Be­schluss vom 28.06.2019 -
BVer­wG 7 B 26.18ECLI:DE:BVer­wG:2019:280619B7B26.18.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 7 B 26.18

  • VG Kas­sel - 29.10.2015 - AZ: VG 3 K 1517/14
  • VGH Kas­sel - 12.07.2018 - AZ: VGH 2 A 1763/17

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 7. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 28. Ju­ni 2019
durch
den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts Prof. Dr. Korb­ma­cher
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Schem­mer und Dr. Gün­ther
be­schlos­sen:

  1. Die Be­schwer­de der Klä­ge­rin ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on in dem Ur­teil des Hes­si­schen Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs vom 12. Ju­li 2018 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Klä­ge­rin trägt die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens.
  3. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird für das Be­schwer­de­ver­fah­ren und für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren un­ter Än­de­rung der Streit­wert­fest­set­zung des Be­ru­fungs­ge­richts auf 115 014,98 € fest­ge­setzt.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin wen­det sich ge­gen die Her­an­zie­hung zu Kos­ten ei­ner Ge­wäs­s­er­sa­nie­rung.

2 Die Klä­ge­rin ist ei­ne Spe­di­ti­on und war Hal­te­rin ei­nes Lkw, der im Sep­tem­ber 2011 auf ei­ner Bun­des­au­to­bahn ei­nen Un­fall hat­te. Da­bei ris­sen die bei­den Treib­stoff­tanks der Zug­ma­schi­ne auf und Die­sel­kraft­stoff trat aus. Er lief über die Au­to­bahn­ent­wäs­se­rung in ein Ober­flä­chen­ge­wäs­ser und ver­si­cker­te dort im Bach­bett. Die Scha­dens­stel­le liegt in ei­nem Trink­was­ser­schutz­ge­biet der Schutz­zo­ne III/III A. Ei­ne von der Un­te­ren Was­ser­be­hör­de in Auf­trag ge­ge­be­ne Ge­fähr­dungs­ab­schät­zung zu Ver­un­rei­ni­gun­gen in dem Bach­bett stell­te ei­ne Ver­schlep­pung des Die­sel­kraft­stoffs im Bach­bett über meh­re­re hun­dert Me­ter fest. Die Un­te­re Was­ser­be­hör­de gab dar­auf­hin Ar­bei­ten zur Ge­wäs­s­er­sa­nie­rung durch Bo­den­aus­tausch zur un­ver­züg­li­chen Aus­füh­rung in Auf­trag. Der Be­klag­te setz­te mit Be­scheid vom 21. De­zem­ber 2011 die von der Klä­ge­rin zu er­stat­ten­den Kos­ten für die Ge­fähr­dungs­ab­schät­zung und die an­schlie­ßen­de Sa­nie­rungs­maß­nah­me so­wie für Ver­wal­tungs­kos­ten auf 126 201,78 € fest. Die An­fech­tungs­kla­ge wies das Ver­wal­tungs­ge­richt in­so­weit ab, als ein über 11 186,80 € hin­aus­ge­hen­der Be­trag ge­for­dert wur­de. Die For­de­rung sei nur hin­sicht­lich der Kos­ten des Ge­fah­ren­er­for­schungs­ein­sat­zes und der dar­auf ent­fal­len­den Ver­wal­tungs­kos­ten ge­recht­fer­tigt. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten das Ur­teil ge­än­dert und die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen.

3 Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat die Re­vi­si­on ge­gen sein Ur­teil nicht zu­ge­las­sen. Hier­ge­gen rich­tet sich die Be­schwer­de der Klä­ge­rin.

II

4 Die auf die Zu­las­sungs­grün­de des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Vw­GO ge­stütz­te Be­schwer­de der Klä­ge­rin hat kei­nen Er­folg.

5 1. Die Re­vi­si­on ist nicht we­gen ei­nes Ver­fah­rens­feh­lers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw­GO) zu­zu­las­sen.

6 a) Die Be­schwer­de rügt zu­nächst ei­ne Ver­let­zung der Auf­klä­rungs­pflicht ge­mäß § 86 Abs. 1 Vw­GO und des Grund­sat­zes der frei­en Be­weis­wür­di­gung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO: Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ha­be ei­ner­seits an­ge­nom­men, dass es durch den Stra­ßen­ver­kehr zu Be­las­tun­gen des von den Stra­ßen ab­flie­ßen­den Nie­der­schlags­was­sers mit or­ga­ni­schen Schad­stof­fen kom­me, an­de­rer­seits ha­be er die fest­ge­stell­ten Kon­ta­mi­na­tio­nen aus­schlie­ß­lich dem Un­fall zu­ge­rech­net. Dies sei wi­der­sprüch­lich und ver­sto­ße ge­gen Denk­ge­set­ze. Mit die­sem Vor­brin­gen hat die Be­schwer­de Ver­fah­rens­feh­ler nicht hin­rei­chend dar­ge­legt (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO).

7 Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat wei­te­re Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen durch ein zu­sätz­li­ches ge­richt­li­ches Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ab­ge­lehnt, weil es nach den Fest­stel­lun­gen des Sa­nie­rungs­un­ter­neh­mens und der Un­te­ren Was­ser­be­hör­de zu den Die­sel­auf­la­ge­run­gen auf Was­ser­res­ten im Bach­lauf und der Aus­brei­tung des Die­sel­ge­ruchs un­mit­tel­bar nach dem Un­fall wei­te­rer Er­mitt­lun­gen nicht be­dür­fe. Dies ist ver­fah­rens­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

8 Liegt zu ei­ner er­heb­li­chen Tat­sa­che be­reits ein Gut­ach­ten vor, rich­tet sich die Ent­schei­dung über ei­nen An­trag auf Ein­ho­lung ei­nes wei­te­ren Gut­ach­tens nach § 98 Vw­GO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO. Das dem Ge­richt da­bei zur Be­stim­mung von Art und An­zahl ein­zu­ho­len­der Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zu­ste­hen­de Er­mes­sen wird nur dann ver­fah­rens­feh­ler­haft aus­ge­übt, wenn das Ge­richt von der Ein­ho­lung wei­te­rer Gut­ach­ten oder gut­ach­ter­li­cher Stel­lung­nah­men ab­sieht, ob­wohl die Not­wen­dig­keit die­ser wei­te­ren Be­weis­er­he­bung sich ihm hät­te auf­drän­gen müs­sen (BVer­wG, Ur­teil vom 15. Ok­to­ber 1985 - 9 C 3.85 - Buch­holz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38 und Be­schluss vom 6. Ok­to­ber 1987 - 9 C 12.87 - Buch­holz 310 § 98 Vw­GO Nr. 31 S. 1 f.). Hier­nach ist es nicht zu be­an­stan­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Ein­ho­lung ei­nes wei­te­ren Gut­ach­tens ab­ge­lehnt hat. Die Be­schwer­de legt in kei­ner Wei­se dar, dass das Gut­ach­ten des Bau­grund-In­sti­tuts vom 14. No­vem­ber 2011, das die un­fall­be­ding­ten Ver­un­rei­ni­gun­gen durch den aus­ge­lau­fe­nen Die­sel­kraft­stoff ein­ge­hend dar­stellt, un­ge­nü­gend war. Nach den im Be­ru­fungs­ur­teil wie­der­ge­ge­be­nen Fest­stel­lun­gen des Gut­ach­tens be­stand nicht ein­mal ei­ne ge­wis­se Wahr­schein­lich­keit da­für, dass die kon­kre­ten Ver­un­rei­ni­gun­gen von an­de­ren Ver­kehrs­teil­neh­mern ver­ur­sacht wor­den wa­ren. Mit­hin be­stand auch nicht der von der Be­schwer­de gel­tend ge­mach­te Wi­der­spruch in den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs. Ein Ver­stoß bei der Über­zeu­gungs­bil­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs und da­mit ei­ne Ver­let­zung von § 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO schei­det da­her eben­falls aus.

9 b) So­weit die Be­schwer­de ei­ne un­zu­rei­chen­de Sach­ver­halts­er­mitt­lung im Hin­blick auf ei­ne Grund­was­ser­ge­fähr­dung mo­niert, führt auch die­se Rü­ge nicht zum Er­folg. Die Dar­le­gung der Be­schwer­de, dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hät­te sich die Ein­ho­lung ei­nes wei­te­ren Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens auf­drän­gen müs­sen, weil das von dem Be­klag­ten be­auf­trag­te Un­ter­neh­men den im Ge­fah­ren­er­for­schungs­be­richt an­ge­nom­me­nen Ge­fah­ren­ver­dacht nach Durch­füh­rung der von ihr selbst emp­foh­le­nen Sa­nie­rung nach­träg­lich nicht mehr re­vi­die­ren wer­de, ist ei­ne blo­ße Be­haup­tung ins Blaue hin­ein. Zwar hat­te sich der ers­te Grund­was­ser­lei­ter ent­ge­gen der ur­sprüng­li­chen An­nah­me nicht in ei­ner Tie­fe von 4 bis 6 m be­fun­den, son­dern es war mit ihm nach den Er­kennt­nis­sen aus den Sa­nie­rungs­ar­bei­ten in ei­ner Tie­fe von ca. 30 m un­ter Ge­län­de­ober­kan­te zu rech­nen. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof führt aber im Wei­te­ren aus, dass die Ge­fahr ei­nes Über­tritts der Schad­stof­fe in das Grund­was­ser mög­li­cher­wei­se ge­rin­ger ge­wor­den, die Be­sorg­nis auf­grund der geo­lo­gi­schen Be­schrei­bung des Sa­nie­rungs­ge­biets aber nicht aus­ge­schlos­sen sei. Da­mit muss­te sich dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ei­ne wei­te­re Sach­ver­stän­di­gen­be­gut­ach­tung nicht auf­drän­gen.

10 c) Wenn die Be­schwer­de fer­ner be­an­stan­det, dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ver­fah­rens­feh­ler­haft vier Be­weis­fra­gen zur geo­lo­gi­schen Si­tua­ti­on und zur wei­te­ren Aus­brei­tung von Schad­stof­fen wie Die­sel­kraft­stoff man­gels Ent­schei­dungs­er­heb­lich­keit ab­ge­lehnt hat, ist ein Auf­klä­rungs­man­gel eben­falls nicht dar­ge­legt. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat dar­auf ab­ge­ho­ben, dass die Fra­ge­stel­lun­gen in ih­rer All­ge­mein­heit zu be­ja­hen sein dürf­ten, aber nicht zur Klä­rung bei­tra­gen könn­ten, ob in der kon­kre­ten Kon­stel­la­ti­on ei­ne Ver­un­rei­ni­gung des Grund­was­sers zu be­sor­gen ge­we­sen sei. Die­se An­nah­me be­geg­net kei­nen durch­grei­fen­den Be­den­ken. So­weit der vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ak­zep­tier­te Sa­nie­rungs­ziel­wert von der Be­schwer­de be­an­stan­det wird, mo­niert sie die An­wen­dung sach­li­chen Rechts und nicht die Ver­let­zung von Ver­fah­rens­recht.

11 d) Die Be­schwer­de kann sich auch nicht auf ei­nen Ver­stoß ge­gen § 86 Abs. 3 Vw­GO we­gen der Ab­leh­nung des Be­weis­an­trags oh­ne vor­he­ri­gen rich­ter­li­chen Hin­weis be­ru­fen. Das Ge­richt war nicht nach die­ser Vor­schrift, wo­nach der Vor­sit­zen­de dar­auf hin­zu­wir­ken hat, dass sach­dien­li­che An­trä­ge ge­stellt wer­den, ver­pflich­tet, vor der Ent­schei­dung über die Be­weis­an­trä­ge auf ih­re man­geln­de Er­heb­lich­keit hin­zu­wei­sen oder ord­nungs­ge­mä­ße Be­weis­an­trä­ge vor­zu­for­mu­lie­ren. Nach die­ser Ver­fah­rens­be­stim­mung soll ver­hin­dert wer­den, dass die Durch­set­zung von Rech­ten an der Un­er­fah­ren­heit, Un­be­hol­fen­heit oder der man­geln­den Rechts­kennt­nis ei­nes Be­tei­lig­ten schei­tert. Die Pflicht ge­mäß § 86 Abs. 3 Vw­GO darf nicht mit Rechts­be­ra­tung ver­wech­selt wer­den. Das gilt ins­be­son­de­re dann, wenn ein Be­tei­lig­ter an­walt­lich ver­tre­ten wird (vgl. BVer­wG, Be­schlüs­se vom 6. Ju­li 2001 - 4 B 50.01 - ju­ris Rn. 11 und vom 23. Ok­to­ber 2008 - 4 B 30.08 - ju­ris Rn. 14).

12 2. Die Re­vi­si­on ist nicht we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO) zu­zu­las­sen.

13 Grund­sätz­lich be­deut­sam ist ei­ne Rechts­sa­che nur dann, wenn in dem an­ge­streb­ten Re­vi­si­ons­ver­fah­ren die Klä­rung ei­ner bis­her höchst­rich­ter­lich un­ge­klär­ten, in ih­rer Be­deu­tung über den der Be­schwer­de zu­grun­de lie­gen­den Ein­zel­fall hin­aus­ge­hen­den klä­rungs­be­dürf­ti­gen und ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­ge des re­vi­si­blen Rechts (§ 137 Abs. 1 Vw­GO) zu er­war­ten ist (vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 26. Ja­nu­ar 2017 - 7 B 3.16 - Buch­holz 445.4 § 33 WHG Nr. 2 Rn. 8). Die Rechts­fra­ge und der Klä­rungs­be­darf müs­sen in der Be­schwer­de­be­grün­dung dar­ge­legt wer­den (§ 133 Abs. 3 Satz 3 Vw­GO).

14 a) Die Fra­ge,
"Ist es ge­mäß § 37 VwVfG ge­ne­rell un­zu­läs­sig, in ei­ner was­ser­recht­li­chen An­ord­nung im Hin­blick auf die vom Be­schei­d­adres­sa­ten vor­zu­neh­men­den Si­che­rungs- oder Sa­nie­rungs­maß­nah­men auf ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zu ver­wei­sen, das bei Be­schei­der­lass noch nicht vor­liegt?",
ist nicht rechts­grund­sätz­lich be­deut­sam, weil sie sich auf der Grund­la­ge der vor­han­de­nen Recht­spre­chung be­ant­wor­ten lässt. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ver­tritt in Über­ein­stim­mung mit dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter (Ur­teil vom 11. Ju­ni 1992 - 20 A 2480/89 - NVwZ 1993, 1000) die Auf­fas­sung, dass ei­ne Sa­nie­rungs­an­ord­nung den An­for­de­run­gen an die hin­rei­chen­de Be­stimmt­heit ei­nes Ver­wal­tungs­akts nach § 37 Abs. 1 VwVfG HE zu ent­spre­chen ha­be und da­her ei­ne was­ser­recht­li­che Ver­fü­gung kon­kret be­zeich­nen müs­se, wel­che Maß­nah­men von den Ver­ant­wort­li­chen ver­langt wür­den. Die­se Auf­fas­sung zur Be­stimmt­heit ei­nes Ver­wal­tungs­akts ent­spricht der­je­ni­gen des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts. Das Be­stimmt­heits­ge­bot in § 37 Abs. 1 VwVfG be­deu­tet zum ei­nen, dass der Adres­sat des Ver­wal­tungs­akts in der La­ge sein muss, das von ihm Ge­for­der­te zu er­ken­nen. Zum an­de­ren muss der Ver­wal­tungs­akt ei­ne ge­eig­ne­te Grund­la­ge für sei­ne zwangs­wei­se Durch­set­zung bil­den. Im Ein­zel­nen rich­ten sich die An­for­de­run­gen an die not­wen­di­ge Be­stimmt­heit nach den Be­son­der­hei­ten des je­weils an­zu­wen­den­den ma­te­ri­el­len Rechts (stRspr, et­wa BVer­wG, Ur­tei­le vom 15. Fe­bru­ar 1990 - 4 C 41.87 - BVer­w­GE 84, 335 <338> und vom 20. April 2005 - 4 C 18.03 - BVer­w­GE 123, 261 <283>). Vor die­sem Hin­ter­grund liegt es auf der Hand, dass ei­ne was­ser­recht­li­che Sa­nie­rungs­maß­nah­me erst an­ge­ord­net wer­den kann, nach­dem der Scha­den und die ge­eig­ne­te Ab­hil­fe­maß­nah­me be­stimmt wur­den. Dem dien­te hier das an­ge­for­der­te Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten. Wei­te­ren Klä­rungs­be­darf macht die Be­schwer­de nicht sub­stan­ti­iert gel­tend; er ist auch nicht er­sicht­lich.

15 b) Die wei­te­re Fra­ge,
"Stellt der was­ser­recht­li­che 'Be­sorg­nis­grund­satz' bei Maß­nah­men der Ge­wäs­ser­auf­sicht das ma­ß­geb­li­che was­ser­recht­li­che Schutz­ni­veau dar? Falls ja: Gilt dies auch auf der der Ge­fah­ren­ab­wehr nach­ge­la­ger­ten Kos­ten- bzw. Se­kun­därebe­ne?",
recht­fer­tigt eben­falls nicht die Zu­las­sung der Re­vi­si­on.

16 Die Ant­wort auf den ers­ten Teil der Rechts­fra­ge er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­schwer­de an­hand der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts.

17 Der Be­sorg­nis­grund­satz in § 32 Abs. 2, § 45 Abs. 2 und § 48 Abs. 1 und 2 WHG ge­bie­tet um­fas­send, je­der auch noch so we­nig na­he lie­gen­den Wahr­schein­lich­keit ei­ner schäd­li­chen Ver­än­de­rung der Ge­wäs­ser­be­schaf­fen­heit vor­zu­beu­gen (BVer­wG, Ur­tei­le vom 16. Ju­li 1965 - 4 C 54.65 - Buch­holz 445.4 § 34 WHG Nr. 1 und vom 26. Ju­ni 1970 - 4 C 99.67 - Buch­holz 445.4 § 34 WHG Nr. 2). Wird ei­ne nach die­sen Maß­stä­ben mit dem Was­ser­haus­halts­ge­setz un­ver­ein­ba­re Ge­fähr­dung oder Be­ein­träch­ti­gung der Was­ser­wirt­schaft ver­ur­sacht, so ist da­durch die öf­fent­li­che Si­cher­heit und Ord­nung auch dann be­trof­fen, wenn die abs­trakt-ty­pi­schen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes spe­zi­el­len Tat­be­stan­des des Was­ser­haus­halts­ge­set­zes nicht er­füllt sind (BVer­wG, Ur­teil vom 16. No­vem­ber 1973 - 4 C 44.69 - Buch­holz 445.4 § 3 WHG Nr. 3; Gö­ßl, in: Sied­ler/Zeit­ler/Dah­me/Knopp, WHG - Ab­wAG, Stand Ju­ni 2018, § 100 WHG Rn. 81; Böh­me, in: Be­ren­des/Frenz/Müg­gen­borg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 48 Rn. 6). Ei­ne schäd­li­che Ver­un­rei­ni­gung des Grund­was­sers oder ei­ne sons­ti­ge nach­hal­ti­ge Ver­än­de­rung sei­ner Ei­gen­schaf­ten ist da­her im­mer schon dann zu be­sor­gen, wenn die Mög­lich­keit ei­nes ent­spre­chen­den Scha­dens­ein­tritts nach den ge­ge­be­nen Um­stän­den und im Rah­men ei­ner sach­lich ver­tret­ba­ren, auf kon­kre­ten Fest­stel­lun­gen be­ru­hen­den Pro­gno­se nicht von der Hand zu wei­sen ist (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 12. Sep­tem­ber 1980 - 4 C 89.77 - Buch­holz 445.4 § 31 WHG Nr. 5). Die­ser Maß­stab hat we­gen der all­ge­mei­nen Gel­tung des Be­sorg­nis­grund­sat­zes im Was­ser­haus­halts­ge­setz auch Be­deu­tung für die was­ser­recht­li­che Ge­ne­ral­klau­sel des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG (vgl. Gö­ßl, in: Sied­ler/Zeit­ler/Dah­me/Knopp, WHG - Ab­wAG, Stand Ju­ni 2018, § 100 WHG Rn. 81; Czy­chow­ski/Rein­hardt, WHG, 12. Aufl. 2018, § 100 Rn. 37). So­weit die Be­schwer­de zwi­schen dem Vor­sor­ge­prin­zip, dem der Be­sorg­nis­grund­satz zu­zu­ord­nen sei, und der Ge­wäs­ser­auf­sicht im Sin­ne von § 100 Abs. 1 WHG, die der Ge­fah­ren­ab­wehr zu­zu­ord­nen sei, un­ter­schei­den und dar­aus die Grund­satz­fra­ge ei­nes un­ter­schied­li­chen Wahr­schein­lich­keits­maß­stabs ab­lei­ten will, geht die­se An­nah­me da­her fehl.

18 Der zwei­te Teil der Rechts­fra­ge ist nicht klä­rungs­fä­hig. Die Dar­le­gun­gen der Be­schwer­de zu dem von dem Be­klag­ten an­ge­wand­ten Sa­nie­rungs­ziel­wert, den er aus nicht un­mit­tel­bar ein­schlä­gi­gen Vor­sor­ge­wer­ten ab­ge­lei­tet und der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ak­zep­tiert ha­be, be­tref­fen hin­ge­gen die Art und Wei­se der An­wen­dung des was­ser­recht­li­chen Be­sorg­nis­grund­sat­zes im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren. Dies gilt auch für den Be­schwer­de­vor­trag, der Be­klag­te hät­te ei­nen ober­halb des Vor­sor­ge­werts lie­gen­den Sa­nie­rungs­ziel­wert fest­le­gen müs­sen oder es hät­te zu­min­dest auf der streit­ge­gen­ständ­li­chen Kos­ten- und Se­kun­därebe­ne Rech­nung ge­tra­gen wer­den müs­sen. Ob und in­wie­weit der Kos­ten­er­satz für die un­mit­tel­ba­re Aus­füh­rung ei­ner Maß­nah­me in vol­ler Hö­he zu leis­ten ist, ist ei­ne Fra­ge des Ein­zel­falls und des Hes­si­schen Lan­des­rechts (vgl. § 8 Abs. 2 SOG HE), mit­hin ir­re­vi­si­blen Rechts. Der was­ser­recht­li­che Be­sorg­nis­grund­satz ist in­so­weit nicht ein­schlä­gig.

19 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 Vw­GO. Die Streit­wert­fest­set­zung be­ruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG und § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.