Beschluss vom 06.09.2007 -
BVerwG 3 B 65.07ECLI:DE:BVerwG:2007:060907B3B65.07.0
Beschluss
BVerwG 3 B 65.07
- VG Berlin - 19.04.2007 - AZ: VG 9 A 79.06
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. September 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
- Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. April 2007 wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 260,36 € festgesetzt.
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
2 1. Die Kläger wenden sich gegen zwei Bescheide, mit denen sie jeweils auf Rückzahlung von der Mutter der Klägerin zu 1 gewährten Lastenausgleichsleistungen in Anspruch genommen werden. Die Mutter der Klägerin zu 1 erhielt 1975 wegen der Entziehung eines größeren Geschäfts- und Miethauses in O. und eines kleineren Objekts in B.-Mahlsdorf Lastenausgleich in Höhe von insgesamt 44 200 DM, wobei der weitaus größte Teil auf den Grundbesitz in O. entfiel. Im Jahre 1991 übertrug sie das Eigentum an dem Grundbesitz in O. durch notariellen Schenkungsvertrag zu gleichen Teilen an ihre Tochter und den Kläger zu 2, ihren damaligen Schwiegersohn. Im März 2001 informierte das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Oranienburg das Landesausgleichsamt B. darüber, dass das Grundstück in O. im Mai 1991 zurückübertragen worden sei. Durch Leistungsbescheide vom 18. April 2006 nahm das Landesausgleichsamt die Kläger gemäß § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG jeweils auf Zahlung von 6 630,18 € in Anspruch, da sie das zurückgewährte Grundstück und damit die Schadensausgleichsleistung ohne angemessene Gegenleistung erhalten hätten. Ein Versuch des Landesausgleichsamtes, die Klägerin als Erbin ihrer Mutter auf Rückzahlung des Lastenausgleichs in Anspruch zu nehmen, war zuvor wegen der Dürftigkeit des Nachlasses gescheitert. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen gegen die Leistungsbescheide abgewiesen. Die von den Klägern behaupteten freiwilligen Pflege- und Betreuungsleistungen gegenüber der Mutter der Klägerin zu 1 sowie die angeblichen - nicht substanziiert dargelegten - Vermögensaufwendungen nach Erhalt des Grundbesitzes änderten nichts an der Unentgeltlichkeit des Erwerbs. Anhaltspunkte dafür, dass das Landesausgleichsamt B. vor der Mitteilung des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen O. vom 13. März 2001 Kenntnis von der Rückgabe des Grundstücks erhalten haben könne, ergäben sich aus den Akten nicht.
3 2. Die Rechtssache hat nicht die ihr von den Klägern beigelegte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob als Gegenleistung im Sinne des § 349 Abs. 5 Satz 2 LAG auch solche Leistungen zu berücksichtigen seien, die der Übernehmer der Schadensausgleichsleistung ohne vertragliche Verpflichtung aus seinem Vermögen erbracht habe. Diese Frage bedarf jedoch nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, da ohne Weiteres auf der Hand liegt, dass sie entsprechend dem vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnis zu beantworten ist. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, setzt der Begriff Gegenleistung jedenfalls in der Rechtssprache eine mit ihr in rechtlichem Zusammenhang stehende Leistung, eine „synallagmatische“ Beziehung zwischen beiden Leistungen voraus. Der Schenkungsvertrag, durch den die Kläger den Grundbesitz erworben haben, war aber seinem ganzen Inhalt nach auf eine unentgeltliche Übertragung gerichtet.
4 Die Auffassung der Kläger, spätere freiwillige Leistungen ihrerseits könnten die Unentgeltlichkeit beseitigen, steht auch mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht in Einklang. Die gesamtschuldnerische Haftung für die Rückzahlung des Lastenausgleichs entsteht mit der Übernahme des Schadensausgleichs ohne angemessene Gegenleistung. Der dadurch begründete Anspruch der Lastenausgleichsverwaltung kann durch Leistungen, die der Übernehmer nachträglich ohne Rechtspflicht an den zunächst Rückzahlungspflichtigen erbringt, nicht mehr beseitigt werden. Andernfalls wäre der Umgehung der Haftungsbestimmung Tür und Tor geöffnet, zumal wenn, wie von den Klägern in der Vorinstanz gefordert, auch Betreuungsleistungen Berücksichtigung finden müssten.
5 3. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf einem Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Kläger meinen, das Verwaltungsgericht hätte etwa durch Beiziehung der Notariatsakten klären müssen, ob das Landesausgleichsamt nicht bereits im Jahre 1991 über die Rückgabe informiert worden sei. Da die anwaltlich vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen förmlichen Beweisantrag gemäß § 86 Abs. 2 VwGO gestellt haben, käme eine Verletzung der Aufklärungspflicht nur in Betracht, wenn sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit entsprechender Aufklärungsmaßnahmen hätte aufdrängen müssen. Das ist jedoch nicht der Fall. Der Vortrag der Beschwerde, das Landesausgleichsamt habe durch den ihm zugegangenen Bescheid des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen B. über die Genehmigung des Schenkungsvertrages vom 4. Januar 1991 „über beide Grundstücke“ Kenntnis von der Wiedererlangung der Verfügungsmöglichkeit erhalten, trifft nicht zu. Der Genehmigungsbescheid bezieht sich eindeutig nur auf das Grundstück in B.-Mahlsdorf. Die Schenkung des Grundbesitzes in O. erfolgte in einem separaten Vertrag, für dessen Genehmigung das B. Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen nicht zuständig war. Andere Anhaltspunkte, aufgrund deren sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen, zeigt die Beschwerde nicht auf.
6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.