Beschluss vom 28.05.2003 -
BVerwG 8 B 159.02ECLI:DE:BVerwG:2003:280503B8B159.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.05.2003 - 8 B 159.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:280503B8B159.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 159.02

  • VG Weimar - 25.09.2002 - AZ: VG 8 K 2698/99.We

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g und den Richter am Bundesverwaltungsgericht P o s t i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 25. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 301 662 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor bzw. werden nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargetan.
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die überwiegend nach Art einer Berufungsbegründung abgefasste Beschwerde bezeichnet die Frage als klärungsbedürftig,
welche Anforderungen an den Teil des Restitutionsurteils zu stellen sind, der gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO an die Stelle des Tatbestandes tritt.
Diese Frage würde sich im Revisionsverfahren nicht stellen. Die Beschwerde verkennt schon, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Klage auf Wiederaufnahme des durch Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar vom 9. März 1999 rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahrens kein Berufungsurteil ist. Darüber hinaus verkennt die Beschwerde, dass sich das Verwaltungsstreitverfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung richtet, und nur soweit diese keine einschlägigen Bestimmungen enthält, die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden ist. Zwar verweist § 153 Abs. 1 VwGO für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verfahrens auf das Vierte Buch der ZPO; zu diesem gehört aber die Vorschrift des § 540 ZPO nicht. Für den Tatbestand im verwaltungsgerichtlichen Urteil legt § 117 Abs. 3 VwGO fest, dass in ihm der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen ist.
Die weitere als grundsätzlich bezeichnete Frage, ob ein von der Beschwerde aufgestellter Grundsatz zu § 142 ZPO n.F. auch dann gilt, wenn es sich im Ausgangsverfahren um ein Restitutionsverfahren handelt, erfüllt schon nicht das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil sie nicht erkennen lässt, inwieweit dies eine im allgemeinen Interesse klärungsbedürftige Frage sein soll und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist.
2. Der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 ZPO findet im Verwaltungsprozess keine Anwendung. Auch wenn man darin die Rüge der Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sehen will, führt dies nicht zur Zulassung der Revision, weil der Vortrag insoweit den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. Der Zulassungsgrund der Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier. Schon der von der Beschwerde aufgestellte angebliche Rechtssatz des Verwaltungsgerichts findet sich so in dem angefochtenen Urteil nicht. Die Beschwerde unterlässt es aber auch, außer dem Zitat eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts einen abstrakten Rechtssatz zu bezeichnen, den das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung aufgestellt haben soll und mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vereinbar sein soll.
3. Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich auf etwaige Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Soweit er meint, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und damit gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, so kann die Beschwerde damit nicht durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört es schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht dadurch gerecht, dass sie wiederholt rügt, dass das Verwaltungsgericht die beantragten Beweismittel hätte beiziehen müssen. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 12. August 2002 gestellten Beweisanträge hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. August 2002 abgelehnt. Soweit der Kläger in der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 25. September 2002 pauschal "alle bisher gestellten Anträge, Beweisanträge, insbesondere die Aktenbeiziehung der Urkundenrolle, der Handakte des Notars sowie die Akte der Gauck-Behörde" wiederholt hat, begründet das angefochtene Urteil, warum die Beweisanträge unerheblich waren. Dass der Kläger diese Rechtsauffassung nicht teilt, führt nicht zur Begründetheit der Aufklärungsrüge, da das Verwaltungsgericht den Sachverhalt nur insoweit aufzuklären hat, wie es unter Zugrundelegung seiner materiellen Rechtsauffassung darauf ankommt.
Auch die von der Beschwerde behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die Ablehnung der beantragten Beweiserhebung liegt nicht vor. Die in der mündlichen Verhandlung vom 12. August 2002 ausdrücklich gestellten Beweisanträge wurden gemäß § 86 Abs. 2 VwGO durch Beschluss vom 15. August 2002 zurückgewiesen. Mit den in der mündlichen Verhandlung vom 25. September 2002 pauschal wiederholten Beweisanträgen hat sich, wie bereits festgestellt, das Urteil in den Entscheidungsgründen auseinander gesetzt.
Auch die behauptete Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist nicht dargetan. Der Überzeugungsgrundsatz beinhaltet nur, dass die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen und die von ihm gegebene Begründung für seine Überzeugung nach den Grundsätzen der Logik und den sonstigen Denk- und Erfahrungssätzen ausreichen müssen, um diese Überzeugung zu rechtfertigen (Beschluss vom 5. November 2002 - BVerwG 8 B 45.02 - n.v.). Die Beschwerde äußert Kritik an der Begründung des Verwaltungsgerichts, legt aber keine Zweifel an einer derartigen Überzeugungsbildung dar.
4. Soweit die Beschwerde den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO geltend macht, kann darin nur die Rüge des § 138 Nr. 6 VwGO gesehen werden. Dieser Revisionsgrund liegt offensichtlich nicht vor, weil das angefochtene Urteil mit Gründen versehen ist.
Auch soweit die Beschwerde bemängelt, dass trotz der Gegenvorstellung des Klägers gegen die Ablehnung seines Befangenheitsantrags gegen den die mündliche Verhandlung leitenden Einzelrichter dieser Einzelrichter über die Klage entschieden hat, und damit den absoluten Revisionsgrund des § 138 Nr. 1 VwGO geltend machen sollte, führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Der Beschluss, mit dem der Ablehnungsantrag des Klägers gegen den Einzelrichter abgelehnt wurde, war gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 VermG (vgl. auch § 146 Abs. 2 VwGO) unanfechtbar. Der Einzelrichter war durch die Gegenvorstellung nicht gehindert, das Streitverfahren weiter zu behandeln.
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision im Verwaltungsstreitverfahren zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 14 GKG.