aus (VV Bl. 001161). Damit besteht ein ausreichender Abstand zu den grundrechtlich relevanten Schwellenwerten.

105 cc) Beim Kläger zu 6 kommt es an seinem Wohnhaus (R. ..., Mischgebiet) laut schalltechnischer Berechnung für die Straße mit LWS zu keiner Grenzwertüberschreitung (Unterlage 11.2 S. 16 - Nr. 108). Der ohne Schienenbonus errechnete Summenpegel ergibt keine grundrechtsrelevanten Werte (max. 61 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts).

106 dd) Bezüglich des Klägers zu 7 geht es um sein Wohngrundstück K. Straße ... (Mischgebiet); die Lärmgrenzwerte werden hier allein durch das Straßenvorhaben ebenfalls nicht überschritten (vgl. Unterlage 11.2 S. 9 - Nr. 60). Der ohne Schienenbonus nachberechnete Summenpegel (vgl. Fax vom 13. April 2018) ergibt eine max. Belastung von 60 dB(A) tags und 57 dB(A) nachts (an zwei Immissionsorten im 1. OG S), überschreitet also den grundrechtsrelevanten Wert nicht.

107 ee) Hinsichtlich der Klägerin zu 8 geht es um deren Wohngrundstück Am B. ... (Mischgebiet). Insoweit ist zunächst auf die Ausführungen oben (unter 8. b) bb)) zur Ablehnung von aktivem Lärmschutz im Rahmen der KNA wegen der erheblichen Vorbelastung durch den Bahnlärm zu verweisen. Die Vorbelastung ohne Schienenbonus liegt bereits bei Werten von max. 69 dB(A) tags und 71 dB(A) nachts und liegt damit schon jetzt über dem grundrechtlich relevanten Schwellenwert (vgl. VV Bl. 001144). Diese Werte werden allerdings durch den - ebenfalls ohne Schienenbonus nachberechneten - Summenpegel nicht (noch weiter) erhöht (vgl. Fax vom 13. April 2018).

108 Da die schalltechnische Berechnung eine Überschreitung der Nachtwerte für das 1. OG der West- und der Nordfassade ergeben hat (jeweils 55 dB(A), also Überschreitung des Grenzwertes um 1 dB(A), Unterlage 11.2 S. 19 - Nr. 123), wird der Klägerin passiver Lärmschutz dem Grunde nach zuerkannt (Planfeststellungsbeschluss S. 47). Soweit es hierzu einschränkend heißt, es könne erst im Entschädigungsverfahren nach Prüfung der Dämmwerte und Innenparameter entschieden werden, ob der Anspruch faktisch zum Tragen komme (Planfeststellungsbeschluss S. 415), wurde dies in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach muss zunächst ermittelt werden, welche Pegelwerte innen erreicht werden; dies sei von verschiedenen Faktoren wie Bausubstanz und Art der Verglasung abhängig.

109 ff) Bezüglich der Kläger zu 9 hat der Planfeststellungsbeschluss zunächst Lärmschutz mit der Begründung versagt, das Gebäude G. Str. ... befinde sich weit außerhalb des lärmtechnischen Wirkungsraums der B 61n (S. 431). Mit Blick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 - (BVerwGE 123, 152 = juris Rn. 18) hat der Beklagte sich aber in der mündlichen Verhandlung verpflichtet, über Lärmschutzansprüche der Kläger erneut zu entscheiden.

110 gg) Die Klägerin zu 11 ist mit ihren Grundstücken D.weg ... und ... betroffen. Der Planfeststellungsbeschluss erläutert auf S. 431, dass es sich bei den Wohngebäuden D.weg ..., ... und ... um isolierte Hinterhofbebauung handele, die nicht mehr dem allgemeinen Wohngebiet zugerechnet werden könne; die Einstufungen der Baugebiete bzw. deren Grenzen seien mit der Stadt Bielefeld abgestimmt worden. Aufgrund der vorgesehenen Lärmschutzwand würden allerdings bei den genannten Gebäuden auch die Immissionsgrenzwerte für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten, so dass sich die bauliche Qualitätseinstufung letztlich nicht auswirke. Die Klägerin ist dieser Einstufung nicht entgegen getreten.

111 Den lärmtechnischen Unterlagen zufolge werden die Grenzwerte für die Straße mit LSW am D.weg ... (allgemeines Wohngebiet) (Unterlage 11.2 S. 13 - Nr. 88) und am D.weg ..., ... (Mischgebiet) eingehalten (Unterlage 11.2 S. 12 - Nr. 80, 81). Für das nicht ermittelte Haus D.weg ... (Mischgebiet), das zurückgesetzt hinter ... und ... liegt, können diese als Referenzgebäude dienen. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung anhand einer Karte gezeigt und erläutert. Zwar ergibt der nachträglich für den D.weg ... und ... ohne Schienenbonus berechnete Summenpegel hohe Nachtwerte von bis zu 60 dB(A) (vgl. Fax vom 13. April 2018), diese werden aber schon aufgrund der Vorbelastung allein durch die Bahn erreicht (vgl. VV Bl. 001138).

112 hh) Vergleichbar ist die Situation beim Kläger zu 12. Für sein Haus am R. ... (Mischgebiet) werden die Grenzwerte eingehalten (Unterlage 11.2 S. 12 f. - Nr. 82). Der nachträglich ohne Schienenbonus berechnete Summenpegel ergibt zwar ebenfalls hohe Nachtwerte von bis zu 59 dB(A) (vgl. Fax vom 13. April 2018), auch hier werden diese Werte aber auch schon aufgrund der Vorbelastung allein durch die Bahn erreicht (vgl. VV Bl. 001138).

113 ii) Auch beim Kläger zu 14 werden bzgl. des von ihm selbst bewohnten Hauses A. ... (Mischgebiet), dessen Miteigentümer er ist, die Lärmgrenzwerte Straße mit LSW eingehalten (Unterlage 11.2 S. 15 - Nr. 102, 103 - Referenzgebäude A. ...). Der mit Schienenbonus errechnete Summenpegel weist max. Werte von 52 dB(A) tags und 48 dB(A) nachts aus (VV Bl. 001159 f.), so dass ausreichend Abstand zu grundrechtsrelevanten Werten besteht.

114 Außerdem ist der Kläger Alleineigentümer der Grundstücke D.weg ..., ..., ... und ... und Miteigentümer der Grundstücke D.weg ... und ... Laut schalltechnischer Berechnung gibt es am D.weg ..., ..., ... und ... (allgemeines Wohngebiet) ohne Bahnlärm keine Grenzwertüberschreitungen (Unterlage 11.2 S. 14 - Nr. 94 bis 96). Der für die genannten Grundstücke - allerdings mit Schienenbonus - errechnete Summenpegel weist max. Werte von 53 dB(A) tags und 51 dB(A) nachts aus, hält also einen ausreichenden Abstand zu grundrechtsrelevanten Werten ein (vgl. VV Bl. 001159).

115 Beim D.weg ... (Mischgebiet) gibt es ohne Bahnlärm keine Grenzwertüberschreitungen (Unterlage 11.2 S. 12 - Nr. 79). Die Lärmvorbelastung durch die Bahn beträgt allerdings - rechnet man den Schienenbonus heraus - an einem Immissionspunkt (1. OG S) 58 dB(A) nachts (vgl. VV Bl. 001138); der strengste Sanierungswert für allgemeine Wohngebiete wird also leicht überschritten, derjenige für Mischgebiete wird knapp unterschritten. Der Summenpegel, der nur mit Schienenbonus berechnet wurde, hat Werte von max. 53 dB(A) nachts ergeben (vgl. VV Bl. 001157); der Summenpegel ohne Schienenbonus kann daher nur geschätzt werden. Selbst wenn man max. 5 dB(A) hinzurechnet, wird die Vorbelastung allerdings nicht erhöht. Das Gebäude D.weg ... liegt etwas weiter weg, so dass hier vergleichbare Werte gelten dürften.

116 9. Die Kläger machen des Weiteren Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände geltend. Sie stören sich daran, dass die landesweit ungefährdeten ubiquitären Arten wie Amsel, Singdrossel, Buchfink oder Blaumeise im Artenschutzbeitrag nicht weiter betrachtet worden seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe bereits im Beschluss vom 28. November 2013 - 9 B 14.13 - (DVBl 2014, 237 Rn. 20) entschieden, dass auch nach der VV-Artenschutz NRW eine gewisse artenschutzrechtliche Prüfung durchgeführt werden müsse. Diesen Vorgaben werde der artenschutzrechtliche Fachbeitrag nicht gerecht.

117 Die Kritik ist nicht berechtigt, so dass der Frage, ob sich die Kläger überhaupt auf artenschutzrechtliche Fehler berufen können, nicht weiter nachgegangen werden muss: Das (zutreffende) Zitat aus dem Artenschutzbeitrag muss zunächst um ein weiteres ergänzt werden. So heißt es dort zusammenfassend (S. 28): Neben den planungsrelevanten Vogelarten, für die teilweise funktionserhaltende Maßnahmen bzw. vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen würden, sei mit dem Vorkommen zahlreicher weiterer besonders geschützter "Allerweltsarten" zu rechnen. Diese Arten befänden sich aber derzeit in einem günstigen Erhaltungszustand und seien bei herkömmlichen Planungsverfahren im Regelfall nicht von populationsrelevanten Beeinträchtigungen betroffen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen bzw. Maßnahmen des Risikomanagements für die planungsrelevanten Arten (zum Beispiel Bauzeitenbeschränkungen) die Lebensraumansprüche der "Allerweltsarten" in der Regel mit berücksichtigten.

118 Hieraus kann geschlossen werden, dass die Allerweltsarten gesehen und angemessen behandelt worden sind (vgl. zum Prüfungsmaßstab bei ubiquitären Vögeln nun auch BVerwG, Beschluss vom 8. März 2018 - 9 B 25.17 - juris Rn. 26 f.). Die Kläger benennen im Übrigen keine einzige Art, bei der eine weitergehende artenschutzrechtliche Prüfung geboten gewesen wäre.

119 Die weitere artenschutzrechtliche Kritik der Kläger beschränkt sich - durch eine Bezugnahme auf frühere Einwendungen - darauf, dass für den Kiebitz ein falscher Ansatz zur Berechnung der erforderlichen Ausgleichsflächen gewählt worden sei. Da es an jeglicher Begründung für diese Behauptung fehlt, muss der Senat sich mit den entsprechenden Annahmen im Planfeststellungsbeschluss (S. 220 - 226) nicht weiter auseinandersetzen.

120 10. Die Kläger machen ohne Erfolg eine fehlerhafte Bewertung der verkehrsrechtlichen Relevanz des Vorhabens geltend. Sie haben hierzu vorgetragen, auch mithilfe des vorhandenen Netzes könne eine spürbare Verkehrsentlastung erzielt werden. Dies zeige die inzwischen erfolgte Öffnung beider auf die A 33 führender "Auffahrts-Ohren", durch die die stauverursachende und verkehrsbehindernde Verkehrsführung am Kreuz Ostwestfalendamm/A 33 entfallen sei. Außerdem beruhe die Verkehrsuntersuchung auf unrealistischen Annahmen, denn sie erfasse auch Verkehre, die künftig durch die A 33 entfielen. Schließlich werde die Eigenschaft der B 61n unterschiedlich stark als Ortsumgehung oder als Autobahn-Zubringer betont; dies sei willkürlich und widersprüchlich.

121 Der Beklagte ist dem in seiner Klageerwiderung mit überzeugenden Argumenten entgegen getreten. Die temporäre Verkehrsführung sei keine Alternative zum Zubringer der B 61n; die Öffnung der "Auffahrts-Ohren" sei eine nur vorübergehende Maßnahme zur Vermeidung des derzeitigen Rückstaus, der von Nordosten komme. Mit der Verkehrsfreigabe des derzeit im Bau befindlichen nächsten A 33-Abschnitts würden die Verkehrsströme verlagert. Die Entlastung der Ortsdurchfahrt Ummeln sei ein wichtiges, aber nicht das einzige Planungsziel. Als Zubringer wäre auch eine weniger belastete Ortsdurchfahrt ungeeignet. Selbst wenn also eine anderweitige Entlastung der Ortsdurchfahrt möglich wäre, würde dies nicht der B 61n die Planrechtfertigung nehmen. Deshalb komme es auch nicht auf die Verkehrswirkung eines Durchstichs an der B. Straße an.

122 Die Kläger sind diesen plausiblen Ausführungen des Beklagten nicht mehr entgegen getreten.

123 11. Ähnlich verhält es sich mit den geltend gemachten Abwägungsfehlern bei der Prüfung der Luftschadstoffe (a) und der Beeinträchtigung des Wegenetzes (b).

124 a) Die Kläger haben hierzu in ihrer Klagebegründung vorgebracht: Die sich infolge des VW-Abgasskandals abzeichnende erhöhte Schadstoffbelastung auf den Straßen hätte in die Abwägung eingestellt werden müssen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die maßgeblichen Grenzwerte eingehalten würden (Unterlage 14 S. 4), obwohl am 22. Dezember 2016 im Bereich Bielefeld der NO2-Jahresgrenzwert mit mehr als 45 µg/Kubikmeter überschritten worden sei. Auch seien die dem Beschluss zugrunde gelegten, durch die Messstelle in Gütersloh ermittelten Werte mit denen in Ummeln nicht vergleichbar.

125 Der Beklagte ist dem in der Klageerwiderung unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Büros L. vom 27. Februar 2017 mit näherer Begründung entgegen getreten. Der Senat hält diese Erläuterungen, auf die die Kläger im Laufe des weiteren Verfahrens nicht mehr eingegangen sind, für nachvollziehbar.

126 b) Vergleichbares gilt für die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen des Wegenetzes. Die Kläger haben in ihrer Klagebegründung verschiedene Punkte gerügt (unzureichende Leistungsfähigkeit der Unterführung U. Straße - Bahndurchlass L 791; Erfordernis einer Querungshilfe in Form einer Brücke, Ampel oder gesonderten Zufahrt zum Grundstück der Kläger zu 9; Ausgestaltung des Kreisverkehrs; Probleme der Feuerwehrzufahrt und der Wasserversorgung für die Feuerwehr), zu denen der Beklagte mit überzeugender Begründung in der Klageerwiderung bzw. im Schriftsatz vom 16. Februar 2018 Stellung genommen hat. Hinsichtlich des Wendehammers am Ende des D.wegs (vgl. hierzu Planfeststellungsbeschluss S. 494 f.) konnte in der mündlichen Verhandlung eine einvernehmliche Lösung gefunden werden (vgl. Protokoll vom 18. April 2018 S. 3).

Beschluss vom 15.07.2020 -
BVerwG 9 A 5.20ECLI:DE:BVerwG:2020:150720B9A5.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.07.2020 - 9 A 5.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:150720B9A5.20.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 5.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juli 2020
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick
als Einzelrichterin gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

Der Antrag des Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.

Gründe

1 Nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG kann das Gericht auf Antrag anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

2 Daran fehlt es hier. Der Zweck der Aussetzung besteht darin, dass über den Streitstoff betreffend die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG aus Gründen der Prozessökonomie in einem Verfahren konzentriert entschieden werden soll (BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 9 A 12.17 - DVBl 2018, 1232 Rn. 7). Dies ist nach Auffassung des Senats bereits zum jetzigen Zeitpunkt möglich und prozessökonomisch sinnvoll: Eine mündliche Verhandlung hat bereits am 17. und 18. April 2018 vor dem erkennenden Senat stattgefunden. Der Europäische Gerichtshof hat inzwischen auf die ihm vom Senat mit Vorlagebeschluss vom 25. April 2018 gestellten Fragen geantwortet (Urteil vom 29. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] -). Des Weiteren liegt ein ausführlich begründeter Hinweisbeschluss des Senats vom 25. April 2018 vor. Zwar gibt dieser nur die vorläufige Einschätzung des Senats nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung wieder. Aus dem Umstand, dass der Beklagte die im Hinweisbeschluss geäußerten Bedenken ausräumen will (s.o.), schließt der Senat aber, dass der Beklagte die im Beschluss aufgezeigten Mängel akzeptiert und nicht etwa in einer erneuten mündlichen Verhandlung in Frage stellen will.

3 Bei dieser Ausgangslage dient es der Verfahrensbeschleunigung besser, das Verfahren möglichst zügig zum Abschluss zu bringen und nicht erst das Ergebnis eines Planergänzungsverfahrens abzuwarten, dessen Einleitung der Beklagte erst für August 2020 angekündigt hat. Zwar soll die Aussetzung nach § 4 Abs. 1b Satz 3 UmwRG mehrfache gerichtliche Auseinandersetzungen in derselben Sache vermeiden. Sie soll insbesondere verhindern, dass ein Planfeststellungsbeschluss allein wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben und dessen materielle Rechtmäßigkeit erst in einem zweiten Verfahren gerichtlich geprüft wird. Hiermit ist die vorliegende Fallkonstellation aber - wie ausgeführt - nicht zu vergleichen; insbesondere steht keineswegs fest, dass es nach Behebung der Mängel zu einem weiteren gerichtlichen Verfahren kommen wird.

Beschluss vom 27.04.2022 -
BVerwG 9 KSt 10.21ECLI:DE:BVerwG:2022:270422B9KSt10.21.0

Rechtsanwaltsgebühren für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof

Leitsatz:

Die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren für das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union setzt nicht voraus, dass die dort entstandenen Kosten in der Kostengrundentscheidung des mitgliedstaatlichen Gerichts ausdrücklich erwähnt wurden.

  • Rechtsquellen
    RVG § 38
    VwGO § 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1
    AEUV Art. 267
    VerfO-EuGH Art. 102

  • Bundesverwaltungsgericht - 07.10.2021 - AZ: BVerwG 9 A 5.20

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.04.2022 - 9 KSt 10.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:270422B9KSt10.21.0]

Beschluss

BVerwG 9 KSt 10.21

  • Bundesverwaltungsgericht - 07.10.2021 - AZ: BVerwG 9 A 5.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. April 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Auf die Erinnerung der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 7. Oktober 2021 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 22. November 2021 geändert.
  2. Die aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - vom Beklagten den Klägern zu erstattenden Kosten werden auf weitere 7 449,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. März 2021 festgesetzt.
  3. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I

1 Im Ausgangsverfahren (9 A 16.16 ) richtete der Senat gemäß Art. 267 AEUV ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Europäischer Gerichtshof), das dieser mit Urteil vom 28. Mai 2020 (Rs. C-535/18) beantwortete. Der Senat führte das Verfahren sodann unter neuem Aktenzeichen fort, erklärte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für rechtswidrig und nicht vollziehbar und erlegte dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auf (Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378). Der Streitwert wurde mit Beschluss desselben Tages auf 195 000 € festgesetzt.

2 Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Kläger wurden im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Oktober 2021, geändert durch Teilabhilfebeschluss vom 22. November 2021, u.a. Gebühren des Klägerbevollmächtigten für ein Verfahren aus dem Streitwert von 195 000 € für erstattungsfähig erklärt. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof seien gebührenrechtlich eine Angelegenheit; die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof sei als Zwischenstreit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG nicht gesondert zu vergüten. Allein hiergegen richtet sich die Erinnerung der Kläger, zu der der Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme erhielt, nach der Teilabhilfe noch.

II

3 1. Die Erinnerung der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, über die gemäß § 165 Satz 2, § 152 Abs. 2, § 151 VwGO der Senat in der Besetzung von drei Richtern entscheidet (§ 10 Abs. 3 Halbs. 2 VwGO), ist zulässig und begründet. Die im Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof angefallenen Rechtsanwaltsgebühren sind den Klägern neben den Gebühren des Ausgangsverfahrens gesondert zu erstatten.

4 a) Gemäß § 162 Abs. 1 VwGO erfassen die erstattungsfähigen Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Hierzu gehören u.a. die gesetzlich vorgesehenen Gebühren eines Rechtsanwalts (§ 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO). In Ermangelung einer unionsrechtlichen Regelung richtet sich die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren in Vorlageverfahren nach dem nationalen Recht; die Festsetzung obliegt ebenso wie der Kostenausspruch dem nationalen Gericht (EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - Rs. C-472/99 [ECLI:​EU:​C:​2001:​663] - Rn. 23 ff.; vgl. Art. 102 EuGH-Verfahrensordnung).

5 Nach § 38 RVG gelten in Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof die Gebührenvorschriften für das Revisionsverfahren in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Vergütungsverzeichnisses nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG entsprechend. Das Vorlageverfahren wird wegen seiner besonderen Bedeutung gebührenrechtlich als eigenständiger Rechtszug behandelt, der gesonderte Gebühren für die daran beteiligten Rechtsanwälte entstehen lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VIII ZB 3/11 - NJW 2012, 2118 Rn. 14 unter Hinweis auf BT-Drs. 15/1971 S. 193, 197). Denn das Vorabentscheidungsverfahren erfordert nach Inhalt und Form regelmäßig ein umfangreiches Tätigwerden des Rechtsanwalts, welches allein durch die Gebühren des Ausgangsverfahrens nicht mehr angemessen abgegolten wird (vgl. BT-Drs. 7/2016 S. 105 f. zur Vorgängervorschrift des § 113a BRAGO). Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des Ausgangsverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Vorlageverfahrens findet nach § 38 Abs. 3 RVG nicht statt, wenn wie hier eine schriftliche Stellungnahme gegenüber dem Europäischen Gerichtshof abgegeben wurde.

6 b) Die Erstattungsfähigkeit der Gebühren setzt nicht voraus, dass die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens im Tenor oder in den Entscheidungsgründen des mitgliedstaatlichen Urteils ausdrücklich erwähnt wurden. Eine Tenorierung im Rahmen der Kostengrundentscheidung nach §§ 154 ff. VwGO ist weder gesetzlich vorgesehen noch aus anderen Gründen erforderlich. Nach der Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung erfolgt ein eigenständiger Kostenausspruch nur dann, wenn nach einer gesetzlichen Regelung über bestimmte Kosten ausdrücklich gesondert zu entscheiden ist (vgl. § 162 Abs. 2 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO) oder hinsichtlich eines Teils der Kosten eine von der allgemeinen Kostenverteilung abweichende Kostenentscheidung in Betracht kommt (vgl. etwa § 155 Abs. 3, Abs. 4 VwGO). Dies ist hinsichtlich der im Vorlageverfahren entstandenen Rechtsanwaltsgebühren nicht der Fall. Die diesbezügliche Kostenentscheidung kann nicht anders ausfallen als die abschließende Kostengrundentscheidung. Danach trägt der letztlich unterliegende Beteiligte die Kosten aller Instanzen einschließlich des Vorabentscheidungsverfahrens; ein isoliertes Obsiegen oder Unterliegen vor dem Europäischen Gerichtshof ist nicht möglich.

7 Aus der vorhandenen Rechtsprechung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Bundesgerichtshof auf einen Senatsbeschluss Bezug genommen hat, mit dem der Klägerin "die Kosten der Revision einschließlich der Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof auferlegt worden" sind, wird dies lediglich referierend wiedergegeben, ohne damit eine entsprechende Verpflichtung zum Ausdruck zu bringen (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VIII ZB 3/11 - juris Rn. 1; in NJW 2012, 2118 insoweit nicht abgedruckt). Auch in anderen Entscheidungen wird auf die Kosten des Zwischenverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof allenfalls beiläufig Bezug genommen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. April 2015 - 1 C 7.15 - juris Rn. 6; aus der obergerichtlichen Rechtsprechung z.B. OVG Koblenz, Urteil vom 23. Juni 2020 - 2 A 10461/20 - NVwZ-RR 2020, 1030 Rn. 30). Die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens sind somit Bestandteil der Kosten(grund-)entscheidung des Ausgangsverfahrens und von dieser mitumfasst (vgl. Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, § 38 Rn. 6; Hofmann-Hoeppel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 38 RVG Rn. 10a).

8 c) Das Fehlen einer gesonderten Gegenstandswertfestsetzung für das Vorabentscheidungsverfahren steht der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltsgebühren ebenfalls nicht entgegen. Nach § 38 Abs. 1 Satz 3 RVG setzt das vorlegende Gericht den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluss fest, wobei sich der Gegenstandswert nach den Wertvorschriften des Ausgangsverfahrens richtet (§ 38 Abs. 1 Satz 2 RVG). Einer speziellen Gegenstandswertfestsetzung bedarf es dementsprechend nur dann, wenn dies ausdrücklich beantragt wurde, weil der Gegenstandswert des Vorlageverfahrens vom Streit- bzw. Gegenstandswert des Ausgangsverfahrens abweicht (dazu Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, § 38 Rn. 11; Mayer, in: Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. 2021, § 38 Rn. 8; Hellstab, in: Bischof/Jungbauer u.a., RVG, 9. Aufl. 2021, § 38 Rn. 38). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte; vielmehr geht auch der Klägerbevollmächtigte von einem übereinstimmenden Gegenstandswert aus (vgl. S. 5 seines Kostenfestsetzungsantrags). Der mit Senatsbeschluss vom 30. November 2020 festgesetzte Streitwert von 195 000 € ist daher auch für das Vorabentscheidungsverfahren maßgeblich.

9 d) Die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren sind in der beantragten Höhe von 7 449,76 € erstattungsfähig. Der - auch im erstinstanzlichen Verfahren nach den Gebührentatbeständen für das Revisionsverfahren zu bestimmende - Betrag setzt sich aus einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr entsprechend Nr. 3206 VV-RVG (3 220,80 €) und einer 1,5-fachen Terminsgebühr entsprechend Nr. 3210 VV-RVG (3 019,50 €) nebst der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV-RVG (20,00 €) sowie der hierauf entfallenden Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV-RVG (1 189,46 €) zusammen. Die Verzinsung ergibt sich aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

10 2. Einer Entscheidung über die Gerichtskosten und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.