Beschluss vom 12.07.2018 -
BVerwG 2 B 17.18ECLI:DE:BVerwG:2018:120718B2B17.18.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.07.2018 - 2 B 17.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:120718B2B17.18.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 17.18

  • VG Köln - 12.09.2017 - AZ: VG 19 K 3183/13
  • OVG Münster - 30.11.2017 - AZ: OVG 6 A 2111/14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Juli 2018
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. November 2017 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 7 000 € festgesetzt.

Gründe

1 1. Die Klägerin, die im Jahr 2011 am rechten Knie wegen einer "Ruptur vorderes Kreuzband, Schaden Innen- und Außenmeniskus" operiert worden ist, bewarb sich im Jahr 2012 um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes. Nachdem der Polizeiarzt die Polizeidienstuntauglichkeit der Klägerin angenommen hatte, lehnte der Beklagte die Einstellung der Klägerin im Jahre 2013 ab. Die dagegen gerichtete Fortsetzungsfeststellungsklage ist in beiden Vorinstanzen jeweils nach Erhebung eines Sachverständigenbeweises erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Wahrscheinlichkeitsmaß bei der Prognoseentscheidung zur gesundheitlichen Eignung des Bewerbers um eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis referiert, diese Grundsätze auf die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers um die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst übertragen und es auf der Basis der Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen für überwiegend wahrscheinlich gehalten, dass die Klägerin vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von 62 Jahren dauernd polizeidienstunfähig werden oder bis dahin regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen würde.

2 2. Die Beschwerde ist bereits unzulässig, denn sie legt keinen Grund dar, die Revision zuzulassen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Vielmehr wendet sie sich in der Art eines zulassungsfreien oder zugelassenen Rechtsmittels gegen das Berufungsurteil und erschöpft sich darin, ihre abweichende Rechtsansicht gegen die des Berufungsgerichts zu setzen. Dies genügt nicht den von § 132 Abs. 2 i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO aufgestellten Darlegungsanforderungen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f., vom 4. Januar 2017 - 2 B 23.16 - Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 91 Rn. 8 = NVwZ-RR 2017, 399 und vom 12. September 2017 - 2 B 39.17 - BayVBl 2018, 354 Rn. 4). Weder bezeichnet die Beschwerde eine fallübergreifende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch formuliert sie einen entscheidungstragenden Rechtssatz des Berufungsgerichts, mit dem dieses von einem gegenteiligen (ebenfalls von der Beschwerde zu benennenden) Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen divergenzfähigen Gerichts abgewichen wäre (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), noch bezeichnet die Beschwerde in der gebotenen Weise einen Verfahrensmangel, auf dem das Berufungsurteil beruhen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3 a) Soweit die Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftige Frage benennt, "unter welchen Gesichtspunkten von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit" (für das Vorliegen einer Dienstunfähigkeit, Polizeidienstunfähigkeit und Polizeiuntauglichkeit) auszugehen ist, genügt sie nicht den gemäß § 133 Abs. 3 VwGO an eine Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu stellenden Anforderungen an die Begründung.

4 Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substanziiert auseinandersetzt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - NVwZ 2016, 618 Rn. 2 und vom 21. Februar 2017 - 2 B 7.16 - juris Rn. 5).

5 Die Beschwerde rügt lediglich die einzelfallbezogene Anwendung der Rechtssätze des Berufungsgerichts zum Wahrscheinlichkeitsmaß bei der Prognoseentscheidung des Dienstherrn zur gesundheitlichen Eignung des Bewerbers um eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis - hier auf Widerruf -, setzt sich aber in keiner Weise mit diesen Rechtssätzen auseinander und entnimmt diesen im Übrigen einen Inhalt, den sie nicht haben. Das Oberverwaltungsgericht ist im Berufungsurteil vielmehr in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, dass der Dienstherr - solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt - die gesundheitliche Eignung aktuell dienstfähiger Bewerber nur verneinen kann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird (BVerwG, Urteile vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 16 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 16.12 - BVerwGE 148, 204, Rn. 25 f.). Dieser Prognosemaßstab gilt, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, auf Probe und - sofern, wie hier, die Ausbildung auf eine spätere Verwendung im öffentlichen Dienst begrenzt ist - auf Widerruf. Klärungsbedarf zum Prognosemaßstab zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie bezweifelt lediglich, dass im Falle der Klägerin die Schwelle der "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" erreicht ist.

6 b) Soweit die Beschwerde rügt, dass "die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in wesentlichen Gesichtspunkten von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere im Urteil vom 25.07.2013, ab(weicht)", genügt sie nicht den gemäß § 133 Abs. 3 VwGO an eine Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu stellenden Anforderungen an die Begründung.

7 Eine Divergenz i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 127 Nr. 1 BRRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht - oder bei Klagen aus dem Beamtenverhältnis ein anderes Oberverwaltungsgericht (§ 127 Nr. 1 BRRG) - aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 25. Mai 2012 - 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht - oder ein Oberverwaltungsgericht - in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

8 Wie bereits ausgeführt, rügt die Beschwerde lediglich die einzelfallbezogene Anwendung der Rechtssätze des Berufungsgerichts zum Wahrscheinlichkeitsmaßstab bei der Prognoseentscheidung des Dienstherrn zur gesundheitlichen Eignung des Bewerbers um eine Einstellung in ein Beamtenverhältnis - hier auf Widerruf -, setzt sich aber in keiner Weise mit diesen Rechtssätzen auseinander und entnimmt diesen im Übrigen einen Inhalt, den sie nicht haben. Die Beschwerde benennt weder einen abstrakten Rechtssatz etwa des Bundesverwaltungsgerichts noch einen hierzu im Widerspruch stehenden Rechtssatz des Berufungsgerichts.

9 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 GKG.