Verfahrensinformation

Der Revisionskläger wendet sich gegen ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), mit dem seine Direktwahl zum Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg v.d.H. am 1./22. März 1998 für ungültig erklärt und deren Wiederholung angeordnet wurde. Zur Begründung hatte der VGH erklärt, bei der Wahl sei es zu "Unregelmäßigkeiten" gekommen, die auf ihr Ergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Denn mehrere hauptamtliche Magistratsmitglieder, u.a. der Revisionskläger, hätten die oppositionellen Parteien, die anderen Bewerber und damit letztlich auch die Öffentlichkeit in einer wahlkampfrelevanten gemeindlichen Sachfrage durch bewusste Verheimlichung wichtiger Informationen getäuscht. Bei deren Bekanntwerden wäre ein anderer Wahlausgang jedenfalls in der Stichwahl möglich gewesen, weil ein in der ersten Wahl ausgeschiedener Bewerber wohl keine Wahlempfehlung zu Gunsten des Revisionsklägers abgegeben hätte und dessen Stimmvorsprung nur relativ gering gewesen sei. Die Revision ist vom Bundesverwaltungsgericht zur Klärung der Frage zugelassen worden, ob und ggf. unter welchen Umständen die bewusste Täuschung der Öffentlichkeit über eine kommunalpolitische Sachfrage durch hauptamtliche Magistratsmitglieder zur Ungültigkeit der Wahl eines Oberbürgermeisters führen kann und ob bzw. inwieweit die Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 2001 zur Auslegung des Hessischen Landeswahlgesetz hierauf übertragbar sind.


Pressemitteilung Nr. 16/2003 vom 08.04.2003

Oberbürgermeisterwahl in Bad Homburg v.d.H. ungültig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in einer heute verkündeten Entscheidung die Revision des Oberbürgermeisters der Stadt Bad Homburg v.d.H. gegen ein Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, mit dem seine Wahl zum Oberbürgermeister im März 1998 für ungültig erklärt und Neuwahlen angeordnet wurden, zurückgewiesen.


Das Berufungsgericht hatte seine Entscheidung darauf gestützt, dass beim Wahlverfahren Unregelmäßigkeiten vorgekommen seien, die auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein können. Dem lag u.a. das Verhalten mehrerer hauptamtlicher Mitglieder des Magistrats zu Grunde, die zu einer im Zusammenhang mit einem Grundstücksprojekt bestehenden städtischen Option und einem eventuell beabsichtigten Öko-Zentrum den anderen Magistratsmitgliedern und der Stadtverordnetenversammlung Informationen vorenthalten hatten. Dadurch wurde dieses kommunalpolitisch diskutierte Projekt nicht zum Wahlkampfthema.


Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Übertragung der vom Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der hessischen Landtagswahl aufgestellten Grundsätze auf die Kommunalwahlen abgelehnt und eine unzulässige Wahlbeeinflussung auch dann angenommen, wenn pflichtwidrige amtliche Verhaltensweisen, die nicht unmittelbar das Wahlverfahren betreffen, dazu bestimmt und geeignet sind, die Wählerwillensbildung parteiergreifend und chancenbeeinträchtigend zu beeinflussen.


Diese Rechtsauffassung verstößt nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegen Bundesrecht. Da Bundes(verfassungs-)recht nicht fordert, dass in den Gemeinden die (Ober-)Bürgermeister als Exekutivorgan direkt durch das Volk gewählt werden, sind auch die vom Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Wahl des hessischen Landesparlamentes aufgestellten Grundsätze nicht notwendig auf die Überprüfung von Kommunalwahlen zu übertragen. Der vom hessischen Landesgesetzgeber nach der für das Revisionsverfahren bindenden Auslegung durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof aufgestellte Prüfungsmaßstab für Kommunalwahlen ist auch aus anderen Gründen nicht zu beanstanden. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass unzulässige amtliche Wahlbeeinflussung auch in einer Täuschung durch Vorenthalten oder Unterdrücken von wahlkampfrelevanten Informationen liegen kann, verletzt kein Bundesrecht. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl schützt den Wähler vor Beeinträchtigungen seiner Entscheidungsfreiheit. Die Integrität der Wählerwillensbildung ist betroffen, wenn amtliche Stellen das ihnen obliegende Wahrheitsgebot nicht einhalten.


BVerwG 8 C 14.02 - Urteil vom 08.04.2003


Beschluss vom 31.07.2002 -
BVerwG 8 B 49.02ECLI:DE:BVerwG:2002:310702B8B49.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.07.2002 - 8 B 49.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:310702B8B49.02.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 49.02

  • Hessischer VGH - 29.11.2001 - AZ: VGH 8 UE 3800/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Juli 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und K r a u ß
beschlossen:

  1. Auf die Beschwerde des Beigeladenen wird die Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 29. November 2001 aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 180,67 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Revisionsverfahren kann voraussichtlich Gelegenheit zur weiteren Klärung der Frage bieten, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die bewusste Täuschung der Öffentlichkeit über eine kommunalpolitische Sachfrage durch hauptamtliche Magistratsmitglieder zur Ungültigkeit der Wahl eines Oberbürgermeisters führen kann und ob und inwieweit hierauf die Grundsätze der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Februar 2001 - 2 BvF 1/00 - (BVerfGE 103, 111 ff.) übertragbar sind.
Auf die zugleich erhobenen Verfahrensrügen kommt es unter diesen Umständen für die Beschwerdeentscheidung nicht mehr an.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13, 14 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 8 C 14.02 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 26.03.2003 -
BVerwG 8 C 14.02ECLI:DE:BVerwG:2003:260303U8C14.02.0

Leitsätze:

Die Auslegung des Begriffs der "Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" in § 50 Nr. 2 Hess. KWG als allgemeiner Wahlfehlertatbestand verstößt nicht gegen Bundesrecht.

Es gibt keinen auch für Kommunalwahlen geltenden bundesrechtlichen Wahlgrundsatz, dass die Ungültigerklärung einer Wahl nur in Betracht kommt, wenn ein Wahlfehler von solchem Gewicht vorliegt, dass der Fortbestand des/der in dieser Weise Gewählten unerträglich erscheint. Auch das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG fordert nicht, dass der für eine Landtagswahl geltende "Erheblichkeitsgrundsatz" auf die Direktwahl eines (Ober-)Bürgermeisters angewendet werden muss.

Der Bestandsschutz der Wahl eines in seiner Funktion durch einen Vertreter ersetzbaren Bürgermeisters kann vom Landesgesetzgeber gegenüber dem Bestandsschutz eines gewählten Parlamentes differenziert geregelt werden.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 28 Abs. 1
    Hess. Verfassung Art. 78 Abs. 2
    (Hess) KWG § 50 Nr. 2

  • VGH Kassel - 29.11.2001 - AZ: VGH 8 UE 3800/00 -
    Hessischer VGH - 29.11.2001 - AZ: VGH 8 UE 3800/00

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 26.03.2003 - 8 C 14.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:260303U8C14.02.0]

Urteil

BVerwG 8 C 14.02

  • VGH Kassel - 29.11.2001 - AZ: VGH 8 UE 3800/00 -
  • Hessischer VGH - 29.11.2001 - AZ: VGH 8 UE 3800/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2003
am 27. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M ü l l e r , die Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f
und K r a u ß , die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g und den Richter am Bundes-
verwaltungsgericht P o s t i e r
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. November 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beigeladene trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Der Beigeladene und Revisionskläger wendet sich gegen das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. November 2001, mit dem seine Direktwahl zum Oberbürgermeister der Stadt B. H. v.d.H. am 1./22. März 1998 für ungültig erklärt und die Wiederholung der Wahl im gesamten Wahlkreis angeordnet wurde.
Der zuvor als hauptamtlicher Stadtbaurat in B. H. v.d.H. tätige Beigeladene hatte als Oberbürgermeisterkandidat der CDU im ersten Wahlgang am 1. März 1998 8 246 gültige Stimmen erhalten, die als unabhängige Kandidatin auftretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung, F., 6 556 Stimmen und der Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, K., 4 593 Stimmen. Zwei weitere Bewerber erhielten 770 bzw. 250 Stimmen. In der Stichwahl am 22. März 1998 unter den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen des ersten Wahlgangs erhielt der Beigeladene, zu dessen Gunsten K. zuvor eine Wahlempfehlung gegeben hatte, 9 731 Stimmen und die Mitbewerberin F. 8 412 Stimmen.
Hintergrund der später zur Anfechtung der Wahl führenden Vorgänge war die Grundstücksangelegenheit F.-Straße 12 - 14, mit der es folgende Bewandtnis hatte. 1990 erwarb eine Grundstücksgesellschaft das 5 484 qm große ehemalige Betriebsgrundstück eines Gewerbebetriebes unter Einschaltung der Stadt unter der Auflage, entweder ein geplantes Bürogebäude binnen 3 Jahren zu errichten oder anderenfalls das Grundstück der Stadt anzubieten. Von ihrer Bebauungsabsicht nahm die Gesellschaft später Abstand. Im Hinblick auf die sicher zu erwartende Bebauung und auf drohende Gewerbesteuerausfälle wurde entgegen einem Beschluss der Beklagten vom 8. November 1990 eine Erhöhung des Kaufpreises vereinbart. Deshalb kam es 1996 wegen des Verstoßes des Amtsvorgängers des Beigeladenen gegen diesen Beschluss zu einer einstimmig von der Stadtverordnetenversammlung gefassten Missbilligung "wegen Missachtung des Parlaments". In der Folgezeit erarbeitete der Magistrat eine "Wohnkonzeption" für das Grundstück. Als Investor für eine Wohnbebauung wurde eine Immobiliengesellschaft (Fa. F. I.) ausgewählt. Später wurde in den politischen Gremien der Stadt die Frage erörtert, ob das Grundstück nicht für die Errichtung eines "Öko-Zentrums" eines benachbarten Unternehmens für Naturtextilien (Fa. H.) geeignet sei. Nachdem die Beklagte am 21. November 1996 beschlossen hatte, das Grundstück im Wesentlichen einer Wohnbebauung zuzuführen, gleichzeitig aber der Fa. H. eine Erweiterung ihres Betriebsgeländes für die Errichtung des "Öko-Zentrums" zu ermöglichen, schlossen die Grundstücksgesellschaft mit der Fa. F. I. einen Grundstückskaufvertrag sowie die Fa. F. I. mit der Stadt einen gesonderten Vertrag, nach dessen § 2 die Fa. F. I. dem benachbarten Unternehmen für Naturtextilien ein Anmietungs- oder Ankaufsrecht für eine 1 000 qm große Teilfläche des Grundstücks einräumte, wobei nur die Stadt Rechte aus dieser Vereinbarung haben sollte. Später ist die Wirksamkeit dieser Option durch ein - von der Stadt in Auftrag gegebenes - anwaltliches Gutachten verneint worden.
Unmittelbar vor und während der Wahl kam es bezüglich dieser Grundstücksangelegenheit zu folgenden Vorfällen. Eine "große Koalitionsrunde", an der mehrere hauptamtliche Magistratsmitglieder, u.a. der Beigeladene teilnahmen, beschloss am 22. Januar 1998 in Kenntnis des anwaltlichen Gutachtens und einer von der Fa. F. I. eingeräumten, zuvor verlängerten, aber am 3. Februar 1998 endgültig auslaufenden Optionsfrist, die Grundstücksangelegenheit aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Trotz entgegenstehender Beschlusslage der Beklagten wurde dementsprechend der Tagesordnungspunkt: Grundstücksangelegenheit - F.-Straße vom Amtsvorgänger des Beigeladenen von der Tagesordnung für die Magistratssitzung vom 26. Januar 1998 abgesetzt und das anwaltliche Gutachten den nicht an der Koalitionsrunde beteiligten Magistratsmitgliedern vorenthalten. Zugleich besprach der zuständige Dezernent mit dem Geschäftsführer der Fa. F. I. die Angelegenheit und bat, offizielle Schreiben in dieser Sache "aus politischen Gründen ... bis nach der OB-Wahl" zurückzustellen. In der Sitzung des Beklagten vom 5. Februar 1998 wurde trotz Nachfrage einzelner Stadtverordneter unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Ratsbeschluss, der den Magistrat zur unverzüglichen Vorlage der Ergebnisse seiner Gespräche mit der Fa. F. I. und der Fa. H. aufforderte, nichts über das anwaltliche Gutachten, das Verstreichenlassen der Optionsfrist und damit über das endgültige Scheitern des Grundstücksgeschäfts berichtet. Vielmehr erklärte eine an der großen Koalitionsrunde beteiligte Fraktionsvorsitzende ausweislich des Sitzungsprotokolls: ... "wenn Ergebnisse vorliegen, werden wir sie selbstverständlich zur Beratung in den Gremien haben". In der Sitzung des als Akteneinsichtsausschuss tätigen Bauausschusses vom 4. März 1998 erklärte der Beigeladene auf Nachfrage hinsichtlich einer Magistratsvorlage in der Grundstücksangelegenheit F.-Straße, es seien noch Beratungen erforderlich. Aus den in dieser Bauausschusssitzung vorgelegten Akten ist unmittelbar zuvor ein für das Liegenschaftsamt und die dort geführten Akten bestimmter Vermerk des Bürgermeisters M. vom 27. Januar 1998 entfernt worden ("wegen seines brisanten Inhalts auf Anweisung des OB zurückgegeben" - vgl. den am 6. Mai 1998 in den Akten vorgefundenen Vermerk des Amtsleiters G.).
Gegen die am 24. März 1998 durch den Gemeindewahlausschuss als ordnungsgemäß festgestellte Wahl, deren Ergebnis am 27. März 1998 öffentlich bekannt gemacht wurde, erhoben u.a. die Kläger und Revisionsbeklagten als wahlberechtigte Bürger der Stadt B. H. v.d.H. am 9. April 1998 Einspruch und beantragten die Feststellung der Ungültigkeit sowie Wiederholung der OB-Wahl. Zur Begründung hatten sie durch am 14. April 1998 eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen geltend gemacht, dass der bisherige Oberbürgermeister unter Verstoß gegen das Neutralitätsgebot bei diversen gemeinsamen Auftritten für den Beigeladenen geworben habe. Zudem hätten beide zusammen mit zwei weiteren Mitgliedern des Magistrats aus wahltaktischen Gründen sowohl der Stadtverordnetenversammlung als auch der Öffentlichkeit gezielt verheimlicht, dass die im Rahmen der Veräußerung des Grundstücks F.-Straße 12 bis 14 vereinbarte Option bereits seit dem 3. Februar 1998 verfallen gewesen sei. Dadurch habe der Wahlerfolg des Beigeladenen nicht in Gefahr gebracht werden sollen. Die Beklagte wies die Einsprüche der Kläger durch Beschluss vom 25. Juni 1998 als unbegründet zurück.
Mit Urteil vom 18. Juni 1999 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main die dagegen erhobene Klage als unbegründet abgewiesen. Das gerügte Engagement des früheren Oberbürgermeisters zugunsten des Beigeladenen habe sich innerhalb der Grenzen zulässiger Betätigung von Amtsträgern im Wahlkampf gehalten. Auch für ein unzulässiges Auftreten des Beigeladenen in amtlicher Eigenschaft während dieser Zeit sei nichts ersichtlich. Dass das Verhalten des Beigeladenen im Zusammenhang mit der Angelegenheit "F.-Straße" das Wahlergebnis entscheidend beeinflusst habe, sei nicht dargelegt.
Nach Zulassung der Berufung hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof durch Urteil vom 29. November 2001 das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben, die Oberbürgermeisterwahl vom 1./22. März 1998 für ungültig erklärt und deren Wiederholung im gesamten Wahlkreis angeordnet. Zur Begründung hat er im Wesentlichen dargelegt, dass es bei der Wahl zu Unregelmäßigkeiten im Sinne von § 50 Nr. 2 Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG) in Form der unzulässigen Wahlbeeinflussung gekommen sei, die auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein könnten. Unregelmäßigkeiten lägen auch dann vor, wenn gemeindliche Organe durch amtliche Verhaltensweisen unzulässige Wahlbeeinflussung begingen. Die engere Auslegung des Begriffs "Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" durch das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 8. Februar 2001 zur Gültigkeit des Art. 78 Abs. 2 der Verfassung des Landes Hessen könne auf § 50 Nr. 2 KWG nicht übertragen werden. Anderenfalls wären unzulässige amtliche Wahlbeeinflussungen außerhalb des formal-verfahrenstechnischen Bereiches als Wahlfehler unbeachtlich und folgenlos.
Zwar seien weder die gerügten Wahlkampfunterstützungshandlungen des früheren Oberbürgermeisters und Gemeindewahlleiters noch das Auftreten des Beigeladenen selbst eine unzulässige Wahlbeeinflussung gewesen, wohl aber das - bereits im Wahleinspruchsverfahren konkret gerügte und deshalb überprüfbare - Verhalten hauptamtlicher Magistratsmitglieder, zu denen auch der Beigeladene gehört habe, im Zusammenhang mit der Angelegenheit "F.-Straße". Durch das bewusste Verheimlichen der Unwirksamkeit der Option zugunsten der Fa. H. und des Ablaufs der Erklärungsfrist am 3. Februar 1998 gegenüber den oppositionellen Parteien, den anderen Bewerbern und damit der Öffentlichkeit bis nach der OB-Wahl hätten sie im Wahlvorfeld als Amtsträger in amtlicher Eigenschaft und Tätigkeit in nicht nur unerheblicher und zudem pflichtwidriger Weise auf die Willensbildung des Wählers zugunsten des Beigeladenen parteiergreifend eingewirkt und dadurch auch das Gebot der Chancengleichheit für die anderen Wahlbewerber verletzt. Dass die Pflichtverletzungen zum Teil in Unterlassungshandlungen bestanden hätten, sei unerheblich, da es keiner besonderen Garantenpflicht bedürfe. Die Erheblichkeit der Einflussnahme auf den Wahlausgang ergebe sich daraus, dass die Angelegenheit "F.-Straße" und die Betriebserweiterungsabsichten der Firma H. für die Öffentlichkeit und die OB-Kandidaten F. und K. ein wichtiges Wahlkampfthema gewesen seien und K. bei Kenntnis des Scheiterns der Option keine Wahlempfehlung zugunsten des Beigeladenen abgegeben hätte. Da der Stimmenvorsprung des Beigeladenen in der Stichwahl nur relativ gering gewesen sei, wäre ein anderer Wahlausgang möglich gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Beigeladenen. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts und Verfahrensfehler und beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29. November 2001, Az.: 8 UE 3800/00, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main vom 18. Juni 1999 zurückzuweisen.
Die Kläger, die das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verteidigen, beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte stellt keinen Antrag. Sie hält die Revision des Beigeladenen für begründet.

II


Die zulässige Revision ist unbegründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass in dem Verhalten mehrerer hauptamtlicher Mitglieder des Magistrats im Zusammenhang mit dem Grundstücksprojekt "F.-Straße" Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren zu sehen sind, die auf das Ergebnis der Wahl von Einfluss gewesen sein können, so dass gemäß § 50 Nr. 2 Hessisches Kommunalwahlgesetz (KWG) die Wahl für ungültig zu erklären und die Wiederholung der Wahl im ganzen Wahlkreis anzuordnen ist. Damit hat es den Begriff der "Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" im Sinne des § 50 Nr. 2 KWG nicht auf Wahlfehler im formal-technischen Ablauf der Wahl beschränkt, sondern als allgemeinen Wahlfehlertatbestand angesehen und ihn auch für die Fälle bejaht, dass gemeindliche Organe unter Verletzung der ihnen im Kommunalwahlkampf auferlegten Neutralitätspflicht zugunsten bestimmter Bewerber durch öffentliche Auftritte, Anzeigen, Wahlaufrufe, gemeindliche Öffentlichkeitsarbeit oder sonstige amtliche Verhaltensweisen unzulässige Wahlbeeinflussung begehen. Diese Annahme beruht auf der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts, die für das Revisionsverfahren bindend ist und lediglich darauf überprüft werden kann, ob Bundesrecht - insbesondere Bundesverfassungsrecht - eine andere Auslegung des Begriffes gebietet (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 19. April 2001 - BVerwG 8 B 33.01 - Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 47 = NVwZ 2001, 928; Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 5.96 - BVerwGE 104, 323 = Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 44 m.w.N. und Beschluss vom 30. März 1992 - BVerwG 7 B 29.92 - Buchholz 160 Wahlrecht Nr. 37). Das ist nicht der Fall. Insbesondere verletzt die Auslegung des Landesrechtes durch den Verwaltungsgerichtshof keine bundesrechtlichen Wahlgrundsätze.
Zwar hatte das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Gültigkeit der Wahlprüfungsvorschriften der Hessischen Verfassung für die Landtagswahl (vom 8. Februar 2001 - 2 BvF 1/00 - BVerfGE 103, 111 <134> = NJW 2001, 1048 <1051>) den Begriff der "Unregelmäßigkeiten im Wahlverfahren" in Art. 78 Abs. 2 HV auf die Verletzung von Wahlvorschriften, die die Wahlvorbereitung, den Wahlakt und die Feststellung des Wahlergebnisses betreffen, beschränkt. Dies erfolgte aber in Verbindung und unter Bezugnahme auf die in Art. 78 Abs. 2 HV angeführte weitere Möglichkeit der unzulässigen Wahlbeeinflussung durch sittenwidrige Handlungen. Beide sieht das Bundesverfassungsgericht gleichgestellt. Wenn das Berufungsgericht unter Hinweis auf den unterschiedlichen Wortlaut eine Übertragung dieser Auslegung auf § 50 Nr. 2 KWG ablehnt und den dort allein verwendeten Begriff der "Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren" als allgemeinen Wahlfehlertatbestand ansieht, der alle Formen unzulässiger Wahlbeeinflussung umfasst, ist dies mit Bundesrecht vereinbar, denn diese Auslegung dient gerade dem Schutz der (bundesrechtlichen) Grundsätze der Freiheit und Gleichheit der Wahl. Sie sind verletzt, wenn Organe der Gemeinde die Wahl zu einer Gemeindevertretung in erheblicher Weise beeinflussen (vgl. die Hinweise des BVerfG, a.a.O., S. 130 bzw. 1050).
Auch die Annahme des Berufungsgerichts, auf § 50 Nr. 2 KWG sei die weitere vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 78 Abs. 2 HV aufgestellte Voraussetzung nicht übertragbar, dass für die Ungültigerklärung einer Wahl ein erheblicher Wahlfehler von solchem Gewicht erforderlich sei, dass ein Fortbestand der in dieser Weise gewählten Volksvertretung unerträglich erscheine, verletzt keine bundesrechtlichen Wahlgrundsätze. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 8. Februar 2001 (a.a.O.) die Hessische Verfassung ausgelegt, aber keinen allgemeinen bundesrechtlichen Wahlgrundsatz aufgestellt, dass die Ungültigerklärung einer Wahl generell nur in Betracht kommt, wenn ein Fortbestand der/des in dieser Weise Gewählten unerträglich erscheint. Einen solchen für alle Wahlen geltenden bundesrechtlichen Grundsatz gibt es nicht. Auch das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG, dessen Satz 2 zufolge in den Ländern, Kreisen und Gemeinden das Volk eine Vertretung haben muss, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist, fordert nicht, dass dieser "Erheblichkeitsgrundsatz" auf die Direktwahl eines Oberbürgermeisters angewendet werden muss.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung besonders auf die Bedeutung und Funktion des Parlamentes abgestellt (a.a.O., S. 134 bzw. 1051). Rechtsfehlerfrei konnte das Berufungsgericht demgegenüber die Wahl eines (Ober-)Bürgermeisters als Exekutivorgan einer Kommune differenziert betrachten. Da Bundesverfassungsrecht, auch Art. 28 Abs. 1 GG, nicht fordert, dass der Bürgermeister überhaupt direkt vom Volk gewählt werden muss, hat der Landesgesetzgeber, wenn er - wie im Hessischen Kommunalwahlgesetz - die Direktwahl der kommunalen Exekutivspitze vorsieht, auch einen gewissen Gestaltungsbereich, nach welchem Maßstab eine solche Wahl im Wahlprüfungsverfahren gerichtlich überprüft werden kann. Die bundesrechtlichen Vorgaben sind hier deutlich geringer als bei der Wahl eines Parlamentes.
Dies entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 5.96 - a.a.O. S. 329 f. m.w.N.), in der es offen gelassen wurde, ob der vom Bundesverfassungsgericht für die Wahlprüfung bei Parlamentswahlen entwickelte Erheblichkeitsgrundsatz (vgl. BVerfGE 29, 154 <163>) dem kommunalen Wahlprüfungsverfahren bundesverfassungsrechtlich zwingend vorgegeben ist. Das Grundgesetz fordert danach lediglich, dass das Wahlrecht in den Ländern, Kreisen und Gemeinden den in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG niedergelegten Wahlgrundsätzen entspricht. Innerhalb dieses Regelungsrahmens sind die Länder bei der Gestaltung ihres Wahlrechts grundsätzlich frei (vgl. BVerfGE 4, 31 <44>); die Übernahme der Wahlrechtsgrundsätze des Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für die Wahlen zu den Volksvertretungen in den Ländern, Kreisen und Gemeinden soll freilich sicherstellen, dass die Grundentscheidungen der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und Demokratie sowie für ein demokratisches Wahlverfahren in den Gemeinden und Gemeindeverbänden ebenfalls gelten (vgl. BVerfGE 52, 95 <111>; 83, 37 <53>; Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 20.91 - BVerwGE 90, 104 <105>). Diesen Maßstäben unterliegt das Land auch dann, wenn es autonom die Direktwahl des (Ober-)Bürgermeisters vorschreibt. Der Erheblichkeitsgrundsatz findet seine sachliche Rechtfertigung letztlich in dem zu den fundamentalen Prinzipien der Demokratie gehörenden Mehrheitsprinzip (vgl. BVerfGE 29, 154 <165>). Ein Wahlfehler kann den in einer Wahl zum Ausdruck gebrachten Volkswillen nur verletzen, wenn sich ohne ihn eine andere, über das maßgebliche Wahlergebnis entscheidende Mehrheit ergeben würde (vgl. BVerfGE 29, 154 <165>). Daraus folgt aber nicht, dass der Erheblichkeitsgrundsatz von Verfassungs wegen für das landesrechtlich geregelte kommunale Wahlprüfungsverfahren übernommen werden muss.
Entgegen der Auffassung der Revision, die in der Differenzierung zwischen Landtags- und Bürgermeisterwahlen eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG sieht, ist nicht allein auf den Wahlakt als solchen abzustellen. Dem Gesetzgeber ist im Wahlprüfungsrecht nicht jede Differenzierung verwehrt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht zur Hessischen Landtagswahl entschieden, dass das Erfordernis des Bestandsschutzes einer gewählten Volksvertretung, das seine rechtliche Grundlage im Demokratiegebot findet, es ausschließt, Wahlbeeinflussungen einfacher Art und jeden Gewichts schlechthin zum Wahlungültigkeitsgrund zu erheben. Der Eingriff in die Zusammensetzung einer gewählten Volksvertretung durch eine wahlprüfungsrechtliche Entscheidung müsse vor diesem Bestandserhaltungsinteresse gerechtfertigt werden (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001, a.a.O., S. 135 bzw. 1051). Dabei hat es aber auch ausgeführt, dass je tiefer und weiter die Wirkungen eines solchen Eingriffs reichen, desto schwerer der Wahlfehler wiegen müsse, auf den dieser Eingriff gestützt wird. Damit hat das Bundesverfassungsgericht eine Differenzierung vorgegeben, von der der hessische Landesgesetzgeber im Kommunalwahlgesetz hinsichtlich des Ergebniserhalts einer Bürgermeisterwahl Gebrauch gemacht hat. Die bundesrechtlichen Wahlgrundsätze der allgemeinen, freien und gleichen Wahl stellen die Rechte der Wähler und der miteinander konkurrierenden Wahlbewerber in den Vordergrund. Die Schutzbedürftigkeit beider ist gleich zu beurteilen, auch wenn diese Rechte in Widerspruch zueinander treten können. Deshalb ist eine Differenzierung nur über eine Betrachtung der Folgen möglich. Dabei ist der Bestandsschutz eines gewählten Parlamentes anders zu bewerten als der einer Wahl eines in seiner Funktion auch durch einen Vertreter ersetzbaren Bürgermeisters.
Soweit die Revision rügt, dass die Ungültigerklärung der Wahl den Beigeladenen in seinem Grundrecht auf freie Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verletze, verkennt sie, dass das Recht, den Beruf eines (kommunalen) Wahlbeamten frei zu wählen, von einer gültigen Wahl abhängt.
Schließlich verstößt das Berufungsgericht nicht gegen Bundesrecht mit der Annahme, dass eine unzulässige amtliche Wahlbeeinflussung auch in einer bewussten Täuschung durch Vorenthalten von - wahlkampfrelevanten - Informationen liegen kann, wie sie nach den Feststellungen im Berufungsurteil u.a. im Verhalten einiger Magistratsmitglieder gegenüber dem Bauausschuss zu sehen ist, die auf Nachfrage zum Komplex "F.-Straße" wider besseres Wissen behaupteten, dass noch Beratungsbedarf bestehe bzw. dass, wenn Ergebnisse vorlägen, diese in den Gremien beraten würden. Der Grundsatz der Freiheit der Wahl, wie er in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG auch für Kommunalwahlen verbindlich normiert ist, setzt auch voraus, dass sich der Wähler über Ziele und Verhalten der Wahlbewerber frei von Manipulationen informieren kann. Er schützt deshalb den Wähler vor Beeinflussungen, die geeignet sind, seine Entscheidungsfreiheit trotz des bestehenden Wahlgeheimnisses ernstlich zu beeinträchtigen (BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2001, a.a.O., S. 132 bzw. 1051; BVerfGE 66, 369 <380 ff.>). Zu diesen Beeinflussungen gehören auch Täuschungen und Desinformation, weil zu diesen Formen des Vorenthaltens von Wahrheit keine hinlängliche Möglichkeit der Abwehr, z.B. mit Hilfe der Gerichte, oder des Ausgleichs, etwa mit Mitteln des Wahlwettbewerbs, besteht (BVerfG, Urteil vom 28. Februar 2001, a.a.O. S. 132 bzw. 1051). Sie stellen eine erhebliche Verletzung der Freiheit und Gleichheit der Wahlen dar. Die Integrität der Wählerwillensbildung ist betroffen, wenn amtliche Stellen das ihnen obliegende Wahrheitsgebot nicht einhalten.
Nur solche Wahlen verleihen demokratische Legitimation im Sinne von Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GG, die ohne Verletzung der Integrität der Willensbildung des Volkes bzw. der Wahlbürger erfolgt sind (vgl. Beschluss vom 30. März 1992 - BVerwG 7 B 29.92 -). Jede Form des Vorenthalts von Wahrheit beeinträchtigt die Autonomie des Menschen bei seiner (Wahl-)Entscheidung darüber, wie viel Wahrheit er sich zumuten kann und will. Die Wahrheit ist als Rahmenbedingung individueller Autonomie unentbehrlich. So sehr vom Verhalten der Staatsorgane Wirkungen auf die Meinungs- und Willensbildung des Bürgers ausgehen und dieses Verhalten selbst mit Gegenstand des Urteils des Wählers ist, so sehr ist es den Staatsorganen in amtlicher Funktion verwehrt, durch besondere Maßnahmen darüber hinaus auf die Willensbildung des Volkes bei Wahlen einzuwirken, um dadurch Herrschaftsmacht in Staatsorganen zu erhalten oder zu verändern (BVerfGE 44, 125 <139 f.>). Der Schutz der Wählerwillensbildung durch den Grundsatz der Freiheit der Wahl erfüllt damit - auch wenn die Unverletzlichkeit der Willensbildung im Wahlanfechtungsverfahren nicht unbegrenzt geschützt wird - eine freiheitssichernde Funktion im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG.
Die Wahrheit ist auch im Wahlkampf als Rahmenbedingung sozialer Kommunikation unentbehrlich. Der Grundgesetzgeber hat sich dadurch, dass er die freiheitlich demokratische Grundordnung geschaffen hat, für einen freien und offenen Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes entschieden (BVerfGE 20, 56 <97>). Dazu hat der Senat in Anknüpfung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits in seinem Urteil vom 18. April 1997 (BVerwG 8 C 5.96 - a.a.O. S. 327) ausgeführt, dass das Gebot der freien Wahl es gemeindlichen Organen untersagt, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie als Amtsträger zu unterstützen oder zu bekämpfen. Nur Wahlen, die ohne Verstoß gegen das Gebot strikter staatlicher und gemeindlicher Neutralität und ohne Verletzung der Integrität der Willensbildung des Volkes und der Wahlbürger erfolgt sind, könnten demokratische Legitimation verleihen. Der Senat sah die sich daraus ergebenden Grenzen für die zulässige Betätigung kommunaler Organe im Wahlkampf als überschritten an, wenn sie kraft des Amtes gegebene Einflussmöglichkeiten in einer Weise nutzen, die mit ihrer der Allgemeinheit verpflichteten Aufgabe unvereinbar ist. Diese (bundes-)verfassungsrechtlichen Vorgaben hat der Verwaltungsgerichtshof nicht verkannt.
Die Unverletzlichkeit der Willensbildung des zu Wahlen aufgerufenen Bürgers wird im Wahlanfechtungsverfahren nicht unbegrenzt geschützt. Nach der wahlprüfungsrechtlichen Praxis (vgl. BVerfG, Urteil vom 8. Februar 2001 a.a.O. S. 127 bzw. 1049) wird zwischen privater Parteinahme und amtsseitiger Beeinflussung unterschieden. Einwirkungen auf den Wähler wie Entlassungs- oder Ausschlussdrohungen privater Arbeitgeber oder von Vereinen sowie "Wahlmanöver" der im Wahlkampf stehenden Parteien oder einzelner Wahlbewerber, einschließlich der Verbreitung von Täuschungen und Lügen, sind danach grundsätzlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie sittlich zu missbilligen sind. Hingegen werden amtliche Wahlbeeinflussungen als Wahlungültigkeitsgrund generell anerkannt, wie sie auch von Organen der Gemeindeverwaltung ausgehen können, welche auf die Wahl zu einer Gemeindevertretung in erheblicher Weise einwirken. Die grundsätzliche Anerkennung der amtlichen Wahlbeeinflussung als Wahlfehler bei gleichzeitiger Zurückhaltung, Einwirkungen Dritter auf die Willensbildung des Wählers als Wahlungültigkeitsgrund anzusehen, beruht maßgebend darauf, dass die vollziehende Gewalt dem Gebot der Freiheit der Wahl unterworfen ist (Art. 20 Abs. 3 GG), also zu ihrer Gewährleistung verpflichtet ist, während die Wahlbeeinflussung aus dem nichtstaatlichen bzw. nichtkommunalen Bereich unter den Bedingungen des Wahlwettbewerbs grundsätzlich hingenommen wird. Der zur Wahl aufgerufene Bürger als Subjekt und der Mandatsträger als Objekt der demokratischen Legitimation stehen hingegen in einem Legitimationsverhältnis. Das bedeutet, dass der Mandatsträger (etwa im kommunalen Bereich) den (potentiellen) Wähler nicht erheblich in seiner freien Entschließung über die Ausübung und die inhaltliche Festlegung seines Stimmrechts behindern darf. Aus dem Prinzip der demokratischen Repräsentation folgt die generelle Pflicht staatlicher Stellen zur Achtung der Integrität der Wählerwillensbildung.
Der Einwand der Beklagten, eine Offenlegung der Vorgänge um den Komplex "F.-Straße" hätte dem Neutralitätsgebot (Art. 28 Abs. 1 GG) widersprochen, verkennt, dass der Wähler nur vor solchen Beeinflussungen bewahrt sein soll, die seine Entscheidungsfreiheit (manipulativ) beeinträchtigen könnten. Das Recht, die Wahrheit zu erfahren, kann eine solche Beeinträchtigung nicht ergeben. Das (kommunale) Wahlrecht stellt eines der wichtigsten Mitgestaltungsrechte des Bürgers (hier) an den Aufgaben und Zielen der (örtlichen) Gemeinschaft dar. Es ist ein entscheidendes Element der demokratischen Willensäußerung und wird verletzt, wenn (kommunal-) politische Themenstellungen von erheblichem Gewicht der Abstimmung vorenthalten werden. So war es in dieser Angelegenheit bereits im Jahre 1996 zu einer Missbilligung hauptamtlicher Wahlbeamter der Stadt durch die Beklagte wegen Missachtung des Parlaments gekommen. Der Vorgang konnte als ein solcher von nicht geringem öffentlichen Interesse und als geeignet angesehen werden, auf die Wählerwillensbildung Einfluss zu nehmen.
Dass eine Beeinträchtigung der freien Bildung des Wählerwillens und der Chancengleichheit der Wahlbewerber durch das Verhalten eines Teils der hauptamtlichen Magistratsmitglieder im Zusammenhang mit dem Komplex "F.-Straße" vorliegt und dass diese auf das Ergebnis der Wahl von Einfluss sein konnte, hat das Berufungsgericht in Würdigung der von ihm zugrunde gelegten Tatsachen festgestellt. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Die von der Revision dagegen erhobenen Aufklärungsrügen greifen nicht durch. Der Beigeladene muss sich entgegenhalten lassen, dass er im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren weder sich zum Verfahren geäußert hat noch zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Die Aufklärungsrüge im Revisionsverfahren ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kein Mittel, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1986 - BVerwG 8 C 10.84 - BVerwGE 74, 222 <223> = Buchholz 448.0 § 17 WpflG Nr. 7; Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265; vom 17. August 1998 - BVerwG 8 B 81.98 - n.v.).
Im Übrigen liegen die gerügten Verfahrensfehler auch nicht vor, weil sich die aus der Sicht der Revision unterlassenen Aufklärungen dem Berufungsgericht nicht aufdrängen mussten. So brauchte die an den Beigeladenen in der Bauausschusssitzung vom 4. März 1998 gerichtete Anfrage nicht weiter aufgeklärt zu werden, weil der Beigeladene in seiner Revisionsbegründung selbst eingeräumt hat, die vom Verwaltungsgerichtshof angenommene Antwort gegeben zu haben. Dem Verwaltungsgerichtshof musste sich auch nicht aufdrängen, die Umstände aufzuklären, die zum Entfernen der Aktennotiz aus den Akten des Liegenschaftsamtes geführt haben. Insbesondere musste er nicht auf den jetzigen Einwand der Revision kommen, dass der Aktenvermerk des Leiters des Liegenschaftsamtes unwahr sei. Soweit die Revision die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs bemängelt, das Verhalten der Magistratsmitglieder sei bestimmt gewesen, die Wahl zu beeinflussen, wendet sie sich gegen eine Wertung durch das Berufungsgericht. Die von der Revision geforderte Zeugeneinvernahme zu Nachbareinwendungen gegen das Bauvorhaben musste sich der Vorinstanz nicht aufdrängen, weil es für die Entscheidung nicht von Relevanz war. Auch eine Zeugenbefragung der hauptamtlichen Magistratsmitglieder über ihre Absicht, die Optionsfrist verstreichen zu lassen, hätte keine neuen Tatsachen, sondern allenfalls andere Wertungen ergeben. Schließlich bestand im Hinblick auf die eindeutige schriftliche Erklärung des Kandidaten K. keine Veranlassung, ihn dahin gehend zu vernehmen, ob seine Wahlempfehlung anders ergangen wäre, wenn er den vollen Sachverhalt gekannt hätte. Den Abdruck eines Tonbandmitschnitts hat der Beigeladene erst im Revisionsverfahren vorgelegt. Es mussten auch keine Ermittlungen des Wählerverhaltens für die Feststellung der Kausalität der Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren für den Ausgang der Wahl durchgeführt werden, weil nach § 50 Nr. 2 KWG ausreichend ist, dass der Wahlfehler für das Ergebnis von Einfluss gewesen sein "kann". Eine rückwirkende Wahrscheinlichkeitsprognose genügte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, Abs. 3 VwGO.