Beschluss vom 27.01.2025 -
BVerwG 3 B 10.24ECLI:DE:BVerwG:2025:270125B3B10.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 27.01.2025 - 3 B 10.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:270125B3B10.24.0]
Beschluss
BVerwG 3 B 10.24
- VG Mainz - 27.01.2022 - AZ: 1 K 303/20
- OVG Koblenz - 23.01.2024 - AZ: 6 A 10383/22
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Januar 2025
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann
beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Januar 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Kläger wendet sich gegen Betriebsschließungen anlässlich der Covid-19-Pandemie. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage mit dem Begehren festzustellen, dass die in § 1 Abs. 1 der Vierten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 17. April 2020 in der durch die Verordnungen vom 20. April 2020 und 24. April 2020 geänderten Fassung geregelten Betriebsschließungen ihn in seinen Rechten verletzt und ihm gegenüber keine Wirkung entfaltet haben, wegen fehlender Klagebefugnis und mangels eines Rechtsschutzinteresses als unzulässig abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 26. September 2022 wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschluss auf die Beschwerde des Klägers aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen (BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2023 - 3 B 43.22 -). Mit Urteil vom 23. Januar 2024 hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung zurückgewiesen. Sie sei bereits unzulässig, da mangels Sachantragstellung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle. Selbst wenn zur Ermittlung des Berufungsbegehrens auf die Berufungsbegründung zurückgegriffen würde, wäre die Berufung - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet.
2 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er das Vorliegen von Verfahrensmängeln geltend macht, auf denen das Urteil beruhen könne (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
II
3 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
4 1. Der Kläger macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe kein Sachurteil erlassen dürfen. Es verwerfe die Berufung zwar formal als unzulässig, verneine aber gleichwohl die Begründetheit der Berufung und der Klage. Damit habe es gegen die Dispositionsmaxime des § 129 VwGO verstoßen. Seine Prozessbevollmächtigte habe es in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich abgelehnt, einen Sachantrag zu stellen, bevor nicht über die Befangenheitsanträge gegen die anwesenden Richterinnen und Richter ohne deren Mitwirkung entschieden sei.
5 Der geltend gemachte Verstoß gegen § 129 VwGO liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift darf das Urteil des Verwaltungsgerichts nur soweit geändert werden, als eine Änderung beantragt ist. Dagegen hat das Oberverwaltungsgericht nicht verstoßen. Es hat - anders als der Kläger meint - kein Sach-, sondern ein Prozessurteil erlassen. Die Berufung gegen das Prozessurteil des Verwaltungsgerichts hat es zurückgewiesen, weil sie bereits unzulässig sei (UA S. 20). Dass die Berufung jedenfalls unbegründet wäre, hat es nur vorsorglich für den Fall dargelegt, dass sie entgegen seiner Auffassung zulässig sein sollte (UA S. 21). Offen gelassen hat es die Zulässigkeit der Berufung durch die Hilfserwägung nicht. Dass es die unzulässige Berufung nicht - wie in § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgesehen - verworfen, sondern zurückgewiesen hat, ändert nichts daran, dass es ihre Zulässigkeit verneint und ihre Zurückweisung darauf gestützt hat. Da auf eine unzulässige Berufung gegen ein Prozessurteil ein Sachurteil nicht ergehen darf, erwachsen die Ausführungen zur Unbegründetheit der Berufung und der Klage nicht in Rechtskraft (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2018 - 6 B 133.18 - NVwZ 2019, 649 Rn. 22 und vom 1. Juni 2023 - 6 B 39.22 - juris Rn. 14).
6 2. Der Kläger macht geltend, das Oberverwaltungsgericht habe nicht unter Mitwirkung der in der mündlichen Verhandlung gegenwärtigen Richterinnen und Richter über seine gegen sie gerichteten fünf Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit entscheiden dürfen. Dadurch habe es gegen § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1, § 47 ZPO und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen.
7 a) Nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet, wenn ein Beteiligter einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnt, das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Ein abgelehnter Richter hat vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen, die keinen Aufschub gestatten (§ 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 47 Abs. 1 ZPO). Wird ein Richter während der Verhandlung abgelehnt und würde die Entscheidung über die Ablehnung eine Vertagung der Verhandlung erfordern, so kann der Termin unter Mitwirkung des abgelehnten Richters fortgesetzt werden; wird die Ablehnung für begründet erklärt, so ist der nach Anbringung des Ablehnungsgesuchs liegende Teil der Verhandlung zu wiederholen (§ 47 Abs. 2 ZPO). Gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
8 Die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs unterliegt nicht der revisionsgerichtlichen Nachprüfung, weil es sich um eine unanfechtbare Vorentscheidung handelt (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 557 Abs. 2 ZPO, § 146 Abs. 2, § 152 Abs. 1 VwGO). Daher begründet sie nur dann einen Verfahrensmangel, wenn sie zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts i. S. v. § 138 Nr. 1 VwGO führt. Die Ablehnung muss dem Antragsteller den gesetzlichen Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entziehen. Dies ist nur der Fall, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Entscheidung auf willkürlichen Erwägungen beruht. Dieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines Befangenheitsantrags unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als rechtsmissbräuchlich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Dezember 2023 - 1 BvR 75/22 - juris Rn. 33; BVerwG, Beschlüsse vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - NVwZ-RR 2016, 428 Rn. 14, vom 27. Juni 2017 - 8 BN 1.16 - juris Rn. 3 und vom 19. September 2018 - 8 B 2.18 - juris Rn. 14).
9 Der abgelehnte Richter kann ein Ablehnungsgesuch selbst ablehnen, ohne dass es der Durchführung des Verfahrens nach den §§ 44 ff. ZPO bedarf, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich oder gänzlich untauglich zu qualifizieren ist. Eine derartige völlige Ungeeignetheit ist anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens selbst entbehrlich ist. Grundsätzlich kommt daher eine Verwerfung als unzulässig nur in Betracht, wenn das Gesuch für sich allein - ohne jede weitere Aktenkenntnis - offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn sich der Richter an den von der Prozessordnung vorgeschriebenen Verfahrensgang hält, der Ablehnende aber eine Änderung begehrt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - juris Rn. 30). Verfahrensfehler können die Besorgnis der Befangenheit regelmäßig erst dann begründen, wenn sie in einer gewissen Häufung auftreten oder sich als grobe Verfahrensfehler erweisen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Dezember 2023 - 1 BvR 75/22 - juris Rn. 40). Ist ein Eingehen auf den Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs als unzulässig aus (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Dezember 2022 - 5 PB 19.21 - juris Rn. 13 und vom 19. September 2018 - 8 B 2.18 - juris Rn. 16; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 17 m. w. N.). Ein Richter oder eine Richterin, deren Unparteilichkeit mit jedenfalls nicht von vornherein untauglicher Begründung in Zweifel gezogen worden ist, kann und soll nicht an der Entscheidung über das gegen ihn oder sie selbst gerichtete Ablehnungsgesuch mitwirken, das sein oder ihr eigenes richterliches Verhalten und die - ohnehin nicht einfach zu beantwortende - Frage zum Gegenstand hat, ob das beanstandete Verhalten für eine verständige Partei Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Andererseits soll aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der abgelehnte Richter in den klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert sein und ein aufwendiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Dezember 2023 - 1 BvR 75/22 - juris Rn. 36).
10 b) Gemessen hieran ist die Rüge unbegründet.
11 aa) Den ersten Befangenheitsantrag hat der Kläger gestellt, nachdem das Oberverwaltungsgericht seine Beweisanträge zu 1 bis 6 durch einen begründeten Gerichtsbeschluss abgelehnt und der Vorsitzende eine "ausführliche Begründung" im Urteil angekündigt hatte (OVG UA S. 13). Nach einer Sitzungsunterbrechung erhielt die Prozessbevollmächtigte des Klägers einen Ausdruck des verkündeten Gerichtsbeschlusses. Sie beantragte, ihr die ablehnenden Beschlüsse mit der gesamten Begründung schriftlich zur Verfügung zu stellen und dem Kläger eine Stellungnahmefrist von 6 Wochen ab Überlassung zu gewähren. Nach einer 9-minütigen Sitzungsunterbrechung lehnte der Senat die Anträge unter Hinweis auf den ausgehändigten Gerichtsbeschluss ab; darüber hinaus habe die Prozessbevollmächtigte ausreichend Gelegenheit gehabt, zum Inhalt des Beschlusses Stellung zu nehmen. Nach einer Sitzungsunterbrechung von 14 Minuten stellte die Prozessbevollmächtigte den ersten Befangenheitsantrag gegen den gesamten Senat und beantragte eine Sitzungsunterbrechung von 1,5 Stunden, alternativ eine kurze Frist für dessen Begründung. Der Senat lehnte nach einer siebenminütigen Unterbrechung für die Entscheidung eine weitere Unterbrechung ab und gab der Prozessbevollmächtigten des Klägers Gelegenheit, den Befangenheitsantrag zu begründen. Sie stellte daraufhin einen zweiten Befangenheitsantrag gegen den Senat und beantragte eine Unterbrechung für 1,5 Stunden für dessen Begründung. Der Senat lehnte eine weitere Unterbrechung und zugleich beide Befangenheitsanträge als offensichtlich rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ab. In den Urteilsgründen wird hierzu ausgeführt: Die Forderung, für die Ablehnung der Beweisanträge über die wortgleich protokollierte mündliche Begründung hinaus die "gesamte" bzw. "vollständige" Begründung zu geben, sei offensichtlich ungerechtfertigt gewesen. Der Befangenheitsantrag habe allein die vom Senat abgelehnte Vertagung erzwingen sollen. Auch das zweite Ablehnungsgesuch habe erkennbar der Verzögerung des Verfahrens gedient. In aller Regel sei eine sofortige Begründung eines Ablehnungsgesuchs zumutbar. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers habe zu den Kernpunkten der Befangenheitsgründe nichts vorgetragen, obwohl ihr dies nach der 14-minütigen Unterbrechung vor Anbringung des ersten Ablehnungsgesuchs möglich und zumutbar gewesen wäre.
12 Mit der Beschwerde macht der Kläger geltend, für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs bzw. einer Prozessverschleppungsabsicht hätten die Ablehnungsgesuche keinen Anlass gegeben. Der Antrag auf vollständige Begründung des verkündeten Gerichtsbeschlusses, einen Schriftsatznachlass und einen neuen Verhandlungstermin sei verständig und nachvollziehbar, eine Frist von 6 Wochen angesichts der mehr als 90 Seiten umfassenden Beweisanträge angemessen gewesen. Zudem habe der Senat durch die Verweigerung einer angemessenen Unterbrechung der Sitzung für die Begründung der beiden Befangenheitsgesuche in willkürlicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
13 Dass die Einstufung des ersten Befangenheitsantrags als rechtsmissbräuchlich auf willkürlichen Erwägungen beruht, ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Einen Anspruch auf eine über den Gerichtsbeschluss hinausgehende, die Urteilsgründe insoweit vorwegnehmende Begründung der Ablehnung der Beweisanträge hatte der Kläger nicht. Seine Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung die Anforderungen an die Begründung eines Gerichtsbeschlusses nach § 86 Abs. 2 VwGO überspannt. Die Begründung eines solchen Beschlusses muss zu erkennen geben, weshalb das Gericht den Antrag abgelehnt hat, damit der Antragsteller sein weiteres prozessuales Verhalten darauf einstellen kann; sie muss die abschließende Entscheidung aber nicht vorwegnehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 2019 - 7 B 16.18 - juris Rn. 27). Lehnt das Gericht die Erhebung eines beantragten Beweises in der mündlichen Verhandlung mangels Entscheidungserheblichkeit ab, genügt es, die Rechtsauffassung in den schriftlichen Entscheidungsgründen darzulegen. Lehnt es die Einholung eines Sachverständigenbeweises ab, weil es aufgrund der bereits vorliegenden Gutachten und fachkundigen Stellungnahmen hinreichend sachkundig ist, kann es die Würdigung der Gutachten und Stellungnahmen den schriftlichen Urteilsgründen vorbehalten. Etwas anderes gilt nur, soweit die Beteiligten mit der Rechtsauffassung oder der Würdigung der Gutachten nicht zu rechnen brauchten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. April 2011 - 4 B 77.09 - juris Rn. 90 und vom 25. August 2004 - 9 BN 2.04 - juris Rn. 4). Das Oberverwaltungsgericht hat die Beweisanträge zu 2 bis 5 abgelehnt, weil es den unter Beweis gestellten Tatsachen und ihrer Begründung an der erforderlichen Substantiierung fehle, um die Risikobewertung des Robert Koch-Instituts nach der maßgeblichen ex ante-Sicht zu erschüttern, den Beweisantrag zu 6, weil die Beweistatsache als wahr unterstellt werden könne, und den Antrag zu 1 aus einer Kombination mehrerer Gründe. Damit konnte der Kläger bei jedem Beweisantrag erkennen, weshalb das Gericht ihn abgelehnt hatte. Dass die nähere Darlegung dieser Gründe in den schriftlichen Urteilsgründen überraschend gewesen sei, hat er nicht geltend gemacht. Die Ablehnung des Antrags auf eine weitere schriftliche Begründung des Gerichtsbeschlusses und auf Vertagung der mündlichen Verhandlung war nicht zu beanstanden; sie entsprach dem in der Verwaltungsgerichtsordnung vorgeschriebenen Verfahrensgang. Ausgehend hiervon war die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Ablehnungsgesuch sei rechtsmissbräuchlich, weil es die abgelehnte Terminverlegung habe erzwingen sollen (UA S. 12, 15), nicht willkürlich.
14 Für den zweiten Befangenheitsantrag gilt nichts anderes. Die Sitzung zu unterbrechen, um der Prozessbevollmächtigten des Klägers eine schriftliche Begründung des ersten Antrags zu ermöglichen, war nicht geboten; rechtliches Gehör konnte sich der Kläger auch in der Sitzung verschaffen. Die Sitzung war auf Wunsch seiner Prozessbevollmächtigten bereits zur Vorbereitung des ersten Antrags für 14 Minuten und für die Entscheidung über ihren Antrag auf weitere Unterbrechung für sieben Minuten unterbrochen worden. Anschließend erhielt sie Gelegenheit, den ersten Befangenheitsantrag in der mündlichen Verhandlung zu begründen. Davon hat sie keinen Gebrauch gemacht, sondern stattdessen den zweiten Antrag gestellt. Dass sie ohne eine weitere Sitzungsunterbrechung nicht in der Lage war, den ersten Antrag zu Protokoll zu begründen, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Der Verlauf der mündlichen Verhandlung, auf den sie mit den Befangenheitsanträgen reagiert hatte, war bereits protokolliert. Für einen groben oder wiederholten Verfahrensfehler des Oberverwaltungsgerichts ist erst recht nichts ersichtlich. Ausgehend hiervon war die Einschätzung des Gerichts, auch der zweite Antrag habe der bewussten Verfahrensverzögerung gedient, nicht willkürlich.
15 bb) Den nächsten Befangenheitsantrag gegen den Senat stellte der Kläger nach Ablehnung des Antrags auf Sitzungsunterbrechung für die Begründung des zweiten Antrags und Ablehnung des ersten und zweiten Befangenheitsantrags als unzulässig. Zur Begründung machte seine Prozessbevollmächtigte zu Protokoll geltend, der Kläger habe durch die mündliche Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Senat ihm nicht unvoreingenommen gegenüberstehe, da ihm rechtliches Gehör willkürlich verwehrt worden sei. Die vollständige Begründung der Ablehnung der Beweisanträge sei ihm in der mündlichen Verhandlung rechtswidrig und willkürlich vorenthalten und erst für das Urteil angekündigt worden. Das Ablehnungsgesuch habe er nicht in einer angemessenen Vorbereitungszeit begründen können. Zu berücksichtigen sei, dass der Senat zum Ausdruck gebracht habe, das Verfahren nicht an das Verwaltungsgericht zurückverweisen und dadurch dem Kläger eine Tatsacheninstanz nehmen zu wollen. Die ersten beiden Ablehnungsgesuche habe der Senat willkürlich und unter Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör als unzulässig abgelehnt. Eine Verlesung der Antragsbegründung durch die Protokollführerin lehnte der Vorsitzende ab. Daraufhin lehnte die Prozessbevollmächtigte mit einem vierten Antrag den Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zur Begründung wiederholte sie zu Protokoll ihr Vorbringen zum dritten Antrag und führte ergänzend aus, sie habe nicht - wie geboten - die Gelegenheit erhalten, zu überprüfen, ob ihre Ausführungen korrekt protokolliert worden seien.
16 Dass das Oberverwaltungsgericht diese Befangenheitsanträge als rechtsmissbräuchlich, weil der bewussten Verfahrensverzögerung dienend, angesehen hat, beruht ebenfalls nicht auf willkürlichen Erwägungen; Gegenteiliges ist nicht dargelegt. Die Anträge, den Gerichtsbeschluss zu den Beweisanträgen weiter zu begründen und die Sitzung für die Begründung der Befangenheitsgesuche weitergehend zu unterbrechen, war - wie ausgeführt - unbegründet; ihre Ablehnung konnte die Besorgnis der Befangenheit von vornherein nicht begründen. Das gilt auch für den dritten Antrag. Die Ankündigung des Senats, die Sache nicht gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, sondern in der Sache selbst zu entscheiden, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Nach der genannten Vorschrift darf das Oberverwaltungsgericht die Sache an das Verwaltungsgericht nur zurückverweisen, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn die Sache nicht entscheidungsreif ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2023 - 8 B 32.23 - juris Rn. 5). Nach der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war die Berufung des Klägers entscheidungsreif, eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht mithin nicht zulässig. Die ersten beiden Befangenheitsgesuche als rechtsmissbräuchlich durch die abgelehnten Richterinnen und Richter selbst abzulehnen, war - wie dargelegt - nicht willkürlich; eine Befangenheit konnte sich daraus von vornherein nicht ergeben.
17 Für das gegen den Vorsitzenden gerichtete Ablehnungsgesuch gilt nichts anderes. Das Vorlesen der zu Protokoll diktierten Begründung des dritten Befangenheitsantrags konnte die Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht verlangen. Gemäß § 105 VwGO i. V. m. § 162 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist das Protokoll insoweit, als es Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, 3, 4, 5, 8, 9 ZPO oder zu Protokoll erklärte Anträge enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Die zu Protokoll erklärte Begründung eines Befangenheitsgesuchs ist weder eine Feststellung noch ein Antrag im Sinne dieser Vorschrift. Andere Bestandteile des Protokolls müssen nicht, können aber vorgelesen werden. Einen Anlass hierfür hat das Oberverwaltungsgericht verneint. Die Prozessbevollmächtigte habe die Begründung innerhalb von 40 bis 45 Minuten unter Zuhilfenahme von zwei tragbaren Computern Wort für Wort diktiert; die Darstellung des Verhandlungsverlaufs habe gleichsam ein zweites Protokoll dargestellt; das habe den Eindruck einer bewussten Verfahrensverzögerung verstärkt (UA S. 19). Dass diese Erwägungen ermessensfehlerhaft oder gar willkürlich gewesen sein könnten, zeigt der Kläger nicht auf. Einen konkreten Anlass für den Antrag auf Verlesung, z. B. Missverständnisse bei der Protokollierung, hat er auch mit der Beschwerde nicht dargelegt.
18 cc) Einen weiteren Befangenheitsantrag gegen den gesamten Senat hat der Kläger gestellt, nachdem seine Prozessbevollmächtigte den dritten und vierten Antrag zu Protokoll begründet, der Vorsitzende ihr im Anschluss Gelegenheit gegeben hatte, die Anträge in der Sache zu stellen, er ihren Antrag, die Sitzung zu unterbrechen, um über eine angemessene prozessuale Reaktion nachzudenken, abgelehnt und erklärt hatte, weitere Befangenheitsanträge, die sie angekündigt habe, nicht mehr zu Protokoll zu nehmen. Eine Protokollierung der Begründung des fünften Antrags lehnte er ab.
19 Anhaltspunkte dafür, dass die Einstufung dieses fünften Antrags als rechtsmissbräuchlich auf willkürlichen Erwägungen beruhen könnte, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Da das Oberverwaltungsgericht den dritten und vierten Befangenheitsantrag - wie dargelegt - in nicht zu beanstandender Weise als rechtsmissbräuchlich eingestuft hatte, brauchte es sie in der mündlichen Verhandlung nicht förmlich zu bescheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1986 - 2 BvE 1/86 - BVerfGE 74, 96 <100>; Wysk, in: ders., VwGO, 4. Aufl. 2024, § 54 Rn. 20). Einen konkreten Grund für eine erneute Sitzungsunterbrechung hatte die Prozessbevollmächtigte nicht aufgezeigt. Den weiteren Befangenheitsantrag hat der Vorsitzende - anders als angekündigt - zu Protokoll genommen. Im Übrigen sind Befangenheitsanträge keine Anträge, die gemäß § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Protokoll festzustellen sind. Anträge im Sinne dieser Vorschriften sind nur Sachanträge, nicht aber Anträge, die nur das Verfahren betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. März 2011 - 9 A 8.10 - NVwZ-RR 2011, 383 Rn. 2). Befangenheitsanträge, die bereits protokollierte rechtsmissbräuchliche Anträge lediglich wiederholen und fortsetzen, sind auch keine wesentlichen Vorgänge der Verhandlung, die gemäß § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO in das Protokoll aufzunehmen sind; über derartige Anträge kann ohne Durchführung des Verfahrens nach §§ 45 f. ZPO entschieden werden. Aus diesem Grund musste auch die Begründung des fünften Befangenheitsantrags nicht zu Protokoll genommen werden; sie ergab sich im Übrigen unzweifelhaft aus dem protokollierten Verlauf der mündlichen Verhandlung. Eine andere Begründung hat der Kläger auch mit der Beschwerde nicht geltend gemacht. Die Weigerung, die Begründung zu protokollieren, hat der Vorsitzende im Übrigen zu Protokoll genommen.
20 3. Der Kläger rügt schließlich, das Oberverwaltungsgericht habe ihm durch die Verweigerung einer Sitzungsunterbrechung und eines Schriftsatznachlasses die Möglichkeit genommen, sich nach Ablehnung der Beweisanträge Gedanken über sein weiteres prozessuales Vorgehen, insbesondere über weitere Beweisanträge, zu machen; das gelte auch für die Begründung der Ablehnungsgesuche. Dadurch habe es seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt; der absolute Revisionsgrund des § 138 Nr. 3 VwGO liege vor.
21 Soweit es um die Beweisanträge geht, ist eine Gehörsverletzung bereits nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Hierzu muss der Beschwerdeführer darlegen, was er bei ausreichender Gehörsgewährung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen mit Aussicht auf Erfolg vorgetragen hätte (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2018 - 3 B 25.17 - juris Rn. 24 und vom 8. August 2023 - 5 B 14.22 - juris Rn. 32). Das ist nur dann entbehrlich, wenn die Gehörsverletzung - wie etwa bei einer zu Unrecht abgelehnten Terminverlegung wegen Krankheit (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. August 2007 - 5 B 10.07 - juris Rn. 5) - den gesamten Prozessstoff erfasst. Soweit es um die Ablehnung der Beweisanträge geht, ist das nicht der Fall. Insoweit hätte der Kläger darlegen müssen, mit welchem neuen Vortrag er, wenn ihm mehr Zeit eingeräumt worden wäre, die unter Beweis gestellten Tatsachen und/oder die Begründung der Beweisanträge weiter substantiiert bzw. die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Beweisanträge seien nicht hinreichend substantiiert, nicht entscheidungserheblich oder auf die Klärung einer Rechtsfrage gerichtet, erschüttert hätte. Das hat er nicht getan. Soweit es um die Befangenheitsanträge geht, hatte er - wie dargelegt - ausreichend Gelegenheit, die Anträge zu begründen.
22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.