Beschluss vom 27.07.2005 -
BVerwG 5 B 1.05ECLI:DE:BVerwG:2005:270705B5B1.05.0

Beschluss

BVerwG 5 B 1.05

  • Bayerischer VGH München - 29.07.2004 - AZ: VGH 5 B 02.516

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und
Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 40 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Kläger ist nicht begründet.
Die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Es ist nicht "grundsätzlich zu klären, ob bei Kindern eines aus Deutschland verschleppten deutschen Staatsangehörigen, der in der ehemaligen Sowjetunion als Zwangsarbeiter unter freiheitsentziehenden Maßnahmen festgehalten wurde und auch nach der Freilassung keine Möglichkeit hatte, nach Deutschland zurückzukehren bzw. mit deutschen Behörden Kontakt aufzunehmen, gefordert werden kann, dass er die Erklärung bis zum 31.12.1992 abgeben musste, bzw. unter welchen Umständen die Frist im Hinblick auf die besondere Situation der Abkömmlinge kriegsgefangener Deutscher verlängert werden muss" (Beschwerdebegründung S. 2 Abs. 6). Denn zum einen hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in den Urteilen vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 1 C 29.94 - (BVerwGE 99, 341 = Buchholz 130.0 RuStAÄndG Nr. 1) und vom 4. Mai 1999 - BVerwG 1 C 1.98 - (Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 10) Kriterien und Umstände dafür benannt, wann jemand im Sinne von § 3 Abs. 7 RuStAÄndG 1974 ohne Verschulden gehindert ist, die dreijährige Erklärungsfrist einzuhalten. Und zum anderen beruht die Folgerung des Berufungsgerichts, die sechsmonatige Nacherklärungsfrist habe mit Ablauf des 31. Dezember 1992 geendet, auf dessen Feststellung im Tatsächlichen, dass in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion nur bis zum 1. Juli 1992 ein unverschuldetes Erklärungshindernis bestanden habe. Ein Streit um Feststellungen im Tatsächlichen begründet aber keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die nur in ihrer rechtlichen Beurteilung liegen kann.
Auch muss nicht grundsätzlich geklärt werden, "welche Anforderungen an das Auskunftsersuchen der Betroffenen an deutsche Behörden gestellt werden und ob das Erkundigen unter Schilderung des Vertreibungsschicksals und unter Hinweis auf die Einbürgerung während des Krieges die Behörde dazu veranlassen muss, gem. § 25 VwVfG Auskünfte zu erteilen" (Beschwerdebegründung S. 2 Abs. 7). Der erste Teil der Frage zu den Anforderungen an das Auskunftsersuchen ist vom Bundesverwaltungsgericht (Urteile vom 24. Oktober 1995 und vom 4. Mai 1999 a.a.O.) bereits geklärt: Bereits der Umstand, dass der Betroffene aus einer gemischtnationalen Ehe mit einem deutschen Elternteil stammt, "legt eine Klärung seiner staatsangehörigkeitsrechtlichen Verhältnisse nahe und bietet ... hinreichend Anlass, ... über dessen deutsche Staatsangehörigkeit oder (die) Möglichkeit zu ihrem Erwerb ... soweit erforderlich, Rechtsauskünfte einzuholen". Der zweite Teil der Frage zur Auskunftspflicht der Behörde ist nicht klärungsfähig, weil die Angaben der Kläger in der Beschwerdebegründung, sie hätten in Auskunftsersuchen zur Staatsangehörigkeit auf die Einbürgerung der Mutter während des Krieges hingewiesen, nicht den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil entsprechen. Denn danach hat die Klägerin zu 1 weder selbst noch vertreten durch ihre Mutter vor 1993 eine Auskunft zu ihrer staatsangehörigkeitsrechtlichen Situation eingeholt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (Berufungsurteil S. 9 Abs. 1) hat sich die Mutter der Klägerin am 29. Januar 1993 beim Landratsamt T. nach Einreisemöglichkeiten für ihre Tochter erkundigt. Diesen Feststellungen, die auf den "damaligen Kenntnisstand" der Behörde und "die nur allgemeine Nachfrage" Bezug nehmen, kann nicht entnommen werden, die Mutter habe dabei auf ihre Einbürgerung während des Krieges hingewiesen.
In Bezug auf die von den Klägern als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Fragen,
ob "von der Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG nur dann auszugehen ist, wenn (eine Person) entweder Spätaussiedlerin oder Abkömmling eines Spätaussiedlers ist und über einen Aufnahmebescheid des Bundesverwaltungsamtes für Spätaussiedler und Abkömmlinge eines Spätaussiedlers verfügt" (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 7)
und
"ob Vertriebene im Sinne des § 1 Abs. 1 und § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BVFG bzw. deren Abkömmlinge, die selbst Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit im Sinne des § 7 BVFG a.F. i.V.m. § 100 BVFG n.F. sind, nachdem sie sich dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassen haben, nur dann nach dem 01.01.1993 Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG werden, wenn sie gleichzeitig einen Aufnahmebescheid 'als Spätaussiedler' oder 'als Abkömmlinge eines Spätaussiedlers' erhalten haben" (Beschwerdebegründung S. 10 Abs. 3)
kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen werden. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat sich zu dieser Rechtsfrage bereits wie folgt geäußert (BVerwGE 120, 292):
"Unter welchen Voraussetzungen eine Person im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG als Abkömmling eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit Aufnahme gefunden hat, ist seit In-Kraft-Treten der durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2094) geänderten Fassung des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) am 1. Januar 1993 grundsätzlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen. Personen, die ... nicht selbst Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit sind, können danach als Abkömmlinge eines Vertriebenen nur noch dann Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland finden, wenn sie Abkömmlinge eines Spätaussiedlers im Sinne des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG sind (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG). Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvertriebenengesetzes stellen insoweit die in Art. 116 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber vorbehaltene gesetzliche Regelung für den Erwerb des Deutschen-Status dar (vgl. BVerwGE 114, 332)."
Hiermit haben sich die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht auseinander gesetzt und folglich nicht Klärungsbedürftigkeit als Voraussetzung für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt.
Die Revision kann nicht wegen Divergenz nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden.
Die Kläger rügen zwar Abweichungen von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom "21.05.1985 und 24.10 .1995 sowie vom 25.06.1998 - NVwZ-RR 1999, 70" (Beschwerdebegründung S. 5 Abs. 7), sie zeigen aber nicht, wie es für die Begründung einer Divergenz erforderlich ist, auf, dass das Berufungsgericht mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - <NVwZ-RR 1996, 712> und vom 9. Juni 1999 - BVerwG 11 B 47.98 - <NVwZ 1999, 1231>). Stellt das Berufungsgericht einen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz nicht in Frage, ist mit der Rüge, das Berufungsgericht habe das Recht falsch angewandt, keine Divergenz bezeichnet (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 - BVerwG 4 BN 21.01 - <NVwZ 2002, 83>).
Die Revision kann auch nicht wegen einer Abweichung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Mai 1992 - BVerwG 1 C 54.89 - (BVerwGE 90, 173) (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 1) zugelassen werden. Zum einen würde die Berufungsentscheidung nicht auf der behaupteten Abweichung beruhen, weil der als Abweichung gerügte Teil der Berufungsentscheidung (Berufungsurteil S. 13 Abs. 2 ff.) eine von zwei selbständig tragenden Begründungen betraf. Zum anderen ist das Berufungsurteil schon deshalb nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen, weil das Abstellen des Berufungsgerichts auf "einen behördlichen Aufnahmeakt" (Berufungsurteil S. 13 Abs. 3) das vom Bundesverwaltungsgericht formulierte Aufnahmeerfordernis "eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden" (BVerwGE 90, 173 <175 Abs. 3>) nur sprachlich anders gefasst hat, ohne davon in der Sache abzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).

Beschluss vom 10.10.2005 -
BVerwG 5 B 82.05ECLI:DE:BVerwG:2005:101005B5B82.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.10.2005 - 5 B 82.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:101005B5B82.05.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 82.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Oktober 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Das Verfahren über die Anhörungsrüge der Kläger wird eingestellt.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens über die Anhörungsrüge.

Gründe

1 Die Kläger haben ihre Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 27. Juli 2005 mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2005 zurückgenommen. Das Verfahren über die Anhörungsrüge ist deshalb in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

2 Gerichtskosten sind nicht entstanden.