Beschluss vom 26.02.2003 -
BVerwG 1 B 40.03ECLI:DE:BVerwG:2003:260203B1B40.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.02.2003 - 1 B 40.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:260203B1B40.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 40.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 15.11.2002 - AZ: OVG 9 A 3579/01.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Februar 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2002 wird verworfen.
  2. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Verfahrensmangel gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) und eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde rügt zunächst (Beschwerdebegründung S. 2 letzter Absatz), dass das Berufungsgericht die Vorfluchtgründe des Beigeladenen und die dafür angegebenen Beweismittel nicht "(erstmals) gewürdigt" habe und nicht einmal eine mündliche Verhandlung anberaumt worden sei, in der über die Vorfluchtgründe "hätte verhandelt werden können". Ebenso seien weitere Erkenntnisse, die das Vorbringen zu den Vorfluchtgründen stützen könnten, unberücksichtigt geblieben. Mit diesem Vortrag, der wohl auf die eingangs der Beschwerdeschrift gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs und die Verweigerung eines effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zielen soll, wird eine Revisionszulassungsrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Die Beschwerde führt weder näher aus, weshalb das Oberverwaltungsgericht prozessrechtlich gehindert gewesen sein soll, im sog. vereinfachten Berufungsverfahren ohne mündliche Verhandlung nach § 130 a VwGO zu entscheiden, und weshalb dieses Vorgehen den Kläger in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht verletzen soll, noch legt sie dar, dass die angeblich unterbliebene und von ihr vermisste Würdigung oder Aufklärung der Vorfluchtgründe des Beigeladenen überhaupt entscheidungserheblich gewesen ist. Die Beschwerde verkennt insoweit die Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels und eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör (vgl. hierzu allgemein Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Die Beschwerde rügt in diesem Zusammenhang ferner weder ausdrücklich noch sinngemäß mit ausreichenden Erläuterungen, dass und warum das Oberverwaltungsgericht nicht ohne eigene Anhörung des Beigeladenen zu seinen Vorfluchtgründen hätte entscheiden dürfen (vgl. dazu allgemein zuletzt Beschluss vom 10. Mai 2002 - BVerwG 1 B 392.01 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 259 = NVwZ 2002, 1381 und Beschluss vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 B 37.02 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 260 = AuAS 2002, 263, jeweils m.w.N.).
Die Beschwerde befasst sich insoweit nicht - wie hier erforderlich - damit, dass das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Prüfung eines asylrechtlichen Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG davon ausgegangen ist, dass der Kläger "auch bei Zugrundelegung eines herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes" - also auch im Falle einer etwaigen Vorverfolgung - im Nordirak "eine den Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG ausschließende inländische Fluchtalternative" finden könne (BA S. 8). Vor allem setzt sich die Beschwerde (hier und bei den folgenden Rügen) nicht mit der Ansicht des Berufungsgerichts auseinander, dass der Beigeladene "seinen Wohnsitz in dem Teil des Autonomiegebietes" nehmen könne, "der nicht von der KDP, sondern von der PUK beherrscht" werde, von der er Verfolgungsmaßnahmen nicht befürchten müsse (BA S. 16/17). Inwiefern der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts unter diesen Voraussetzungen auf dem angeblich verfahrensfehlerhaft gewürdigten bzw. nicht berücksichtigten Vortrag des Beigeladenen zu seiner Verfolgung durch die KDP beruhen soll, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Sie erhebt insoweit - zur Sicherheit im PUK-Gebiet - auch keine Revisionszulassungsrügen.
Schon deshalb wird auch mit dem weiteren Vortrag dazu, das Oberverwaltungsgericht habe "viele Seiten lang Entscheidungen über die vom Beigeladenen angegebenen Vorfluchtgründe getroffen", "ohne dass sich diese auf Tatsachen stützen, die hinsichtlich der Erkenntnismöglichkeit allen Beteiligten des Verfahrens im Sinne des § 108 Abs. 2 VwGO zugänglich gewesen wären" oder auch nur hätten sein können (Beschwerdebegründung S. 3), eine Gehörsrüge nicht schlüssig bezeichnet. Das gilt auch, soweit die Beschwerde weiter pauschal rügt, die angegriffene Entscheidung reihe "stattdessen beliebig und unvollständig die vom Beigeladenen angegebenen Vorfluchtgründe auf" und entwickle "zu jeder Vorfluchtepisode sozusagen aus der Hand heraus eine Alternativepisode", die es am Ende für überzeugender halte als das Vorbringen des Beigeladenen, über das nie verhandelt worden sei. Außerdem erfordert die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs - wegen mangelnder Gelegenheit zur Äußerung - nicht nur die präzise Darlegung der jeweiligen Tatsachen oder Erkenntnisse, zu denen die Prozesspartei sich nicht äußern konnte, sondern auch die substantiierte Darlegung dessen, was sie bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern dies zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.). Hieran fehlt es, auch soweit der Beigeladene ferner noch geltend macht, er habe "nicht die mindeste Chance gehabt, die in der angegriffenen Entscheidung konstruierten Widersprüche zwischen seinen Vorfluchtgründen und den Alternativepisoden ... Stellung zu nehmen". Die Beschwerde verkennt, dass hierzu im Beschwerdeverfahren hätte dargelegt werden müssen, aufgrund welchen Gegenvorbringens des Beigeladenen die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten zahlreichen Ungereimtheiten, Steigerungen und Widersprüche hätten ausgeräumt werden können, wenn ihm das vermisste rechtliche Gehör gewährt worden wäre.
Auch die Rüge einer Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur "Ermittlungstiefe im Asylprozessverfahren" - unter Berufung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts "(BVerfG 2 BvR 86/97; 2 BvR 1416/94 gleich NJW 37.96)" - genügt nicht den Darlegungserfordernissen (vgl. auch hierzu den Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.). Die Beschwerde führt zwar einzelne rechtliche Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf, ohne diesen jedoch im Einzelnen widersprechende Rechtssätze in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts gegenüberzustellen. Mit der pauschalen Behauptung, diese Gegenüberstellung falle "im vorliegenden Fall in die vorgetragene Begründung, weil der Verstoß gegen die Verfassungsrechte des Beigeladenen im Verfahren" liege, lässt sich die Begründungspflicht nicht umgehen. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts enthält im Übrigen auch keine im Widerspruch zu der zitierten Rechtsprechung stehenden abstrakten rechtlichen Aussagen. Soweit die Beschwerde möglicherweise rügen will, das Oberverwaltungsgericht habe das Prozessrecht nicht entsprechend den Vorgaben der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angewandt, verkennt sie, dass darin noch keine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO läge. Im Übrigen zeigt die Beschwerde - wie bereits ausgeführt - auch nicht auf, dass ein Verfahrensmangel vorliegt.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.