Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Her­an­zie­hung zu ei­nem sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trag


Die Klä­ge­rin wen­det sich ge­gen ei­nen sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trag für ihr Grund­stück in Ber­lin-Pan­kow. Das Grund­stück liegt im ehe­ma­li­gen Sa­nie­rungs­ge­biet „Prenz­lau­er Berg – Wins­stra­ße“. Es hat ei­ne Grö­ße von 341 m2 und ist mit ei­nem fünf­ge­schos­si­gen Wohn­ge­bäu­de be­baut.


Das Sa­nie­rungs­ge­biet wur­de im De­zem­ber 1994 förm­lich fest­ge­legt und En­de April 2011 auf­ge­ho­ben. Es ist 34,7 ha groß und um­fass­te bei sei­ner Fest­le­gung 225 Grund­stü­cke mit 4 850 Wohn­ein­hei­ten, bei der Auf­he­bung 228 Grund­stü­cke mit 5 204 Wohn­ein­hei­ten. Der Schwer­punkt der Sa­nie­rung lag in der Er­hal­tung des grün­der­zeit­li­chen Stadt­grund­ris­ses und der ty­pi­schen Mi­schung aus Woh­nen, Ar­bei­ten und so­zia­ler In­fra­struk­tur in der vor­han­de­nen bau­li­chen Dich­te. Vor­ran­gi­ge bau­li­che Zie­le wa­ren die flä­chen­de­cken­de Grundin­stand­set­zung und Mo­der­ni­sie­rung der Bau­sub­stanz von Wohn­ge­bäu­den, Ge­wer­be- und In­fra­struk­tur­ein­rich­tun­gen so­wie die Be­sei­ti­gung von Leer­stand. Die öf­fent­li­chen Ge­samt­kos­ten im Sa­nie­rungs­ge­biet schätzt der Auf­he­bungs­be­richt auf rund 117,5 Mio. €. Die Sum­me der auf die be­trof­fe­nen Grund­stü­cke ent­fal­len­den Ab­lö­se­be­trä­ge und mit Be­schei­den fest­ge­setz­ten sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trä­ge be­lief sich En­de 2021 auf 10 891 649 €, von de­nen 10 658 699 € ver­ein­nahmt bzw. ver­rech­net wor­den wa­ren. Die Klä­ge­rin ver­wirk­lich­te auf ih­rem Grund­stück mit Ge­neh­mi­gung des Be­klag­ten u. a. Mo­der­ni­sie­rungs- und In­stand­set­zungs­maß­nah­men in ein­zel­nen Woh­nun­gen. Sa­nie­rungs­be­ding­te För­der­mit­tel oder Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen nahm sie nicht in An­spruch. Für das Grund­stück wur­de aus­ge­hend von ei­nem An­fangs­wert von 721 € pro m2 und ei­nem End­wert von 798 € pro m2 ei­ne sa­nie­rungs­be­ding­te Bo­den­wert­erhö­hung von 77 € pro m2 er­mit­telt und ein Aus­gleichs­be­trag in Hö­he von 26 257 € fest­ge­setzt. Wi­der­spruch und Kla­ge ge­gen den Her­an­zie­hungs­be­scheid blie­ben er­folg­los.


Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen. Die Her­an­zie­hung der Klä­ge­rin er­wei­se sich so­wohl dem Grun­de als auch der Hö­he nach als recht­mä­ßig. Fest­le­gung und Auf­he­bung des Sa­nie­rungs­ge­biets sei­en nicht zu be­an­stan­den. Die Er­mitt­lung des Aus­gleichs­be­trags ent­spre­che den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben in § 154 BauGB. Die Bo­den­wert­stei­ge­rung sei durch die Sa­nie­rung be­dingt; „wen­de­be­ding­te Ef­fek­te“ stün­den die­ser An­nah­me nicht ent­ge­gen. Der End­wert sei in zu­läs­si­ger Wei­se mit­hil­fe der Mul­ti­fak­to­ren­ana­ly­se nach dem so­ge­nann­ten Ziel­baum­ver­fah­ren ab­ge­lei­tet wor­den. Die Be­wer­tung der ein­zel­nen La­ge­kri­te­ri­en be­geg­ne kei­nen Be­den­ken. Der zu­grun­de ge­leg­te ma­xi­ma­le durch Sa­nie­rung ver­än­der­li­che La­ge­wert­an­teil (sog. LV­max) stel­le ei­ne hin­rei­chend plau­si­ble Pau­scha­lie­rung für das Sa­nie­rungs­ge­biet dar. Ei­ge­ne Auf­wen­dun­gen der Klä­ge­rin, die im Sin­ne von § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB Bo­den­wert­erhö­hun­gen des Grund­stücks be­wirkt ha­ben, sei­en we­der kon­kret dar­ge­legt noch sonst er­sicht­lich.


Hier­ge­gen rich­tet sich die vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on der Klä­ge­rin.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 22/2025 vom 25.03.2025

Her­an­zie­hung zu ei­nem sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trag

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg muss sich er­neut mit der Fest­set­zung ei­nes sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trags für das Sa­nie­rungs­ge­biet Prenz­lau­er Berg - Wins­stra­ße be­fas­sen. Das hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Die Klä­ge­rin wen­det sich ge­gen ei­nen sa­nie­rungs­recht­li­chen Aus­gleichs­be­trag für ihr 341 qm gro­ßes, mit ei­nem fünf­ge­schos­si­gen Wohn­ge­bäu­de be­bau­tes Grund­stück in Ber­lin-Pan­kow. Das Grund­stück liegt im ehe­ma­li­gen Sa­nie­rungs­ge­biet Prenz­lau­er Berg - Wins­stra­ße, das im De­zem­ber 1994 förm­lich fest­ge­legt und En­de April 2011 auf­ge­ho­ben wur­de. Für das Grund­stück wur­de ei­ne sa­nie­rungs­be­ding­te Bo­den­wert­erhö­hung von 77 €/qm er­mit­telt und ein Aus­gleichs­be­trag in Hö­he von 26 257 € fest­ge­setzt. Wi­der­spruch und Kla­ge ge­gen den Her­an­zie­hungs­be­scheid blie­ben er­folg­los.


Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung der Klä­ge­rin zu­rück­ge­wie­sen. Das Sa­nie­rungs­ge­biet sei recht­mä­ßig fest­ge­legt und auf­ge­ho­ben wor­den. Für die An­nah­me der Sa­nie­rungs­be­dingt­heit der Bo­den­wert­erhö­hung spre­che ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung. Die Wert­ermitt­lungs­me­tho­de sei nicht zu be­an­stan­den. Ei­ne An­rech­nung von Bo­den­wert­erhö­hun­gen durch ei­ge­ne Auf­wen­dun­gen der Klä­ge­rin schei­de aus.


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass die lan­des­ge­setz­li­che Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge für den Er­lass von Sa­nie­rungs­ver­ord­nun­gen durch den Ber­li­ner Se­nat mit § 246 Abs. 2 BauGB und Art. 28 GG ver­ein­bar ist. Es hat aber nicht er­kannt, dass die Er­for­der­lich­keit der Sa­nie­rung Ge­gen­stand ei­ner Ab­wä­gung ist und die Fra­ge, ob die Sa­nie­rung durch­ge­führt ist, nach dem bei Auf­he­bung der Sa­nie­rungs­ver­ord­nung ma­ß­geb­li­chen Sa­nie­rungs­kon­zept zu be­ur­tei­len war. Feh­ler­haft ist zu­dem die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, dass ei­ne tat­säch­li­che Ver­mu­tung für die Sa­nie­rungs­be­dingt­heit der Bo­den­wert­erhö­hung strei­tet. Bo­den­wert­erhö­hun­gen, die in kei­nem Zu­sam­men­hang mit der Sa­nie­rung ste­hen, dür­fen nicht ab­ge­schöpft wer­den. Zur Sa­nie­rung ge­hö­ren nach § 146 Abs. 1 BauGB nicht nur die Ord­nungs-, son­dern auch die - vor­ran­gig den Grund­stücks­ei­gen­tü­mern ob­lie­gen­den - Bau­maß­nah­men in­ner­halb des förm­lich fest­ge­leg­ten Sa­nie­rungs­ge­biets, die nach den Zie­len und Zwe­cken der Sa­nie­rung er­for­der­lich sind. Es muss da­her grund­sätz­lich kei­ne Ver­gleichs­be­trach­tung an­ge­stellt wer­den, ob die­se auch oh­ne förm­li­che Sa­nie­rung durch­ge­führt wor­den wä­ren und sich das Ge­biet da­durch qua­li­ta­tiv fort­ent­wi­ckelt hät­te. Die ge­richt­li­che Über­prü­fung der ge­wähl­ten Wert­ermitt­lungs­me­tho­de ge­nügt den An­for­de­run­gen an ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Plau­si­bi­li­täts­kon­trol­le hin­sicht­lich der Ak­tua­li­tät des ver­än­der­li­chen La­ge­wert­an­teils nicht. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne An­rech­nung ei­ge­ner Auf­wen­dun­gen nach § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­tref­fend ver­neint.


BVer­wG 4 C 1.24 - Ur­teil vom 25. März 2025

Vor­in­stan­zen:

VG Ber­lin, VG 13 K 267.19 - Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2022 -

OVG Ber­lin-Bran­den­burg, OVG 10 B 26/23 - Ur­teil vom 28. No­vem­ber 2023 -