Beschluss vom 26.03.2007 -
BVerwG 4 BN 10.07ECLI:DE:BVerwG:2007:260307B4BN10.07.0
Beschluss
BVerwG 4 BN 10.07
- Hamburgisches OVG - 01.11.2006 - AZ: OVG 2 E 5/01.N
In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Gatz
beschlossen:
- Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 1. November 2006 wird zurückgewiesen.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.
Gründe
1 Die auf Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin beimisst.
3 Soweit die aufgeworfenen Rechtsfragen die Ermittlung und Feststellung des abwägungserheblichen Materials bei der Überplanung eines bebauten Gebietes betreffen, sind sie nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise für eine Vielzahl von Fällen klärungsfähig. Die Fragen sind auf die tatsächlichen Umstände des vorliegenden Streitfalles zugeschnitten und stellen in der Sache Angriffe auf die vorinstanzliche Tatsachenfeststellung und Sachverhaltswürdigung dar. Soweit das weitere Beschwerdevorbringen die Entscheidungserheblichkeit dieser Rechtsfragen begründen soll, erschöpft es sich nach Art einer Berufungsbegründung in der inhaltlichen Kritik der normenkontrollgerichtlichen Rechtsanwendung. Auf diese Weise kann die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache in einem Beschwerdeverfahren, das sich gegen die Nichtzulassung der Revision richtet, nicht dargelegt werden.
4 Die Rechtsfragen, die die Beschwerde zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen am Maßstab des Bundesimmissionsschutzgesetzes und zur Herabzonung eines Wohngebietes zu einem Mischgebiet aufwirft, wären wegen ihres Abstraktionsgrades und ihrer sehr weiten Fassung in einem Revisionsverfahren nicht in rechtsgrundsätzlicher Weise klärungsfähig. Vor dem Hintergrund des weiteren Beschwerdevorbringens sind auch diese Grundsatzrügen dahin zu verstehen, dass die Antragstellerin eine erneute Überprüfung der vom Normenkontrollgericht als entscheidungserheblich angesehenen Rechtsfragen anstrebt. Fallübergreifende Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zeigt die Beschwerde auch insoweit nicht auf. Allein das Bestreben, in einem künftigen Revisionsverfahren den gesamten Rechtsstoff, der Gegenstand des Normenkontrollurteils geworden ist, erneut aufzubereiten, kann die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht rechtfertigen.
5 2. Die erhobenen Divergenzrügen greifen nicht durch.
6 2.1 Das Normenkontrollgericht ist nicht von tragenden abstrakten Rechtssätzen abgewichen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinen Entscheidungen vom 21. März 2002 - BVerwG 4 CN 14.00 - (BVerwGE 116, 144) und vom 6. Februar 2003 - BVerwG 4 BN 5.03 - (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 116) aufgestellt hat.
7 Nach den vorgenannten Entscheidungen ist § 1 Abs. 3 BauGB verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. Ein Bebauungsplan, dessen Verwirklichung im Zeitpunkt seines Inkrafttretens dauerhafte Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art entgegenstehen, ist danach unwirksam. Eine Planung, deren Umsetzung objektiv vor nicht überwindbaren Hindernissen steht, verfehlt ihren gestaltenden Auftrag. Ein Bebauungsplan ist deshalb auch nicht vollzugsfähig, wenn seine Verwirklichung an immissionsschutzrechtlichen Anforderungen scheitern müsste (vgl. hierzu auch Urteil vom 12. August 1999 - BVerwG 4 CN 4.98 - BVerwGE 109, 246 <249 f.>).
8 In Anknüpfung an diese Rechtsprechung hat das Normenkontrollgericht im Einzelnen ausgeführt, dass die umstrittene Ausweisung des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstücks als Mischgebiet aufgrund der Verhältnisse im Plangebiet nicht von vornherein auf unabsehbare Zeit unüberwindbaren Hindernissen ausgesetzt und der Plan insoweit per se nicht verwirklichungsunfähig sei (UA S. 17). Die Vorinstanz hat ferner begründet, dass die Immissionssituation im Plangebiet einer Verwirklichung der getroffenen Ausweisungen zum Zeitpunkt der Planaufstellung nicht entgegengestanden habe (UA S. 15 f.). Eine gebietsverträgliche Zuordnung der vorgesehenen Ausweisungen sei deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Divergenzrüge der Beschwerde trägt diesen Urteilsgründen nicht hinreichend Rechnung. Sie erschöpft sich auch insoweit in einer Entscheidungskritik. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wird jedoch nicht dargelegt, wenn lediglich die unrichtige Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten und vom Normenkontrollgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes in dem zu entscheidenden Einzelfall geltend gemacht wird.
9 2.2 Entgegen der Beschwerde weicht das Normenkontrollurteil auch nicht von den Rechtssätzen zu den Grenzen einer zulässigen Konfliktverlagerung auf ein der Bebauungsplanung nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren ab, die in dem von der Beschwerde angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 1994 - BVerwG 4 NB 25.94 - (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75) genannt werden. Danach darf die Gemeinde von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Planverwirklichung sichergestellt ist. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung sind überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offengelassene Interessenkonflikt auch in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht lösen lassen wird (vgl. auch Beschluss vom 25. August 1997 - BVerwG 4 BN 4.97 - ZfBR 1997, 328). Im Einklang mit diesen Grundsätzen kommt das Normenkontrollgericht zu dem Ergebnis, dass die Bewältigung der immissionsschutzrechtlichen Probleme, die der umstrittene Bebauungsplan aufwirft, unter weitestgehender Einhaltung der Immissionswerte für Mischgebiete deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen sei und in einem entsprechenden Genehmigungsverfahren sichergestellt werden könne (UA S. 26). Die Beschwerde gibt diesen Inhalt der Entscheidungsgründe verkürzt wieder und gelangt deshalb zu einer fehlerhaften Einschätzung der vorinstanzlichen Urteilsgründe.
10 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.