Beschluss vom 05.10.2022 -
BVerwG 1 WB 48.22ECLI:DE:BVerwG:2022:051022B1WB48.22.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 05.10.2022 - 1 WB 48.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:051022B1WB48.22.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 48.22
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke
am 5. Oktober 2022 beschlossen:
- 1. Das gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B und den Richter am Bundesverwaltungsgericht C gerichtete Ablehnungsgesuch wird verworfen.
- 2. Das gegen die ehrenamtlichen Richter D und E gerichtete Ablehnungsgesuch wird verworfen und das gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht F, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G und den Richter am Bundesverwaltungsgericht H gerichtete Ablehnungsgesuch zurückgewiesen.
Gründe
I
1 1. Das gegen die ehrenamtlichen Richter D und E sowie gegen die Richterin am Bundesverwaltungsgericht F, den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G und den Richter am Bundesverwaltungsgericht H gerichtete Ablehnungsgesuch des Soldaten ist gestellt in dem seit dem 18. Juli 2022 anhängigen Anhörungsrügeverfahren, das sich auf das vom 1. Wehrdienstsenat am 7. Juli 2022 in dieser Besetzung entschiedene Wehrbeschwerdeverfahren - 1 WB 2.22 – (Wehrbeschwerdeverfahren) bezieht.
2 2. In dem Wehrbeschwerdeverfahren war der Antrag des Soldaten, die Pflicht zur Duldung der COVID-19-Impfung zu stoppen und eine sachgerechte Entscheidung zu treffen, die der Menschlichkeit entspreche, zurückgewiesen worden. Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht schriftlich vor. Die mündliche Entscheidungsbegründung ist in ihren Grundzügen der Pressemitteilung Nr. 44/2022 des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2022 zu entnehmen.
3 3. Zur Begründung des Ablehnungsgesuchs lässt der anwaltlich vertretene Soldat im Wesentlichen vortragen:
4 a) Das Ablehnungsgesuch richte sich auch gegen die ehrenamtlichen Richter, selbst wenn sie im Anhörungsrügeverfahren nicht zu beteiligen seien. Denn sie seien bei einer Fortsetzung des Verfahrens gleichermaßen mit dem bösen Schein behaftet, den Rechtsstreit nicht mehr objektiv zu entscheiden. Die Anhörungsrüge bleibe als Annex Teil der Hauptsache und führe wieder zu ihr zurück, weshalb auch über die Befangenheit der ehrenamtlichen Richter zu befinden sei. Zudem sei das Wehrbeschwerdeverfahren noch nicht beendet, weil keine schriftlichen Entscheidungsgründe vorlägen.
5 b) Die Besorgnis der Befangenheit ergebe sich daraus, dass die abgelehnten Richter seine Wehrbeschwerde mit einer Begründung abgewiesen hätten, die eine höchst willkürliche Befassung mit seinem Vortrag und den Ergebnissen der Beweisaufnahme zeige. Es sei - angesichts zahlreicher, im Internet abrufbarer Erkenntnisse, auf die erneut verwiesen werde – "unfassbar", dass sich die abgelehnten Richter über eindeutige Befunde sowie gesetzliche Vorgaben hinweggesetzt hätten. Kein Mensch könne "noch ernsthaft dementieren", dass COVID-19-Injektionen mit erheblichen Risiken für Leben und Gesundheit der Geimpften verbunden seien, die sich schon hunderttausendfach realisiert hätten. Die Befragung der Experten des Robert Koch Instituts (RKI) und des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) habe überdeutlich bestätigt, dass deren Arbeitsweise gesetzliche Pflichten verletze und teilweise so mangelhaft und stümperhaft organisiert sei, dass sie der Öffentlichkeit keine validen Daten geliefert hätten, auf die man eine Impfpflicht stützen könne. Diese "institutionalisierte Täuschung" sei offensichtlich; zudem liege eine neue Meta-Studie vor, die die weitgehende Wirkungslosigkeit von COVID-19-Impfungen auch gegen frühere Varianten belege.
6 Den Senat habe dies nicht ansatzweise interessiert und er habe dem über 1 000 Seiten (nebst Anlagen) umfassenden Vortrag in Wahrheit kein Gehör geschenkt, sondern "bloß ein politisches Glaubens- und Treuebekenntnis" bekannt gegeben. Die Senatsentscheidung sei ein unerträglicher richterlicher Willkürakt, weil es keine Pflicht zur Aufopferung des eigenen Lebens für andere, keine Pflicht, gesundheitliche Schäden hinnehmen zu müssen, um andere angeblich zu schützen, und kein Recht eines Dritten gebe, darüber befinden zu dürfen. Erläuterungen des Bundesgesundheitsministers zur Todesgefahr ließen Gedanken zum Schießbefehl in der DDR aufkommen. Allein aus politischen Gründen seien von den Richtern sämtliche prozessuale Rechtsgrundsätze zur Beweiswürdigung über Bord geworfen worden, um der Beschwerdegegnerin beim Vollzug ihres Genexperiments an der gesamten Bundeswehr zu helfen. Die Ignoranz des Senats sei derart perfide, dass sich der Soldat für die rechtsprechende Gewalt schäme. Die Exekutive habe augenscheinlich eine derartige Dominanz, dass die Justiz und mutmaßlich auch der Senat "an die Wand gedrückt" worden seien. Seit der Wehrbeschwerdeentscheidung wüssten alle Soldaten, dass nicht mehr das Bundesministerium der Verteidigung für Gesundheitsschäden und Tote bei der Bundeswehr verantwortlich sei, sondern der Senat. Seither sei auch nicht mehr an die sachliche Unabhängigkeit der Richter und eine effektive Gewaltenteilung zu glauben.
7 Von vielen Kritikern werde die "Impf"-Kampagne als großes medizinisches Verbrechen bezeichnet. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich Experten wie ... vor einem Strafgericht verantworten müssten. Die Expertin ... habe ihm schon am zweiten Verhandlungstag "um die Ohren gehauen", er hätte frühzeitig erkennen müssen, dass den Soldaten mit den COVID-19-Injektionen eine "Biowaffe" in die Blutbahnen gespritzt werde. Es sei auch längst offiziell, dass sich die Führung der Bundeswehr gerne transhumanistischen Phantasien, also der Verbindung von Mensch und Maschine, hingebe. Für einen gläubigen Menschen seien alle genetischen Eingriffe in die Schöpfung indes satanischer Natur. Die Verhandlung im Wehrbeschwerdeverfahren müsse auch deshalb fortgesetzt werden, damit die Beschwerdegegnerin sich dazu erkläre, ob die Durchsetzung der COVID-19-Injektionen in Wahrheit nicht bloß der Durchsetzung einer Kohortenstudie mit einer Biowaffe diene.
8 Der Senat habe in seiner mündlichen Entscheidungsbegründung kein schlüssiges Gegenargument geliefert. Vielmehr habe der Vorsitzende Richter komplett losgelöst von dem eindeutigen Wortlaut des § 17a Abs. 4 SG irgendetwas über Fragen der Verhältnismäßigkeit "fabuliert", wonach diese Injektionen im Hinblick auf die damit verbundene Zielsetzung und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände bei der Bundeswehr verhältnismäßig seien. Damit sei nicht nur gegen den Gesetzeswortlaut, sondern auch gegen das Zitiergebot verstoßen worden, weil durch die Impfung in das Recht auf Leben eingegriffen werde. Des Weiteren seien unter Verstoß gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters bestimmte Fragen nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt worden.
9 Hinzu komme, dass der Vorsitzende Richter - für jeden Prozessbeobachter erkennbar - ersichtlich sehr bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des RKI und PEI durch die Bevollmächtigten und deren Sachverständigen zu behindern. Ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende während der Befragung des Vertreters des RKI von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen, was auch geschehen sei. Der Vorsitzende habe das Wort ergriffen und erklärt, dass diese Fragen doch schon beantwortet seien. Den Prozessbeobachter namentlich zu benennen, verbiete die Gefahr, dass dieser dadurch Nachteile zu befürchten habe.
10 Bei den der Pressemitteilung zu entnehmenden Entscheidungsgründen dränge sich der Verdacht der Rechtsbeugung auf. Dies erkläre auch, weshalb der Senat es nicht vermocht habe, die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale präzise in die Entscheidungsgründe zu gießen. Es möge zwar sein, dass das ein oder andere Senatsmitglied sich geweigert habe, an dem Akt der Rechtsbeugung teilzunehmen; jedoch habe es sicher "nicht an der Vergewaltigung des Rechts in Form der Rechtsbeugung mitzuwirken".
11 Dass im Wehrbeschwerdeverfahren keine Ablehnungsgesuche gestellt worden seien, erkläre sich mit prozessstrategischen Erwägungen, unter anderem damit, dass das Wehrbeschwerdeverfahren von dem Senat in letzter Instanz entschieden worden und er zu einer Anhörung von Sachverständigen bereit gewesen sei. Dies ändere nichts daran, dass Ablehnungsgesuche nicht nur aufgrund der recht willkürlichen Ablehnung zahlreicher Beweisanträge und Beweisanregungen hätten gestellt werden können. So habe der Vertreter des Bundes schon am ersten Verhandlungstag erklärt, mit dem Vorsitzenden telefoniert zu haben; dies habe dieser freilich dementiert.
12 Da die abgelehnten Richter den eindeutigen Ergebnissen der Beweisaufnahme und seinem umfangreichen Vortrag kein Gehör geschenkt hätten, würden sie auch künftig faktenresistent und hochbefangen agieren. Ihr Versagen sei "unverzeihlich" und dürfe sich im Anhörungsrügeverfahren nicht wiederholen.
13 c) Ein solches Verhalten stehe auch wegen der Umstände der Entscheidungsverkündung zu befürchten; insbesondere die Mitteilung des Vorsitzenden vom 3. August 2022 dokumentiere Ignoranz und Willkür.
14 Nachweislich sei am 7. Juli 2022 bereits um 6:48 Uhr von FOCUS-Online die Wehrbeschwerdeentscheidung online eingestellt worden, obwohl deren Verkündung erst um 11 Uhr erfolgt sei. Damit liege nahe, dass Senatsmitglieder oder Dritte Informationen zum Verfahrensausgang weitergegeben hätten, um jeder Diskussion frühzeitig ein Ende zu bereiten. Der politische Druck sei augenscheinlich zu groß geworden.
15 Auf die Aufforderung, Stellungnahmen der beteiligten Richter zur Frage einzuholen, ob und mit welchen Personen sie außerhalb des Senats in der Zeit vom 6. Juli 2022 um 18 Uhr bis zur Verkündung der Entscheidung am 7. Juli 2022 um 11 Uhr über das Verfahren gesprochen hätten, habe der Vorsitzende unzutreffend mitgeteilt, der FOCUS-Online-Artikel sei nicht bereits um 6:48 Uhr eingestellt gewesen, es handele sich um einen falschen Zeitstempel. Darüber hinaus sei nicht auszuschließen, dass die Informationen auch aus Ministerien gekommen seien, die nach ihrer Einflussnahme und der Bestätigung, dass die Entscheidung wie von ihnen gewünscht ergehe, die Presse informiert hätten. Dass es zu diesen Fragen keine richterlichen Stellungnahmen geben solle, steigere die Besorgnis der Befangenheit.
16 Es sei nicht nachvollziehbar, warum sich der Senat nicht mit den eindeutigen Fakten auseinandersetze und daraus die notwendigen Schlussfolgerungen ziehe. Danach müsse mindestens ein Mitglied des Senats schon am Abend des 6. Juli 2022 mit einer außenstehenden Person Kontakt aufgenommen und mit ihr über den Ausgang des Verfahrens gesprochen haben. Dabei sei irrelevant, ob die Initiative zu diesem Kontakt von einem Außenstehenden oder Senatsmitgliedern ausgegangen sei. Die Bereitschaft eines Richters, sich vor einer abschließenden Abstimmung mit Außenstehenden über eine Rechtssache bzw. den Beratungsstand zu unterhalten, belege dessen Befangenheit. Das Beratungsgeheimnis sei kein Freibrief für die Verletzung von Dienstpflichten und verbiete keine Aufklärung. § 48 ZPO bilde - entgegen der Rechtsauffassung des Vorsitzenden Richters - eine Grundlage dafür, die Senatsmitglieder dazu zu befragen, ob sie im fraglichen Zeitraum mit Dritten insbesondere über den Stand des Abstimmungsverhaltens gesprochen hätten und es Einflussnahmen gegeben habe. Dabei werde nicht behauptet, dass ein Senatsmitglied nur mit einem Vertreter von Focus-Online gesprochen haben könne; denkbar sei auch, dass es einen Kontakt etwa zu Behördenvertretern gegeben habe.
17 Bei fünf Senatsmitgliedern hänge alles vom Abstimmungsverhalten des fünften Richters ab, wenn zwei für und zwei gegen den Erfolg der Wehrbeschwerde hätten stimmen wollen. Falls am 6. Juli 2022 um 18 Uhr noch eine solche Konstellation bestanden habe, hätte es ausgereicht, diesen fünften Richter nach 18 Uhr zu kontaktieren und zu korrumpieren, um sein Abstimmungsverhalten zum Nachteil des Soldaten zu manipulieren. Das würde voraussetzen, dass der Stand der Beratungen nach dem 6. Juli 2022, 18 Uhr, von zumindest einem Richter an Personen außerhalb des Senats bekannt gegeben worden sei. Somit wären zumindest zwei Richter "kompromittiert" worden, nämlich der Richter, der mit Dritten über den "unwilligen" Richter gesprochen habe, und der "unwillige" Richter, der deshalb von Dritten kontaktiert und zur Ablehnung der Beschwerden beeinflusst worden sei.
18 Wenn es bereits am 6. Juli 2022 um 18 Uhr eine Mehrheit für die Ablehnung der Beschwerde gegeben habe, wäre diese Entscheidung sicherlich schon am selben Tag verkündet worden. Sollte die Entscheidung über den Ausgang des Wehrbeschwerdeverfahrens in Wahrheit also - worauf der FOCUS-Online-Artikel vom 7. Juli 2022, 6:48 Uhr zwingend schließen lasse - schon am Abend des 6. Juli 2022 gefallen sein und nicht erst aufgrund weiterer Beratungen am 7. Juli 2022, habe offensichtlich zumindest ein Richter schon am Abend des 6. Juli 2022 (nach 18 Uhr) gewusst, wie die Entscheidung am nächsten Tage aussehen würde, eben weil er gewusst habe, wie er dann entscheiden würde. Dies könnte der fünfte Richter gewesen sein, von dessen Votum der Ausgang des Verfahrens abhängig gewesen sei. Möglicherweise seien in der Nacht des 6. Juli 2022 auch gleich zwei Richter "gedreht" worden. Solche Sachverhalte könnten nur durch interne Ermittlungen aufgeklärt werden. Vor diesem Hintergrund erkläre sich auch, dass sich der Vertreter der Antragsgegnerin in seinem gleichsam entspannten Plädoyer auf wenige Phrasen beschränkt und den Sach- und Streitstand nicht mehr gewürdigt habe.
19 d) Die dienstlichen Äußerungen der Berufsrichter wirkten "nur wie Spottgesang". Sie könnten unmöglich über alle relevanten Fragen beraten haben, da sie dann antragsgemäß hätten entscheiden müssen. Zudem könne das Bundesverfassungsgericht, auf das sich der Senat beziehe, seit dem Amtsantritt des aktuellen Präsidenten von keinem kritischen Juristen mehr ernstgenommen werden, zumal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur einrichtungsbezogenen Impflicht nicht herangezogen werden könne. Dass die Richter in ihren dienstlichen Äußerungen auf die Begründungen zur Anhörungsrüge nicht eingegangen seien, bekräftige die Besorgnis ihrer Befangenheit. In Wahrheit hätten sie nur "das politische Interesse, das seit März 2020 offenbar nur noch Ausdruck der Interessen der Pharmaindustrie und ihre Anteilseigner" sei, berücksichtigt.
20 4. Unter dem 12. Juli 2022 hatte der Vorsitzende Richter dem Soldaten mitgeteilt, auf Rückfrage der Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts habe die FOCUS-Redaktion erklärt, dass sie den Entscheidungstenor nicht vorab gekannt habe. Es handele sich um einen Ticker, der fortwährend aktualisiert werde. Möglicherweise habe an der fraglichen Stelle zuvor die Vorabmeldung ("Heute soll das Urteil fallen") gestanden, die dann durch die Bekanntgabe der gerichtlichen Entscheidung ersetzt worden sei, ohne dass zugleich die Uhrzeit aktualisiert worden sei.
21 Unter dem 3. August 2022 hatte der Vorsitzende ausgeführt, er könne nur versichern, dass auch ihm über eine Vorabbekanntgabe der Beschlüsse an die Presse nichts bekannt sei. Soweit zum Beweis des Gegenteils eine Google-Cache Auswertung eines nicht näher genannten Experten vorgelegt worden sei, könne und müsse er nicht darüber entscheiden, ob dem ein besonderer Beweiswert zukomme. Denn ihm sei keine prozessrechtliche Bestimmung bekannt, die den Vorsitzenden dazu berechtige, entsprechende Ermittlungen vorzunehmen. Da er nicht die Dienstaufsicht über die Mitglieder des Senats führe, könne er auch nicht die Abgabe dienstlicher Stellungnahmen in Aussicht stellen.
22 5. Zu dem Ablehnungsgesuch haben sich die Richterin am Bundesverwaltungsgericht F, der Vorsitzende Richter am Bundesverwaltungsgericht G und der Richter am Bundesverwaltungsgericht H dienstlich geäußert und ihre Befangenheit verneint. Alle haben erklärt, insbesondere an einer etwaigen Vorabinformation an die Presse nicht beteiligt gewesen zu sein.
II
23 1. Das weitere Ablehnungsgesuch des Soldaten vom 25. August 2022 richtet sich gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B und den Richter am Bundesverwaltungsgericht C, die nach Auffassung des Soldaten über das unter I beschriebene Ablehnungsgesuch zu befinden haben. Er leitet deren Befangenheit aus der Begründung des von ihnen gefassten Beschlusses vom 18. August 2022 ab, mit dem in dem nicht vom Soldaten betriebenen Verfahren 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 ein ebenfalls gegen die hauptberuflichen regulären Richter des 1. Wehrdienstsenats gerichtetes Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden war (Befangenheitsbeschluss).
24 2. Der Befangenheitsbeschluss gehe vollkommen an der Sach-, Beweis- und Rechtslage vorbei wie sie im Wehrbeschwerdeverfahren herausgearbeitet worden sei. Die Beweislage in diesem Verfahren sei eindeutig gewesen. Die rechtlichen Erwägungen seien zwingend und ließen - anders als im Befangenheitsbeschluss unter Randnummer 21 angenommen - keinen Raum für eine von den Tatbeständen des § 17a SG losgelöste Ermessens- und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Richter, die die Einwendungen gegen eine COVID-19-Impfpflicht nicht ansatzweise widerlegen könnten, offenbarten im Rahmen ihrer Entscheidung über einen Befangenheitsantrag Willkür, wenn sie auf die rechtlichen Einwendungen mit keinem Wort eingingen. Dies spreche dafür, dass sie keine Gegenargumente hätten. Eine derart eindeutige und offensichtliche Willkür sei der beste Beleg für eine persönliche Voreingenommenheit. Die über das Befangenheitsgesuch entscheidenden Richter hätten in dem Befangenheitsbeschluss faktisch ihr "totales Einverständnis" mit der Wehrbeschwerdeentscheidung erklärt und seien von einer Ermessensentscheidung ausgegangen, obwohl für diese nach den gesetzlichen Vorgaben kein Raum bestehe.
III
25 1. Der Senat entscheidet über das unter I beschriebene Ablehnungsgesuch ohne Mitwirkung der Richter des 1. Wehrdienstsenats (§ 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO).
26 2. Da der 1. Wehrdienstsenat dadurch in Gänze nicht mehr beschlussfähig ist, haben über das Ablehnungsgesuch gemäß C. III. 1. Satz 2 des Geschäftsverteilungsplanes des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2022 (Geschäftsverteilungsplan) anstelle der Berufsrichter des 1. Wehrdienstsenats - F, G und H - die Berufsrichter des 2. Wehrdienstsenats - G, B sowie A - zu befinden, wobei G als Vorsitzender auch des 2. Wehrdienstsenats wegen des Ablehnungsgesuchs zu I von der Mitwirkung erneut ausgeschlossen ist. An seine Stelle tritt gemäß C. III. 4. des Geschäftsverteilungsplans Richter am Bundesverwaltungsgericht I, nachdem Richter am Bundesverwaltungsgericht C bereits an der Sache 1 WB 46.22 mitgewirkt hat. Der Mitwirkung ehrenamtlicher Richter bedarf es nicht, weil im Ablehnungsverfahren keine abschließende Entscheidung zur Sache getroffen wird (BVerwG, Beschlüsse vom 26. April 2011 - 2 WDB 2.11 - Buchholz 450.2 § 42 WDO 2002 Nr. 4 Rn. 5 und vom 17. Januar 2006 - 1 WB 3.05 - juris Rn. 33).
27 3. Das weitere Ablehnungsgesuch des Soldaten gegen die Richter, die über sein Ablehnungsgesuch gemäß I zu entscheiden haben, ist offensichtlich unzulässig und zu verwerfen. Wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit dieses Ablehnungsgesuchs kann diese Entscheidung gemeinsam mit der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gemäß I ergehen (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2022 - 1 BvR 133/22 - juris Rn. 1).
28 a) Soweit es sich gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht C richtet, ist es bereits deshalb offensichtlich unzulässig, weil dieser nach dem Geschäftsverteilungsplan an der Entscheidung über das gegen die regulären Richter des 1. Wehrdienstsenats gerichtete Ablehnungsgesuch nicht mit zu befinden hat (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2022 - 1 BvR 133/22 - juris Rn. 2 und 4).
29 b) Auch das gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht A und B gerichtete Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig. Bei ihnen liegen nach dem gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend anwendbaren § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO, § 54 Abs. 2 VwGO, § 77 WDO (BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2021 - 1 WB 27. 20 - juris Rn. 5 und vom 30. Januar 2018 - 1 WB 12.17 - juris Rn. 5) keine gesetzlichen Ausschließungsgründe vor; ebenso fehlt es an Gründen, die deren Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. Dies ist derart offensichtlich, dass unter ihrer Mitwirkung über das gegen sie gerichtete Ablehnungsgesuch entschieden werden kann und von ihnen keine dienstlichen Äußerungen eingeholt zu werden brauchen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 - Rn. 13; BVerfG, Beschluss vom 11. März 2022 - 1 BvR 133/22 - juris Rn. 2).
30 aa) Ob das gegen sie gerichtete Ablehnungsgesuch bereits rechtsmissbräuchlich, insbesondere auf Verfahrensverschleppung oder auf die Verfolgung verfahrensfremder Zwecke gerichtet ist, kann dahingestellt bleiben; jedenfalls ist das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig, weil keine geeigneten Befangenheitsgründe dargelegt werden. Das über weite Strecken durch polemisierende, allgemeinpolitische Erwägungen getragene und in Überlegungen zu "satanischem" Agieren und ahistorischen Vergleichen gipfelnde Vorbringen ist von vornherein, d. h. ohne Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens, ersichtlich ungeeignet, bei ihnen die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen (BVerwG, Beschlüsse vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 8, vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 5 m. w. N. und vom 20. März 2017 - 2 WD 16.16 -; ThürVerfGH, Beschluss vom 2. November 2016 - VerfGH 8/14 - juris Rn. 30; Zöller, ZPO, Kommentar, 34. Aufl. 2022, § 44 Rn. 17). Im Einzelnen:
31 bb) Nach dem gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend anwendbaren § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht hingegen, dass dieser tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt zwar, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln, mithin bereits der "böse Schein" besteht. Die ausschließlich subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht indes nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - Rn. 9 m. w. N.). Der Standpunkt dessen, der die Parteilichkeit geltend macht, ist rechtlich wichtig, aber nicht ausschlaggebend; entscheidend ist vielmehr, ob seine Befürchtung auch objektiv berechtigt ist (EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 - Rn. 46).
32 cc) Gemäß § 23a Abs. 1 WBO i. V. m. 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 44 Abs. 2 Halbs. 1 ZPO ist der Ablehnungsgrund individuell bezogen auf den oder die an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter glaubhaft darzulegen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 - Rn. 20). Glaubhaft zu machen sind nach § 294 ZPO dabei tatsächliche Angaben, aus denen sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Besorgnis der Befangenheit ableitet (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06 <KG> - NJW-RR 2007, 776 <777>; Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 44 Rn. 8 f.). Führt die Würdigung der glaubhaft gemachten Tatsachen dazu, dass sich das über das Befangenheitsgesuch entscheidende Gericht weder zur Bejahung noch zur Verneinung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit in der Lage sieht (non liquet), hat dies nicht die Glaubhaftmachung der die Besorgnis der Befangenheit begründenden Behauptung zur Folge. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Gericht den widerstreitenden Mitteln der Glaubhaftmachung den gleichen Beweiswert beimisst (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09 - NJW-RR 2011, 136 - Rn. 10 f. m. w. N.). Die Unparteilichkeit eines Richters wird vielmehr bis zum Beweis seines Gegenteils vermutet (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 - Rn. 45).
33 dd) Anders als vom Soldaten angenommen, dient das Ablehnungsverfahren nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen oder einem Verfahrensbeteiligten eine Handhabe zu geben, einen seinem Anliegen gewogenen Richter auszuwählen. Es soll Verfahrensbeteiligte ausschließlich vor einer persönlichen Voreingenommenheit des Richters, nicht aber vor dessen Rechtsanwendung schützen. Richterliche Äußerungen zu Ablehnungsgesuchen brauchen sich deshalb auch nicht zu vermeintlichen Verstößen gegen materielles Recht bei der richterlichen Entscheidungsfindung und vermeintliches Fehlverhalten bei der Sachverhaltsbeurteilung zu verhalten. Dem entspricht des Weiteren, dass grundsätzlich allein aus der richterlichen Vorbefassung mit einer auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 10 m. w. N.). Dies gilt auch angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 48; OLG Oldenburg, Beschluss vom 10. Juni 2022 - 1 Ws 203/22, 1 Ws 204/22 - NJW 2022, 2631 - Rn. 10), zumal die Richter A und B an dem dem Anhörungsrügeverfahren vorangegangenen Wehrbeschwerdeverfahren nicht beteiligt waren und der Soldat auch nicht Beteiligter in den Verfahren 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 war, in denen sie über das dortige Ablehnungsgesuch mit befunden haben.
34 ee) Soweit der Soldat ihre Befangenheit daraus ableitet, sie hätten in dem auch von ihnen unterzeichneten Befangenheitsbeschluss den von den Richtern des 1. Wehrdienstsenats in ihrer Wehrbeschwerdeentscheidung zugrunde gelegten rechtlichen wie tatsächlichen Bemessungsmaßstab nicht als willkürlich moniert und dadurch ihrerseits willkürlich befunden, behauptet der Soldat einen Rechtsanwendungsfehler, der für sich genommen ersichtlich ungeeignet ist, einen Ablehnungsgrund darzutun.
35 Seine sich auf den Nachweis vermeintlicher Willkür beschränkende Begründung trägt schon formal nicht dem Umstand Rechnung, dass es dazu der sachlichen Darlegung einer willkürlichen Auslegung des § 42 Abs. 2 ZPO im Befangenheitsbeschluss bedurft hätte; dies gilt umso mehr, als das Verfahren über ein Ablehnungsgesuch kein Rechtsbehelfsverfahren darstellt, mit dem die Richtigkeit der von den für befangen erachteten Richter getroffenen Entscheidung uneingeschränkt überprüft wird.
36 Die Entscheidung selbstständig tragend tritt schließlich hinzu, dass eine gerichtliche Entscheidung, die tragende Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts aufgreift, rechtlich nicht - insbesondere weil unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar (BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juli 2022 - 2 BvR 1154/21 - WM 2022, 1691 - juris Rn. 26) – willkürlich sein kann. Die Auffassung des Bevollmächtigten des Soldaten, impfbezogene Judikate des Bundesverfassungsgerichts würden seit dem Amtsantritt des dortigen Präsidenten von keinem kritischen Juristen mehr ernst genommen, entbehrt als rechtspolitische Einschätzung jeglichen juristischen Gehalts und bedarf daher keiner weiteren Erörterung.
37 ff) Konkrete Umstände, die darauf hindeuten, dass die Erwägungen im Befangenheitsbeschluss vom 18. August 2022 auf einer persönlichen Voreingenommenheit der Richter beruhen könnten, sind nicht ansatzweise vorgetragen worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - Rn. 11 m. w. N.).
38 4. Das gegen die am Wehrbeschwerdeverfahren beteiligten Richter gerichtete Ablehnungsgesuch ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
39 a) Ein anhängiges gerichtliches Verfahren, innerhalb dessen für ein Ablehnungsgesuch Raum ist, liegt in Gestalt des Anhörungsrügeverfahrens nach § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a VwGO vor. Denn das Wehrbeschwerdeverfahren ist bereits abgeschlossen. Zwar liegen in dem Wehrbeschwerdeverfahren noch keine schriftlichen Urteilsgründe vor; dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass bereits mit der Verkündung der Entscheidung eine gemäß § 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 125 Abs. 2 WDO unanfechtbare Entscheidung existiert.
40 b) Ob innerhalb eines Anhörungsrügeverfahrens ein Ablehnungsverfahren überhaupt statthaft ist (bejahend: BVerwG, Beschluss vom 14. April 2021 - 9 A 8.19 u. a. - juris Rn. 5; VGH Kassel, Beschluss vom 15. Juli 2021 - 3 B 370/21 - juris Rn. 3 f.; ablehnend: VGH Mannheim, Beschluss vom 8. Juni 2016 - 1 S 783/16 - juris Rn. 3 ff.; VGH München, Beschluss vom 7. November 2016 - 10 BV 16.962 - juris Rn. 6 ff.; OVG Weimar, Beschluss vom 2. Juni 2017 - 3 SO 79/17 - juris Rn. 1; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17. November 2020 - 20 WLw 3/20 - juris Rn. 13 ff.; OVG Bremen, Beschluss vom 16. März 2021 - 1 B 117/21 - juris Rn. 1; offengelassen: BVerwG, Beschlüsse vom 28. Mai 2009 - 5 PKH 6.09 - juris Rn. 3 und vom 29. November 2018 - 9 B 26.18 - juris Rn. 3 ff.; OVG Bautzen, Beschluss vom 29. November 2017 - 1 F 30/17 - juris Rn. 3), kann dahingestellt bleiben, weil das gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 41 bis 49 ZPO zu würdigende (BVerwG, Beschluss vom 11. März 2021 - 1 WB 27.20 -, juris Rn. 3) Ablehnungsgesuch des Soldaten jedenfalls keinen Erfolg hat.
41 c) Es ist offensichtlich unzulässig, soweit es sich gegen die ehrenamtlichen Richter richtet, die an dem Wehrbeschwerdeverfahren mitgewirkt haben. Denn in dem Anhörungsrügeverfahren wirken sie nicht mit (BVerwG, Beschluss vom 22. April 2010 - 1 WB 4.10 - juris Rn. 6 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 12 und BVerfG, Beschluss vom 11. März 2022 - 1 BvR 133/22 - juris Rn. 2 und 4).
42 Anders als vom Soldaten angenommen, folgt nichts anderes daraus, dass die ehrenamtlichen Richter - nur - im Falle einer erfolgreichen Anhörungsrüge an der Sachentscheidung im Wehrbeschwerdeverfahren wieder mitzuwirken hätten. Denn ob die Anhörungsrüge Erfolg hat und das Verfahren gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO fortzuführen ist, steht noch nicht fest. Angesichts dessen bedurfte es - anders als vom Soldaten in seinem Schriftsatz vom 8. September 2022 und 3. Oktober 2022 gefordert - auch nicht der Einholung dienstlicher Äußerungen der ehrenamtlichen Richter.
43 d) Bezogen auf die für befangen erachteten hauptberuflichen Richter ist - ungeachtet der Frage, ob nicht bereits nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 43 ZPO ein Verlust des Ablehnungsrechts eingetreten ist - das Ablehnungsgesuch insgesamt unbegründet. Bei ihnen liegen weder gesetzliche Ausschließungsgründe nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO, § 54 Abs. 2 VwGO, § 77 WDO (BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2018 - 1 WB 12.17 - juris Rn. 5 und vom 11. März 2021 - 1 WB 27. 20 - juris Rn. 5) vor noch ist deren Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt. Einen Ausschluss aus sonstigen Gründen verbietet der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 8).
44 aa) Nach den unter III 3 b) dargelegten Rechtsgrundsätzen wäre selbst eine unzutreffende Beweiswürdigung oder Rechtsanwendung durch die betroffenen Richter allein nicht geeignet, den objektiven Anschein ihrer Befangenheit zu begründen.
45 Der Senat hält zudem auch in der vorliegenden Besetzung an der bereits im Befangenheitsbeschluss dargelegten Rechtsauffassung fest, derzufolge sich die unter Mitwirkung der abgelehnten Richter im Rahmen einer nach den gesetzlichen Vorgaben ausdrücklich freien Beweiswürdigung (§ 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO, § 261 StPO) getroffene Entscheidung und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung nicht als rechtlich willkürlich erweist. Dies belegen sowohl rechtswissenschaftliche Positionierungen zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht (vgl. Richter, NVwZ 2022, 204 <204 ff.>; Gerhardt, ARP 2021, 149) als auch einer sektoralen Impfobliegenheit. Namentlich das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass sich der Staat trotz der Unwägbarkeiten der wissenschaftlichen Erkenntnislage an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung der ihm verfügbaren Informationen und Erkenntnismöglichkeiten orientieren und er Konflikte zwischen hoch- und höchstrangigen Interessen auch bei ungewisser Lage entscheiden darf (BVerfG, Beschluss vom 27. April 2022 - 1 BvR 2649/21 - NVwZ 2022, 950 Rn. 152 und 187; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2022 - 1 BvR 469/20 u. a. - NJW 2022, 2904 Rn. 117 ff. sowie EGMR, Urteil vom 8. April 2021 - 47621/13 u. a. - NJW 2021, 1657 Rn. 274 ff.).
46 bb) Soweit der Soldat die Besorgnis der Befangenheit auch auf einen Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs stützt, hat er sie bereits deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil die schriftlichen Entscheidungsgründe noch nicht vorliegen, sodass er allein aus dem Ergebnis des Wehrbeschwerdeverfahrens mutmaßt, die Richter hätten seinen Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Mai 2022 - 2 BvR 1982/20 - juris Rn. 41) nicht gewürdigt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 15). Erst beim Vorliegen der schriftlichen Entscheidungsgründe lässt sich zudem vom Soldaten glaubhaft darlegen, ob gegen den Grundsatz des gesetzlichen Richters durch Nichtvorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union willkürlich verstoßen wurde. Dabei enthält der bisherige Vortrag nicht ansatzweise einen Vortrag zu den differenzierten Vorlagevoraussetzungen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Mai 2022 - 1 BvR 2342/17 - NJW 2022, 2828 - Rn. 13).
47 cc) Ebenso wenig hat der Soldat nach Maßgabe der unter III 3. b) cc) dargestellten Anforderungen konkrete Umstände substantiiert und glaubhaft dargelegt, welche dafür streiten, dass die Rechtsauffassung der Richter auf einer persönlichen Voreingenommenheit ihm gegenüber beruht.
48 aaa) Bezogen auf den Richter G ist mit der Behauptung, insbesondere bei ihm sei allgemein aufgefallen, dass er darum bemüht gewesen sei, die Befragung der Vertreter des RKI und PEI zu behindern, unabhängig von den Vorgaben des § 44 Abs. 4 Satz 2 ZPO schon dem Grunde nach kein Befangenheitsgrund glaubhaft dargelegt worden. Die Behauptung ist abstrakt und bewegt sich auf der Bewertungsebene ohne konkrete Tatsachen zu beschreiben, die die Verfahrensführung als rechtswidrig ausweisen könnten. Dass der Soldat aus prozesstaktischen Gründen davon abgesehen haben will, die Prozessführung des Vorsitzenden zu beanstanden (§ 104 Abs. 2 Satz 2 VwGO) oder ein Ablehnungsgesuch gegen ihn anzubringen, ist zudem ein Motiv, das nicht für die Befangenheit eines Richters spricht, sondern vielmehr belegt, dass beim Soldaten die Erwartung eines vorteilhaften Prozessausgangs überwog. Selbstständig tragend kommt hinzu, dass auch die gesetzgeberische Wertung des § 44 Abs. 4 ZPO dagegen streitet, prozesstaktischen Erwägungen dieser Art hier Raum zu geben.
49 bbb) Der Vortrag, ein Prozessbeobachter wolle sogar beobachtet haben, dass der Vorsitzende in der Verhandlung während der Befragung des Vertreters des Robert-Koch-Instituts von diesem mit Handzeichen darum gebeten worden sei, einzugreifen und ihm beizustehen, was auch geschehen sei, legt ebenso wenig einen Ablehnungsgrund glaubhaft dar. Die Behauptung bezieht sich zum einen auf die Wahrnehmung einer anderen, weiterhin unbenannten Person; zum anderen finden sich keine Darlegungen dazu, warum die Intervention des Vorsitzenden und dessen (angeblich unzutreffende) Einschätzung, die Fragen seien ausreichend beantwortet, nicht mehr von der Befugnis des Vorsitzenden zur Verhandlungsführung erfasst gewesen sein sollten. Auch insoweit hat der Soldat keinen Anlass gesehen, im Wehrbeschwerdeverfahren ein Ablehnungsgesuch anzubringen.
50 ccc) Die Weigerung des Vorsitzenden, dienstliche Stellungnahmen von den sonstigen Richtern zu ihrem dienstlichen Verhalten für den Zeitraum 6. Juli, ab 18 Uhr bis zum 7. Juli, 11 Uhr einzuholen, begründet ebenfalls nicht den Anschein der Befangenheit, zumal es sich um ein Verhalten handelte, das dieser erst nach Erlass der für willkürlich erachteten Wehrbeschwerdeentscheidung zeigte. Zudem hat sich der Vorsitzende Richter - wie auch die sonstigen hauptberuflichen Senatsmitglieder des 1. Wehrdienstsenats - in seiner dienstlichen Stellungnahme zu der vom Soldaten eingeforderten Auskunft geäußert. Dass sich die dienstlichen Äußerungen insbesondere nicht zur Berechtigung der Anhörungsrüge verhalten, spricht dabei gerade nicht für die Befangenheit der Richter, sondern für ihre Unvoreingenommenheit, die sie mit einer dezidierten rechtlichen Positionierung in Frage gestellt hätten.
51 ddd) Soweit es die Umstände im Zusammenhang mit der Verkündung der Wehrbeschwerdeentscheidung betrifft, legt der Vortrag ebenfalls nicht dar, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Besorgnis der Befangenheit besteht.
52 Zwar ist nicht zu verkennen, dass die FOCUS-Online-Mitteilung zu Irritationen geführt hat, weil dadurch denkmöglich wurde, dass sich ein Richter des 1. Wehrdienstsenats bereits vor einer abschließenden Abstimmung mit Außenstehenden über den Fall und richterliches Abstimmungsverhalten unterhalten und sich dadurch - oder einen anderen Richter - damit Einflussnahmen ausgesetzt hat. Ob sich diese Denkmöglichkeit bereits nur im Denktheoretischen bewegt, kann offenbleiben; jedenfalls ist sie angesichts der Darlegungen des Soldaten nach Maßgabe der unter gemäß III 3. b) cc) dargestellten Anforderungen nicht glaubhaft gemacht worden. Bereits semantisch verdeutlicht sich der weitgehend hypothetische Gehalt des Vortrags exemplarisch an zahlreichen "Falls-", "Wenn-" und "Möglicherweise"-Formulierungen (vgl. etwa Seite 4 des Schriftsatzes vom 5. August 2022). Im Einzelnen:
53 (1) Die der Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber getätigte Aussage von FOCUS-Online, es sei unterlassen worden, die Uhrzeit bei der Ankündigung der Entscheidung der Uhrzeit über die Verkündung der Entscheidung anzupassen, ist plausibel. Selbst wenn es sich jedoch - wie vom Soldaten angenommen - um eine "Schutzbehauptung" der FOCUS-Online-Redaktion handelte und ihr bereits vor der offiziellen Verkündung Informationen über das Entscheidungsergebnis zugetragen worden wären, würde dies nicht zwingend bedeuten, dass sie von den für befangen erachteten Richtern herrührten. Denn zum einen ist nicht auszuschließen, dass Gerichtsexterne aus rein taktischen Gründen ohne jeglichen tatsächlichen Anhalt eine solche Information an die Presse lanciert haben, um die Justiz zu diskreditieren; zum anderen ließen selbst Informationen aus der Gerichtssphäre keinen Rückschluss auf eine Voreingenommenheit der Richter zu, wenn die Informationen nicht unmittelbar gerade von den über die Anhörungsrüge zu entscheidenden Richtern oder auf deren Hinweis durch andere Gerichtsangehörige übermittelt worden wären. Den dienstlichen Äußerungen der hauptamtlichen Richter, an deren Glaubhaftigkeit zu zweifeln keine Anhaltspunkte bestehen, ist jedoch eindeutig zu entnehmen, dass durch sie keine entsprechenden Informationen übermittelt wurden.
54 (2) Die Erwägungen des Prozessvertreters des Soldaten zum Stimmverhalten der Richter sind zudem konstruiert, wenn er annimmt, "falls" am 6. Juli 2022 um 18 Uhr eine Fallkonstellation bestanden hätte, wonach zwei der Richter für und zwei gegen den Erfolg der Wehrbeschwerde hätten stimmen wollen, hätte es ausgereicht, zumindest diesen fünften Richter nach 18 Uhr zu kontaktieren und zu korrumpieren, um das Abstimmungsverhalten im Senat zum Nachteil der Beschwerdeführer manipulieren zu können. Er folgert eine solche Pattsituation aus dem Umstand, dass schon am 6. Juli 2022 verkündet worden wäre, wenn eine Mehrheit für die Ablehnung seiner Beschwerde bestanden hätte. Dabei bringt er mit der relativierenden Formulierung "sicherlich" zutreffend zum Ausdruck, dass die von ihm gezogene Schlussfolgerung keineswegs "offensichtlich" zwingend, sondern auch mit anderen Gründen zu erklären ist. Mit der Behauptung "möglicherweise" seien in der Nacht vom 6. Juli 2022 "ja auch gleich zwei Richter 'gedreht' worden, damit die 'Impf-Kampagne' der Bundesregierung und der Bundeswehr keinen irreparablen Schaden" erleide, befeuert er unter anhaltsloser Kriminalisierung von Richtern (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Februar 2017 - 2 BvR 240/17 - juris Rn. 5 sowie vom 7. Mai 2020 - 1 BvR 275/20 - juris Rn. 8) zudem Verschwörungstheorien (über kollusives Zusammenwirken von Judikative und Exekutive), die wegen ihrer Realitätsferne die Behauptung gerade nicht glaubhaft werden lassen.
55 5. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Beschluss vom 23.05.2023 -
BVerwG 1 WB 48.22ECLI:DE:BVerwG:2023:230523B1WB48.22.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 23.05.2023 - 1 WB 48.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:230523B1WB48.22.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 48.22
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch
am 23. Mai 2023 beschlossen:
- Die Anhörungsrügen werden zurückgewiesen.
- Der Antragsteller trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
Gründe
I
1 Der Antragsteller wendet sich mit seinen Anhörungsrügen gegen den Beschluss vom 7. Juli 2022 - 1 WB 2.22 -, mit dem der Senat seinen Antrag zurückgewiesen hat, die Anweisung der Bundesverteidigungsministerin vom 24. November 2021 zur Aufnahme der Covid-19-Impfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr "Allgemeine Regelung Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil - A 1-840/8-4000" aufzuheben. Er macht in einer Vielzahl von Punkten eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.
2 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II
3 Die Anhörungsrügen, über die der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter entscheidet (BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 2022 - 1 WB 27.22 - NVwZ 2022, 1139 Rn. 4 m. w. N.), bleiben erfolglos.
4 1. Die Anhörungsrüge des Antragstellers vom 18. Juli 2022 gegen den Beschluss vom 7. Juli 2022 ist unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist (§ 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 4 VwGO).
5 Eine Anhörungsrüge eines durch die Entscheidung beschwerten Antragstellers ist nur dann in der gesetzlichen Form erhoben, wenn der Antragsteller darlegt, inwiefern das Gericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Antragsteller kann dies nur darlegen, wenn er die Gründe der beanstandeten Entscheidung kennt. Einer Anhörungsrüge, die vor Bekanntgabe der mit Gründen versehenen Entscheidung erhoben ist, fehlt zwangsläufig der ordnungsgemäße Vortrag einer Gehörsverletzung und deren Entscheidungserheblichkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - I ZR 160/07 - juris Rn. 2; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabes vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Juni 2011 - 1 BvR 2553/10 - NJW-RR 2011, 1608 Rn. 39).
6 Ausgehend davon erweist sich die erste Anhörungsrüge als unzulässig. Der Antragsteller hat sie am 18. Juli 2022 erhoben. Zu diesem Zeitpunkt waren ihm lediglich der Tenor des Beschlusses vom 7. Juli 2022, die von dem Vorsitzenden des Senats nach Verlesen der Urteilsformel in Anwesenheit des Antragstellers und seines Bevollmächtigten mündlich mitgeteilten Gründe sowie die Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 44/2022 vom 7. Juli 2022 bekannt. Der in vollständiger Form abgefasste Beschluss ist ihm erst am 3. Dezember 2022 zugestellt worden. Da die Gründe des Beschlusses zum Zeitpunkt der Anhörungsrüge für den Antragsteller noch unbekannt waren, konnte er in seiner Anhörungsrüge auch nur Mutmaßungen über eine entscheidungserhebliche Verletzung seines rechtlichen Gehörs anstellen. Das gilt auch mit Blick auf die mündlich mitgeteilten Gründe und die Pressemitteilung. Diese Mitteilungen haben nur die Bedeutung einer vorläufigen Information, denen sich nicht verbindlich entnehmen lässt, welche Erwägungen für den Beschluss tatsächlich tragend sind. Allein die schriftliche Beschlussfassung ist maßgebend (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Oktober 2015 - B 12 KR 11/15 C - juris Rn. 4 m. w. N.; s. auch BVerwG, Beschluss vom 24. März 2014 - 1 WRB 1.14 , 1 WRB 2.14 - Buchholz 450.1 § 18 WBO Nr. 6 Rn. 14). Damit fehlte es im Zeitpunkt der Erhebung der Anhörungsrüge an einem rügefähigen Gegenstand sowie an den nach § 23a Abs. 3 i. V. m. § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO erforderlichen Darlegungen zum Vorliegen einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die angegriffene Entscheidung.
7 2. Die weitere Anhörungsrüge des Antragstellers, die der Senat bei sachgerechter und rechtsschutzfreundlicher Auslegung seines Anliegens in dem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 5. Dezember 2022 erblickt, ist zwar zulässig, aber nicht begründet.
8 a) Dass der Senat den Beschluss in vollständiger Form abgefasst und zugestellt hat, ohne zuvor über die erste Anhörungsrüge des Antragstellers entschieden zu haben, verletzt das rechtliche Gehör des Antragstellers schon deshalb nicht in entscheidungserheblicher Weise, weil diese Anhörungsrüge als unzulässig zurückzuweisen war (vgl. unter 1.).
9 b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das zur Entscheidung berufene Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 29. Oktober 2009 - 1 BvR 1729/09 - NZS 2010, 497 Rn. 12 und vom 18. Januar 2011 - 1 BvR 2441/10 - juris Rn. 10, jeweils m. w. N.; BVerwG, Beschluss vom 28. März 2014 - 1 WB 10.14 <1 WB 1.13 > - juris Rn. 11). Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht dieser Pflicht nachgekommen ist. Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, sich in den Gründen seiner Entscheidung mit jedem Vorbringen zu befassen. Art. 103 Abs. 1 GG begründet keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Verfahrensbeteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist erst dann anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände erkennen lassen, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Besondere Umstände in diesem Sinne liegen etwa dann vor, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich ist.
10 Danach liegt eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vor.
11 aa) Die Ausführungen des Bevollmächtigten des Antragstellers in dem Schreiben vom 5. Dezember 2022 vermögen einen Gehörsverstoß des Senats nicht aufzuzeigen.
12 (1) Die Darlegungen auf den Seiten 1 bis 3 des Schreibens beschränken sich im Wesentlichen auf eine pauschale Kritik der Anwendung des materiellen Rechts durch den Senat in dem angegriffenen Beschluss. Soweit der Antragsteller rügen lässt, er und seine Experten seien vom Senat nicht gehört und die Ergebnisse der Beweisaufnahme seien "entweder ignoriert oder teilweise sogar ins Gegenteil verkehrt" worden, konkretisiert er diese Einwände nicht näher.
13 (2) Mit seinem in Abschnitt I. des Schreibens vom 5. Dezember 2022 auf den Seiten 4 bis 8 enthaltenen Vorbringen zu den Erwägungen des Senats unter den Rn. 49, 51 und 236 des angegriffenen Beschlusses belässt es der Antragsteller dabei, von seinem Bevollmächtigten als solche bezeichnete "besondere grobe Rechtsanwendungsfehler" zu beschreiben, ohne dabei zu erläutern, inwiefern sich mit diesen angeblichen Mängeln in der rechtlichen Argumentation Gehörsverstöße verbinden.
14 (3) Die in Abschnitt II. des Schreibens vom 5. Dezember 2022 auf den Seiten 9 bis 26 vorgetragene Kritik an im Einzelnen angesprochenen Erwägungen des Senats ist ebenfalls nicht geeignet, der Anhörungsrüge zum Erfolg zu verhelfen.
15 (a) Soweit der Antragsteller mit Blick auf Rn. 10 des angefochtenen Beschlusses darauf hinweisen lässt, dass er sich zur Illustration der von ihm angenommenen Verharmlosung von Impfkomplikationen in der deutschlandweiten Statistik des Paul-Ehrlich-Instituts - anders als vom Senat dargestellt - nicht nur auf die von der BKK Provita herausgegebene Studie bezogen habe, und daran die Kritik knüpft, der Sachverhalt werde grob verzerrt, zeigt dieser Vortrag schon nicht konkret auf, welche weiteren Belege von dem Antragsteller benannt worden sein sollen und inwiefern ihre fehlende Erwähnung im Tatbestand zu einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung geführt hat.
16 (b) Der mit der Anhörungsrüge zu Rn. 11 des angegriffenen Beschlusses dargelegte Einwand, der Antragsteller habe anders als vom Senat dargestellt nicht nur vorgetragen, dass die "Covid-19-Injektionen" "fast keinen" Nutzen hätten, sondern dass sie überhaupt keinen Nutzen hätten, legt ebenfalls keinen Gehörsverstoß nahe. Denn im Hauptsacheverfahren hat der Bevollmächtigte des Antragstellers den verfügbaren Impfstoffen zur Bekämpfung der Infektionskrankheit SARS-CoV-2 der Sache nach in Übereinstimmung mit der vom Senat gewählten Formulierung jedenfalls einen "minimalen Nutzen" zuerkannt (vgl. Schreiben vom 28. Januar 2022, S. 30, Abs. 6) und eingeräumt, dass diese Impfstoffe geeignet seien, "allenfalls einige Zeit vor schweren Verläufen" zu schützen (vgl. Schreiben vom 19. Mai 2022, S. 17). Abgesehen davon erweist sich die vom Antragsteller behauptete Auslassung des Senats auch schon deshalb als unzutreffend, weil der Senat schon am Anfang der Passage unter Rn. 11 das Vorbringen des Antragstellers wie folgt zusammengefasst hat: "Die in Rede stehenden Impfstoffe hätten auch nicht den behaupteten Nutzen. Ein positiver Effekt auf das Infektionsgeschehen sei nicht belegt. Vor einer Infektion oder Erkrankung würden die Stoffe nicht schützen. Sie würden auch keine sterile Immunität erzeugen. Dass sie zu milderen Verläufen führten, sei nicht nachgewiesen."
17 (c) Zu den Ausführungen des Senats unter Rn. 14 bis 19 des angefochtenen Beschlusses, die das wesentliche streitige Vorbringen des Bundesministeriums der Verteidigung wiedergeben, lässt der Antragsteller lediglich vortragen, dass dort erwähnte Behauptungen zur Gesundheitsgefährdung für Soldaten durch die Infektionskrankheit SARS-CoV-2 (Rn. 16), zur Wirkung der Impfstoffe (Rn. 17), zur Risikoabwägung im Vorfeld der Zulassung der Impfstoffe (Rn. 18), zu Todesfällen und Nebenwirkungen infolge von Impfungen (Rn. 18) sowie zur individuellen Risikoabwägung im Rahmen der Kontraindikationsprüfung des zuständigen Impfarztes (Rn. 19) schon vor dem 7. Juli 2022 widerlegt worden seien. Ein Gehörsverstoß erschließt sich daraus nicht.
18 (d) Soweit sich das Anhörungsrügevorbringen im Folgenden mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Senats unter den Rn. 35, 43, 46, 49 bis 51, 59, 65, 68, 71, 73, 78 bis 82, 85, 87, 89, 93, 97, 101, 111, 112, 116, 119, 133, 135, 144, 150 bis 153, 156, 158, 162, 166, 171, 183, 188 ff. und Rn. 234 ff. befasst, wendet sich der Antragsteller im Stile einer Rechtsmittelschrift durchgehend gegen die tatsächlichen Feststellungen des Senats und dessen rechtliche Würdigung. Damit ist aber eine Gehörsverletzung nicht dargelegt. Dass der Senat aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht die von ihm für richtig gehaltenen rechtlichen Schlüsse gezogen hat, stellt keine unrichtige Erfassung seines Sachvortrages dar.
19 Die in der Kritik des Antragstellers an den Erwägungen des Senats unter den Rn. 50 und 81 darüber hinaus geltend gemachten Verletzungen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 1 VwGO) müssen unberücksichtigt bleiben, weil die Anhörungsrüge nach § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 4 VwGO hierauf nicht gestützt werden kann.
20 (e) Auch die abschließenden Bemerkungen des Antragstellers auf den Seiten 26 bis 31 vermögen einen Gehörsverstoß nicht zu begründen, weil sie sich ebenfalls nur in einer Kritik an der Würdigung des Senats erschöpfen und sich darüber hinaus mit der Wiedergabe von Auszügen einer Strafanzeige der in der Schweiz ansässigen Kanzlei ... vom 14. Juli 2022 auf Erkenntnisse stützen, die der Senat bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen konnte, weil sie erst nach der Verkündung seines Beschlusses veröffentlicht worden sind.
21 bb) Der nach Ablauf der Rügefrist des § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO am 19. Dezember 2022 und damit verspätet unterbreitete Vortrag in den Schriftsätzen des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 3. Januar 2023, 5. Januar 2023, 10. Januar 2023, 20. Januar 2023, 30. Januar 2023, 1. März 2023, 13. März 2023, 17. März 2023, 18. April 2023, 22. April 2023 und vom 10. Mai 2023 ist, soweit er sich nicht nur auf erläuternde, ergänzende oder vervollständigende Bemerkungen beschränkt, unbeachtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2019 - 8 B 19.19 - juris Rn. 10; BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 - I ZR 160/07 - juris Rn. 16 f.; BFH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - IX S 7/10 - juris Rn. 6). Die beachtlichen Bemerkungen rechtfertigen die Annahme eines Gehörsverstoßes nicht, weil sie sich wiederum allein gegen die Würdigung des Senats richten und zudem in weiten Teilen auf Erkenntnissen gründen, die nach Verkündung des angegriffenen Beschlusses veröffentlicht bzw. von dem Antragsteller vorgetragen worden sind.
22 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.
23 4. Dieser Beschluss ist gemäß § 23a Abs. 3 WBO i. V. m. § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.