Beschluss vom 23.02.2023 -
BVerwG 3 B 4.22ECLI:DE:BVerwG:2023:230223B3B4.22.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 23.02.2023 - 3 B 4.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:230223B3B4.22.0]
Beschluss
BVerwG 3 B 4.22
- VG Berlin - 28.08.2019 - AZ: 25 K 9.19
- OVG Berlin-Brandenburg - 17.11.2021 - AZ: 1 B 10.19
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Februar 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:
- Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. November 2021 wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Klägerin, ein Krankentransportunternehmen mit Sitz in Berlin, wendet sich gegen eine Nebenbestimmung zu ihrer Genehmigung zur Durchführung von Krankentransporten nach dem Rettungsdienstgesetz für das Land Berlin (RDG BE).
2 Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten erteilte der Klägerin mit Bescheiden vom 24. Oktober 2017 und 28. November 2017 die (weitere) Genehmigung zur Durchführung von Krankentransporten. Bestandteil der Genehmigung waren als Anlage beigefügte "Nebenbestimmungen für den Krankentransport" – im Folgenden: NB - einschließlich der hier streitigen Nebenbestimmung Nr. 6.
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Die Nebenbestimmung lautet auszugsweise wie folgt:
"6. Auftragserledigung von Krankentransporten
Alle übermittelten Beförderungsaufträge sind nach Maßgabe des § 17 RDG anzunehmen. Dies hat am Betriebssitz zu erfolgen, es sei denn, es besteht eine Aufschaltung zu einer Leitstelle gemäß Nr. 7. Eine mobile Auftragsannahme ist nicht gestattet. ...".
4 Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage auf Aufhebung von (u. a.) Nr. 6 Satz 2 und 3 NB in den Bescheiden vom 24. Oktober und 28. November 2017 hat das Verwaltungsgericht Berlin durch Urteil vom 28. August 2019 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es in seinem Urteil vom 17. November 2021 im Wesentlichen: Das generelle Verbot einer mobilen Auftragsannahme nach Nr. 6 Satz 2 und 3 NB sei rechtmäßig. Es finde seine Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 des Gesetzes über den Rettungsdienst für das Land Berlin (Rettungsdienstgesetz - RDG BE) vom 8. Juli 1993 i. d. F. des Gesetzes zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes und weiterer Vorschriften vom 20. September 2016 (GVBl. S. 762). Danach könne die Genehmigung unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, die die Betriebspflicht, Einsatzbereitschaft und Leistungspflicht der Unternehmerin oder des Unternehmers näher bestimmten (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 RDG BE). Ferner könnten die Unternehmerin oder der Unternehmer verpflichtet werden, die Beförderungsaufträge und deren Abwicklung zu erfassen (§ 14 Abs. 1 Nr. 6 RDG BE). Das Verbot der mobilen Auftragsannahme solle die Qualität des Krankentransports und der Betreuung gewährleisten und zudem sicherstellen, dass alle eingehenden Aufträge am Betriebssitz ordnungsgemäß erfasst würden. Die Nebenbestimmung sei verhältnismäßig. Das gelte auch in Bezug auf die so genannten bedarfsschwachen Nachfragezeiten (nachts, sonnabends, sonn- und feiertags). Das Verbot der mobilen Auftragsannahme solle bei jedem eingehenden Beförderungsauftrag sicherstellen, dass er ordnungsgemäß erfasst und das Personal im Krankentransportwagen während des Transports nicht abgelenkt werde. Die Nutzung eines Headsets sei kein gleich geeignetes Mittel. Die Angemessenheit des Verbots unterliege keinen Bedenken; zur Annahme von Beförderungsaufträgen in bedarfsschwachen Zeiten könnten Aufträge an eine andere Leitstelle weitergeleitet oder eine Kooperation mit einem anderen Unternehmen eingegangen werden.
5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
II
6 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
7 1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das ist in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise darzulegen und setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. August 2020 - 3 BN 1.19 - Buchholz 451.44 HeimG Nr. 13 Rn. 6 und vom 15. Oktober 2021 - 3 B 22.21 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.).
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2. Die Klägerin wirft die Frage auf:
"Sind (i) die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG und (ii) die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG sowie (iii) der die Staatsgewalt umfassend bindende und bei der Bewertung von Eingriffen in die vorgenannten Grundrechte zu berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, namentlich im Hinblick auf die rechtlichen Gesichtspunkte der Erforderlichkeit und Angemessenheit, jeweils dahingehend auszulegen, dass mit diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben das generelle Verbot der mobilen Auftragsannahme für Krankentransportunternehmen selbst zu bedarfsschwachen Nachfragezeiten (insbesondere nachts, aber auch sonnabends, sonn- und feiertags) vereinbar ist?"
9 Den behaupteten Klärungsbedarf leitet sie daraus ab, dass die aufgeworfene Frage zur Erforderlichkeit und Angemessenheit des Verbots der mobilen Auftragsannahme für Krankentransporte in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch ungeklärt sei. Sie lasse sich auch nicht ohne Weiteres auf der Grundlage der vorliegenden Rechtsprechung zur Berufsfreiheit, zur Eigentumsfreiheit und zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beantworten. Aus ihr ergebe sich nicht eindeutig, welche grundrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf das Verbot der mobilen Auftragsannahme in bedarfsschwachen Zeiten gelten würden. Mit diesem Vorbringen legt die Klägerin nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
10 a) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die angegriffene Nebenbestimmung Nr. 6 Satz 2 und 3 beruhe auf der Ermächtigung des § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 6 RDG BE und enthalte Handlungsgebote, die von der Krankentransportgenehmigung der Klägerin abtrennbar und selbstständig durchsetzbar seien. Nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt träten die Regelungen als gesonderte Bestimmungen zu der Genehmigung hinzu (UA S. 6). Ausgehend von diesen für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO; § 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO) handelt es sich bei der angefochtenen Nebenbestimmung um eine Berufsausübungsregelung.
11 b) Die Voraussetzungen für einen verfassungsrechtlich zulässigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Freiheit der Berufsausübung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Danach bedarf der Eingriff gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. In materiell-rechtlicher Hinsicht sind Beschränkungen der Berufsausübung mit der Verfassung vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und die betroffenen Grundrechtsträger nicht unverhältnismäßig treffen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist gewahrt, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist. Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Es ist erforderlich, wenn keine andere, gleich wirksame, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkende Maßnahme zur Verfügung steht. Angemessen und damit verhältnismäßig im engeren Sinne ist ein Mittel, wenn der mit ihm verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen, das heißt die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt wird (stRspr, vgl. z. B. BVerfG, Urteil vom 27. Oktober 1998 - 1 BvR 2306/96 u. a. - BVerfGE 98, 265 <298>; Beschlüsse vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248 <259> und vom 29. September 2022 - 1 BvR 2380/21 u. a. - juris Rn. 77, 83, 111, 115, 119, jeweils m. w. N.; Kammerbeschlüsse vom 22. April 2009 - 1 BvR 121/08 - juris Rn. 40 und vom 28. April 2009 - 1 BvR 224/07 - NVwZ 2009, 905 Rn. 22 ff. m. w. N; BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1994 - 4 C 11.94 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 33 S. 51 und vom 12. Dezember 2013 - 3 C 17.13 - BVerwGE 148, 344 Rn. 12).
12 c) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, das Verbot der mobilen Auftragsannahme in Krankentransportwagen solle die Qualität des Transports und der Patientenbetreuung gewährleisten. Zudem solle es sicherstellen, dass alle eingehenden Aufträge am Betriebssitz ordnungsgemäß erfasst würden. Die Besatzungen der Krankentransportwagen sollten durch die Annahme von Beförderungsaufträgen und deren weitere Behandlung und Dokumentation nicht von den eigenen Aufgaben abgelenkt werden. Es hat weiter angenommen, dass es sich hierbei um eine Zweckbestimmung im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 6 RDG BE handele (UA S. 7). Aus diesen für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO; § 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO) zieht das angefochtene Urteil den rechtlichen Schluss, der mit der Nebenbestimmung verfolgte Zweck sei legitim (UA S. 7). Insoweit hat die Klägerin mit ihrer Beschwerdebegründung keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf dargelegt. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das Verbot sei zur Zweckerreichung geeignet (UA S. 7).
13 d) Die Erforderlichkeit des Verbots auch in bedarfsschwachen Nachfragezeiten hat das Oberverwaltungsgericht bejaht, weil die mit der Nebenbestimmung verfolgten Ziele für jeden eingehenden Beförderungsauftrag und damit unabhängig von der jeweiligen Bedarfsnachfrage gälten; jede Entgegennahme eines Auftrags und dessen weitere Behandlung und Dokumentation nach Nr. 12 NB sei mit einer Ablenkungsgefahr verbunden. In Bezug auf die von der Klägerin als (milderes) Mittel angesehene Entgegennahme eines Anrufs "per Headset" hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, damit sei weder eine ordnungsgemäße Erfassung des Auftrags zu leisten noch würde dadurch die zu besorgende Ablenkung von der Betreuung der zu transportierenden Person entfallen. Die Durchführung eines Krankentransports erschöpfe sich nach § 1 Abs. 2 Nr. 4, § 2 Abs. 3 RDG BE nicht in der Beförderung einer Person, sondern erfordere auch eine fachgerechte Hilfe oder Betreuung. Zur Erfüllung dieser Aufgabe bedürfe es mehr als "nur die Hände frei" zu haben; das Transportpersonal solle sich auch gedanklich voll und ganz auf den jeweils auszuführenden Auftrag konzentrieren können (UA S. 8 mit Bezugnahme auf das VG-Urteil). Diese Feststellungen sind für das Revisionsgericht verbindlich (§ 137 Abs. 2 VwGO; § 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO). Insbesondere hat die Klägerin die tatsächliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, mit der Entgegennahme eines Anrufs "per Headset" ließen sich die mit § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 6 RDG BE verfolgten Zwecke nicht gleichermaßen wirksam erreichen wie mit dem Verbot der mobilen Auftragsannahme, nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen.
14 Die berufungsgerichtlichen Feststellungen tragen den rechtlichen Schluss des Oberverwaltungsgerichts, das Verbot sei zur Zweckerreichung erforderlich. Die Beschwerdebegründung legt nicht dar, welcher rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf danach bestehen könnte. Das gilt auch, soweit die Klägerin die Erforderlichkeit des Verbots in bedarfsschwachen Zeiten infrage gestellt sieht, wenn in diesen Zeiten eine Auftragsannahme auf mobilem Wege erfolgen könnte, ohne dass eine Gefährdung der Patientenversorgung im Krankentransportwagen eintrete. Sind Tatsachen, die vorliegen müssten, damit die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angesprochenen Fragen sich in einem Revisionsverfahren stellen könnten, von der Vorinstanz nicht festgestellt worden, kann die Revision im Hinblick auf diese Fragen nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 2000 - 8 B 287.99 - BVerwGE 111, 61 <62> m. w. N. und vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11). Dass in bedarfsschwachen Nachfragezeiten eine Entgegennahme von Beförderungsaufträgen auf mobilem Wege erfolgen kann, ohne dass eine Gefährdung der Patientenversorgung im Krankentransportfahrzeug eintritt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt.
15 e) Die Klägerin trägt des Weiteren vor, durch das Verbot der mobilen Auftragsannahme auch in bedarfsschwachen (Rand-)Zeiten stiegen die Personalkosten für ein Krankentransportunternehmen je nach Sachverhalt schätzungsweise um mindestens 50 bis 100 % (ein bis zwei zusätzliche Personalkräfte). Es sei fraglich und in dem angestrebten Revisionsverfahren zu klären, ob diese Auswirkung des Verbots verhältnismäßig sei.
16 Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, das Rettungsdienstgesetz enthalte selbst keine ausdrückliche Verpflichtung zur Annahme von Beförderungsaufträgen in bedarfsschwachen Nachfragezeiten. Nach den Nebenbestimmungen zu ihrer Krankentransportgenehmigung habe die Klägerin während dieser Zeiten (nachts, sonnabends, sonn- und feiertags) die Möglichkeit, Aufträge an eine andere Leitstelle weiterzuleiten (Nr. 4 Satz 2 NB) oder eine entsprechende Kooperation mit einem anderen Unternehmen einzugehen (Nr. 7 Satz 1 NB). Danach sei nicht ersichtlich, dass ihr durch das Verbot der mobilen Auftragsannahme die geltend gemachten unzumutbaren Personalmehrkosten entstehen würden; es leuchte nicht ein, warum die nach eigenen Angaben nur selten eingehenden Beförderungsaufträge von ihr selbst angenommen und über unwirtschaftliche Dispositionen finanziert werden müssten (UA S. 8). Aus diesen für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO; § 137 Abs. 1, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO) hat das Oberverwaltungsgericht den rechtlichen Schluss gezogen, das Verbot sei verhältnismäßig im engeren Sinne.
17 Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass und welcher fallübergreifende rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf danach bestehen könnte. Dafür genügt nicht zu behaupten, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 GG und zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergäbe sich keine "eindeutige Antwort darauf, wie diese Maßstäbe im Hinblick auf das generelle Verbot der Auftragsannahme zu konkretisieren" seien, und darauf zu verweisen, es fehlten "spezifische Judikate [...] und zweifelsfrei aus anderen Konstellationen übertragbare Rechtssätze zum Regelungsgehalt des maßgeblichen Verfassungsrechts". Die Beschwerdebegründung muss vielmehr substantiiert darlegen, dass die Verfassungsnorm in ihrer Auslegung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht oder noch nicht hinreichend ausdifferenziert und entwickelt ist, um ihre Funktion als Maßstabsnorm für die Entscheidung des im irrevisiblen Landesrecht wurzelnden Ausgangsfalls und weiterer, vergleichbarer Fälle erfüllen zu können (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 1. März 2016 - 5 BN 1.15 - NVwZ 2016, 618 Rn. 6 m. w. N. und vom 8. Mai 2017 - 5 B 39.16 - juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht.
18 f) Die Klägerin trägt außerdem vor, das Oberverwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die in den Nebenbestimmungen vorgesehene Möglichkeit, Aufträge an eine andere Leitstelle weiterzuleiten oder eine entsprechende Kooperation mit einem anderen Unternehmen einzugehen, einen faktischen Kooperations- und gegebenenfalls auch Korporationszwang miteinander um Aufträge konkurrierender Krankentransportunternehmen begründe. Fraglich sei, ob Art. 12 Abs. 1 GG und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in einer solchen Konstellation - Verdoppelung von Personalkosten oder Kooperation mit einem anderen Unternehmen bei gleichzeitig sehr geringer Nachfrage von Leistungen in Randzeiten - nicht verlangten, dass der Landesgesetzgeber den Eingriff konkret regele und eine Härtefallregelung vorsehe. Diese Frage stelle sich insbesondere, weil vor Erlass der neuen Nebenbestimmung Nr. 6 die seit Jahrzehnten bestehende Praxis der mobilen Auftragsannahme in Randzeiten zu keinen Defiziten bei der Erfüllung der Leistungspflichten geführt habe.
19 Auch damit zeigt die Klägerin keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf. Die Anforderungen, die sich aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgebot hinsichtlich der Angemessenheit eines Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung ergeben, sind - wie gezeigt - höchstrichterlich geklärt. Ob nach diesen Maßgaben die zu prüfende Berufsausübungsregelung die Grenze der Zumutbarkeit wahrt und damit verhältnismäßig im engeren Sinne ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. In einer Abwägung sind das Gewicht des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit einerseits sowie das Gewicht des mit der Regelung verfolgten Zwecks und ihre Bedeutung für die Zweckerreichung andererseits gegenüberzustellen. Hier hat das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen die Angemessenheit der streitigen Nebenbestimmung bejaht. Die Tatsachenfeststellungen hat die Klägerin nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen; sie sind daher für das Revisionsgericht verbindlich (§ 137 Abs. 2 VwGO). Zwar lässt sich dem Beschwerdevorbringen entnehmen, dass sie die Verhältnismäßigkeitsprüfung des Oberverwaltungsgerichts für fehlerhaft hält oder zumindest deren Vereinbarkeit mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen bezweifelt. Damit ist jedoch eine die Zulassung der Revision rechtfertigende grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt.
20 g) Hinsichtlich des geltend gemachten Klärungsbedarfs zu Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich dem Beschwerdevorbringen nicht entnehmen, inwiefern die Verfassungsnorm für den Rechtsstreit entscheidungserheblich sein könnte. Es ist nicht dargelegt, welche als Eigentum geschützte Rechtsposition der Klägerin durch die angegriffene Nebenbestimmung berührt sein sollte. Im Übrigen hat die Klägerin einen über die zur Berufsfreiheit aufgeworfenen Fragen hinausgehenden Klärungsbedarf in Bezug auf die Eigentumsgarantie nicht aufgezeigt.
21 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.