Beschluss vom 29.01.2020 -
BVerwG 2 B 51.19ECLI:DE:BVerwG:2020:290120B2B51.19.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.01.2020 - 2 B 51.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:290120B2B51.19.0]
Beschluss
BVerwG 2 B 51.19
- VG Düsseldorf - 09.04.2018 - AZ: 35 K 13830/17.O
- OVG Münster - 11.09.2019 - AZ: OVG 3d A 1923/18.O
In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Januar 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dollinger
beschlossen:
- Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 11. September 2019 wird verworfen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1 Die allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 67 Satz 1 LDG NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unzulässig.
2 1. Der 1958 geborene Beklagte steht als Polizeihauptkommissar im Dienst des klagenden Landes. Im Juni 2015 leitete die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts ein, dienstliche Tankkarten für die Betankung seines privaten Pkw sowie für den Kauf von Motorölen für den privaten Gebrauch verwendet zu haben. Das Ermittlungsverfahren wurde mit Zustimmung des Polizeipräsidiums nach Zahlung einer Geldbuße von 1 400 € nach § 153a StPO eingestellt. Anschließend leitete das Polizeipräsidium gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts der Untreue mit einem Gesamtschaden i.H.v. 358,83 € durch missbräuchliche Nutzung von dienstlichen Tankkarten ein. Mitte Juli 2016 wurde das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf der ungenehmigten Nebentätigkeit erweitert. Insoweit wurde dem Beklagten vorgehalten, zum Zwecke der Gewinnerzielung eine gewerbliche Autowerkstatt betrieben zu haben.
3 Auf die vom Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht den Beklagten antragsgemäß aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Dabei hat das Verwaltungsgericht lediglich den Betankungsvorgang vom 30. Mai 2015, die Abzeichnung des Tankbelegs durch den Beklagten mit einer Paraphe und den jahrelangen Betrieb einer privaten Kfz-Werkstatt als bewiesen angesehen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Beklagte habe durch den vollendeten Betrug zu Lasten seines Dienstherrn vom 30. Mai 2015 in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie durch die Ausübung einer Nebentätigkeit ohne erforderliche Genehmigung ein schwerwiegendes innerdienstliches Dienstvergehen begangen, durch das er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Bei der Unterzeichnung des Tankbelegs habe der Beklagte nicht seinen Namen benutzt und auch nicht seine übliche Unterschrift oder Paraphe geleistet, sondern habe mit einem Schriftzug mit charakteristischen individuellen Merkmalen unterzeichnet. Die Unterzeichnung der Quittung mit einem Schriftzug, der nicht seiner üblichen Unterschrift oder Paraphe entspreche, habe der Beklagte auch in der Berufungsverhandlung noch einmal ausdrücklich eingeräumt. Dagegen seien die dem Beklagten in der Disziplinarklage vorgeworfene Benutzung dienstlicher Tankkarten zur Betankung privater Pkw in vier weiteren Fällen sowie der Ankauf von Motoröl in sieben Fällen nicht erwiesen.
4 2. In der Beschwerdebegründung wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entsprechend § 133 Abs. 3 VwGO dargelegt.
5 Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>).
6
Die Beschwerde des Beklagten sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in
"der rechtlichen Bewertung, ob eine Beamtin oder ein Beamter, die/der pflichtenwidrig mit einer dienstlichen Tankkarte ihren/seinen privaten Pkw betankt und dabei den Tankbeleg mit einer Paraphierung unterzeichnet, die nicht ihrer/seiner regulären Unterschrift entspricht und die einen Rückschluss auf ihre/seine Identität unmittelbar aus der Signatur nicht zulässt".
7 Die Begründung der Beschwerde genügt nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wonach in der Begründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden muss. Danach ist außer der Bezeichnung und Formulierung der konkreten Rechtsfrage auch die Angabe der Gründe erforderlich, die die Anerkennung der aufgeworfenen Frage als grundsätzlich rechtfertigen sollen, d.h. weshalb die Tragweite der Rechtsfrage über den konkreten Einzelfall hinausreicht und weshalb die Frage aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts der höchstrichterlichen Klärung bedarf (BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> und vom 12. August 1993 - 7 B 86.93 - NJW 1994, 144 f.).
8 Die Beschwerde des Beklagten beschränkt sich darauf, die unterschiedlichen Bewertungen des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts in Bezug auf die Paraphierung des Tankbelegs durch den Beklagten im Anschluss an die pflichtwidrige Nutzung der dienstlichen Tankkarte gegenüberzustellen. Es fehlt jeglicher Hinweis, aus welchem Grund die aufgeworfene Frage grundsätzliche, d.h. über den Fall hinausgehende Bedeutung haben könnte.
9 Zudem beruht die unterschiedliche Bewertung der Paraphierung des Tankbelegs durch die Tatsachengerichte im Hinblick auf den Tatbestand der Urkundenfälschung nach § 267 StGB auf einer abweichenden Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Während das Verwaltungsgericht (UA S. 20) angenommen hat, das vom Beklagten auf dem Tankbeleg angebrachte Kürzel sei weder individuell noch weise es hinreichende charakteristische Merkmale auf, um einen vermeintlichen Urheber identifizieren zu können, ist das Berufungsgericht (UA S. 15) vom Gegenteil ausgegangen. An diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts wäre das Revisionsgericht nach § 67 Satz 1 LDG NRW und § 137 Abs. 2 VwGO im angestrebten Revisionsverfahren gebunden.
10 Im Übrigen bestimmt sich der Orientierungsrahmen für die Beurteilung der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW im vorliegenden Fall bereits nach der abstrakten Strafandrohung des Betrugs nach § 263 Abs. 1 StGB. Danach ist es für die Bestimmung des Orientierungsrahmens unerheblich, ob auch die Voraussetzungen des Straftatbestandes der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB erfüllt sind.
11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 LDG NRW und § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Beschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 LDG NRW erhoben werden.