Beschluss vom 27.03.2003 -
BVerwG 8 B 53.03ECLI:DE:BVerwG:2003:270303B8B53.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.03.2003 - 8 B 53.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:270303B8B53.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 53.03

  • VG Gera - 19.12.2002 - AZ: VG 5 K 1292/97 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , den Richter am Bundesverwaltungsgericht
K r a u ß und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 19. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 235 194,26 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Eine Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des verwaltungsgerichtlichen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wird nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, vgl. 2.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit zwei - seine Entscheidung jeweils selbstständig tragenden - Begründungen abgewiesen. Eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG liegt danach zum einen deshalb nicht vor, weil für das Grundstück vor dem Eigentumsverzicht kostendeckende Mieten erzielt worden sind (VG-Urteil amtlicher Umdruck S. 10 bis 14). Zum anderen liegt eine Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG auch deshalb nicht vor, weil das Grundstück nicht überschuldet war (VG-Urteil amtlicher Umdruck S. 14 ff.). Ist ein Urteil auf zwei die Entscheidung selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich beider Gründe ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt. Andernfalls fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit der gestellten Fragen.
Die Beschwerde hält insgesamt acht Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig. Diese beziehen sich auf beide das Urteil tragende Begründungen. An einer grundsätzlichen Bedeutung fehlt es jedoch jedenfalls insoweit, als sie sich auf das Vorliegen nicht kostendeckender Mieten beziehen. Insoweit hält die Beschwerde folgende Fragen für klärungsbedürftig:
Ist die Vermutung, dass eine festgestellte dauerhafte Überschuldung des Grundstückes auf nicht kostendeckenden Mieten aus dem Zeitraum vor dem Eigentumsverlust beruht, ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände bereits dann zu verneinen, wenn sich aus den durch die Alteigentümerin abgegebenen Steuererklärungen, ausgehend von den dort deklarierten und belegten Ausgaben in einzelnen Jahren ein rechnerischer Überschuss ergibt?
Ist ein solcher ausschließlich anhand von Steuererklärungen und auf der Grundlage der insoweit "deklarierungsfähigen" und deklarierten Ausgaben rechnerisch ermittelter Überschuss ohne weiteres, insbesondere ungeschmälert in vollem Umfange mit entzogenen, dass heißt anderweitig verwandten Erträgen aus dem Grundbesitz gleichzusetzen?
Diese Fragen lassen sich beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Die Vermutung, dass nicht kostendeckende Mieten erzielt worden sind, ist selbstverständlich dann erschüttert, wenn zur Überzeugung des Tatsachengerichts feststeht, dass kostendeckende Mieten erzielt worden sind. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Einzelfall. Dabei kann das Verwaltungsgericht seine Überzeugung auch stützen auf Angaben, die der frühere Grundstückseigentümer in Steuererklärungen für die vor dem Eigentumsverzicht liegenden Jahre gemacht hat. Ob allein diese Angaben zur Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts ausreichen, ist eine Frage des Einzelfalls. Im Übrigen hat im vorliegenden Fall das Verwaltungsgericht seine Überzeugung nicht ausschließlich auf die Angaben in den Steuererklärungen gestützt. Vielmehr hat es ergänzend u.a. Zeugenaussagen gewürdigt (vgl. VG-Urteil, amtlicher Umdruck S. 12 bis 14).
Ist das Verwaltungsgericht so zu dem Ergebnis gelangt, dass kostendeckende Mieten erzielt worden sind, fehlt es an einer Schädigung im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG. Eine Gleichsetzung des Überschusses der Mieteinnahmen über die Kosten mit anderweitig verwandten Erträgen aus dem Grundbesitz ist nicht erforderlich. Insoweit ist unklar worauf die zitierte Frage der Beschwerde abzielt.
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier.
Ein vom Verwaltungsgericht ausdrücklich oder sinngemäß aufgestellter abstrakter Rechtssatz, mit dem einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz widersprochen wird, wird von der Beschwerde nicht genannt. Vielmehr rügt sie - im Stile einer Berufungsbegründung - die unrichtige Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall. An einer Stelle führt die Beschwerde sogar wörtlich aus, das Verwaltungsgericht habe eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts unrichtig angewandt (Beschwerdebegründung S. 4). Damit kann eine Divergenz nicht prozessordnungsgemäß bezeichnet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 13 und 14 GKG.