Beschluss vom 28.08.2008 -
BVerwG 1 B 1.08ECLI:DE:BVerwG:2008:280808B1B1.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.08.2008 - 1 B 1.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:280808B1B1.08.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 1.08

  • VGH Baden-Württemberg - 31.10.2007 - AZ: VGH 13 S 1289/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. August 2008
durch die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 31. Oktober 2007 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die ausschließlich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt den geltend gemachten Zulassungsgrund nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.

2 Die Beschwerde wendet sich dagegen, dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung des § 104a AufenthG verneint hat, weil er die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG nicht erfülle, wonach der Ausländer die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert oder behindert haben darf. Die Beschwerde hält mit Blick darauf, dass der Kläger eine Geburtsurkunde aus dem Sudan vorgelegt hat, die Frage für grundsätzlich bedeutsam,
„wer bei Vorlage eines Identitätspapiers die ‚Beweislast’ für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG hat bzw. inwieweit eine vorgelegte Urkunde einen ‚Beweis des ersten Anscheins' darstellt, dem ausdrücklich nachgegangen werden muss, wobei sich dann schon die Frage stellt, inwieweit die Geburtsurkunde echt ist, auch wenn die Geburtsurkunde selbst nicht unbedingt einen Identitätsnachweis darstellt, allerdings einen Beweis des ersten Anscheins dafür bietet, dass der Inhaber der Urkunde auch diese Person ist, denn wie sonst anders soll der Kläger in den Besitz dieser Urkunde kommen“.

3 Die Beschwerde meint in diesem Zusammenhang, dem Kläger müsse nachgewiesen werden, dass er nicht die Person sei, auf die sich die Geburtsurkunde beziehe. Für das Vorliegen einer vorsätzlichen Täuschung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG trage die Ausländerbehörde die Beweislast. Dabei sei für den Vorsatz ein „Vollbeweis“ erforderlich und nicht Schlussfolgerungen, Unglaubwürdigkeit oder Zweifel. Deshalb sei die Frage von grundsätzlicher Bedeutung,
„wer für die vorsätzliche Täuschung im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Ziff. 4 AufenthG die Beweislast trägt und welche Voraussetzungen für einen Vollbeweis erforderlich sind“.

4 Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht auf. Die Zulassung der Revision nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass eine bestimmte, verallgemeinerungsfähig zu beantwortende, entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Eine solche Frage lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.

5 Soweit die Beschwerde die Frage der Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG aufwirft, legt sie die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht dar. Die Frage der Beweislast stellt sich erst im Falle der Nichterweislichkeit einer streitigen Tatsache („non liquet“). Das Berufungsgericht ist aber vorliegend nicht von der Nichterweislichkeit einer vorsätzlichen Täuschung oder einer sonstigen erheblichen Tatsache ausgegangen, sondern hat ausweislich der Urteilsgründe aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens die volle richterliche Überzeugung davon gewonnen, dass es sich bei der vom Kläger vorgelegten Geburtsurkunde um eine Fälschung handelt und der Kläger falsche Angaben über seine Herkunft aus dem Sudan gemacht und damit die Behörden über seine Identität und Staatsangehörigkeit getäuscht hat (UA S. 13 ff., 15). Von diesen tatsächlichen Feststellungen, die die Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, müsste das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren ausgehen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage nach der Beweislast würde sich daher in einem Revisionsverfahren nicht stellen.

6 Soweit die Beschwerde außerdem die Frage nach den „Voraussetzungen für einen Vollbeweis“ aufwirft, legt sie nicht dar, inwiefern diese die richterliche Überzeugungsbildung und freie Beweiswürdigung im Sinne von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO betreffende Frage klärungsbedürftig sein soll. Die Anforderungen an die richterliche Überzeugungsbildung und Beweiswürdigung im Sinne dieser Vorschrift sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich geklärt (vgl. etwa Beschluss vom 15. August 2006 - BVerwG 1 B 61.06 - Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 1 m.w.N.; Urteil vom 18. Juli 1986 - BVerwG 4 C 40 - 45.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 181). Einen weiteren, über den Einzelfall des Klägers hinausgehenden rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf aus Anlass des vorliegenden Falles zeigt die Beschwerde nicht auf.

7 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.