Beschluss vom 27.06.2017 -
BVerwG 6 PKH 2.17ECLI:DE:BVerwG:2017:270617B6PKH2.17.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.06.2017 - 6 PKH 2.17 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:270617B6PKH2.17.0]

Beschluss

BVerwG 6 PKH 2.17

  • VG Berlin - 17.10.2012 - AZ: VG 2 K 6.12
  • OVG Berlin-Brandenburg - 16.12.2015 - AZ: OVG 3 B 9.14

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage wird abgelehnt.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Wiederaufnahme eines Verfahrens.

2 Mit ihrer in allen Instanzen erfolglosen Klage wollte sie erreichen, dass der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags ihre Petitionen auf seiner Internetseite "epetitionen" veröffentlicht. Der Senat hatte ihr für das Revisionsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt F. beigeordnet. Mit Beschluss vom 28. Februar 2017 hat er den von der Antragstellerin persönlich gestellten Antrag auf Bewilligung von Mitteln für die Reise zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts abgelehnt. Ihre persönlich angebrachten Befangenheitsgesuche wurden mit Beschluss vom 14. März 2017 als unzulässig abgelehnt. Den Antrag ihres Bevollmächtigten auf Aufhebung seiner Beiordnung hat dieser am 14. März 2017 zurückgenommen; den von der Antragstellerin persönlich mit dem gleichen Ziel gestellten Antrag hat der Senat mit in der Revisionsverhandlung vom 15. März 2017 verkündetem Beschluss abgelehnt. Am 15. März 2017 hat er das Urteil verkündet, mit dem die Revision der Antragstellerin gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Dezember 2015 zurückgewiesen wurde. Ihre am 6. April 2017 erhobene Gegenvorstellung gegen das Urteil vom 15. März 2017 sowie die Gegenvorstellungen und Anhörungsrügen gegen die Beschlüsse vom 28. Februar 2017, 14. März 2017 und 15. März 2017 hat der Senat mit Beschluss vom 11. April 2017 verworfen.

3 Mit Schreiben vom 5. Mai 2017 begehrt die Antragstellerin Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Nichtigkeitsklage gemäß § 153 VwGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ZPO gegen das Urteil des Senats vom 15. März 2017 - BVerwG 6 C 28.16 - und den Beschluss vom 11. April 2017. Des Weiteren hat sie die Richter Dr. Heitz, Dr. Tegethoff und Prof. Dr. Kraft für dieses Verfahren abgelehnt, da die genannten Entscheidungen nicht in vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts ergangen seien.

II

4 1. Der Senat entscheidet über das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin und ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Mitwirkung von Richtern, auf welche sich ihr Ablehnungsgesuch bezieht, denn das Ablehnungsgesuch ist unzulässig.

5 Unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch, wenn es für sich allein ohne jede weitere Aktenkenntnis offenkundig eine Ablehnung nicht zu begründen vermag (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2013 - 1 BvR 2853/11 - NJW 2013, 1665) oder ersichtlich grundlos ist, nur der Verschleppung dient und damit rechtsmissbräuchlich als taktisches Mittel für verfahrensfremde Zwecke eingesetzt wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15). Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Ablehnende - wie hier - die bloße Tatsache beanstandet, ein Richter habe an einer Vor- oder Zwischenentscheidung mitgewirkt (BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 2015 - 6 PKH 10.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2015:​071215B6PKH10.15.0] - juris Rn. 4). Die Antragstellerin wiederholt mit dem erneuten Ablehnungsgesuch lediglich ihre Kritik an den getroffenen Entscheidungen in der Sache und zieht allein daraus den Schluss auf die Voreingenommenheit der mitwirkenden Richter. Dieses Vorbringen führt nicht auf ein zulässiges Ablehnungsgesuch.

6 2. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in Betracht, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg bietet. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen das Urteil des Senats vom 15. März 2017 liegen offensichtlich nicht vor.

7 a) Gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Diese Voraussetzung erachtet die Antragstellerin im Hinblick auf die "Ungeeignetheit der Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 GG" als gegeben, die sie aus den zu ihren Ungunsten ergangenen Entscheidungen des Senats u.a. über ihre Befangenheitsanträge und die mangelnde Übernahme der Reisekosten zur Teilnahme an der Revisionsverhandlung ableitet.

8 Das Revisionsurteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2017 - BVerwG 6 C 28.16 - ist - nach Ablehnung des von der nicht postulationsfähigen Antragstellerin persönlich angebrachten Befangenheitsgesuchs mit Beschluss vom 14. März 2017 - von den Richtern des 6. Revisionssenats gefasst worden, die hierzu nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesverwaltungsgerichts berufen waren. Die behauptete Unrichtigkeit der getroffenen Nebenentscheidungen begründet nicht die Annahme, das Revisionsurteil sei von befangenen Richtern gefällt worden, mit der weiteren Folge, das Gericht sei eben wegen dieser Befangenheit nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.

9 b) Gemäß § 153 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Ihre nicht ordnungsgemäße Vertretung leitet die Antragstellerin daraus ab, dass der ihr beigeordnete Rechtsanwalt kurz vor dem Verhandlungstermin unter "abwegigen Beschimpfungen" ihrer Person die Aufhebung der Beiordnung beantragt habe und diesen Antrag am Tag vor der Verhandlung ohne ersichtliche Änderung der Sachlage wieder zurückgenommen habe. Ihr persönlich gestellter Aufhebungsantrag sei demgegenüber begründet gewesen, so dass die von ihr erteilte Prozessvollmacht unwirksam gewesen sei.

10 Dieses Vorbringen, mit dem die Antragstellerin ihre inhaltliche Kritik an den im Revisionsverfahren ergangenen Nebenentscheidungen wiederholt, ist nicht geeignet, ihre ordnungsgemäße Vertretung im Revisionsverfahren durch Rechtsanwalt F. in Frage zu stellen. Dieser Nichtigkeitsgrund setzt voraus, dass ein Verfahrensbeteiligter (§ 63 VwGO) vom Verfahren ausgeschlossen war, sei es wegen fehlender Kenntnis von dem Verfahren oder mangels gebotener Vertretung im Verfahren. Zweck des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist es, die nicht vertretene Partei vor einem Urteil zu schützen, das bis zu seiner Aufhebung formell gegen sie wirkt und in einem ohne wirksame Hinzuziehung der Partei schlechthin wertlosen Verfahren ergangen ist (BVerwG, Urteil vom 20. März 1997 - 7 A 1.96 - BVerwGE 104, 182 <184>). Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.

11 3. Soweit sich die beabsichtigte Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2017 richten soll, hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung bereits deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil die Klage unzulässig ist. Gemäß § 153 VwGO kann nur ein rechtskräftig beendetes Verfahren wiederaufgenommen werden. Die ablehnende Entscheidung über eine Anhörungsrüge vermittelt aber keine Rechtskraft, sondern lässt lediglich die bereits eingetretene Rechtskraft der Endentscheidung unberührt. Das kann aber dahinstehen, denn die beabsichtigte Nichtigkeitsklage böte aus den oben bereits ausgeführten Gründen auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.