Beschluss vom 26.05.2004 -
BVerwG 4 B 32.04ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B4B32.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.05.2004 - 4 B 32.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:260504B4B32.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 32.04

  • OVG des Landes Sachsen-Anhalt - 06.02.2004 - AZ: OVG 2 L 7/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n ,
G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 6. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 510 € festgesetzt.

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1.1 Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler, dass das Oberverwaltungsgericht die Klageänderung für zulässig erklärt hat. Damit zeigt sie keinen Rechtsfehler auf, der der Beschwerde zum Erfolg verhelfen könnte. Die Klägerin hat ihren Verpflichtungsantrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für eine Putenmastanlage mit 19 200 Tierplätzen in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt, nachdem für Anlagen in dieser Größenordnung nunmehr eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich ist, und einen Verpflichtungsantrag mit dem Ziel gestellt, eine Baugenehmigung in der Größenordnung zu erteilen, die weiterhin dem Baugenehmigungsverfahren unterliegt. Eine derartige Klageänderung konnte das Oberverwaltungsgericht unbedenklich als sachdienlich ansehen; im Übrigen ist die entsprechende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nach § 91 Abs. 3 VwGO nicht selbständig anfechtbar. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass über die Frage, ob eine Klageänderung sachdienlich ist, kein gesonderter Rechtsstreit geführt werden soll. Der geltend gemachte Verfahrensfehler kann aus diesem Grunde auch kein selbständiger Beschwerdegrund im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sein (BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 1999 - BVerwG 4 B 21.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff 3 VwGO Nr. 20). Soweit die Beschwerde auf § 529 ZPO in Verbindung mit § 533 Nr. 2 ZPO verweist, ist hervorzuheben, dass diese Regelungen, wie § 128 VwGO verdeutlicht, im Verwaltungsprozess nicht anwendbar sind.
1.2 Auch die Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Beteiligten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens müssen stets damit rechnen, dass der sachdienliche Antrag in der mündlichen Verhandlung erörtert und endgültig formuliert wird (vgl. § 86 Abs. 3 VwGO). Vorliegend hatte die Beigeladene überdies durch einen ihr zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung zugestellten Schriftsatz Kenntnis von der beabsichtigten Antragstellung. Die Ablehnung des Vertagungsantrags durch das Oberverwaltungsgericht stellt somit schon keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Davon abgesehen legt die Beschwerde in keiner Weise dar, was die Beigeladene vorgetragen hätte, wenn ihr die begehrte Schriftsatzfrist gewährt worden wäre und warum dies zu einer anderen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts geführt hätte. Nach den Ausführungen unter 1.1 ist hierfür auch nichts ersichtlich.
1.3 Soweit die Beigeladene hinsichtlich etwaiger Gesundheitsgefährdungen durch die umstrittene Putenmastanlage eine unzureichende weitere Aufklärung durch das Oberverwaltungsgericht rügt, genügt sie nicht den Darlegungserfordernissen. Hierfür hätte substantiiert ausgeführt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch Stellung von Beweisanträgen hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (stRspr). Vorliegend hat die Beigeladene, auch nach ihrem eigenen Vortrag, in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt. Im Übrigen hat sich das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil unter Verwertung des eingeholten Sachverständigengutachtens eingehend mit den möglichen Einwirkungen auf die Gesundheit auseinander gesetzt (Urteilsabdruck S. 16 ff.) und dargelegt, dass es einer medizinischen Beurteilung nicht bedürfe, da Gesundheitsbeeinträchtigungen nicht zu erwarten seien (Urteilsabdruck S. 19). In diesem Zusammenhang hat es sich auch mit der Veröffentlichung von Hartung auseinander gesetzt, dessen Vernehmung die Beschwerde vermisst (Urteilsabdruck S. 17 f.). Es legt sodann dar, dass es auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, bei der es sich im Einklang mit dem Bundesverfassungsgericht sieht, keiner weiteren Beweisaufnahme bedürfe. Mit diesen Ausführungen (Urteilsabdruck S. 18, 19) setzt die Beschwerde sich nicht auseinander. Dem Urteil lässt sich ferner nachvollziehbar entnehmen, aus welchem Grund es von einer Vernehmung zweier Jäger als Zeugen zu möglichen Nist-, Wohn- und Brutplätzen von Vögeln absehen konnte (Urteilsabdruck S. 21 f.). Demgegenüber trägt die Beschwerde nichts dafür vor, warum sich dem Gericht am Ende des bereits seit Anfang des Jahres 2000 anhängigen Berufungsverfahrens eine weitere Beweisaufnahme aufdrängen musste.
1.4 Soweit die Beschwerde ferner eine fehlende Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO) rügt, zeigt sie keinen Verfahrensfehler auf. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Baugenehmigung beantragt (Urteilsabdruck S. 2). Soweit in dieser Formulierung bei genauer gesellschaftsrechtlicher Sicht (es handelt sich um eine GmbH & Co. KG) eine Ungenauigkeit liegen sollte, hat das Oberverwaltungsgericht dem ersichtlich in Anwendung des Landesrechts zum Baugenehmigungsverfahren keine rechtliche Bedeutung beigemessen.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt nicht dar, welche Rechtssätze im Widerspruch stehen könnten. Hinsichtlich der Fragen, ob das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet und der Schutz der Landschaft beeinträchtigt werden, rügt sie vielmehr lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall. Zur Frage der Erschließung wird ebenfalls keine Divergenz dargelegt. Denn insoweit stützt das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung nicht auf einen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechtssatz, sondern auf die Besonderheit, dass die Beigeladene die Zufahrt zum Bauvorhaben über ihr Grundstück bereits zugesichert habe (Urteilsabdruck S. 13). Davon abgesehen arbeitet die Beschwerde auch keinen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz heraus, der sich als Ausgangspunkt einer Abweichung heranziehen ließe, sondern zieht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung lediglich ihre eigenen Schlussfolgerungen.
3. Ferner misst die Beschwerde der Rechtssache hinsichtlich der Erschließung von baulichen Anlagen im Außenbereich grundsätzliche Bedeutung bei. Es bedarf indes keiner grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, dass auch bei Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB lediglich die nach den jeweiligen Umständen erforderliche "außenbereichsgemäße" Erschließung zu fordern ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 30.84 - BVerwGE 74, 19, 25 und 30. August 1985 - BVerwG 4 C 48.81 - DVBl 1986, 186). Vorliegend setzt sich das Oberverwaltungsgericht eingehend mit den danach zu fordernden Maßstäben auseinander und gelangt zu dem Ergebnis, dass die Beigeladene die Zuwegung über ihr Grundstück zu einer bereits vorhandenen Kreisstraße zugesichert habe. Bei dieser auf Besonderheiten des Einzelfalls beruhenden Sachlage sind Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung, die weiterer Klärung bedürften, nicht ersichtlich.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.