Beschluss vom 31.03.2006 -
BVerwG 8 B 3.06ECLI:DE:BVerwG:2006:310306B8B3.06.0

Beschluss

BVerwG 8 B 3.06

  • VG Magdeburg - 18.10.2005 - AZ: VG 5 A 230/05 MD

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Oktober 2005 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nicht vor, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine Rechtsfrage aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts dient. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage dieser Art ist in der Beschwerde nicht gestellt worden.

4 Die Beschwerde meint, es sei eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage,
ob die Befangenheit einer einen Verwaltungsakt erlassenden Behörde sowohl die Rechtswidrigkeit als auch die Aufhebung des die klagende Partei in ihren Rechten verletzenden Verwaltungsaktes zumindest dann bewirkt, wenn weder die Bindung an Recht und Gesetz noch die Kontrolle des Verwaltungsgerichts die Frage der Interessenkollision verhindert haben und keine Gemeinwohlbelange, sondern fiskalische Interessen der Behörde betroffen sind. Insbesondere erscheine klärungsbedürftig, ob die Kollision die Vermögensinteressen selbständiger juristischer Personen einbeziehe, die mit der Behörde verflochten und mittelbar in diese eingebunden seien.

5 Entgegen der Annahme der Beschwerde kennt die Rechtsordnung eine „institutionelle Befangenheit“ einer Behörde nicht (vgl. dazu Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 20 Rn. 9 ff.). Vielmehr regeln die §§ 20 und 21 VwVfG nur den Ausschluss und die persönliche Befangenheit von (einzelnen) Mitarbeitern. Dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch „in eigenen Angelegenheiten“ entscheidet, ist dagegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden (vgl. Urteil vom 25. August 1955 - BVerwG 4 C 18.54 - BVerwGE 3, 1 <10> und Beschluss vom 24. August 1987 - BVerwG 4 B 129.87 - Buchholz 442.08 § 36 BbG Nr. 12 S. 3 <5 ff.> m.w.N.; die gegen den Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung angenommen worden, BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Februar 1988 - 2 BvR 1324/87 - NVwZ 1988, 523). Der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers ist durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt. Diese Rechtsprechung, die Ermessensentscheidungen und insbesondere auch Planungsentscheidungen betrifft, gilt erst recht für Behördenentscheidungen bei Anwendung zwingenden Rechts wie im vorliegenden Fall.

6 Die angegriffene Entscheidung der Beklagten ist hier durch die Widerspruchsbehörde und durch das Verwaltungsgericht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft worden. Inwiefern sich dabei ausgewirkt hätte, dass die Beklagte ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnte, legt die Beschwerde nicht dar.

7 2. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auch nicht auf den geltend gemachten Verfahrensmängeln, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

8 a) Die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe gegen das Gebot eines fairen Verfahrens verstoßen, weil es die Frage der indizierten institutionellen Befangenheit der Beklagten nicht abgewogen habe. Der darin enthaltene Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht begründet, weil es nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts darauf nicht angekommen ist.

9 b) Die Beschwerde sieht eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht darin, dass die reale Planung einer Grünanlage auf dem streitgegenständlichen Grundstück weder erörtert noch nachgewiesen worden sei und dass das Verwaltungsgericht relevante Fragen dazu unterdrückt habe. Die Rüge ist unbegründet. Da die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt hat, wäre die gerichtliche Aufklärungspflicht nur verletzt, wenn sich dem Verwaltungsgericht eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen. Dies ist nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht musste keine Ermittlungen hinsichtlich der realen Planung einer Grünanlage auf dem streitigen Grundstück anstellen. Der Bevollmächtigte der Klägerin spricht in seinem Schriftsatz vom 17. August 2005 selbst von einer „Eingrünung eines Trümmergrundstücks“. Dass er dies als „Scheinaufbau“ wertet, musste für das Verwaltungsgericht kein Anlass zu weiteren Ermittlungen sein, weil von seinem Rechtsstandpunkt aus, die Bebauung nach der „Wende“ unerheblich ist und die Schaffung einer Grünanlage im Rahmen des Aufbaugesetzes einen zulässigen Zweck der Inanspruchnahme darstellte. Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, welche Beweismittel zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zur Verfügung gestanden hätten.

10 c) Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 Satz 1 GG) ist nicht deswegen gegeben, weil das Verwaltungsgericht den Rechtsstreit nicht an das Landgericht zur Grundbuchberichtigung verwiesen hat. Streitgegenstand vor dem Verwaltungsgericht war der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 2005. Diesem Bescheid lag ein Antrag des Rechtsvorgängers der Klägerin auf Entschädigung/Restitution zugrunde und kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung. Eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht kam daher nicht in Betracht.

11 d) Schließlich liegt kein Verfahrensfehler darin, dass das Verwaltungsgericht das Klageziel nicht richtig eingeschätzt haben soll. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht hätte im Hinblick auf den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG eine Auslegung des Antrags vom 20. September 1990 dahingehend vornehmen müssen, dass auch die Restitution beantragt worden sei, geht ins Leere. Das Verwaltungsgericht hat bereits einen Schädigungstatbestand i.S.d. § 1 VermG verneint. Auf die Frage, ob die Klägerin die Restitution oder nur eine Entschädigung begehrte, kam es daher ersichtlich nicht an.

12 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz VwGO).

13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.