Pressemitteilung Nr. 95/2025 vom 16.12.2025

Wahlberechtigung zur Personalratswahl bei "gespaltenen" Beschäftigungsverhältnissen

In Sachsen können Beschäftigte den Personalrat der Teildienststelle, in der sie ihre Tätigkeit tatsächlich vor Ort ausüben, auch dann wählen, wenn sie dort nach fachlichen Weisungen des Leiters einer anderen Teildienststelle dieser obliegende Aufgaben wahrnehmen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Das Sächsische Landesamt für Schule und Bildung besteht aus der Hauptdienststelle in Chemnitz sowie sechs Teildienststellen an verschiedenen Orten in Sachsen. Diese gelten aufgrund entsprechender Beschlüsse ihrer Beschäftigten als personalvertretungsrechtlich selbstständige Dienststellen, die einen eigenen Personalrat haben können. In der Leipziger Teildienststelle wurde 2021 ein Personalrat gewählt. Seit Januar 2022 sind aufgrund einer Organisationsverfügung der Leitung der Hauptdienststelle 56 der etwa 300-400 am Standort Leipzig Beschäftigten, darunter drei Mitglieder des örtlichen Personalrats, ausschließlich fachliche Aufgaben zugewiesen, die anderen Teildienststellen (Aufgabenteildienststellen) obliegen. Von dort erhalten sie auch ihre fachlichen Weisungen. Der Personalrat der Leipziger Teildienststelle vertritt im Gegensatz zum dortigen Dienststellenleiter die Auffassung, dass die genannten 56 Beschäftigten trotz der Organisationsänderung nach wie vor am Leipziger Standort wahlberechtigt und wählbar seien. Der auf eine entsprechende Feststellung gerichtete Antrag des Personalrats hatte vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg. Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag stattgegeben.


Nach § 13 Abs. 1 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes (SächsPersVG) sind zur Wahl des Personalrats einer Dienststelle grundsätzlich "alle Beschäftigten der Dienststelle" wahlberechtigt. Die Wählbarkeit setzt die Wahlberechtigung voraus (§ 14 SächsPersVG). Für die Wahlberechtigung ist insbesondere die Zugehörigkeit zur betreffenden Dienststelle entscheidend, die davon abhängt, ob ein Beschäftigter in diese Dienststelle eingegliedert ist. Die Eingliederung in eine Dienststelle erfolgt im Regelfall dadurch, dass ein Bediensteter in einer Dienststelle tätig ist und dort nach Weisung des Dienststellenleiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirkt. Diese Voraussetzungen sind für das Sächsische Personalvertretungsrecht zu modifizieren, wenn die Beschäftigungsverhältnisse der Beschäftigten atypisch zwischen zwei Teildienststellen dergestalt "gespalten" sind, dass sie ihrer Tätigkeit einerseits tatsächlich in einer Teildienststelle nachgehen, andererseits dort aber Aufgaben einer anderen Teildienststelle nach den fachlichen Weisungen ihres Leiters wahrnehmen. Diese Beschäftigten haben in der Teildienststelle, in der sie tatsächlich vor Ort arbeiten, nicht nur ihre sozialen Kontakte, sondern sie müssen auch die auf die äußere Ordnung in der Dienststelle bezogenen Weisungen des dortigen Dienststellenleiters befolgen. Die Gesetzessystematik sowie der Zweck des Personalvertretungsgesetzes, zum Wohle der Beschäftigten eine möglichst umfassende Betreuung durch einen Personalrat zu gewährleisten, und die Vorgaben der Verfassung des Freistaates Sachsen lassen den Gesichtspunkt einer ortsnahen Betreuung am Beschäftigungsort durch den dortigen Personalrat nicht hinter das fachliche Weisungsrecht des Dienststellenleiters der Aufgabendienststelle und die hierauf bezogene Eingliederung der Beschäftigten in diese Teildienststelle und deren Hierarchie zurücktreten. Diese Beschäftigten sind daher nicht nur – wie die Vorinstanzen gemeint haben – im Hinblick auf das fachliche Weisungsrecht in die Aufgabenteildienststelle eingegliedert, sondern auch in die Teildienststelle, in der sie tatsächlich tätig sind. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob oder welcher Eingliederung in Bezug auf die Wahlberechtigung zur Personalratswahl der Vorzug zu geben ist. Denn nach § 13 Abs. 5 SächsPersVG sind Beschäftigte, die in mehreren Dienststellen verwendet werden, also dort eingegliedert sind, in allen Dienststellen wahlberechtigt. Folglich besteht hier die Wahlberechtigung auch für den Personalrat der Leipziger Teildienststelle.


BVerwG 5 P 2.25 - Beschluss vom 16. Dezember 2025

Vorinstanzen:

VG Dresden, VG 9 K 2246/22.PL - Beschluss vom 21. November 2023 -

OVG Bautzen, OVG 9 A 533/23.PL - Beschluss vom 06. März 2025 -


Beschluss vom 10.07.2025 -
BVerwG 5 PB 2.25ECLI:DE:BVerwG:2025:100725B5PB2.25.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.07.2025 - 5 PB 2.25 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:100725B5PB2.25.0]

Beschluss

BVerwG 5 PB 2.25

  • VG Dresden - 21.11.2023 - AZ: 9 K 2246/22.PL
  • OVG Bautzen - 06.03.2025 - AZ: 9 A 533/23.PL

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 10. Juli 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluss vom 6. März 2025 wird aufgehoben.
  2. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird zugelassen.

Gründe

1 Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i. V. m. § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG wegen einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

2 Die vorliegende Rechtssache kann dem Senat voraussichtlich Gelegenheit geben, zur Frage der Wahlberechtigung und Wählbarkeit nach §§ 13 und 14 SächsPersVG von Beschäftigten einer Behörde, die in eine Hauptdienststelle und mehrere nach § 6 Abs. 3 SächsPersVG verselbstständigte Dienststellen untergliedert ist, Stellung zu nehmen, wenn sie auf der Grundlage einer Organisationsverfügung einer dieser Dienststellen zugeordnet sind, deren Leiter als alleiniger Vorgesetzter die fachlichen und dienstlichen Weisungsbefugnisse ausübt, sie ihre Tätigkeit tatsächlich aber in einer anderen verselbstständigten Dienststelle ausüben.

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Rechtsbeschwerdeverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 P 2.25 fortgesetzt; die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde gilt als Einlegung der Rechtsbeschwerde.
Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist von zwei Monaten (§ 72a Abs. 6, § 74 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Satz 1, § 92a Satz 2 ArbGG).