Beschluss vom 28.03.2002 -
BVerwG 7 B 26.02ECLI:DE:BVerwG:2002:280302B7B26.02.0

Beschluss

BVerwG 7 B 26.02

  • VG Leipzig - 27.09.2001 - AZ: VG 3 K 926/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. März 2002
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts
Dr. F r a n ß e n und die Richter am Bundesverwaltungs-
gericht G ö d e l und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 27. September 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 863 € festgesetzt.

Die Klägerin begehrt die Rückübertragung zweier Grundstücke, die sie im Jahr 1961 als persönlich haftende Gesellschafterin in eine Kommanditgesellschaft mit staatlicher Beteiligung eingebracht hatte. Sie beruft sich darauf, dass die Einbringung auf Druck staatlicher Behörden erfolgt sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil es sich nicht um Privatgrundstücke, sondern um Betriebsgrundstücke des einzelkaufmännischen Unternehmens gehandelt habe; im Übrigen habe der Verlust der Grundstücke nicht auf einer unlauteren Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG beruht. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Weder beruht das Urteil des Verwaltungsgerichts auf der Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Sache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
Die Klägerin sieht eine Abweichung von dem Urteil des Senats vom 5. Oktober 2000 - BVerwG 7 C 95.99 - (Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 40) darin, dass das Verwaltungsgericht den Rechtssatz aufgestellt habe, die Aufnahme staatlicher Beteiligungen im Zuge der Bildung sog. halbstaatlicher Betriebe in der DDR stelle als solche keine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG dar.
Sie folgert dies aus dem Umstand, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichts "der allgemeine Druck in der durch die staatliche Planwirtschaft bestimmten Wirtschaft der DDR, Privateigentum an Betrieben und Produktionsmitteln zurückzudrängen", nicht ausreiche. Der Senat tritt in diesem Punkte der Beschwerde bei. Dem in Rede stehenden Urteil des beschließenden Senats liegt der Rechtssatz zugrunde, dass die staatliche Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft im Regelfall aufgrund unlauterer Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG erlangt wurde. Die entsprechende gesetzliche Vermutung (§ 6 Abs. 5 c Satz 1 VermG) trägt dementsprechend dem Umstand Rechnung, dass die Einführung halbstaatlicher Betriebe typischerweise ein wirtschaftliches Zwangsmittel darstellte, das auf die Verstaatlichung der Privatbetriebe zielte. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht demgegenüber auf einem anderen rechtlichen Ansatz.
Gleichwohl kommt eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht in Betracht, weil das angefochtene Urteil nicht auf der die Divergenz aufweisenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts beruht. Tragend für das angefochtene Urteil ist vielmehr die auf S. 10 ff. (unter 1.) angestellte Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin die streitigen Grundstücke in die E. W. KG nicht aus ihrem Privatvermögen eingebracht habe, sondern dass diese Grundstücke bereits zum Betriebsvermögen des "einzelkaufmännischen Unternehmens 'E. W.' gehört" hätten. In Bezug auf diese Erwägung hat die Beschwerde zwar den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemacht; ihr diesbezügliches Vorbringen ergibt jedoch nicht, dass der Rechtsstreit in diesem Punkte eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung aufweist. Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren die Frage geklärt wissen, ob "unabhängig von den Unternehmensrestitutionsansprüchen des zwangsweise gegründeten Unternehmensträgers (Kommanditgesellschaft)" selbständige Restitutionsansprüche wegen der nach Meinung der Klägerin erzwungenen staatlichen Beteiligung im Jahre 1961 bestehen. Diese Frage geht an den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen vorbei. Aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass es sich bei den in Rede stehenden, zur Sandgewinnung genutzten Grundstücken auch bereits vor Einbringung in die Kommanditgesellschaft um Betriebsgrundstücke des Unternehmens handelte. Damit scheidet eine Singularrestitution gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 VermG aus (vgl. Urteil des beschließenden Senats vom 20. November 1997 - BVerwG 7 C 40.96 - Buchholz 428 § 2 VermG Nr. 35); in Betracht kommt allein eine Unternehmensrestitution. Durch die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft hat sich zwar die Trägerschaft des Unternehmens geändert, das Unternehmen als solches hat jedoch, wenn auch mit staatlicher Beteiligung, als privates fortbestanden. Die Schädigung ist deshalb auch erst mit der Überführung des privaten Gesellschaftsanteils in Volkseigentum vollendet worden. In einem solchen Fall ist Berechtigter im Sinne des § 6 Abs. 1 a VermG allein die Kommanditgesellschaft i.L.; ein gesonderter Restitutionsanspruch wegen einer erzwungenen staatlichen Beteiligung besteht daneben nicht. Aus § 6 Abs. 5 c VermG ergibt sich nichts anderes; die Vorschrift bestätigt im Gegenteil das Gesagte, denn aus ihr ergibt sich, dass die Rückübertragung oder Löschung der staatlichen Beteiligung Teil der Rückabwicklung der Unternehmensschädigung ist. Daraus folgt, dass bei einer investiven Veräußerung des mit einem Restitutionsanspruch belasteten Unternehmens auch der auf die staatliche Beteiligung entfallende Veräußerungserlös gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG an die Stelle des Anspruchs nach § 6 Abs. 5 c VermG tritt. Einen derartigen Anspruch hat die Klägerin mit dem vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.