Beschluss vom 24.03.2021 -
BVerwG 4 BN 46.20ECLI:DE:BVerwG:2021:240321B4BN46.20.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.03.2021 - 4 BN 46.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:240321B4BN46.20.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 46.20

  • OVG Münster - 26.02.2020 - AZ: OVG 7 D 49/16.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. März 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Külpmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst.

2 Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 4). Dabei ist der Senat auf die von der Beschwerdeführerin fristgerecht vorgetragenen Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt (BVerwG, Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - 1 B 24.09 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 10 Rn. 4 und vom 8. Oktober 2020 - 4 BN 60.19 - juris Rn. 5).

3 Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen,
ob eine Regelung in einem Landesentwicklungsplan, die landesweit ohne Unterscheidung nach örtlichen Gegebenheiten, der raumordnerischen Einstufung und Größe der konkreten Gemeinde vorschreibt, dass großflächiger Einzelhandel im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO nur in zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden darf, und die den Gemeinden fast keinen Raum für einzelfallbezogene Lösungen lässt, ein verhältnismäßiges und damit wirksames Ziel der Raumordnung sein kann, das bei der Aufstellung von Bebauungsplänen gemäß § 1 Abs. 4 BauGB zu beachten ist.

4 Die Beschwerde legt die grundsätzliche Bedeutung der Frage nicht dar. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Bebauungsplan wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 4 BauGB unwirksam, weil er nicht an das Ziel Nr. 2 und 10 des sachlichen Teilplans großflächiger Einzelhandel zum LEP NRW (sachlicher Teilplan) in der Fassung vom 11. Juli 2013 (GV. NRW. 2013, 420), fortgeltend als Ziel Nr. 6.5-2 und 6.5 -10 des LEP NRW (GV. NRW. 2017, 122) angepasst ist. Die Beschwerde möchte insoweit der Sache nach klären lassen, ob eine zu detaillierte, pauschale und restriktive Regelung zur Ansiedlung von großflächigem Einzelhandel ein wirksames Ziel der Raumordnung sein könne. Damit wirft sie die Frage nach der Vereinbarkeit des Landesrechts mit bundesrechtlichen Regelungen auf. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht gerügt, so ist näher darzulegen, inwieweit der bundesrechtliche Maßstab seinerseits entscheidungserhebliche ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. April 2014 - 4 BN 3.14 - BRS 82 Nr. 1 Rn. 4, vom 7. Oktober 2014 - 4 B 22.14 - BRS 82 Nr. 151 Rn. 12 und vom 26. August 2019 - 4 BN 1.19 - juris Rn. 19 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 139). In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein Ziel der Raumordnung nur rechtmäßig ist, wenn es verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen ist. Eine Zielfestlegung, die in der Bauleitplanung nicht umsetzungsfähig ist, schränkt die gemeindliche Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 GG in unzulässiger Weise ein (BVerwG, Urteil vom 10. November 2011 - 4 CN 9.10 - BVerwGE 141, 144 Rn. 5; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2010 - 4 C 8.10 - BVerwGE 138, 301 Rn. 16 ff.). Die Kritik der Beschwerde erschöpft sich in dem Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe die Ziele der Raumordnung im Einzelfall als unverhältnismäßige Beschränkungen der gemeindlichen Planungshoheit erkennen müssen. Sie zeigt aber nicht auf, welcher grundsätzliche Klärungsbedarf hinsichtlich des bundesrechtlichen Maßstabs aus ihrer Sicht besteht.

5 Auf einen solchen Klärungsbedarf führt auch nicht die Frage, ab welchem Grad der Regelungsdichte eine Regelung zu Standorten des großflächigen Einzelhandels in einem Landesentwicklungsplan zu weitgehend und damit übergriffig ist, um ein wirksames Ziel der Raumordnung sein zu können. Denn sie ist so unbestimmt formuliert, dass sie für eine Vielzahl gedachter Fallgestaltungen einer Antwort zugänglich ist. Es ist indes nicht Aufgabe der Revisionsinstanz, abstrakte Rechtsfragen im Stil einer Kommentierung für alle denkbaren Sachverhaltsvarianten aufzuarbeiten (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 21. März 2018 - 4 BN 2.18 - ZfBR 2018, 469 Rn. 2, vom 12. Juni 2018 - 4 BN 28.17 - BauR 2018, 1724 Rn. 13 und vom 1. Juli 2020 - 4 BN 49.19 - juris Rn. 5).

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.