Beschluss vom 21.07.2005 -
BVerwG 9 B 9.05ECLI:DE:BVerwG:2005:210705B9B9.05.0
Beschluss
BVerwG 9 B 9.05
- OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 25.01.2005 - AZ: OVG 4 P 3/05
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. E i c h b e r g e r
und D o m g ö r g e n
beschlossen:
- Die "außerordentliche Beschwerde" der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes
- Sachsen-Anhalt vom 25. Januar 2005 wird verworfen.
- Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 178,34 € festgesetzt.
Der als "außerordentliche Beschwerde" bezeichnete Rechtsbehelf ist unzulässig.
Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts sind gemäß § 152 Abs. 1 VwGO - vorbehaltlich der dort aufgeführten (hier nicht vorliegenden) Sonderfälle - nicht mit einem Rechtsmittel zum Bundesverwaltungsgericht angreifbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch in Fällen geltend gemachter "greifbarer Gesetzeswidrigkeit" seit der Einfügung des § 321 a in die Zivilprozessordnung durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) kein Raum mehr für eine Befassung des Gerichts der nächst höheren Instanz mit außerordentlichen Rechtsbehelfen. Denn der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entscheidung ist zu entnehmen, dass eine im Rechtsmittelzug nicht mögliche Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung aufgrund eines außerordentlichen Rechtsbehelfs demjenigen Gericht vorbehalten bleiben soll, das die Entscheidung erlassen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Mai 2002 - BVerwG 6 B 28.02 und 6 B 29.02 - Buchholz 310 § 152 VwGO Nr. 14 = NJW 2002, 2657, vom 5. Oktober 2004 - BVerwG 2 B 90.04 - NVwZ 2005, 232 und vom 17. Januar 2005 - BVerwG 10 B 1.05 - n.v.). Die von den Antragstellern zur Untermauerung der Statthaftigkeit des eingelegten Rechtsbehelfs angeführte frühere Rechtsprechung und Literatur ist insoweit überholt.
Dies gilt um so mehr seit Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220). Durch dieses Gesetz wurden mit dem neuen § 152 a VwGO und entsprechenden Bestimmungen in andere Prozessordnungen außerordentliche Rechtsbehelfe bei erheblichen Gehörsverletzungen in Form der Fortführung des gerichtlichen Verfahrens in der betreffenden Instanz eingeführt. Auch danach ist eine Befassung der nächsthöheren Instanz mit der Sache nicht vorgesehen, § 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. Bader, VwGO, Kommentar, 3. Aufl. 2005, § 152 Rn. 5, § 152 a Rn. 2).
Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht das Vorbringen der Antragsteller in deren Schriftsatz vom 5. Januar 2005 bereits im hier angegriffenen Beschluss vom 25. Januar 2005 (auch) als Anhörungsrüge gemäß § 152 a VwGO behandelt. Es hat außerdem ihr Vorbringen in dem weiteren - parallel zum hier behandelten Rechtsbehelf - ebenfalls unter dem 15. Februar 2005 eingereichten Schriftsatz in dem weiteren Beschluss vom 18. Februar 2005 erneut unter diesem Aspekt beschieden. Damit ist dem Gesetz Genüge getan. Denn der Sache nach machen die Antragsteller mit den genannten Schriftsätzen wie auch mit ihrer vorliegenden "außerordentlichen Beschwerde" geltend, dass das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2004, mit dem es den erstinstanzlichen Beschluss gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO geändert hat, und im hier angegriffenen Beschluss vom 25. Januar 2005 ihr früheres (erstinstanzliches) Vorbringen nicht (hinreichend) gewürdigt habe. Sie erheben also im Kern eine Anhörungsrüge. Da diese vom Oberverwaltungsgericht beschieden ist, ist dagegen kein weiterer Rechtsbehelf möglich (§ 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Unabhängig davon wäre der an das Bundesverwaltungsgericht gerichtete Rechtsbehelf auch aus sachlichen Gründen ohne Erfolg geblieben. Die Antragsteller legen bereits nicht hinreichend dar, dass und warum der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2005, wie dies die Annahme einer "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" voraussetzen würde, in einem erhöhten Maße an schwerwiegenden Mängeln leide und mit der Rechtsordnung schlechthin unvereinbar sei. Das ist auch nach Aktenlage nicht ersichtlich. Entgegen dem Vortrag der Antragsteller ist das Oberverwaltungsgericht vielmehr bereits im Beschluss vom 20. Dezember 2004 (Beschlussabdruck ab S. 4 unten) sehr wohl auf ihr erstinstanzliches Vorbringen eingegangen; es hat namentlich zu dem Einwand der unterbliebenen Satzungsveröffentlichung im Ortsteil Heyrothsberge, zur Auslegung von § 10 Abs. 1 SABS 2001, zu einer etwaigen Verjährung der Beitragsforderung und zu Fragen des beitragsfähigen Aufwands Stellung genommen, so dass schon von daher ein Gehörsverstoß ausscheidet. Dass das Oberverwaltungsgericht auf weitere Einwände der Antragsteller zu Detailfragen der Beitragserhebung nicht näher eingegangen ist, sondern deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorbehalten hat, vor allem weil sie - nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts - diese nicht dem Grunde nach in Frage stellen, sondern allenfalls geringen Einfluss auf die Höhe des Beitrags haben würden, begründet ebenfalls keine greifbare Gesetzwidrigkeit, namentlich keinen Gehörsverstoß. Denn zum einen entspricht es dem in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblichen Prüfungsmaßstab, dass bei der insoweit nur möglichen summarischen Prüfung der Rechtslage allein ernstliche, d.h. überwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides eine Anordnung der kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs rechtfertigen können. Zum anderen verlangt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht, dass jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen einer gerichtlichen Entscheidung ausdrücklich beschieden wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - BVerfGE 87, 363 <392 f.>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes auf § 72 Nr. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG; sie entspricht einem Viertel des nach § 52 Abs. 3 GKG für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes (vgl. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).