Beschluss vom 30.12.2004 -
BVerwG 7 B 104.04ECLI:DE:BVerwG:2004:301204B7B104.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.12.2004 - 7 B 104.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:301204B7B104.04.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 104.04

  • VG Berlin - 12.05.2004 - AZ: VG 25 A 356.99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Dezember 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht S a i l e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht H e r b e r t und N e u m a n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Die Klägerin begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung eines Grundstücks, das im Jahre 1959 nach der Aufbauverordnung in Anspruch genommen und im Jahre 1989 in Volkseigentum überführt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen: Zum einen sei das Grundstück von keiner schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 VermG betroffen gewesen. Insbesondere habe die Inanspruchnahme keine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG dargestellt. Zum anderen sei die Klägerin nach ihrer Umbildung zu einer gemeinnützigen Genossenschaft nach der Verordnung vom 24. Mai 1957 derart in die staatliche und planwirtschaftliche Ordnung eingebunden gewesen, dass es sich bei der Inanspruchnahme des Grundstücks nur um eine Eigentumsverschiebung innerhalb des staatlichen oder staatlich gelenkten Bereichs gehandelt habe, die nicht nach dem Vermögensgesetz restituierbar sei. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat sein Urteil jeweils selbstständig tragend darauf gestützt, dass die Inanspruchnahme des Grundstücks einerseits als bloße Eigentumsverschiebung innerhalb des staatlichen oder staatlich gelenkten Bereichs nicht einer Wiedergutmachung nach dem Vermögensgesetz unterliege und andererseits im konkreten Fall keinen Schädigungstatbestand nach § 1 VermG erfülle. Die Revision kann deshalb nur zugelassen werden, wenn die Klägerin gegen beide Begründungen durchgreifende Zulassungsgründe vorbringt. Das ist jedenfalls insoweit nicht der Fall, als die Klägerin sich gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, die Inanspruchnahme habe keine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG dargestellt. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zukommt, soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, eine Wiedergutmachung des Eigentumsverlustes sei deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin dem staatlichen oder staatlich gelenkten Bereich zuzurechnen gewesen sei.
Soweit die Klägerin die Annahme des Verwaltungsgerichts angreift, die Inanspruchnahme des Grundstücks habe keine unlautere Machenschaft dargestellt, hat sie bereits keinen Zulassungsgrund bezeichnet, der insoweit erfüllt sein soll. Sie führt nur aus, den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils sei zu widersprechen. Was sie hierzu darlegt, genügt auch inhaltlich keinem der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO.
Die Klägerin sieht eine unlautere Machenschaft in der Umschreibung des Grundstücks in das Eigentum des Volkes im Jahre 1989, weil diese Umschreibung gegen Rechtsvorschriften der DDR verstoßen habe. Auf diesen Vorgang kam es aber nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht (mehr) an. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von dem faktischen Enteignungsbegriff ausgegangen, nach dem eine Enteignung im Sinne des Vermögensgesetzes keine bestimmte Form des Zugriffs voraussetzt, sondern immer dann anzunehmen ist, wenn der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt worden ist. Eine solche Verdrängung der Klägerin aus ihrer Eigentumsposition hat das Verwaltungsgericht in Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles bereits in der Inanspruchnahme des Grundstücks im Jahre 1959 gesehen. Hiermit setzt die Klägerin sich nicht auseinander.
Die Klägerin möchte möglicherweise geltend machen, die Inanspruchnahme des Grundstücks habe deshalb eine unlautere Machenschaft dargestellt, weil der angegebene Zweck, nämlich die Errichtung von Wohnbebauung, nur vorgeschoben gewesen sei; sie möchte dies wohl daraus herleiten, dass nach ihrer Behauptung das in Anspruch genommene Grundstück in der Folgezeit tatsächlich nicht bebaut worden ist. Das Verwaltungsgericht hat allerdings das Gegenteil festgestellt. Die Klägerin verweist für ihre Behauptung auf ein Schreiben des Magistrats von Berlin, Abteilung Finanzen, vom 9. Februar 1989. Das Schreiben gibt aber nichts dafür her, dass das in Anspruch genommene Grundstück entgegen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts tatsächlich nicht bebaut worden ist, sondern belegt nur die Feststellung des Verwaltungsgerichts. Schon deshalb erfüllt das Vorbringen der Klägerin nicht die Voraussetzungen einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge, falls sie eine solche überhaupt hat erheben wollen.
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang erneut die Frage behandelt, ob ihr Eigentum an dem Grundstück im Zeitpunkt der Inanspruchnahme als sozialistisches Eigentum oder als privates Eigentum anzusehen ist, ist diese Frage nicht klärungsbedürftig. Denn die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die Inanspruchnahme des Grundstücks habe keine unlautere Machenschaft dargestellt, gelten gerade für den Fall, dass das Eigentum der Klägerin als Eigentum in privater Hand anzusehen wäre.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 72 Nr. 1 GKG n.F.