Beschluss vom 06.07.2016 -
BVerwG 1 B 39.16ECLI:DE:BVerwG:2016:060716B1B39.16.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 06.07.2016 - 1 B 39.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:060716B1B39.16.0]
Beschluss
BVerwG 1 B 39.16
- VG Berlin - 16.12.2014 - AZ: VG 21 K 346.14
- OVG Berlin-Brandenburg - 10.12.2015 - AZ: OVG 12 B 2.15
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Fricke und Dr. Rudolph
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Dezember 2015 wird verworfen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Beteiligten streiten über die bestattungsrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit, hilfsweise Genehmigungsfähigkeit, einer Dauerausstellung im "Menschen Museum" in Berlin mit menschlichen Ganzkörper- und Teilpräparaten, die im Wege der sogenannten Plastinationstechnik hergestellt wurden. Hierbei handelt es sich um ein Konservierungsverfahren, das vor allem bei der anatomischen Präparation Verwendung findet und bei dem toten Körpern Wasser und Fett entzogen und durch spezielle Kunststoffe ersetzt wird.
2 Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Ausstellung keiner Genehmigung bedürfe, da das öffentliche Ausstellungsverbot von Leichen nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Berliner Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen - Bestattungsgesetz - (BestattG BE) einschränkend auszulegen sei und anatomische Dauerpräparate wie die in Rede stehenden Plastinate nicht erfasse. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das bestattungsrechtliche Ausstellungsverbot sei zwar im Lichte des Gesetzes zur Regelung des Sektionswesens - Sektionsgesetz - (GRegS BE) auszulegen und gelte damit nicht für anatomische Institute. Zu diesen zähle die Klägerin aber nicht als juristische Gesellschaft des Privatrechts, deren Unternehmensgegenstand die Konzeption und Veranstaltung von Ausstellungen und das Angebot von Dienstleistungen in der Ausstellungs- und Veranstaltungsbranche seien. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 2 BestattG BE scheitere derzeit daran, dass es an den tatbestandlichen Voraussetzungen fehle, wie sie auch für die nicht genehmigungspflichtige Ausstellung wissenschaftlicher Präparate durch anatomische Institute und ihnen gleichzustellende wissenschaftliche Einrichtungen vorliegen müssten. Denn die Klägerin könne infolge unumkehrbarer Anonymisierung und Entpersonalisierung der Plastinate keine Einwilligung der verstorbenen Personen nachweisen, aus deren Körper die Exponate hergestellt worden seien.
3 Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Klägerin, mit der sie die Zulassung der Revision erstrebt.
II
4 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg, da sie bezüglich beider Zulassungsgründe nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspricht.
5 1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2006 - 6 B 22.06 - Buchholz 442.066 § 78 TKG Nr. 1 und vom 11. November 2011 - 5 B 45.11 - juris Rn. 3). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.
6
a) Die Beschwerde hält zunächst in Bezug auf den konkreten Gewährleistungsgehalt der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt trotz der hiervon betroffenen schrankenlos gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG für die wissenschaftliche Ausstellung plastinierter Körper verfassungsgemäß ist und
ob die schrankenlos gewährleistete Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für die Ausstellung von Plastinaten erlaubt, dessen zentrale Tatbestandsvoraussetzung die identische und dauerhafte Kennzeichnung von Plastinat und dazugehöriger Einwilligungserklärung ist und das es nicht gestattet, den Nachweis von hinreichenden Einwilligungserklärungen auch auf anderen Wegen zu führen.
7 Die Revision möchte damit geklärt wissen, ob und in welchem Umfang bei der Ausstellung menschlicher Plastinate ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (hier: nach § 14 BestattG BE) mit der Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG zu vereinbaren ist. Es fehlt indes eine ausreichende Darlegung, inwiefern diese Frage eine Zulassung der Revision gebietet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundes(verfassungs)recht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, nicht dagegen, wenn der dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegte Inhalt des Landesrechts mit Blick auf seine Übereinstimmung mit Bundesrecht angezweifelt wird (vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 19. Juli 1995 - 6 NB 1.95 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 S. 43, vom 3. März 1997 - 8 B 130.96 - NVwZ 1998, 66, vom 11. Dezember 2003 - 6 B 69.03 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39 S. 33 und vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Die Begründung der Beschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss dementsprechend darlegen, dass die Auslegung einer gegenüber dem angewendeten Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten bundes(verfassungs)rechtlichen Vorschrift als solche ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. März 1997 - 8 B 130.96 - NVwZ 1998, 66 m.w.N.). Hierzu sind die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren in der Beschwerdebegründung aufzuzeigen. Wird eine Vorschrift des Landesrechts als bundesverfassungsrechtlich bedenklich angesehen, ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungsrechtliche Norm verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Bestimmung Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich nicht aufgrund bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung - auch des Bundesverfassungsgerichts - beantworten lassen (BVerwG, Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - 6 B 69.03 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39 S. 33, vom 13. Juni 2009 - 9 B 2.09 - Buchholz 445.4 § 3 WHG Nr. 6 Rn. 4 und vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - juris Rn. 6, jeweils m.w.N.). Eine revisible Frage wird erst dann aufgeworfen, wenn der Inhalt der bundesrechtlichen Norm selbst zu erörtern ist, um daran die Gültigkeit einer landesrechtlich auszulegenden Norm und die Übereinstimmung ihrer Auslegung mit Bundesrecht zu messen. In einem Beschwerdeverfahren nach § 133 VwGO muss sich die Fragestellung gerade auf die Notwendigkeit der bundesrechtskonformen Handhabung und auf den Inhalt des dabei zugrunde gelegten bundesrechtlichen Rechtssatzes beziehen (BVerwG, Beschluss vom 30. November 1994 - 4 B 243.94 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 59 S. 6). Wird eine Verletzung von Bundesverfassungsrecht durch eine Landesrechtsnorm beanstandet, muss die Beschwerdebegründung aufzeigen, dass in einer bestimmten Frage die Auslegung des Grundgesetzes einschließlich der bundesverfassungsrechtlichen Grundsätze insbesondere durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bisher nicht ausreichend ist, um eine zutreffende Umsetzung in dem landesrechtlich geprägten Ausgangsfall zu gewährleisten (BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1994 - 4 B 266.94 - NVwZ 1995, 601 <602>). Die Beschwerde muss substantiiert darlegen, dass die Verfassungsnorm in ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder noch nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um ihre Funktion als Maßstabsnorm für niederrangiges Recht erfüllen zu können (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - juris Rn. 6 m.w.N.). Ein verfassungsrechtlich bedenkliches oder gar zu beanstandendes Ergebnis allein verschafft einer Rechtssache keine im revisionszulassungsrechtlichen Sinne "grundsätzliche Bedeutung". Gemessen daran genügt die Beschwerde nicht den Darlegungsanforderungen.
8 In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass das in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG enthaltene Freiheitsrecht als Abwehrrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe schützt. Diese Freiheitsgarantie erstreckt sich auf jede wissenschaftliche Tätigkeit, d.h. auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist, und steht jedem zu, der sich in diesem Sinne betätigen will. In diesen Freiheitsraum fallen vor allem die auf wissenschaftlicher Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe. Der Oberbegriff "Wissenschaft" bringt den engen Bezug von Forschung und Lehre zum Ausdruck. Forschung als "die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen“, bewirkt angesichts immer neuer Fragestellungen den Fortschritt der Wissenschaft; zugleich ist sie die notwendige Voraussetzung, um den Charakter der Lehre als der wissenschaftlich fundierten Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse zu gewährleisten. Andererseits befruchtet das in der Lehre stattfindende wissenschaftliche Gespräch wiederum die Forschungsarbeit. Neben ihrer Funktion als individuelles Abwehrrecht ist die Wissenschaftsfreiheit zugleich Teil der objektiven Werteordnung des Grundgesetzes. Sie beruht auf der Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des Einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung zukommt (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72 - BVerfGE 35, 79 <112 ff.>).
9 In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist weiter geklärt, dass die Wissenschaftsfreiheit zwar vorbehaltlos gewährleistet ist, sie gegen staatliche Eingriffe aber nicht gänzlich schrankenlos schützt. Vielmehr kann in die Wissenschaftsfreiheit - wie bei anderen vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten - mit Rücksicht auf kollidierendes Verfassungsrecht eingegriffen werden. Stehen sich verschiedene Grundrechte und verfassungsrechtlich geschützte Interessen gegenüber, ist es (primär) Aufgabe des Gesetzgebers, zwischen diesen möglicherweise gegensätzlichen Grundrechtspositionen einen Ausgleich zu finden. Dabei kommt der Wissenschaftsfreiheit im Spannungsverhältnis mit anderen Grund- und Verfassungsrechten gegenüber solchen mit ihr kollidierenden, gleichfalls verfassungsrechtlich geschützten Prinzipien nicht schlechthin Vorrang zu (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. April 1981 - 1 BvR 608/79 - BVerfGE 57, 70 Rn. 92 und vom 13. April 2010 - 1 BvR 216/07 - BVerfGE 126, 1 Rn. 40 und 54, jeweils m.w.N.). Dies anerkennt im Rahmen der Ausführungen zur (vermeintlichen) Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Sache nach auch die Beschwerdebegründung.
10 Bei der Ausstellung von Plastinaten, die aus toten Körpern hergestellt werden, ist der objektive Gewährleistungsgehalt der über den Tod hinaus wirkenden Menschenwürde zu beachten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts endet die in Art. 1 Abs. 1 GG aller staatlichen Gewalt auferlegte Verpflichtung, dem Einzelnen Schutz gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zu gewähren, nicht mit dem Tod. Postmortal geschützt ist nicht nur der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat, sondern auch der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen kraft seines Personseins zusteht. Steht fest, dass eine Handlung den postmortalen Schutz der Menschenwürde beeinträchtigt, ist zugleich ihre Rechtswidrigkeit geklärt. Denn die Menschenwürde kann nicht im Zuge einer Güterabwägung relativiert werden. Als Fundament aller Grundrechte ist sie mit keinem Einzelgrundrecht abwägungsfähig. Da alle Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, bedarf es jedoch stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts die unantastbare Menschenwürde verletzt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. März 2003 - 1 BvR 426/02 - BVerfGE 107, 275 Rn. 26 und vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 1533/07 - NVwZ 2008, 549, jeweils m.w.N.).
11 Dahinstehen kann, ob die streitgegenständliche Ausstellung menschlicher Plastinate auf die ernsthafte und planmäßige Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse zielt und damit als Teil der wissenschaftlichen Lehre vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erfasst wird. Denn die Beschwerde zeigt nicht in der gebotenen Deutlichkeit auf, dass im Spannungsfeld zwischen der schrankenlos gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG einerseits und dem Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG andererseits die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe nicht oder noch nicht ausreichen, um eine zutreffende Beurteilung der aufgeworfenen Fragen zu gewährleisten. Insbesondere fehlt es an näheren Darlegungen zu Reichweite und Gewicht des postmortalen Schutzes der Menschenwürde und den sich hieraus ergebenden Grenzen beim wissenschaftlichen Umgang mit Leichen; hierauf bezogene Fragen (möglicherweise) grundsätzlicher Bedeutung werden weder ausdrücklich noch sinngemäß formuliert. Stattdessen zielt der erste Teil der aufgeworfenen Frage auf das grundsätzliche Verhältnis der schrankenlos gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit zu einem - einfachgesetzlich geregelten - präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, ohne dass die Beschwerde näher darauf eingeht, dass das Berufungsgericht das grundsätzliche Ausstellungsverbot nach dem Berliner Bestattungsgesetz gerade als Konkretisierung des gegenüber jedem verstorbenen Menschen geltenden allgemeinen und in seinem Kern nicht der Disposition unterliegenden Achtungsanspruchs des Menschen angesehen hat (UA S. 10). Allein der Hinweis auf das (gegenteilige) Ergebnis einer von der Beschwerde vorgelegten rechtsgutachterlichen Stellungnahme (Anlage BF 3, S. 15 bis 16) ersetzt nicht die gebotene Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit der öffentlichen Präsentation von menschlichen Präparaten aus wissenschaftlichen Gründen, die das Berufungsgericht gerade nicht umfassend und in jedem Fall ausgeschlossen hat. Soweit die Beschwerde weiter die konkrete Ausgestaltung einer verfassungsimmanenten Schranke für klärungsbedürftig hält und in ihrem nachgereichten Schriftsatz der Auffassung ist, dass der effektive Schutz der Menschenwürde für eine vollständige Anonymisierung der Exponate spreche, geht es ihr im Kern vor allem darum, ob das Berufungsgericht bei seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung überspannte Anforderungen an den Nachweis der - auch von der Beschwerde für erforderlich gehaltenen - Einwilligungserklärungen bei der wissenschaftlichen Ausstellung von Plastinaten gestellt hat. Dies betrifft keine Frage der weiteren Klärung verfassungsrechtlicher Maßstäbe, sondern deren zutreffende Anwendung im Einzelfall. Damit kann eine auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde zulässigerweise nicht begründet werden (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - juris Rn. 8). Nichts anderes gilt für den Hinweis auf divergierende Äußerungen in der obergerichtlichen Rechtsprechung. Im Übrigen macht die Beschwerde im Zusammenhang mit der gleichzeitig erhobenen Divergenzrüge selbst geltend, dass die Anforderungen für die Ausgestaltung von Gesetzen, die in schrankenlose Grundrechte eingreifen, vom Bundesverfassungsgericht rechtssatzmäßig geklärt seien. Mit der in diesem Zusammenhang zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt sich die Beschwerde bei der Grundsatzrüge nicht weiter auseinander und zeigt auch insoweit keinen weitergehenden verfassungsrechtlichen Klärungsbedarf auf.
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b) Weiter hält die Klägerin in Bezug auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob es mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG vereinbar ist, zwischen einer juristischen Person und einem eingetragenen Kaufmann im Hinblick auf die Anwendung eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt aufgrund eines unterschiedlichen Unternehmensgegenstands zu unterscheiden, wenn beide sich der wissenschaftlichen Verbreitung der Methode der Plastination durch wissenschaftliche Ausstellungen verschrieben haben,
ob es mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG vereinbar ist, zwischen zwei juristischen Personen (GmbHs) im Hinblick auf die Anwendung eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt aufgrund ihres im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstands zu unterscheiden (einerseits "Konzeption und Veranstaltung von Ausstellungen sowie das Angebot von Dienstleistungen in der Ausstellungs- und Veranstaltungsbranche" und andererseits "Die Herstellung und der Vertrieb von Plastinaten, der Vertrieb von Merchandisingartikeln sowie der Betrieb einer Ausstellung über das Verfahren der Plastination mit fertigen Plastinaten''), wenn beide sich der wissenschaftlichen Verbreitung der Methode der Plastination durch wissenschaftliche Ausstellungen verschrieben haben, und
ob dies auch dann gilt, wenn der Erfinder der wissenschaftlich vermittelten Plastinationsmethode stets die Position des Wissenschaftlichen Direktors innehat und jeweils maßgeblich die Ausstellungskonzeption verantwortet.
13 Das Vorbringen der Beschwerde macht der Sache nach eine fehlerhafte Anwendung des Gleichheitssatzes im Einzelfall unter aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigter Gewichtung von Differenzierungsgründen geltend, ihm ist aber keine verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu entnehmen, die einer Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf.
14 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Umgekehrt verbietet er ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen. Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Das Willkürverbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung zweier Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den neben Art. 3 GG betroffenen Freiheitsrechten und aus der Ungleichbehandlung von Personengruppen ergeben. Zudem verschärfen sich die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 2 BvL 1/12 - juris Rn. 93 f. m.w.N.).
15 Insoweit legt die Beschwerde nicht dar, inwieweit es - über die zutreffende Anwendung der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe auf die von ihr aufgezeigten Differenzierungen hinaus - einer weiteren verfassungsrechtlichen Klärung bedarf. Soweit sie darauf hinweist, dass das Berufungsurteil bei der Auslegung des Begriffs "anatomisches Institut" von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg abweiche, vermag dies mit Blick auf Art. 3 GG schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu begründen, weil beide Entscheidungen die Auslegung und Anwendung unterschiedlichen Landesrechts betreffen und das Berliner Landesrecht mit dem vom Berufungsgericht im anderen Kontext auch herangezogenen Gesetz zur Regelung des Sektionswesens - gerade aus Gründen der Wissenschaftsfreiheit - eine besondere Regelung getroffen hat, die für "anatomische Institute" zur Genehmigungsfreiheit führt. Soweit geltend gemacht wird, dass die Beantwortung der Fragen generell für die Ausgestaltung künftiger Ausstellungen von Bedeutung sei, stützt dies zwar das allgemeine Feststellungsinteresse der Klägerin, ändert aber nichts an der fehlenden Darlegung eines grundsätzlichen Klärungsbedarfs in Bezug auf Art. 3 Abs. 1 GG.
16 2. Die Beschwerde hat auch die Voraussetzungen einer Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt.
17 a) Eine Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen in der Vorschrift genannten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung der Beschwerdeführerin divergierenden Rechtsätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 17. Dezember 2010 - 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 und vom 17. Februar 2015 - 1 B 3.15 - juris Rn. 7). Allein das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht (oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht) in der Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht.
18 Auch diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie rügt zwar eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur legislativen Ausgestaltung rechtmäßiger Schranken der Wissenschaftsfreiheit, ohne in diesem Zusammenhang aber die sich angeblich divergierenden Rechtssätze konkret herauszuarbeiten. Stattdessen entnimmt sie im Wege einer "Analyse" verschiedener Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenspiel mit in der Literatur vertretenen Meinungen und der legislativen Praxis bei der Ausgestaltung anderer, in den Freiheitsbereich des Art. 5 Abs. 3 GG eingreifender Gesetze einen abstrakten Rechtssatz, den das Bundesverfassungsgericht so in Bezug auf das Spannungsverhältnis zwischen der Wissenschaftsfreiheit und dem absoluten Schutz der fortwirkenden Menschenwürde nie aufgestellt hat, und unterstellt dem Berufungsgericht durch "beredtes Schweigen" einen hiervon abweichenden Rechtssatz. Auch hier setzt sich die Beschwerde im Übrigen nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht die verfassungsrechtliche Dimension des Falles gesehen und festgestellt hat, dass das Ausstellungsverbot in § 14 BestattG BE im Lichte des Sektionsgesetzes auszulegen ist (UA S. 14), durch das der (Landes-)Gesetzgeber bewusst den Rahmen für den Umgang mit Leichen in dem der Wissenschaftsfreiheit unterfallenden Bereich habe gestalten und die verfassungsimmanente Schranke, die der nicht verzichtbare Schutz des nach dem Tode fortbestehenden Achtungsanspruchs jedes Menschen nach Art. 1 Abs. 1 GG der Freiheit von Forschung und Lehre setze, habe konkretisieren wollen (UA S. 13). Folgerichtig hat es einen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung allein wegen des Fehlens einer dokumentierten Einwilligung und damit des Nichtvorliegens der vom Gesetzgeber in §§ 8 und 9 GRegS BE festgelegten Voraussetzungen für eine zulässige anatomische Sektion verneint (UA S. 15 f.).
19 3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
20 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.