Be­schluss vom 22.10.2020 -
BVer­wG 5 BN 3.20ECLI:DE:BVer­wG:2020:221020B5B­N3.20.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 5 BN 3.20

  • OVG Ber­lin-Bran­den­burg - 10.10.2019 - AZ: OVG 6 A 4.18

In der Nor­men­kon­troll­sa­che hat der 5. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 22. Ok­to­ber 2020
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Stör­mer,
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Holt­brüg­ge und Preis­ner
be­schlos­sen:

  1. Die Be­schwer­de des An­trag­stel­lers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg vom 10. Ok­to­ber 2019 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Der An­trag­stel­ler trägt die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens. Ge­richts­kos­ten wer­den nicht er­ho­ben.

Grün­de

1 Die auf die Zu­las­sungs­grün­de der grund­sätz­li­chen Be­deu­tung (1.), der Di­ver­genz (2.) und des Ver­fah­rens­man­gels (3.) ge­stütz­te Be­schwer­de des An­trag­stel­lers ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on hat kei­nen Er­folg.

2 1. Die Re­vi­si­on ist nicht we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen.

3 Grund­sätz­li­che Be­deu­tung im Sin­ne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO kommt ei­ner Rechts­sa­che zu, wenn sie ei­ne für die er­streb­te Re­vi­si­ons­ent­schei­dung er­heb­li­che Rechts­fra­ge des re­vi­si­blen Rechts auf­wirft, die im In­ter­es­se der Ein­heit und der Fort­bil­dung des Rechts re­vi­si­ons­ge­richt­li­cher Klä­rung be­darf. Das Dar­le­gungs­er­for­der­nis des § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO setzt in­so­weit die For­mu­lie­rung ei­ner be­stimm­ten, höchst­rich­ter­lich noch un­ge­klär­ten und für die Re­vi­si­ons­ent­schei­dung er­heb­li­chen Rechts­fra­ge des re­vi­si­blen Rechts und au­ßer­dem die An­ga­be vor­aus, wor­in die all­ge­mei­ne, über den Ein­zel­fall hin­aus­ge­hen­de Be­deu­tung be­stehen soll. Die Be­schwer­de muss da­her er­läu­tern, dass und in­wie­fern die Re­vi­si­ons­ent­schei­dung zur Klä­rung ei­ner bis­her re­vi­si­ons­ge­richt­lich nicht be­ant­wor­te­ten fall­über­grei­fen­den Rechts­fra­ge des re­vi­si­blen Rechts füh­ren kann (BVer­wG, Be­schluss vom 19. Au­gust 1997 - 7 B 261.97 - Buch­holz 310 § 133 <n.F.> Vw­GO Nr. 26 S. 14). Die­sen An­for­de­run­gen wird die Be­schwer­de nicht ge­recht.

4 Die Be­schwer­de hält die fol­gen­den Fra­gen für grund­sätz­lich klä­rungs­be­dürf­tig:
1. "Steht es im Ein­klang mit § 17 Abs. 3 S. 2 Ki­taGBbg, mit § 39, § 31 SGB X so­wie mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechts­staats­prin­zip/Ver­trau­ens­schutz) mit dem Rechts­satz, dass das Ein­ver­neh­men durch den ört­li­chen Trä­ger der öf­fent­li­chen Ju­gend­hil­fe in Form des Ver­wal­tungs­ak­tes auch für die Ver­gan­gen­heit er­las­sen wird und gilt das Ein­ver­neh­men auch dann rück­wir­kend, wenn in­halt­lich kein zeit­li­cher Be­zug ge­nom­men wor­den ist und nur in der Kos­ten­bei­trags­sat­zung ge­trof­fen wur­de?"
2. "Steht es im Ein­klang mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechts­staats­prin­zip)[,] dem Ver­trau­ens­schutz und der Rechts­si­cher­heit so­wie dem Kin­der- und Ju­gend­hil­fe­recht (SGB VIII), wenn der Trä­ger Kos­ten­bei­trags­sat­zun­gen des Kin­der- und Ju­gend­hil­fe­rech­tes rück­wir­kend er­lässt?"
3. "Steht es im Ein­klang mit § 16 Abs. 3 Ki­taGBbg, § 4 KitaB­KNV, § 90 SGB VIII und Art. 3 GG mit dem Rechts­satz, dass die Kos­ten für die Grund­stü­cke und Ge­bäu­de, so­wie die bei spar­sa­mer Be­triebs­füh­rung not­wen­di­gen Be­wirt­schaf­tungs- und Er­hal­tungs­kos­ten, die durch die Ge­mein­de zu stel­len sind, Be­stand­teil der Kal­ku­la­ti­on sind bzw. de­ren Zu­schüs­se gem. § 4 KitaB­KNV nicht in die Kal­ku­la­ti­on ein­be­rech­net wer­den dür­fen und da­mit die Kos­ten­bei­trä­ge er­höht und die kom­mu­na­len Trä­ger ge­gen­über den frei­en Trä­gern be­nach­tei­ligt wer­den?"

5 Mit die­sen Fra­gen und dem zu ih­rer Be­grün­dung je­weils un­ter­brei­te­ten Vor­brin­gen hat der An­trag­stel­ler ei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung im Sin­ne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO nicht dar­ge­tan.

6 a) So­weit sich die Fra­gen und die Aus­füh­run­gen auf die Aus­le­gung und An­wen­dung von Nor­men des bran­den­bur­gi­schen Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­set­zes - Ki­taG BB (ent­spricht Ki­taGBbg) - oder der zu­ge­hö­ri­gen Kin­der­ta­ges­stät­ten-Be­triebs­kos­ten- und Nach­weis­ver­ord­nung - KitaB­KNV - durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt be­zie­hen, wer­den da­mit Fra­gen des Lan­des­rechts an­ge­spro­chen, die grund­sätz­lich und so auch hier nicht zu ei­nem bun­des­recht­li­chen Klä­rungs­be­darf füh­ren.

7 Fra­gen des Lan­des­rechts kön­nen die grund­sätz­li­che Be­deu­tung der Rechts­sa­che nicht be­grün­den, weil sie in ei­nem Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht ge­klärt wer­den kön­nen. Nach § 137 Abs. 1 Vw­GO kann die Re­vi­si­on nur dar­auf ge­stützt wer­den, dass das an­ge­foch­te­ne Ur­teil Bun­des­recht (Nr. 1) oder ei­ne Vor­schrift des Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­set­zes ei­nes Lan­des ver­letzt, die ih­rem Wort­laut nach mit dem Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­ge­setz des Bun­des über­ein­stimmt (Nr. 2). Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ist an die Aus­le­gung und An­wen­dung des Lan­des­rechts durch die Vor­in­stanz ge­bun­den (§ 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 560 ZPO). Es ist dar­auf be­schränkt nach­zu­prü­fen, ob der fest­ge­stell­te Be­deu­tungs­ge­halt des Lan­des­rechts mit Bun­des­recht, ins­be­son­de­re mit Bun­des­ver­fas­sungs­recht, ver­ein­bar ist (stRspr, vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 23. Ja­nu­ar 2017 - 6 B 43.16 - ju­ris Rn. 22 m.w.N. und vom 28. Mai 2020 - 5 BN 5.19 - ju­ris Rn. 7). Das gilt auch für die Re­ge­lun­gen des bran­den­bur­gi­schen Kin­der­ta­ges­stät­ten­ge­set­zes.

8 b) So­weit die Be­schwer­de die Rü­ge der Nicht­be­ach­tung von Bun­des­ver­fas­sungs­recht (Art. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG) er­hebt, zeigt sie eben­falls kei­nen bun­des­recht­li­chen Klä­rungs­be­darf auf. Das Glei­che gilt für die Rü­ge ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen § 90 SGB VIII oder §§ 31, 39 SGB X.

9 Ei­ne ver­meint­li­che Ver­let­zung von Bun­des(ver­fas­sungs-)recht bei der Aus­le­gung oder An­wen­dung von Lan­des­recht kann die Zu­las­sung der Re­vi­si­on we­gen Grund­satz­be­deu­tung al­len­falls dann recht­fer­ti­gen, wenn die Aus­le­gung der - ge­gen­über dem Lan­des­recht als kor­ri­gie­ren­der Maß­stab an­ge­führ­ten - bun­des(ver­fas­sungs-)recht­li­chen Norm ih­rer­seits un­ge­klär­te Fra­gen von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung auf­wirft, nicht da­ge­gen, wenn der dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil zu­grun­de ge­leg­te In­halt des Lan­des­rechts mit Blick auf sei­ne Über­ein­stim­mung mit Bun­des(ver­fas­sungs-)recht an­ge­zwei­felt wird. Die Be­grün­dung der Be­schwer­de nach § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO muss dem­entspre­chend dar­le­gen, dass die Aus­le­gung ei­ner ge­gen­über dem an­ge­wen­de­ten Lan­des­recht als kor­ri­gie­ren­der Maß­stab an­ge­führ­ten bun­des(ver­fas­sungs-)recht­li­chen Vor­schrift als sol­che ei­ne un­ge­klär­te Fra­ge von grund­sätz­li­cher Be­deu­tung auf­wirft. Die Be­schwer­de muss al­so die kon­kre­te bun­des(ver­fas­sungs-)recht­li­che Norm be­nen­nen, mit wel­cher die Vor­schrift des Lan­des­rechts an­geb­lich nicht ver­ein­bar ist, und die dar­aus an­geb­lich ab­zu­lei­ten­den bun­des­recht­li­chen An­for­de­run­gen, de­ren Trag­wei­te und Klä­rungs­be­dürf­tig­keit im Hin­blick auf die ein­schlä­gi­gen lan­des­recht­li­chen Re­ge­lun­gen so­wie die Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit ih­rer Klä­rung in dem an­hän­gi­gen Ver­fah­ren auf­zei­gen. Es ist sub­stan­ti­iert dar­zu­tun, dass die Bun­des(ver­fas­sungs-)norm in ih­rer Aus­le­gung durch die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung nicht oder noch nicht hin­rei­chend aus­dif­fe­ren­ziert und ent­wi­ckelt ist, um ih­re Funk­ti­on als Maß­st­abs­norm für nie­der­ran­gi­ges Recht er­fül­len zu kön­nen (stRspr, vgl. et­wa BVer­wG, Be­schlüs­se vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - NVwZ 2016, 618 Rn. 6, vom 8. Mai 2017 - 5 B 39.16 - ju­ris Rn. 6 und vom 19. Fe­bru­ar 2018 - 5 B 20.17 - ju­ris Rn. 4 m.w.N.).

10 Die­sen An­for­de­run­gen ge­nügt die Be­schwer­de nicht, weil sie ei­nen bun­des(ver­fas­sungs-)recht­li­chen Klä­rungs­be­darf nicht auf­zeigt, son­dern le­dig­lich be­an­stan­det, dass das bran­den­bur­gi­sche Kin­der­ta­ges­stät­ten­recht in der Aus­le­gung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts mit Bun­des(ver­fas­sungs-)recht nicht in Ein­klang ste­he (vgl. Be­schluss des Se­nats vom 28. Mai 2020 - 5 BN 5.19 - ju­ris Rn. 10 ff.).

11 2. Die Re­vi­si­on ist nicht we­gen der von der Be­schwer­de ge­rüg­ten Ab­wei­chung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 Vw­GO) zu­zu­las­sen.

12 Ei­ne die Re­vi­si­on ge­mäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 Vw­GO er­öff­nen­de Di­ver­genz liegt nur vor, wenn das vor­in­stanz­li­che Ge­richt in An­wen­dung der­sel­ben Vor­schrift mit ei­nem sei­ne Ent­schei­dung tra­gen­den (abs­trak­ten) Rechts­satz von ei­nem in der Recht­spre­chung des über­ge­ord­ne­ten Ge­richts auf­ge­stell­ten eben­sol­chen Rechts­satz ab­ge­wi­chen ist. Die Be­schwer­de­be­grün­dung muss dar­le­gen im Sin­ne von § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO, dass und in­wie­fern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 19. Au­gust 1997 - 7 B 261.97 - Buch­holz 310 § 133 <n.F.> Vw­GO Nr. 26 S. 14 und vom 10. Sep­tem­ber 2018 - 5 B 20.18 D - ju­ris Rn. 3). Da­nach ist ei­ne Di­ver­genz nicht in ei­ner den Dar­le­gungs­an­for­de­run­gen ge­nü­gen­den Wei­se auf­ge­zeigt.

13 a) Das gilt zu­nächst für die be­haup­te­te Ab­wei­chung von fol­gen­den Rechts­sät­zen, die nach An­sicht der Be­schwer­de dem (zur Rück­wir­kung im Steu­er­recht er­gan­ge­nen) Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2010 - 2 BvL 14/02, 2/04 und 13/05 - (BVerf­GE 127, 1) zu ent­neh­men sei­en (Be­schwer­de­be­grün­dung S. 27 f.):
Die un­ech­te Rück­wir­kung ist "mit den grund­recht­li­chen und rechts­staat­li­chen Grund­sät­zen des Ver­trau­ens­schut­zes je­doch nur ver­ein­bar [...], 'wenn bei ei­ner Ge­samt­ab­wä­gung zwi­schen dem Ge­wicht des ent­täusch­ten Ver­trau­ens und dem Ge­wicht und der Dring­lich­keit der die Rechts­än­de­rung recht­fer­ti­gen­den Grün­de die Gren­ze der Zu­mut­bar­keit ge­wahrt bleibt.' "
"Die be­las­ten­den Wir­kun­gen ei­ner Ent­täu­schung schutz­wür­di­gen Ver­trau­ens be­dür­fen stets ei­ner hin­rei­chen­den Be­grün­dung nach den Maß­stä­ben der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit."
"Der Nor­men­adres­sat muss ei­ne Ent­täu­schung sei­nes Ver­trau­ens in die al­te Rechts­la­ge nur hin­neh­men, so­weit dies auf­grund be­son­de­rer, ge­ra­de die Rückan­knüp­fung recht­fer­ti­gen­de[r] öf­fent­li­che[r] In­ter­es­sen un­ter Wah­rung der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit ge­recht­fer­tigt ist. Wä­re dies an­ders, fehl­te den Nor­men des Ein­kom­mens­steu­er­rech­tes als Rah­men­be­din­gung wirt­schaft­li­chen Han­delns ein Min­dest­maß an grund­recht­lich und rechts­staat­lich ge­bo­te­ner Ver­läss­lich­keit [...]."

14 Da­von sei das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in sei­ner ent­schei­dungs­tra­gen­den Be­ur­tei­lung ab­ge­wi­chen und ha­be da­zu den abs­trak­ten Rechts­satz auf­ge­stellt,
"[...] dass [sich] ei­ne sol­che Rück­wir­kung von Rechts­fol­gen vor­ran­gig an den all­ge­mei­nen rechts­staat­li­chen Grund­sät­zen ins­be­son­de­re des Ver­trau­ens­schut­zes und der Rechts­si­cher­heit mes­sen las­sen [müs­se]." (Be­schwer­de­be­grün­dung S. 28).

15 Die­ser Rechts­satz steht je­doch zu den von der Be­schwer­de dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ent­nom­me­nen bzw. dar­aus ab­ge­lei­te­ten Rechts­sät­zen nicht im Wi­der­spruch und ist schon des­halb nicht ge­eig­net, ei­ne Di­ver­genz zu be­grün­den, weil das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt dem Grund­satz des Ver­trau­ens­schut­zes kei­nen an­de­ren In­halt ge­ge­ben hat als das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Ob das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt den Rechts­satz rich­tig an­ge­wen­det hat oder nicht, be­trifft al­lein die in­halt­li­che Rich­tig­keit der an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dung, so dass der dies­be­züg­li­che Vor­trag der Be­schwer­de ei­ne Di­ver­genz nicht be­grün­den kann.

16 b) Die Be­schwer­de legt auch die von ihr be­haup­te­te Di­ver­genz zu dem Ur­teil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 21. No­vem­ber 2017 - 2 BvR 2177/16 - nicht hin­rei­chend dar. Sie möch­te dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts fol­gen­den Rechts­satz ent­neh­men:
"Die Kos­ten gem. § 16 Abs. 3 Ki­taGBbg sind nur im Ver­hält­nis Ge­mein­de und Trä­ger zu be­ach­ten und bei der Kal­ku­la­ti­on der El­tern­bei­trä­ge als Be­triebs­kos­ten wei­ter­hin ein­zu­be­zie­hen."

17 Dem stellt sie die fol­gen­de, dem Ur­teil des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 21. No­vem­ber 2017 - 2 BvR 2177/16 - (BVerf­GE 147, 185 Rn. 132) ent­nom­me­ne Aus­sa­ge ge­gen­über,
"[...] dass bei der Ver­ga­be von Kin­der­be­treu­ungs­plät­zen, ei­ner mög­li­chen Miss­brauchs­ge­fahr, die sich aus der Wett­be­werbs­si­tua­ti­on zwi­schen Ge­mein­den und frei­en Trä­gern er­ge­ben kann und den mög­li­chen Fehl­ent­schei­dun­gen in der Zu­kunft zu be­geg­nen" sei.

18 Da­bei zeigt die Be­schwer­de be­reits nicht auf, aus wel­chen Grün­den und auf wel­che Rechts­norm zu­rück­ge­hend die Aus­sa­ge des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ei­nen di­ver­genz­fä­hi­gen Rechts­satz dar­stellt. Dies er­schlie­ßt sich nicht be­reits dar­aus, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in der an­ge­führ­ten Pas­sa­ge es als "ein le­gi­ti­mes An­lie­gen der Qua­li­täts­ent­wick­lung bei der Ver­ga­be von Kin­der­be­treu­ungs­plät­zen" be­zeich­net hat, "ei­ner mög­li­chen Miss­brauchs­ge­fahr, die sich aus der Wett­be­werbs­si­tua­ti­on zwi­schen Ge­mein­den und frei­en Trä­gern er­ge­ben kann, und mög­li­chen Fehl­ent­schei­dun­gen in der Zu­kunft zu be­geg­nen". Dar­über hin­aus legt die Be­schwer­de nicht dar, in­wie­fern sich die (an­geb­li­chen) Rechts­sät­ze in An­wen­dung der­sel­ben Rechts­norm un­ver­ein­bar ge­gen­über­ste­hen soll­ten und zeigt da­her je­den­falls ei­ne Ab­wei­chung im Sin­ne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 Vw­GO nicht auf. Der Sa­che nach rügt sie viel­mehr ei­ne blo­ße Nicht­be­rück­sich­ti­gung in der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts for­mu­lier­ter Aus­sa­gen durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt (Be­schwer­de­be­grün­dung S. 31: "Hät­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt [aus] dem hier an­ge­grif­fe­nen Ur­teil die di­ver­gie­ren­de Ent­schei­dung be­rück­sich­tigt, hät­te der Nor­men­kon­troll­kla­ge statt­ge­ge­ben wer­den müs­sen."). Das ver­mag ei­ne Di­ver­genz nicht zu be­grün­den.

19 3. Die Re­vi­si­on ist schlie­ß­lich nicht we­gen ei­nes Ver­fah­rens­feh­lers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO) zu­zu­las­sen.

20 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO ist die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen, wenn ein Ver­fah­rens­man­gel gel­tend ge­macht wird und vor­liegt, auf dem die Ent­schei­dung be­ru­hen kann. Ein Ver­fah­rens­man­gel ist nur dann im Sin­ne von § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO aus­rei­chend be­zeich­net, wenn er so­wohl in den ihn (ver­meint­lich) be­grün­den­den Tat­sa­chen als auch in sei­ner recht­li­chen Wür­di­gung sub­stan­ti­iert dar­ge­tan wird (vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 19. Au­gust 1997 - 7 B 261.97 - Buch­holz 310 § 133 <n.F.> Vw­GO Nr. 26 S. 14 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - ju­ris Rn. 12 m.w.N.). Dar­an fehlt es hier.

21 a) Die Be­schwer­de ge­nügt den Dar­le­gungs­an­for­de­run­gen nicht, so­weit sie ei­ne Ver­let­zung des Über­zeu­gungs­grund­sat­zes rü­gen soll­te.

22 Nach dem Über­zeu­gungs­grund­satz des § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO ist es Sa­che des Tat­sa­chen­ge­richts, sich im We­ge der frei­en Be­weis­wür­di­gung ei­ne Über­zeu­gung von dem ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Sach­ver­halt zu bil­den. Die Frei­heit, die der Über­zeu­gungs­grund­satz dem Tat­sa­chen­ge­richt zu­ge­steht, be­zieht sich auf die Be­wer­tung der für die Fest­stel­lung des Sach­ver­halts ma­ß­ge­ben­den Um­stän­de. Die Grund­sät­ze der Be­weis­wür­di­gung sind re­vi­si­ons­recht­lich grund­sätz­lich dem sach­li­chen Recht zu­zu­ord­nen (stRspr, vgl. z.B. BVer­wG, Ur­teil vom 19. Ja­nu­ar 1990 - 4 C 28.89 - BVer­w­GE 84, 271 <272>; Be­schluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buch­holz 310 § 96 Vw­GO Nr. 62 Rn. 22, je­weils m.w.N.). Des­halb ist die Ein­hal­tung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO fol­gen­den Ver­pflich­tung nicht schon dann in Fra­ge ge­stellt, wenn ein Be­tei­lig­ter ei­ne aus sei­ner Sicht feh­ler­haf­te Ver­wer­tung des vor­lie­gen­den Tat­sa­chen­ma­te­ri­als rügt, aus dem er an­de­re Schlüs­se zie­hen will als die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung. Denn da­mit wird ein - an­geb­li­cher - Man­gel in der Sach­ver­halts- und Be­weis­wür­di­gung an­ge­spro­chen, der die An­nah­me ei­nes Ver­fah­rens­man­gels im Sin­ne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO grund­sätz­lich nicht recht­fer­ti­gen kann. Ein ei­nen Ver­fah­rens­feh­ler be­grün­den­der Ver­stoß ge­gen § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO kann aber aus­nahms­wei­se dann ge­ge­ben sein, wenn die ta­trich­ter­li­che Be­weis­wür­di­gung auf ei­nem Rechts­irr­tum be­ruht, ob­jek­tiv will­kür­lich ist oder all­ge­mei­ne Sach­ver­halts- und Be­weis­wür­di­gungs­grund­sät­ze, ins­be­son­de­re ge­setz­li­che Be­weis­re­geln, Na­tur- oder Denk­ge­set­ze oder all­ge­mei­ne Er­fah­rungs­sät­ze miss­ach­tet. Ge­nau­so liegt es, wenn ein Ge­richt von ei­nem ak­ten­wid­ri­gen, un­rich­ti­gen oder un­voll­stän­di­gen Sach­ver­halt aus­geht, ins­be­son­de­re Um­stän­de über­geht, de­ren Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit sich ihm hät­te auf­drän­gen müs­sen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 11. De­zem­ber 2013 - 6 C 23.12 - Buch­holz 442.066 § 21 TKG Nr. 4 Rn. 84; Be­schlüs­se vom 17. Ja­nu­ar 2013 - 7 B 18.12 - ju­ris Rn. 9 so­wie vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buch­holz 310 § 96 Vw­GO Nr. 62 Rn. 22 m.w.N.).

23 Dies hat die Be­schwer­de nicht sub­stan­ti­iert auf­ge­zeigt. Sie rügt viel­mehr - wie auch ih­re mit "Ver­stoß ge­gen § 90 SGB VIII § 17 Abs. 2 Ki­taGBbg un­te­re Ein­kom­mens­grup­pen" und "Ein­be­zie­hung der Grund­stücks­kos­ten" über­schrie­be­nen Aus­füh­run­gen be­le­gen - im Ge­wand ei­ner Ver­fah­rens­rü­ge im We­sent­li­chen ei­ne ih­rer Auf­fas­sung nach un­rich­ti­ge Rechts­an­wen­dung durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt. Mit Ein­wän­den, die sich ge­gen die Aus­le­gung und An­wen­dung des ma­te­ri­el­len Rechts rich­ten, lässt sich je­doch ein Ver­stoß ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz nicht be­grün­den. So­weit die Be­schwer­de (Be­schwer­de­be­grün­dung S. 36, 39) vor­bringt, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be ge­gen "Denk­an­sät­ze, Er­fah­rungs­sät­ze und Aus­le­gungs­grund­sät­ze" ver­sto­ßen, ge­schieht dies nur for­mel­haft und oh­ne ge­nü­gen­de Sub­stan­ti­ie­rung. Die Be­schwer­de zeigt in­so­weit schon nicht auf, wel­che Denk­ge­set­ze oder (Er­fah­rungs-)Sät­ze die ta­trich­ter­li­che Be­weis­wür­di­gung ver­letzt ha­ben soll. Viel­mehr greift sie auch da­mit der Sa­che nach le­dig­lich die ma­te­ri­ell­recht­li­che Auf­fas­sung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts und des­sen Rechts­an­wen­dung an. Da­mit kann ein Ver­stoß ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz des § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO nicht schlüs­sig auf­ge­zeigt wer­den.

24 b) Die Re­vi­si­on ist auch nicht we­gen ei­nes Ver­fah­rens­feh­lers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO) zu­zu­las­sen, so­weit die Be­schwer­de ei­ne Ver­let­zung des An­spruchs auf Ge­wäh­rung recht­li­chen Ge­hörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 Vw­GO) rügt.

25 Dies be­grün­det sie ins­be­son­de­re da­mit, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt kei­ne "voll­stän­di­ge Ak­ten­ein­sicht" ge­währt ha­be, wo­durch die Nach­voll­zieh­bar­keit der Kos­ten­kal­ku­la­ti­on ver­hin­dert wor­den sei. Ab­ge­se­hen da­von, dass die Be­schwer­de nicht sub­stan­ti­iert auf­zeigt, in­wie­fern der An­trag­stel­ler die ihm ver­wehr­te Ak­ten­ein­sicht be­an­tragt ha­be, ist da­mit ei­ne Ge­hörs­ver­let­zung schon des­halb nicht auf­ge­zeigt, weil die Be­schwer­de - was er­for­der­lich ge­we­sen wä­re - nicht dar­legt, dass der An­trag­stel­ler al­les ihm in der kon­kre­ten Si­tua­ti­on Mög­li­che und Zu­mut­ba­re un­ter­nom­men hät­te, ei­nen et­wai­gen Ge­hörs­ver­stoß ab­zu­wen­den (§ 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO; vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 21. Ja­nu­ar 1997 - 8 B 2.97 - Buch­holz 310 § 102 Vw­GO Nr. 21 m.w.N. und vom 30. No­vem­ber 2018 - 5 B 33.18 D - ju­ris Rn. 16), hier al­so z.B. wei­te­re kon­kre­te Auf­klä­rungs­maß­nah­men des Ge­richts, kon­kre­te Be­weis­er­he­bun­gen, Schrift­satz­frist (§ 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 283 ZPO) oder Ver­ta­gung (§ 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO) be­an­tragt hät­te (vgl. et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 10. De­zem­ber 1976 - 6 C 40.76 - Buch­holz 448.0 § 25 WPflG Nr. 102; Be­schluss vom 29. Ju­ni 2015 - 10 B 66.14 - ju­ris Rn. 7).

26 Auch im Üb­ri­gen führt das Be­schwer­de­vor­brin­gen nicht auf ei­nen Ge­hörs­ver­stoß. Der An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör ver­pflich­tet die Ge­rich­te, die Aus­füh­run­gen der Pro­zess­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis zu neh­men und in Er­wä­gung zu zie­hen. Grund­sätz­lich ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ge­rich­te die­ser Pflicht nach­ge­kom­men sind. Die Ge­rich­te sind al­ler­dings nicht ver­pflich­tet, sich mit je­dem Vor­brin­gen in den Ent­schei­dungs­grün­den aus­drück­lich zu be­fas­sen. Es ist da­her ver­fehlt, aus der Nicht­er­wäh­nung ein­zel­ner Be­grün­dungs­tei­le des Vor­brin­gens in den ge­richt­li­chen Ent­schei­dungs­grün­den zu schlie­ßen, ein Ge­richt ha­be sich nicht mit den dar­in ent­hal­te­nen Ar­gu­men­ten be­fasst. Viel­mehr sind in der Ent­schei­dung nur die­je­ni­gen Grün­de an­zu­ge­ben, die für die rich­ter­li­che Über­zeu­gung lei­tend ge­we­sen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 Vw­GO). Die Ge­rich­te kön­nen sich auf die Dar­stel­lung und Wür­di­gung der­je­ni­gen recht­li­chen Ge­sichts­punk­te be­schrän­ken, auf die es nach ih­rem Rechts­stand­punkt ent­schei­dungs­er­heb­lich an­kommt. Geht ein Ge­richt auf ein­zel­ne Tei­le des Vor­brin­gens nicht ein, do­ku­men­tiert es da­mit in der Re­gel zu­gleich, dass es sie für recht­lich ir­rele­vant hält. Ins­be­son­de­re ver­mit­telt der An­spruch auf recht­li­ches Ge­hör kei­nen Schutz da­vor, dass ein Ge­richt den Vor­trag ei­nes Be­tei­lig­ten aus Grün­den des for­mel­len oder ma­te­ri­el­len Rechts ganz oder teil­wei­se un­be­rück­sich­tigt lässt. Das Ge­bot des recht­li­chen Ge­hörs ver­pflich­tet die Ge­rich­te nicht, dem Tat­sa­chen­vor­trag oder der Rechts­an­sicht ei­nes Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten auch in­halt­lich zu fol­gen (stRspr, vgl. z.B. BVer­wG, Be­schluss vom 7. Ju­ni 2017 - 5 C 5.17 D <5 C 10.15 D> - ju­ris Rn. 8 f. m.w.N.). Ge­mes­sen an die­sen Maß­stä­ben zeigt die Be­schwer­de ei­nen Ge­hörs­ver­stoß nicht auf.

27 Ins­ge­samt ver­mag der Se­nat auch dem sons­ti­gen Vor­brin­gen der Be­schwer­de zur an­geb­li­chen Ver­fah­rens­feh­ler­haf­tig­keit der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung sub­stan­ti­ier­te Hin­wei­se auf das Vor­lie­gen ei­nes Ver­fah­rens­feh­lers nicht zu ent­neh­men.

28 4. Von ei­ner wei­te­ren Be­grün­dung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 Vw­GO ab­ge­se­hen.

29 5. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 154 Abs. 2 Vw­GO. Die Ent­schei­dung über die Ge­richts­kos­ten­frei­heit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 Vw­GO (vgl. da­zu et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 28. März 2019 - 5 CN 1.18 - Buch­holz 436.511 § 90 SGB VIII Kin­der- und Ju­gend­hil­fe­ge­setz Nr. 10 Rn. 22 m.w.N.).