Beschluss vom 31.01.2007 -
BVerwG 8 B 5.07ECLI:DE:BVerwG:2007:310107B8B5.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.01.2007 - 8 B 5.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:310107B8B5.07.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 5.07

  • VG Chemnitz - 16.08.2006 - AZ: VG 5 K 845/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Januar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. August 2006 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 19 684,74 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 Sie wendet sich im Stil einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Urteils. Damit erfüllt sie die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Die Beschwerde führt keine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts an, die im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und deren Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Bundesverwaltungsgericht hat sich mit den Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 VermG befasst, insbesondere damit, dass die handelnde Behörde durch die Nichtbeteiligung von „Westeigentümern“ bewusst gegen die jeweiligen Verfahrensvorschriften verstoßen haben muss, um den hoheitlichen Eingriff auf das Eigentum überhaupt erst zu ermöglichen (Beschluss vom 11. November 1996 - BVerwG 7 B 274.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 94 m.w.N.). Diese Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

3 Die Beschwerde benennt auch keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Sie beruft sich vielmehr darauf, dass das Verwaltungsgericht in Abweichung von den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 3. Juli 2001 - BVerwG 8 B 37.01 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 27) und vom 12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 10.01 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 32) keine umfassende Prüfung vorgenommen habe, ob Verstöße gegen Vorschriften des Baulandgesetzes als „manipulativ“ zu werten seien. Damit kann eine Divergenz nicht begründet werden. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt hat, genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - (Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14).

4 Auch ein Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), liegt nicht vor. Soweit die Beschwerde meint, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Erörterungspflicht verstoßen und den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt, verkennt sie zum einen den Umfang der gerichtlichen Erörterungspflicht und zum anderen, dass sich dem Verwaltungsgericht nach seiner maßgeblichen Rechtsauffassung weitere Nachforschungen nicht aufdrängen mussten.

5 Die Erörterungspflicht bezieht sich auf die zwischen den Beteiligten streitigen und vom Gericht als erheblich erachteten Fragen, auf die es zur Wahrung des rechtlichen Gehörs die Beteiligten hinzuweisen gilt, um diesen die Möglichkeit zu geben, ihr Vorbringen zu ergänzen oder gegebenenfalls neue Anträge zu stellen. § 104 Abs. 1 VwGO dient damit dem Schutz der Beteiligten vor Überraschungsentscheidungen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht (Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 235 m.w.N.; Beschluss vom 1. Februar 1999 - BVerwG 10 B 4.98 - juris, Beschluss vom 30. August 2006 - BVerwG 7 B 51.06 - juris). Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, vor oder in der mündlichen Verhandlung seine das Urteil tragende Rechtsauffassung oder Einzelheiten der Urteilsbegründung zur Erörterung zu stellen (stRspr, Urteil vom 23. Mai 1989 - BVerwG 7 C 2.87 - BVerwGE 82, 76 = Buchholz 11 Art. 4 GG Nr. 45; Beschluss vom 6. August 1987 - BVerwG 7 B 151.87 - juris). Gegen diese Verpflichtung zur Erörterung der Streitsache hat das Verwaltungsgericht nicht verstoßen. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es keines zusätzlichen Hinweises des Verwaltungsgerichts, dass in der „Nichtbeteiligung der Westeigentümerin“ keine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG gesehen werde. Diese Frage war Gegenstand des Schriftsatzes der Beklagten vom 9. Februar 2004. Das Verwaltungsgericht hat dem Kläger mit Schreiben vom 26. April 2006 anheimgestellt, auf diesen Schriftsatz der Beklagten zu erwidern, und darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 VermG nicht vorliegen dürften.

6 Dem Verwaltungsgericht musste sich auch keine Beweisaufnahme aufdrängen. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Erbschein des Amtsgerichts Hamburg vom 8. November 1984, der die Mutter des Klägers als Erbin nach Katharina K. ausgewiesen habe, den zuständigen Behörden der DDR zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Grundstücks nach dem Baulandgesetz nicht vorgelegen hat und die Adresse der möglichen Erbin der Katharina K. nicht bekannt gewesen war. Es sei nicht klar, ob das Schreiben des Amtsgerichts Hamburg vom 25. April 1972, mit welchem mitgeteilt worden sei, dass die Mutter des Klägers die Erbschaft der verstorbenen Katharina K. nicht ausgeschlagen habe, das staatliche Notariat in Plauen überhaupt erreicht habe. Damit ist von vornherein unklar, welche konkreten Beweismittel das Gericht hätte ausschöpfen können und welche Tatsachen voraussichtlich Ergebnis der Beweisaufnahme hätten sein können. Der mit der Beschwerdebegründungsschrift vorgelegte Schriftverkehr der Mutter des Klägers mit der Testamentsvollstreckerin E. B. aus dem Jahre 1978 reicht jedenfalls nicht aus. In ihrem Schreiben vom 2. Januar 1990 an den Rat der Stadt Plauen hat Frau B. als Testamentsvollstreckerin auf das Recht der Beschwerde gegen den Beschluss vom 23. November 1989 verzichtet und mit keinem Wort die Mutter des Klägers erwähnt.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.