Beschluss vom 30.04.2012 -
BVerwG 2 VR 6.11ECLI:DE:BVerwG:2012:300412B2VR6.11.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 30.04.2012 - 2 VR 6.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:300412B2VR6.11.0]
Beschluss
BVerwG 2 VR 6.11
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. April 2012
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz
als Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 3 VwGO
beschlossen:
- Das Verfahren wird eingestellt.
- Der Antragsteller trägt drei Viertel, die Antragsgegnerin trägt ein Viertel der Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Das einstweilige Anordnungsverfahren ist erledigt, weil der Antragsteller mit Schriftsatz vom 24. April 2012 die Erledigung erklärt und sich die Antragsgegnerin mit der Erledigung einverstanden erklärt hat. Die Zustimmung des Beigeladenen ist nicht erforderlich. Daher ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
2 Billigem Ermessen entspricht die aus dem Tenor ersichtliche Kostenverteilung. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
3 Es spricht Vieles dafür, dass der Antrag bei streitigem Fortgang erfolglos geblieben wäre, weil der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft gemacht hat. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung löst eine Bewerbung für die zu besetzende Stelle nach Ablauf der Bewerbungsfrist den Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr ohne Weiteres aus, wenn das Stellenbesetzungsverfahren bei Eingang der Bewerbung bereits soweit fortgeschritten ist, dass deren Berücksichtigung die legitimen Interessen des Dienstherrn an einer möglichst zügigen Stellenbesetzung beeinträchtigen würde. Bei dieser Sachlage liegt es im Ermessen des Dienstherrn, ob er den Bewerber nachträglich in das Auswahlverfahren einbezieht (OVG Münster, Beschluss vom 19. Mai 2011 - 6 B 427/11 - NVwZ-RR 2011, 700; vgl. auch Schnellenbach, ZBR 1997, 169).
4 Der Antragsteller, dessen Dienstzeit als Leiter einer Auslandsresidentur des BND zu Ende ging, hat sich Mitte Mai 2011 um den Dienstposten des Leiters des Referats I. /... beworben. Nach der Stellenausschreibung war der Bewerbungsschluss auf den 21. Mai 2010 festgelegt. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, dass die Ausschreibung auch den Auslandsresidenturen des BND zugegangen ist.
5 Demnach hat sich der Antragsteller erst ein Jahr nach Bewerbungsschluss um den ausgeschriebenen Dienstposten beworben. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass er von Amts wegen für den Dienstposten „...“ in Erwägung gezogen und in das Auswahlverfahren für die Besetzung dieses Dienstpostens einbezogen worden wäre. Die Unterlagen, auf die der Antragsteller in dem Schriftsatz vom 13. Januar 2012 abstellt, lassen einen derartigen Schluss nicht zu. Vor allem wird der Antragsteller in der sog. Leitungsvorlage vom 20. Mai 2011, die die abschließende vergleichende Betrachtung der Bewerber enthält, nicht genannt.
6 Bei Eingang der Bewerbung des Antragstellers war das Auswahlverfahren bereits soweit fortgeschritten, dass alle Voraussetzungen für die Auswahlentscheidung vorgelegen haben. Aufgrund der Leitungsvorlage vom 20. Mai 2011 hat sich der Präsident des Bundesnachrichtendienstes am 26. Mai 2011 für den Beigeladenen entschieden. Das Bundeskanzleramt hat am 4. Juli 2011 bestimmt, den Beigeladenen mit der Wahrnehmung des ausgeschriebenen Dienstpostens zu beauftragen. Bei Einbeziehung des Antragstellers hätte eine neue vergleichende Betrachtung der Bewerber stattfinden, d.h. das Auswahlverfahren hätte wiederholt werden müssen.
7 Bei dieser Sachlage lässt die Entscheidung der Antragsgegnerin gegen eine Berücksichtigung der Bewerbung des Antragstellers keinen Ermessensfehler erkennen, zumal ein erhebliches Interesse an der Besetzung des lange vakanten Dienstpostens bestanden hat. Nichts anderes folgt aus dem Umstand, dass es sich bei dem Antragsteller um einen sog. Auslandsrückkehrer gehandelt hat. Hat sich die Antragsgegnerin für eine Besetzung eines Dienstpostens nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG entschieden, so gelten für alle Bewerber die sich daraus ergebenden Maßstäbe in gleicher Weise (vgl. Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - juris Rn. 28 <zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung Buchholz vorgesehen>).
8 Allerdings kann bei der Billigkeitsentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragsgegnerin die Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt hat, indem sie dem Antragsteller entgegen gekommen ist. Sie hat den Antragsteller mit dessen Zustimmung auf einen anderen amtsangemessenen Dienstposten am Dienstort B. umgesetzt und so seinem Anliegen Rechnung getragen, in B. anstatt in P. Dienst zu leisten.
9 Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene außergerichtliche Kosten selbst trägt, weil er kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).
10 Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für Konkurrentenstreitverfahren, die wegen der Besetzung eines Dienstpostens ohne damit verbundene Beförderung des ausgewählten Bewerbers geführt werden, der Auffangstreitwert festzusetzen (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Rn. 40 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50>).