Beschluss vom 27.12.2024 -
BVerwG 11 VR 13.24ECLI:DE:BVerwG:2024:271224B11VR13.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 27.12.2024 - 11 VR 13.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:271224B11VR13.24.0]
Beschluss
BVerwG 11 VR 13.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Dezember 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wiedmann
beschlossen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6 337,50 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Antragstellerin, eine Stadt im Kreis Siegen-Wittgenstein, begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung.
2 Der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Arnsberg vom 7. Juli 2022 (PFB), in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 9. April 2024 und des Planänderungsbeschlusses vom 30. April 2024 (PÄB), genehmigt die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung im Abschnitt Attendorn - Landesgrenze Rheinland-Pfalz in Oberschelden, Stadt Siegen (Bl. 4319), die Mitführung einer 110-kV-Bahnstromleitung (DB 0474), die Errichtung und den Betrieb der Umspannanlage Junkernhees sowie als Folgemaßnahme die Mitführung der 110-kV-Freileitung der W. GmbH vom Punkt Osthelden bis zur Landesgrenze Rheinland-Pfalz. Die 380-kV-Leitung ist Abschnitt C des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel − Dauersberg, Nennspannung 380 kV". Sie nimmt Grundstücke der Antragstellerin in Anspruch.
3 Die gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichtete Klage der Antragstellerin hat der Senat mit Urteil vom 20. Juni 2024 abgewiesen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2024 - 11 A 1.23 - juris). Auf die Klage eines Dritten hin hat der Senat mit Urteil ebenfalls vom 20. Juni 2024 festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Trasse von Mast 349 bis Mast 373 sowie hinsichtlich der Umspannanlage Junkernhees rechtswidrig und nicht vollziehbar ist (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2024 - 11 A 3.23 - juris).
4 Auf Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerin vom 17. September 2024 leitete der Antragsgegner ein vorzeitiges Besitzeinweisungsverfahren ein und lud die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. September 2024 zur mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2024. Dem Antrag der Antragstellerin auf Terminsaufhebung unter anderem wegen fehlender Beweissicherung wurde nicht stattgegeben. Der Antrag auf Ausschluss des Enteignungsdezernenten wegen Besorgnis der Befangenheit wurde abgelehnt.
5 Mit angegriffenem Beschluss vom 4. November 2024 (Az. 21.14.03-014/2024-014) wies der Antragsgegner die Beigeladene zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der planfestgestellten Leitung Bl. 4319 zwischen den Masten 374 und 406 teils zum 2. Dezember 2024, teils zum 1. April 2025 vorzeitig in den Besitz von zehn Grundstücken der Antragstellerin ein. Dem Beschluss waren textlich in Bezug genommene Detail-Lagepläne im Maßstab 1:1 000 und ein Grundstücksverzeichnis mit Beschreibungen der Art der Inanspruchnahme beigefügt.
6 Die Antragstellerin hat gegen den Besitzeinweisungsbeschluss Klage erhoben. Mit ihrem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz begehrt sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage insgesamt sowie hilfsweise insoweit, als der Besitzeinweisungsbeschluss zum Fällen der Baum- und Gehölzreihen in dem für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärten Bereich des Umspannwerks Junkernhees berechtigt (Gemarkung O., Flur ..., Flurstück j).
7 Antragsgegner und Beigeladene treten dem entgegen.
II
8 Das Bundesverwaltungsgericht ist für den gemäß § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG statthaften Eilantrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 EnLAG zuständig. Der Begriff der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns ist mit Blick auf den Gesetzeszweck der Beschleunigung weit auszulegen und umfasst auch die in § 44b EnWG geregelte vorzeitige Besitzeinweisung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 9 ff.).
9 1. Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
10 a) Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessensabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus. Das bereits durch die gesetzliche Regelung des § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG betonte öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung überwiegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die vorzeitige Besitzeinweisung voraussichtlich als rechtmäßig. Dabei ist die gerichtliche Prüfung auf die binnen der Frist des § 44b Abs. 7 Satz 2 EnWG dargelegten Gründe beschränkt.
11 b) Die aufschiebende Wirkung ist bei summarischer Prüfung nicht wegen der geltend gemachten formellen Rechtsfehler anzuordnen.
12 aa) Insbesondere musste der Antragsgegner nicht vor Beginn der mündlichen Verhandlung den Zustand der betroffenen Grundstücke feststellen. Soweit der Zustand des Grundstücks von Bedeutung ist, hat die Enteignungsbehörde diesen gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 EnWG bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in einer Niederschrift festzustellen oder durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn der Zustand des Grundstücks nicht feststeht beziehungsweise sich nach Beginn der Bauarbeiten nicht mehr feststellen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2024 - 11 VR 10.24 -juris Rn. 12 m. w. N.). Dass der Zustand der Grundstücke streitig gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Regel kann im Fall einer partiellen Inanspruchnahme durch eine vergleichende Betrachtung des Restgrundstücks und im Falle einer Inanspruchnahme zur Gänze durch eine vergleichende Betrachtung der näheren Umgebung auf den Zustand des Grundstücks geschlossen werden. In einem Eilverfahren gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung als Ausnahme von dem gesetzlichen Sofortvollzug nach § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG hat der Antragsteller darzulegen, dass besondere Eigenschaften des Grundstücks, die Art, die Intensität oder der Umfang der Inanspruchnahme oder auch die besonderen örtlichen Verhältnisse insgesamt eine Beweissicherung bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung geboten erscheinen lassen. Ein Verweis lediglich darauf, dass die durch die Besitzeinweisung ermöglichten Bauarbeiten entschädigungspflichtige Veränderungen an einem Grundstück herbeiführen, reicht hierfür nicht aus.
13 Im Übrigen ist eine Beweissicherung nach § 44b Abs. 3 Satz 1 EnWG keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinweisung regelt § 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG. Die Beweissicherung ist darin nicht genannt. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG ausdrücklich nicht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Oktober 2020 - 11 A 6.18 -juris Rn. 42, vgl. auch Riege, in: Assmann/Peiffer, EnWG, Stand September 2024, § 44b Rn. 42). Die Beweissicherung dient - wie in anderen fachplanungsrechtlichen Besitzeinweisungsverfahren auch - dem nachgelagerten Verfahren zur Bemessung der Besitzeinweisungsentschädigung (vgl. zu § 18f Abs. 3 Satz 1 FStrG: OVG Münster, Beschluss vom 16. September 2010 - 11 B 1179/10 - juris Rn. 28, zu § 20 Abs. 3 Satz 1 WaStrG: VGH München, Urteil vom 9. Februar 2022 - 8 A 21.40032 - juris Rn. 29 und Beschluss vom 18. Oktober 2019 - 8 AS 19.40016 - juris Rn. 16 m. w. N. sowie zu § 21 Abs. 3 Satz 1 AEG: OVG Schleswig, Beschluss vom 23. September 2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 87). Hiervon unabhängig hat die Antragstellerin Einwände gegen die inzwischen vorliegende gutachterliche Zustandsfeststellung nicht erhoben und auch nicht aufgezeigt, dass die aus ihrer Sicht verspätete Vorlage zu inhaltlichen Unzulänglichkeiten geführt hätte.
14 bb) Der mit dem Besitzeinweisungsbeschluss befasste Enteignungsdezernent war nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit von der Mitwirkung an der Entscheidung auszuschließen. Da eine Beweissicherung schon nicht angezeigt war, kann die Rüge der Antragstellerin, der Enteignungsdezernent habe erst dreizehn Tage nach Eingang des Besitzeinweisungsantrags ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, den Termin für die mündliche Verhandlung nicht aufgehoben und überdies in dem Besitzeinweisungsbeschluss auf die Vorlaufzeiten für Sachverständigengutachten sowie den straffen Zeitrahmen des § 44b EnWG verwiesen, keinen Anlass bieten, an dessen Unvoreingenommenheit zu zweifeln.
15 Soweit die Antragstellerin das Verhalten des Enteignungsdezernenten in einer mündlichen Verhandlung rügt, die Dritte betrifft, ist nicht ersichtlich, warum sich daraus auf die Voreingenommenheit im vorliegenden Verfahren schließen lassen sollte. Der Umstand, dass die Antragstellerin von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten wird, genügt hierfür nicht. Auch der Umstand, dass der Enteignungsdezernent im damaligen Termin irrig davon ausging, Beteiligte dürften sich nur eines Beistands bedienen, vermag eine Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Antragstellerin nicht zu begründen. Rechtsmeinungen reichen hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. Ramsauer/Schlatmann, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 21 Rn. 36). Die Einlassungen des Dezernenten im Zusammenhang mit dem Nichterscheinen des Prozessbevollmächtigten mögen teilweise überzogen sein, beziehen sich aber ebenfalls auf den vorgenannten Termin mit Dritten. Selbst wenn eine Befangenheit im Raum stünde, wäre aber offensichtlich im Sinne von § 46 VwVfG NRW, dass dieser Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 - 1 BvR 2263/21 - NVwZ-RR 2023, 121 Rn. 33). Davon ist bei einer gebundenen Verwaltungsentscheidung, wie sie hier nach § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG vorliegt, in der Regel auszugehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 1983 - 1 C 5.83 - NVwZ 1983, 742 <743> und vom 30. März 2021 - 1 C 41.20 - BVerwGE 172, 125 Rn. 23 sowie Beschluss vom 15. Januar 1988 - 7 B 182.87 - NVwZ 1988, 525 <526>).
16 Da das Ablehnungsgesuch erst am Abend des 21. Oktober 2024 gestellt wurde, ist nicht zu beanstanden, dass hierüber laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2024 durch den Vertreter des Behördenleiters formfrei entschieden wurde (vgl. Behördenakte 11 VR 15.24 Bl. 121 ff.). Der innerbehördliche Organisationsakt ist nicht formgebunden (vgl. Heßhaus, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, Stand Oktober 2024, § 21 Rn. 10 f.).
17 cc) Die aufschiebende Wirkung der Klage ist nicht deshalb anzuordnen, weil die Antragstellerin keine Gelegenheit hatte, sich vor dem Erlass des Besitzeinweisungsbeschlusses gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW zu der Stellungnahme der Beigeladenen vom 24. Oktober 2024 und deren E-Mail vom 31. Oktober 2024 zu äußern. Die Anhörung erweist sich nicht gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW unter dem Gesichtspunkt als entbehrlich, dass durch sie die Einhaltung der für die Entscheidung maßgeblichen Frist des § 44b Abs. 4 Satz 1 EnWG in Frage gestellt würde. Dem Antragsgegner standen für die Weiterleitung der Stellungnahme der Beigeladenen vom 24. Oktober 2024 anderthalb Wochen zur Verfügung, und auch die E-Mail vom 31. Oktober 2024 hätte er der Antragstellerin mit einer sehr kurzen Stellungnahmefrist weiterleiten können. Allerdings ist auch hier im Sinne von § 46 VwVfG NRW offensichtlich, dass die Verletzung den Besitzeinweisungsbeschluss in der Sache aufgrund der gebundenen Entscheidung nicht beeinflusst haben kann.
18 c) Der Besitzeinweisungsbeschluss leidet bei summarischer Prüfung nicht an den geltend gemachten materiellen Rechtsfehlern.
19 Nach § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG hat die Enteignungsbehörde den Träger des Vorhabens auf Antrag nach Feststellung des Plans in den Besitz einzuweisen, wenn der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten ist und sich der Eigentümer oder Besitzer weigert, den Besitz eines (u. a.) für den Bau, die Inbetriebnahme und den Betrieb von Hochspannungsfreileitungen im Sinne des § 43 EnWG benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen. Der Planfeststellungsbeschluss muss nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift vollziehbar sein. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG nicht.
20 aa) Wie von § 44b Abs. 1 Satz 2 EnWG gefordert, ist der Planfeststellungsbeschluss gegenüber der Antragstellerin vollziehbar.
21 bb) Auch war der sofortige Beginn der Bauarbeiten im Sinne von § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG geboten.
22 (1) Das Interesse der Allgemeinheit oder der Vorhabenträgerin an dem sofortigen Beginn überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von der Besitzeinweisung verschont zu werden. Ein solches Überwiegen ist in der Regel dann anzunehmen, wenn dem Vorhaben eine gewisse Dringlichkeit innewohnt, wobei die Bedeutung des Vorhabens Indizwirkung entfalten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 7 A 2.23 - BVerwGE 180, 363 Rn. 21 m. w. N.).
23 (2) Die gesetzlichen Regelungen indizieren einen sofortigen Beginn der Bauarbeiten. Der Planfeststellungsbeschluss regelt einen räumlichen Abschnitt des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel − Dauersberg, Nennspannung 380 kV". Für das Vorhaben besteht ein vordringlicher Bedarf nach § 1 Abs. 1 EnLAG. Von den zu errichtenden 111 km Höchstspannungsleitung sind bereits 77 km planfestgestellt beziehungsweise im Bau, 34 km sind fertiggestellt (vgl. www.netzausbau.de).
24 (3) Der Beginn der Bauarbeiten duldet auch im konkreten Fall keinen Aufschub. Dabei sind die Nachteile, insbesondere zeitliche Verzögerungen, zu berücksichtigen, die ohne den Erlass einer Besitzeinweisung zu gewärtigen sind und mit Erlass der Besitzeinweisung vermieden werden können. Der Vorhabenträger hat diese Nachteile schlüssig darzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 7 A 2.23 - BVerwGE 180, 363 Rn. 22 und Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 18 f.).
25 (a) Dem ist die Beigeladene nachgekommen. Ausweislich des Besitzeinweisungsantrags hat sie sich zum Ziel gesetzt, die planfestgestellte Leitung Bl. 4319 zwischen den Masten 374 und 406 im vierten Quartal 2025 in Betrieb zu nehmen; ihre Planung hat sie durch einen Bauzeitenplan dargelegt. Zweifel an diesem Plan ergeben sich nicht aus Terminverzug. Die Zeitpunkte für die Beendigung der Gründungen der in dem Bereich der Besitzeinweisung liegenden Masten 374 bis 376 sind für Sommer und Herbst 2025 vorgesehen; der Zeitplan ist insofern nicht überholt. Dass der Zeitraum für die Gründung des benachbarten Mastes 377 verstrichen ist und die Vorhabenträgerin sich bezüglich der Arbeiten an dem außerhalb des genannten Bereichs befindlichen Mast 386 in zeitlichem Verzug befindet, fällt nicht ins Gewicht. Einzelne Verzögerungen und Ungenauigkeiten sind bei großen Bauvorhaben nicht geeignet, die Untauglichkeit einer - stets mit Unsicherheiten belasteten - Bauzeitenplanung darzulegen.
26 (b) Der Antragsgegner hat die konkrete Dringlichkeit zudem ausreichend darauf gestützt, dass auf einer Länge von 13 km die 110-kV-Leitung der W. GmbH bis zum Punkt Oberschelden auf dem Neubaugestänge mitgeführt und in der Bauphase als Provisorium betrieben werden soll, mit der Folge, dass mit der W. GmbH frühzeitige Abstimmungen erforderlich seien, die kurzfristig nicht geändert werden könnten. Dies lässt sich anhand der Aussagen des Planfeststellungsbeschlusses sowie der von der Antragstellerin angeführten Planunterlage nachvollziehen (vgl. PFB S. 48 ff. sowie Anlage 11.1 Blatt 2 Übersichtsplan 1:25 000 Stand 2. Planänderung). Dass sich das Provisorium (in Form eines Baueinsatzkabels "BEK") auf den von dem Besitzeinweisungsbeschluss betroffenen Grundstücken befindet, ist nicht erforderlich. Es reicht, dass es auf der Strecke von Mast 374 bis 406, hier an Mast 392, verortet ist. Angesichts der Vielzahl umzusetzender Vorhaben im Rahmen des Netzausbaus ist auch plausibel, dass die W. GmbH das Provisorium als netzkritisch ansieht und ein anerkennenswertes Interesse an dessen alsbaldigen Beendigung hat.
27 (c) Auf die weiteren Einwände kommt es danach nicht an, auch wenn sie in der Sache wohl zutreffen. Die konkrete Dringlichkeit dürfte nicht damit begründet werden können, dass während der Bauphase auf einer Länge von 23 km eine 110-kV-Leitung der Deutschen Bahn AG bis zum Punkt Osthelden auf einem Nebengestänge mitgeführt werden soll. Der Endpunkt Osthelden befindet sich nördlich der Strecke von Mast 374 bis 406 (vgl. Anlage 11.1 Blatt 2 Übersichtsplan 1:25 000 Stand 2. Planänderung).
28 Als nicht tragfähig erscheint bei summarischer Prüfung zudem die Begründung, dass die bestehende 220-kV-Leitung der Beigeladenen als Provisorium betrieben werden müsse. Auf den Einwand der Antragstellerin, dass die Bestandsleitung Bl. 2319 derzeit am Punkt Fellinghausen unterbrochen sei, hat die Beigeladene zwar erwidert, dass die bestehende 220-kV-Leitung auf andere Bereiche ihres Netzes beziehungsweise ihr Gesamtnetz umgeleitet und über dortige Umspannanlagen in Betrieb gehalten werde. Mangels näherer Erläuterung erschließt sich aber nicht, dass und inwieweit dieses Provisorium durch Umleitung in das eigene Gesamtnetz Freischaltungen der W. GmbH und der Deutschen Bahn AG notwendig machen soll.
29 (d) Der Einwand der Antragstellerin greift nicht durch, dass dem sofortigen Baubeginn ein tatsächliches Hindernis entgegenstehe, weil die planfestgestellte Leitung an den Masten 375 bis 377 den rechtlich gebotenen Mindestabstand zu dort gelegenen Trinkwasserleitungen unterschreite und diese während der Bauarbeiten beschädigt oder zerstört werden könnten, so dass sie zu verlegen seien, ohne dass der Planfeststellungsbeschluss eine solche Verlegung regele. Damit ergäben sich ungelöste Probleme, ein sofortiger Baubeginn sei nicht geboten.
30 Mit dem Vortrag, der Planfeststellungsbeschluss lasse Probleme offen, die zwingend der Regelung bedurft hätten, kann die Antragstellerin in dem Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht gehört werden. Der Sache nach macht sie geltend, der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Grundsatz der Problembewältigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2024 - 11 A 3.23 - juris Rn. 151 f.). Damit wendet sie sich gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, der nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht zu überprüfen ist (BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 43).
31 Soweit sich die Antragstellerin im Tatsächlichen auf die Trinkwasser-Transportleitungen ihres Eigenbetriebs, des städtischen Wasserwerks, beruft, hat die Beigeladene mitgeteilt, keine Verlegung der aus Polyethylen bestehenden Leitungen zu beabsichtigen. Dies entspricht dem Planfeststellungsbeschluss, der insoweit keine Regelungen trifft und damit einen Regelungsbedarf auf dieser Ebene mit Bestandskraft gegenüber der Antragstellerin verneint. Der Einwand der Antragstellerin beruht auf einer hiervon abweichenden Einschätzung des Konflikts, mit dem sie aber im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht durchdringen kann.
32 Kreuzungen mit den Versorgungsanlagen des Wasserverbandes S. regelt die Nebenbestimmung Nr. 5.11.7 des Planfeststellungsbeschlusses. Nach Satz 3 dieser Nebenbestimmung sind bei Unterschreitung erforderlicher Abstände die Versorgungsanlagen in Abstimmung mit dem jeweiligen Betreiber zu verlegen. Auch insoweit ist nicht dargetan, dass es zu erheblichen Verzögerungen des Bauablaufs kommen könnte. Der Wasserverband S. war an dem Besitzeinweisungsbeschluss beteiligt und hat ausdrücklich keine Bedenken gegen die vorzeitige Besitzeinweisung erhoben. Er hat sich in diesem Bereich nach dem plausiblen Vortrag der Beigeladenen mit einem nach letztem Stand ausreichenden Austausch der Rohre - wie zuvor bereits mit einer eventuellen Verlegung der Wasserleitung - einverstanden erklärt. Dass die Antragstellerin insoweit über bessere Erkenntnisse verfügen könnte als der Wasserverband, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht hinreichend dargelegt, dass ein möglicher Änderungsbedarf zu größeren Verzögerungen im Bauablauf führen wird.
33 Auf den weiter erhobenen Einwand, die Beigeladene beabsichtige einen planabweichenden Bau, kommt es nicht an. Denn das Besitzeinweisungsverfahren hat nicht die Aufgabe, den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses zu kontrollieren (OVG Schleswig, Beschluss vom 23. September 2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 42 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 19. Januar 2017 - 5 S 301/15 - DVBl 2017, 507 <509 f.>).
34 cc) Die Antragstellerin hat sich geweigert, der Beigeladenen den Besitz an den benötigten Flächen ihrer Grundstücke freiwillig zu überlassen.
35 Eine Weigerung im Sinne von § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG liegt vor, wenn der Vorhabenträger dem Eigentümer oder Besitzer durch ein entsprechendes Angebot die Möglichkeit eröffnet hat, die Überlassung des Besitzes unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche durch eine Vereinbarung im Sinne des § 854 Abs. 2 BGB herbeizuführen, und dieser das Angebot nicht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 21 m. w. N. und vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 30). Die Antragstellerin ist derzeit nicht bereit, auf das Angebot der Beigeladenen hin den Besitz an den beanspruchten Grundstücken freiwillig zu überlassen. Das genügt. Eine Weigerung entfällt insbesondere nicht deshalb, weil es die Antragstellerin wegen der von ihr befürchteten Folgen für die Trinkwasserversorgung als Leistung der Daseinsvorsorge für unzumutbar hält, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen. Dies liefe auf eine mit § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG nicht vereinbare Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Besitzeinweisungsverfahren hinaus.
36 dd) Die gerügten Mängel hinsichtlich der Bestimmtheit des Besitzeinweisungsbeschlusses geben keinen Anlass, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
37 (1) Ein Verwaltungsakt genügt dem Gebot hinreichender Bestimmtheit, wenn er zum einen den Adressaten in die Lage versetzt zu erkennen, was von diesem gefordert wird, und zum anderen eine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 Rn. 15 und Beschluss vom 9. Juli 2019 - 9 B 29.18 - NVwZ-RR 2019, 924 Rn. 9 m. w. N.). Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. zu § 44 EnWG: BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2024 - 11 A 8.23 - UWP 2024, 218 Rn. 21). Ein auf fachplanungsrechtliche Bestimmungen gestützter Besitzeinweisungsbeschluss muss die betroffenen Grundstücksflächen genügend klar bezeichnen. Hinreichend nachvollziehbare, etwa farblich markierte Einzeichnungen der benötigten Teilflächen in einem Plan können im Einzelfall die erforderliche Bestimmtheit herstellen. Eine vermaßte Darstellung ist nicht regelhaft erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 33 m. w. N.).
38 (2) Die offenbar unrichtigen Angaben zur Breite des Schutzstreifens in Nr. 1 Satz 3 des Tenors des Besitzeinweisungsbeschlusses führen nicht zu dessen Unbestimmtheit. Dort findet sich die Aussage, dass "in einem Grundstücksstreifen (Schutzstreifen) von 105 m Breite (zu beiden Seiten der in der Örtlichkeit feststellbaren Leitungsachse im Abstand von je 54 m)" bestimmte Ge- und Verbote gelten. Bei einem Abstand von beidseits 54 m von der Trassenachse kann sich indes keine Schutzstreifenbreite von 105 m ergeben. Ausweislich Nr. 1 Satz 10 des Tenors ergibt sich die Inanspruchnahme der Grundstücke aus den beigefügten Detail-Lageplänen im Maßstab 1:1 000 und dem beigefügten Grundstücksverzeichnis. In den Lageplänen sind die Schutzstreifen eingezeichnet und zudem vermaßt. Daraus erhellt sich, dass es sich bei den Angaben von 54 m und 105 m jeweils um Maximal-Angaben handelt. Entsprechend lautete auch die Angabe in dem Besitzeinweisungsantrag der Vorhabenträgerin vom 17. September 2024 ("bis zu"). Die Inanspruchnahme der Grundstücke lässt sich damit im Wege der Auslegung unzweifelhaft erkennen.
39 Soweit die Antragstellerin den Detail-Lageplänen in dem Maßstab 1:1 000 die Eignung als Grundlage der Auslegung abspricht, weil diese zu "grob" seien, überzeugt dies nicht. Der Maßstab 1:1 000 reicht zur Bezeichnung der Inanspruchnahme eines Grundstücks grundsätzlich aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 35 m. w. N.).
40 (3) Der Besitzeinweisungsbeschluss ist nicht unbestimmt, weil unklar bleibt, wo und in welchem Umfang auf den Grundstücken Gemarkung H., Flur ..., Flurstücke a (Wald) und b (Höhlenbäume) Freischnittarbeiten vorgenommen werden sollen. Der Besitzeinweisungsbeschluss sieht für das Flurstück b schon keine Freischnittarbeiten vor. Ein Besitzeinweisungsbeschluss muss im Übrigen keine "baumgenaue" Abgrenzung treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2010 - 1 BvQ 34/10 - juris Rn. 7).
41 ee) Der Besitzeinweisungsbeschluss ist von dem Planfeststellungsbeschluss gedeckt.
42 (1) Eine überschießende Wirkung entfaltet der Besitzeinweisungsbeschluss nicht deshalb, weil Nr. 1 Satz 2 des Tenors die Beigeladene unter anderem dazu berechtigt, die für die Höchstspannungsfreileitungen erforderlichen "Masten" aufzustellen, obwohl lediglich ein Mast errichtet werden soll (Mast 376 auf dem Grundstück Gemarkung H., Flur ..., Flurstück a). In Nr. 1 Satz 2 des Tenors werden erkennbar alle insoweit möglichen Tätigkeiten im Sinne einer einleitenden Generalklausel aufgezählt. Aus dem Zusammenhang mit den einschlägigen Detail-Lageplänen sowie dem Grundstücksverzeichnis, in dem die "Art der Inanspruchnahme" im Fließtext beschrieben ist, geht klar hervor, dass außer auf dem genannten Flurstück kein weiterer Mast, auch nicht in Form eines Provisoriums, errichtet werden soll.
43 (2) Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin rügt, dass der Besitzeinweisungsbeschluss zu Unrecht das Grundstück Gemarkung H., Flur ..., Flurstück d auch für eine Nutzung "als temporäre Arbeitsfläche" in Anspruch nehme, obwohl eine solche nicht planfestgestellt sei. Das genannte Flurstück ist in dem beigefügten Grundstücksverzeichnis als Wegegrundstück verzeichnet ("Nutzungsart: Weg"). Als Art der Inanspruchnahme ist dort eine "temporäre Zuwegung" ausgewiesen. Auch in dem einschlägigen Detail-Lageplan ist textlich durch die Kurzbeschreibung "Flächeninanspruchnahme (Zuwegung)" und zeichnerisch durch die hellblau gepunktete Linie eine "Zuwegung auf Basis Leitungsrecht" festgelegt. Eine (violette) temporäre Arbeitsfläche ist dort hingegen zeichnerisch nicht vorgesehen. Dies entspricht der Ausweisung in dem dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Lageplan (vgl. Anlage 7.1.12 Blatt 19 Stand 3. Planänderung). Bei verständiger Auslegung ergibt sich daher, dass der Besitzeinweisungsbeschluss eine Inanspruchnahme als "temporäre Zuwegung" vorsieht.
44 ff) Der Besitzeinweisungsbeschluss sieht keine unverhältnismäßige Übersicherung vor.
45 (1) Eine solche liegt nicht darin, dass der Besitzeinweisungsbeschluss jedwede Nutzung, insbesondere jegliche baulichen Veränderungen sowie Geländeveränderungen verbieten würde. Vielmehr sieht Nr. 1 Satz 3 bis 8 des Tenors ein gestuftes Verbotssystem vor. Im Schutzstreifen dürfen nach Nr. 1 Satz 3 und 7 des Tenors weder bauliche und sonstige Anlagen errichtet noch Geländeveränderungen vorgenommen werden. Die weiteren Verbote im Schutzstreifen nach Nr. 1 Satz 4 und 6 des Tenors, das Anpflanzungs- und Lagerungsverbot, stehen unter dem Vorbehalt, dass der Wuchs der angepflanzten Bäume und Sträucher und die gelagerten Stoffe die Leitung beeinträchtigen beziehungsweise gefährden. Auch das Auffangverbot nach Nr. 1 Satz 8 des Tenors für sonstige Einwirkungen und Maßnahmen greift nur, wenn der ordnungsgemäße Bestand oder Betrieb der Leitungen oder des Zubehörs beeinträchtigt oder gefährdet wird. Die pauschale Kritik der Antragstellerin, sie sei damit umfassend an Arbeiten auf ihren Grundstücken gehindert, geht an dieser Regelung vorbei. Konkrete Maßnahmen, an denen sie sich gehindert sieht, hat die Antragstellerin nicht benannt, sondern sich darauf beschränkt, mögliche Tätigkeiten auf ihren Grundstücken aufzuzählen.
46 (2) Eine unverhältnismäßige Übersicherung ergibt sich nicht daraus, dass der Besitzeinweisungsbeschluss in Nr. 1 Satz 2 des Tenors die Beigeladene unter anderem dazu berechtigt, die Grundstücke zum Zweck des Baus, des Betriebs und der Unterhaltung von Leitungen jederzeit zu betreten und zu befahren, ohne eine Begrenzung auf den Schutzstreifen oder eine bestehende Zuwegung vorzusehen.
47 Bei den Grundstücken der Gemarkung H., Flur ..., Flurstücke c, d, e, f, g, h und i sowie dem der Gemarkung O., Flur ..., Flurstück j handelt es sich ohnehin um Wegegrundstücke. Das Flurstück c ist laut dem Grundstücksverzeichnis ein Straßenverkehrsgrundstück. In Bezug auf die Flurstücke der Gemarkung H., Flur ..., Flurstücke a und b fehlt es an der hinreichenden Darlegung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, dass und inwieweit das Betreten und Befahren über die Zuwegungen und den Schutzbereich der planfestgestellten Leitung hinaus ausnahmsweise unverhältnismäßig sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2017 - 1 BvR 2297/10 - juris Rn. 11 a. E.: "... sowie das Grundstück für diese Zwecke zu betreten und zu nutzen" und Rn. 54 ff.).
48 Im Übrigen dürfte angesichts des Beschleunigungszwecks der vorzeitigen Besitzeinweisung und der identischen Interessenlage in dem Zeitraum bis zum Erlass des Enteignungsbeschlusses ein Gleichlauf im Umfang der Betretensrechte geboten sein. Die vorzeitige Besitzeinweisung nimmt den zu erwartenden Enteignungsbeschluss teilweise vorweg. Sie verleiht beschleunigten Besitz und ermöglicht die Durchführung der für das beantragte Bauvorhaben erforderlichen Maßnahmen (vgl. § 44b Abs. 4 Satz 4 und 5 EnWG). Im Rahmen der Enteignung wird nach § 45 Abs. 2 Satz 5 EnWG der Inhalt der Leitungs- und Anlagenrechte durch entsprechende Anwendung des § 4 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3900) bestimmt. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung umfasst die nach § 9 Abs. 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes entstandene beschränkte persönliche Dienstbarkeit das Recht, in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko das belastete Grundstück für den Betrieb, die Instandsetzung und Erneuerung einschließlich Neubau von Energieanlagen und Anlagen nach § 1 Satz 1 zu betreten oder sonst zu benutzen. Die mit dem Enteignungsbeschluss typischerweise ausgesprochene beschränkt persönliche Dienstbarkeit des Vorhabenträgers (vgl. § 1092 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB) bezieht sich folglich von Gesetzes wegen auf "das belastete Grundstück" insgesamt. Diese in der Behördenpraxis vielfach bewährte Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu einer Harmonisierung der Rechtsanwendung führen (vgl. BT-Drs. 20/7310 S. 100). Damit wird vermieden, dass Streitigkeiten über den Umfang des Betretungsrechts die Errichtung, den Betrieb, die Instandsetzung und die Erneuerung von planfestgestellten Energieanlagen behindern. Eine Beschränkung auf Zuwegungen und diejenigen Flächen, auf denen im engeren Sinne etwas errichtet, erneuert, instandgesetzt oder zur Vorbereitung angelegt und präpariert werden soll, geht an den Erfordernissen von Arbeiten zu den genannten Zwecken vorbei. Zwar verweist die Antragstellerin insoweit darauf, dass die Beschränkung von Grundeigentum im Wege der Enteignung nach § 45 Abs. 1 EnWG unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit stehe. Allerdings bedarf es nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 und § 43 EnWG einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht. Der festgestellte Plan ist nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend.
49 Jedenfalls gelangt im Hinblick auf die spätere Ausübung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit die gesetzliche Auslegungsregel des § 1091 BGB zur Anwendung. Gemäß § 1091 BGB bestimmt sich der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten. Hierbei ist dem Grundsatz der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (vgl. Ludyga, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 1091 Rn. 5; Otto, in: Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, BGB Bd. 3, Sachenrecht, 5. Aufl. 2022, § 1091 Rn. 4; Reymann, in: Staudinger, BGB, Stand 2021, § 1091 Rn. 3 m. w. N.). Vor einer missbräuchlichen, über dieses Bedürfnis hinausgehenden Ausübung der Dienstbarkeit ist der Eigentümer des dienenden Grundstücks demnach geschützt (vgl. VGH München, Beschluss vom 7. August 2018 - 22 ZB 18.14 22 - EnWZ 2018, 426 Rn. 16). Der Schutz gilt entsprechend in dem Zeitraum von dem Erlass eines Besitzeinweisungsbeschlusses bis zu dem Erlass des Enteignungsbeschlusses. Die Beigeladene hat, wenn dies gemessen am Besitzeinweisungszweck möglich und zumutbar ist, zuvörderst vorhandene Zuwegungen und die unmittelbar in Anspruch genommenen Flächen zu betreten und zu befahren.
50 (3) Keinen Erfolg hat die Rüge der Antragstellerin, der Antragsgegner habe die Beigeladene zu Unrecht dauerhaft in den Besitz von 595 m2 des Grundstücks Gemarkung H., Flur ..., Flurstück c eingewiesen, obwohl dessen Inanspruchnahme in der zugrundeliegenden Planunterlage mit "Zuwegung außerhalb des Schutzstreifens" beschrieben und mit dem Buchstaben "Z" (Zuwegung) gekennzeichnet sei und der Antragsgegner bezüglich aller übrigen, ebenso gekennzeichneten Inanspruchnahmen nur temporär in den Besitz eingewiesen habe.
51 Der Planfeststellungsbeschluss unterscheidet textlich und zeichnerisch allein zwischen Zuwegungen, die über Flurstücke führen, die durch den Schutzstreifen erfasst werden (dargestellt als gepunktete hellblaue Linie), und Zuwegungen, die über Flurstücke führen, die nicht durch den Schutzstreifen erfasst werden (dargestellt als durchgehende hellblaue Linie, vgl. auch Anlage 1 Erläuterungsbericht S. 122 f.). Der Planfeststellungsbeschluss berechtigt damit jedenfalls auch zu einer dauerhaften Inanspruchnahme. Ob es weiterer, hinsichtlich der Dauer der Inanspruchnahme differenzierender Regelungen im Planfeststellungsbeschluss bedurft hätte, ist im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung wegen § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG ohne Bedeutung.
52 gg) Nicht durchdringen kann die Antragstellerin mit der Rüge, die Inanspruchnahme des Flurstücks j, Flur ... der Gemarkung O. gehe über den Planfeststellungsbeschluss hinaus, weil die Inanspruchnahme untrennbar auch der Erschließung der Umspannanlage Junkernhees diene, hinsichtlich derer der Senat in dem Verfahren 11 A 3.23 den Planfeststellungsbeschluss auf die Klage eines der dortigen Kläger für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt habe.
53 (1) Der Senat hat den Planfeststellungsbeschluss auf die Klage eines Dritten hin für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt, die Klage der Antragstellerin hingegen vollumfänglich abgewiesen. Gegenüber der Antragstellerin ist der Planfeststellungsbeschluss daher uneingeschränkt vollziehbar (§ 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW). Sie kann allenfalls geltend machen, dass sich die teilweise Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gegenüber einem Dritten als ein dem sofortigen Beginn der Bauarbeiten entgegenstehendes tatsächliches Hindernis auswirkt.
54 Auch unter diesem Gesichtspunkt hat der Einwand indes keinen Erfolg. Zwar dient das Grundstück Gemarkung O., Flur ..., Flurstück j auf einer Länge von 250 m, beginnend an der Einmündung in die K.-straße (Kreisstraße 26 - im Folgenden: K26) der Erschließung der Umspannanlage Junkernhees (vgl. PÄB S. 50 i. V. m. PFB S. 160). Allerdings dient es auf der gesamten Länge hinreichend deutlich auch als Zuwegung für die Masten 374 bis 379. Ein Indiz hierfür ist Nr. 2.2 des Erläuterungsberichts zur 3. Planänderung, wonach die Verbreiterung des Wegegrundstücks als Wegebaumaßnahme für den Leitungsbau (zwischen der Kreisstraße K26 und der Einmündung der Baustelle von Neubaumast Nr. 374) bezeichnet wird. In dem planfestgestellten Leitungsrechtsregister ist das Flurstück ausdrücklich als "Zuwegung zu Mast 373 - 379 außerhalb des Schutzstreifens" vorgesehen. Selbst wenn die Inanspruchnahme für die Erschließung der Umspannanlage Junkernhees in der im Besitzeinweisungsbeschluss angeordneten Inanspruchnahme von 2 580 m2 enthalten wäre, wofür wenig spricht, da diese nach der einschlägigen Planunterlage separat (grün) von dem übrigen Flächenbedarf (violett) ausgewiesen sind (vgl. Anlage 15.4.3.2), würde dies nichts an der Bestimmung des Flurstücks als Zuwegung für die Masten 374 bis 379 ändern.
55 (2) Der Besitzeinweisungsbeschluss ist in Bezug auf das Grundstück Gemarkung O., Flur ..., Flurstück j nicht deshalb unbestimmt, weil der Detail-Lageplan es als in voller Länge in Anspruch genommen ausweist, obwohl es in Nr. 1 Satz 1 des Tenors nur zur Größe von 2 580 m² temporär in Anspruch genommen wird. Da das Flurstück eine Gesamtgröße von 4 161 m² hat, hält die Antragstellerin für unklar, welche Flächen konkret in Anspruch genommen, insbesondere welche Bäume und Gehölze gerodet werden sollen.
56 Nach Angaben der Beigeladenen beruht die Abweichung zwischen der Gesamtgröße von 4 161 m² und der Inanspruchnahme von 2 580 m2 darauf, dass das Flurstück, wie aus dem Detail-Lageplan ersichtlich, zwar in voller Länge, nicht aber in voller Breite von 7 m, sondern lediglich in einer Breite von rund 5,5 m als Zuwegung in Anspruch genommen werde. Die Erhöhung der Quadratmeterzahlen der Inanspruchnahme von ursprünglich 1 650 m2 auf 2 580 m2 beruhe auf der Verbreiterung des Wegs von 3,5 m auf 5,5 m im Zuge der 3. Planänderung. Dies greift die Antragstellerin nicht an. Auch geht die Lage der Zuwegung auf dem Wegegrundstück aus der zugrundeliegenden Planunterlage hinreichend deutlich hervor. Sie ist dort als hellblaue gepunktete Linie dargestellt (vgl. Anlage 7.1.11 Blatt 18.2 Gemarkung Osthelden 3. Planänderung). Dass das Flurstück auch der Erschließung der Umspannanlage Junkernhees dient, ist für die Bestimmtheit der Inanspruchnahme unerheblich.
57 2. Der auf Verhinderung der Abholzung der Baum- und Gehölzreihen auf der südöstlichen Seite des Wegegrundstücks Gemarkung O., Flur ..., Flurstück j gerichtete Hilfsantrag ist abzulehnen.
58 Es ist bereits nicht ersichtlich, dass - entgegen der ausdrücklichen Mitteilung der Beigeladenen - eine Abholzung überhaupt droht. Die Zuwegung verläuft in diesem Bereich nach der einschlägigen Planunterlage im Wesentlichen entlang der nördlichen Grundstücksgrenze. Angesichts dessen hätte die Antragstellerin tatsächliche Anhaltspunkte dafür darlegen müssen, dass ein Fällen der Baum- und Gehölzreihen auf der südöstlichen Seite des Flurstücks droht. Sollte die Zuwegung zu Mast 374 - über den nach Bekunden der Beigeladenen allein geplanten Lichtraumprofilschnitt hinaus - das Fällen einzelner Bäume oder der Baumgruppe notwendig machen, wäre dies von dem Planfeststellungsbeschluss gedeckt. Angriffe gegen den Planfeststellungsbeschluss (vgl. Nebenbestimmung Nr. 5.3.16 PFB S. 28) sind der Antragstellerin verwehrt.
59 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für die dauerhaft in Anspruch genommenen landwirtschaftlichen Flächen folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. In Bezug auf die Straßen- und Wegegrundstücke der Antragstellerin wendet der Senat mangels Anhaltspunkten für die wirtschaftliche Bedeutung der Sache einmalig den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG an. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der sich daraus ergebende Gesamtstreitwert entsprechend Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.