Beschluss vom 11.10.2011 -
BVerwG 1 WB 36.11ECLI:DE:BVerwG:2011:111011B1WB36.11.0

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    BVerwG, Beschluss vom 11.10.2011 - 1 WB 36.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:111011B1WB36.11.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 36.11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß
am 11. Oktober 2011 beschlossen:

  1. Die Selbstanzeige des ehrenamtlichen Richters
  2. Oberst i.G. ... vom 30. September 2011 ist
  3. begründet.
  4. G r ü n d e
  5. I

  6. 1
  7. Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. September 2011 wurde Oberst i.G. ... als ehrenamtlicher Richter für die Sitzung des Senats am 25. Oktober 2011 - unter anderem - in dem Verfahren des Herrn Oberstleutnant der Reserve ... (BVerwG 1 WB 36.11 ) herangezogen. Mit Telefax-Schreiben vom 30. September 2011 teilte Oberst i.G. ... folgendes mit:
  8. „Mit diesem Schreiben beantrage ich, Oberst i.G. ..., den Ausschluss vom Richteramt im o.g. Verfahren aus Gründen der Befangenheit, § 74 V Satz 2 WDO.
  9. Ich begründe meinen Antrag wie folgt:
  10. Mit Schreiben vom 7. September 2011 (Bezug 3) erhielt ich die Heranziehung zum ehrenamtlichen Richteramt im o.g. Verfahren vor dem 1. Wehrdienstsenat des BVerwG in Leipzig. Dem Verfahren liegt eine Beschwerde des OTL d.R. ... gegen den Bescheid des Kommandeurs Deutsches Einsatzkontingent ISAF vom 18. Dezember 20... zur vorzeitigen Beendigung der Auslandsverwendung zu Grunde. Mit Schreiben vom 11. Januar 20... (Bezug 2) hat OTL d.R. ... ein sachgleiches Eingabeverfahren beim Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages (WB) veranlasst. Mit Schreiben vom 19. Januar 20.. (Bezug 1) bat WB beim Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) um Prüfung des vorgebrachten Sachverhaltes und Vorlage einer Stellungnahme sowie ggf. um Angabe der getroffenen Maßnahmen in dieser Angelegenheit. Federführend in der Bearbeitung dieser Angelegenheit innerhalb des BMVg wurde der Bereich Einsatzführungsstab Einsatzteam Afghanistan, dessen Leiter ich bin, bestimmt. Aufgrund umfangreicher Aufklärung und Erweiterung durch den Petenten sowie des laufenden Gerichtsverfahrens dauert auch das sachgleiche Eingabeverfahren noch an. Da ich mit der Bearbeitung dieser Angelegenheit im Bereich der Streitkräfte führend beauftragt bin, bitte ich aus Gründen der Befangenheit um Entbindung des ehrenamtlichen Richteramtes im sachgleichen Verfahren vor dem BVerwG gemäß § 74 WDO.“
  11. II

  12. 2
  13. Über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen ist im Antragsverfahren vor den Wehrdienstgerichten nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 54 VwGO i.V.m. §§ 41 bis 49 ZPO zu entscheiden (vgl. Beschlüsse vom 3. November 1970 - BVerwG 1 WB 35.68 - BVerwGE 43, 129, vom 6. März 2008 - BVerwG 1 WB 41.07 -, vom 11. August 2008 - BVerwG 1 WB 39.08 , 1 WB 40.08 , 1 WB 41.08 , 1 WB 44.08 , 1 WB 45.08 - und vom 23. März 2010 - BVerwG 1 WB 28.09 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 73 = NZWehrr 2010, 162).
  14. 3
  15. Die durch das Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher und anderer Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz 2008) vom 31. Juli 2008 (BGBl I S. 1629) in die Wehrbeschwerdeordnung eingefügte und am 1. Februar 2009 in Kraft getretene Bestimmung des § 23a WBO hat daran nichts geändert (vgl. im Einzelnen: Beschluss vom 23. März 2010 a.a.O., m.w.N.).
  16. 4
  17. Der ehrenamtliche Richter Oberst i.G. ... hat in seinem Schreiben vom 30. September 2011 von einem Verhältnis Anzeige gemacht, das seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 Und § 48 ZPO rechtfertigt. Er wirkt deshalb am Verfahren nicht mit.
  18. 5
  19. Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines (ehrenamtlichen) Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Grundes sind erfüllt, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis haben kann, der Richter werde in seiner Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt; insoweit genügt schon der „böse Schein“ (Beschluss vom 6. März 2008 - BVerwG 1 WB 41.07 -).
  20. 6
  21. Derartige Umstände hat Oberst i.G. ... in seiner Selbstanzeige mit dem Hinweis auf seine Funktion als Leiter des Bereichs dargelegt, dem die Zuständigkeit für die Bearbeitung der Eingabe des Antragstellers an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages übertragen ist. Die Eingabe, mit der Oberst i.G. ... intensiv befasst war und ist, betrifft nach seiner Darstellung die im Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 36.11 angefochtene Entscheidung des Kommandeurs Deutsches Einsatzkontingent ISAF vom 18. Dezember 20.., mit der die besondere Auslandsverwendung des Antragstellers vorzeitig beendet worden ist.
  22. 7
  23. Diese Umstände sind objektiv geeignet, einem Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Aspekte Anlass zu geben, an der Unvoreingenommenheit dieses ehrenamtlichen Richters im vorliegenden Verfahren zu zweifeln. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Oberst i.G. ... tatsächlich in seiner Unparteilichkeit beeinträchtigt ist.
  24. 8
  25. Die Beteiligten hatten vor dieser Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis sowie der Bundeswehrdisziplinaranwalt haben die Selbstanzeige des ehrenamtlichen Richters Oberst i.G. ... ebenfalls als begründet erachtet.
  26. Golze Dr. Frentz Rothfuß

Beschluss vom 25.10.2011 -
BVerwG 1 WB 36.11ECLI:DE:BVerwG:2011:251011B1WB36.11.0

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Beschluss

BVerwG 1 WB 36.11

  • Inspekteur der Streitkräftebasis - 18.04.2011 - AZ: Fü S/RB- Az 25-01-11/7.10

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Sieger und
die ehrenamtliche Richterin Oberstabsveterinär Dr. Hartmann
am 25. Oktober 2011 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die vorzeitige Beendigung seiner besonderen Auslandsverwendung beim …. Deutschen Einsatzkontingent ISAF in Mazar-e Sharif/Afghanistan.

2 Der 1967 geborene Antragsteller übt den Beruf des Rechtsanwalts aus und hat an zahlreichen Wehrübungen teilgenommen. Am 10. Juli 2007 erfolgte seine Ernennung zum Oberstleutnant der Reserve.

3 Der Antragsteller wurde durch Bescheid des Kreiswehrersatzamtes Freiburg vom 4. September 2009 gem. §§ 6a, 23 WPflG zum Wehrdienst in einer besonderen Auslandsverwendung zum Stammtruppenteil ./Panzergrenadierbataillon … für die Zeit vom 20. September 2009 bis zum 31. März 2010 einberufen. Die ./Panzergrenadierbataillon … kommandierte den Antragsteller für die Zeit vom 22. September 2009 bis zum 31. März 2010 zum Deutschen Einsatzkontingent ISAF (Dienstort: …) in Afghanistan. Dort war er im … zunächst als Leiter des … und später als stellvertretender Abteilungsleiter … eingesetzt.

4 Während dieses Auslandseinsatzes verhängte der Kommandeur … gegen den Antragsteller am 17. Dezember 2009 eine Disziplinarbuße in Höhe von 1 000 € mit folgendem Tenor:
„Er hat am 01.12.2009 in der JOC des … entgegen Nr. 3a (6) der „Besonderen Anweisung für die Führungsunterstützung des Einsatzes von deutschen Kräften im Rahmen von Stabilisierungsoperationen“, wonach für Privattelekommunikation die eingerichteten Betreuungstelefone in Anspruch zu nehmen sind, zu nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen 21.30 Uhr und 23.30 Uhr durch Anwahl entsprechender Rufnummern Privatgespräche in nicht mehr feststellbarer Anzahl und Dauer über ein Alarmtelefon der … des … geführt.
Er hat des Weiteren am 13.12.2009 um 12.50 Uhr im … zwei als „GEHEIM“ eingestufte Dokumente auf dem nur für VS-NfD zugelassenen schwarzen Netz per Lotus Notes weitergeleitet und damit gegen die Bestimmungen der ZDV 54/100 Nr. 1103 und Anlage 14/1, Punkt 4 verstoßen.“

5 Wegen der disziplinarisch geahndeten Vorwürfe hatte der Kommandeur … seit dem 3. Dezember 2009 Ermittlungen gegen den Antragsteller geführt. Dieser beantragte mit Schreiben vom 14. Dezember 2009 seine Ablösung aus der Wehrübung aus persönlichen Gründen; er erklärte, dass er das Vertrauensverhältnis zu dem Kommandeur … als zerstört ansehe.

6 Der Kommandeur … als nächster Disziplinarvorgesetzter eröffnete dem Antragsteller am 15. Dezember 2009 im Entwurf einen „Antrag“ auf vorzeitige Beendigung seiner besonderen Auslandsverwendung aus dienstlichen Gründen. Zur Begründung führte der Kommandeur aus, dass auf Grund mehrerer Vorfälle im Disziplinarbereich und damit andauernder Ermittlungen das Vertrauensverhältnis zwischen dem Antragsteller und der …-Führung grundlegend unwiderruflich zerstört sei. Auch nach mehreren Aussprachen erscheine der Antragsteller nicht in der Lage, ein einfaches Dienstvergehen zu erkennen, geschweige denn einzugestehen. Es bestünden keine Zweifel, dass das Verbleiben des Antragstellers in einem sicherheitsrelevanten Bereich nicht zu verantworten sei. Der Antragsteller habe erkennbare Probleme, Dienstliches und Privates voneinander zu trennen. Es falle ihm schwer zu erkennen, wann eine Einbeziehung der Vorgesetzten und die Einhaltung des Dienstweges erforderlich seien. Der Antragsteller habe um seine Herauslösung aus der Wehrübung und um die Rückführung nach Deutschland gebeten. Das werde durch ihn, den Kommandeur, voll und ganz unterstützt.

7 Ausweislich eines Vermerks auf dem Repatriierungsantrag weigerte sich der Antragsteller, den Antrag und den Vermerk über dessen Eröffnung und Erörterung zu unterschreiben. Er erklärte, er wünsche die Anhörung der Vertrauensperson und die Übergabe einer Ausfertigung des Antrags. Eine Kopie des Repatriierungsantrags hat der Antragsteller aktenkundig erhalten.

8 Unter dem 15. Dezember 2009 gab der Antragsteller zu dem Repatriierungsantrag eine Stellungnahme ab, die als verschlossener Brief an den Kommandeur des …. Deutschen Einsatzkontingents ISAF gerichtet war. Außerdem besprach der Antragsteller persönlich am 15. Dezember 2009 mit der zuständigen Vertrauensperson der Offiziere die beantragte Rückführung aus dem Einsatz. Anschließend erörterte der Kommandeur … mit der Vertrauensperson die Gründe des Ablösungsantrags. Ein Protokoll über die Anhörung der Vertrauensperson wurde nicht erstellt.

9 Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. Dezember 2009 entschied der Kommandeur des …. Deutschen Einsatzkontingents ISAF, die besondere Auslandsverwendung des Antragstellers vorzeitig mit sofortiger Wirkung zu beenden und ihn unverzüglich nach Deutschland zurückzuführen. Im Sachverhalt seines Bescheids stellte er das Verhalten des Antragstellers dar, das mit der Disziplinarbuße vom 17. Dezember 2009 geahndet worden war. Weiterhin führte er aus, dass durch dieses Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zwischen der …-Führung und dem Antragsteller grundlegend und unwiderruflich zerstört sei. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller in seinem Verhalten in keiner Weise ein Dienstvergehen erkenne. Ein weiteres Verbleiben des Antragstellers im Einsatz, speziell auf einem Dienstposten im sicherheitsrelevanten Bereich, könne vor dem Hintergrund einer ordnungsgemäßen Auftragserfüllung nicht verantwortet werden. Der ordnungsgemäßen und effektiven Auftragserfüllung des Deutschen Einsatzkontingents ISAF und insbesondere der des Stabes … sei ohne die Anwesenheit des Antragstellers im Einsatzland besser gedient.

10 Die Repatriierungsentscheidung des Kontingentführers wurde dem Antragsteller am 19. Dezember 2009 eröffnet. Er legte mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 Beschwerde ein und machte geltend, im Verhältnis zum Kommandeur … sei zwar ein untragbarer Vertrauensbruch eingetreten; er selbst sei aber weiterhin uneingeschränkt leistungsbereit und einsatzfähig. Es bestünden Möglichkeiten für seine anderweitige Verwendung im Auslandseinsatz. Der evangelische Militärpfarrer sei bereit, die Klärung der inkriminierten Sachverhalte zu unterstützen. Mit einem weiteren Beschwerdeschreiben vom 23. Dezember 2009 trug der Antragsteller ergänzend vor, ihm sei das rechtliche Gehör verweigert worden. Diesen Umstand nehme er auch als Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht wahr. Der Kontingentführer sei im Hinblick auf die erforderliche Sachverhaltsermittlung untätig geblieben. Er bitte um Widerruf der Repatriierungsentscheidung.

11 Am 23. Dezember 2009 wurde der Antragsteller nach Deutschland zurückgeführt. Zum 15. Januar 2010 wurde er gemäß § 29 Abs. 7 WPflG aus dem Wehrdienst entlassen.

12 Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr wies die Beschwerde des Antragstellers mit Beschwerdebescheid vom 16. Februar 2010 zurück. Die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 11. März 2010 wies der Stellvertreter des Generalsinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis mit Beschwerdebescheid vom 18. April 2011 zurück. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller am 29. April 2011 eröffnet.

13 Am 30. Mai 2011 (Montag) hat der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 28. Juni 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

14 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:

15 Die Repatriierungsentscheidung sei rechtswidrig. Sie sei unverhältnismäßig und fürsorgewidrig. Das ihm vorgeworfene Dienstvergehen sei geringfügig. Bei seiner Begehung habe er in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum gehandelt. Vor der Repatriierungsentscheidung habe man ihm das rechtliche Gehör verweigert. Auch die Beteiligung der Vertrauensperson sei fehlerhaft erfolgt. Entgegen § 23 Abs. 2 SBG sei die Äußerung der Vertrauensperson nicht in die Entscheidung des Kontingentführers eingeflossen; es sei kein Protokoll über die Anhörung der Vertrauensperson erstellt worden. Außerdem habe der Kontingentführer nicht geprüft, ob es für ihn, den Antragsteller, Alternativverwendungen im Deutschen Einsatzkontingent ISAF gebe.

16 Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

17 Er trägt vor, für die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers habe ein dienstliches Bedürfnis bestanden. Gegen ihn habe der Verdacht schuldhafter Dienstpflichtverletzungen bestanden, der in der Disziplinarmaßnahme vom 17. Dezember 2009 konkretisiert sei. Die Vorgesetzten des Antragstellers hätten das Vertrauen in ihn verloren. Gerade unter den besonderen Belastungen bei Auslandseinsätzen müssten sich die Vorgesetzten auf die strikte Einhaltung des Prinzips von Befehl und Gehorsam verlassen können. Die Repatriierungsentscheidung weise auch keine formellrechtlichen Fehler auf. Zwar habe der Kommandeur … darauf verzichtet, eine schriftliche Stellungnahme der Vertrauensperson einzuholen, in seinen Vorschlag einzubeziehen und dem Kontingentführer vorzulegen. Diese Verfahrenshandhabung sei aber in analoger Anwendung des § 46 VwVfG unbedenklich. Denn die zuständige Vertrauensperson habe in einer im Beschwerdeverfahren eingeholten dienstlichen Erklärung angegeben, seinerzeit gegenüber dem Kommandeur … die Auffassung vertreten zu haben, dass die Repatriierungsentscheidung auf Grund des Vertrauensverlustes auch aus ihrer Sicht gerechtfertigt sei. Eine Beteiligung des Militärpfarrers sei zwar grundsätzlich möglich; insoweit bestünden jedoch weder Beteiligungs- noch Hinweispflichten.

18 Die 6. Kammer des Truppendienstgerichts Süd hat mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 (Az: …) die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen die Disziplinarbuße vom 17. Dezember 2009 - unter Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde - zurückgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers hat das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 27. Juli 2011 - BVerwG … - zurückgewiesen.

19 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis - Fü S/RB … und … sowie …, das Kapitel 8 der Handakte des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr „Personalführung und -bearbeitung für Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr in besonderen Auslandsverwendungen“ vom 4. Januar 2008 (Stand: Mai 2009), die Personalgrundakte des Antragstellers, die Akten der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Süd - … - und die Gerichtsakten zum Verfahren BVerwG … haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

20 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

21 Die Beendigung der Wehrübung des Antragstellers steht der Fortführung des Verfahrens nicht entgegen (§ 15 WBO).

22 Der Antragsteller hat zwar den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, jedoch keinen konkreten Sachantrag gestellt. Sein Rechtsschutzvorbringen bedarf deshalb der Auslegung.

23 Die Entscheidung des Kommandeurs des …. Deutschen Einsatzkontingents ISAF vom 18. Dezember 2009, die besondere Auslandsverwendung des Antragstellers vorzeitig mit sofortiger Wirkung zu beenden, stellt eine truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 WBO dar, die der Überprüfung durch die Wehrdienstgerichte - hier durch das Bundesverwaltungsgericht (§ 22 WBO i.V.m. § 21 Abs. 1 WBO) - unterliegt. Diese Maßnahme („Repatriierung“) ist mit der tatsächlichen Rückführung des Antragstellers nach Deutschland am 23. Dezember 2009 vollzogen worden und hat sich anschließend erledigt. Eine Repatriierungsentscheidung erledigt sich in der Regel in dem Zeitpunkt, zu dem die Kommandierung des betroffenen Soldaten zu einem deutschen Einsatzkontingent planmäßig enden sollte, weil damit die vorzeitige Beendigung des Auslandseinsatzes gegenstandslos wird (grundlegend: Beschluss vom 12. August 2008 - BVerwG 1 WB 35.07 - BVerwGE 132, 1 = Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 2, Rn. 32 = NZWehrr 2009, 69). Wenn der betroffene Soldat zu diesem Zeitpunkt nicht mehr den Status eines aktiven Soldaten innehat und daher die Grundlage für die (Fortsetzung der) Kommandierung entfällt, tritt die Erledigung bereits vor Ablauf des ursprünglich festgesetzten Kommandierungszeitraums im Zeitpunkt der Entlassung ein (vgl. dazu Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 38.07 -). Der Antragsteller ist zum 15. Januar 2010 aus dem Wehrdienst entlassen worden.

24 Bei dieser Konstellation können die Rügen eines Soldaten gegen eine Repatriierungsentscheidung des Kontingentführers nicht mehr mit einem Anfechtungs- und Aufhebungsantrag, sondern nur noch mit dem Feststellungsantrag weiter verfolgt werden, dass die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung rechtswidrig war (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 27. November 2007 - BVerwG 1 WB 31.07 - Rn. 16 ff). Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist deshalb unter Berücksichtigung des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO als Antrag auf Feststellung auszulegen, dass die Ablösungsentscheidung des Kommandeurs des …. Deutschen Einsatzkontingents ISAF vom 18. Dezember 2009 und die Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr vom 16. Februar 2010 sowie des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 18. April 2011 rechtswidrig waren.

25 1. Dieser Feststellungsantrag ist zulässig.

26 Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Entscheidung über die vorzeitige Beendigung eines Auslandseinsatzes bzw. einer besonderen Auslandsverwendung („Repatriierung“) einen Befehl dar (Beschlüsse vom 12. August 2008 - BVerwG 1 WB 35.07 - a.a.O. Rn. 24, vom 28. September 2010 - BVerwG 1 WB 11.10 - Rn. 22 und vom 1. Februar 2011 - BVerwG 1 WB 6.10 - Rn. 21 <insoweit nicht veröffentlicht in DokBer 2011, 183>). Im Falle eines ausgeführten oder anders erledigten Befehls ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO unabhängig davon zulässig, ob der betroffene Antragsteller ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargelegt hat.

27 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

28 Die angefochtene Entscheidung des Kontingentführers vom 18. Dezember 2009 und die Beschwerdebescheide des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sowie des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundes und Inspekteurs der Streitkräftebasis waren rechtmäßig; sie haben den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt.

29 Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle über die Verwendung nach pflichtgemäßem Ermessen. Das ihm nach § 3 Abs. 1 SG zustehende Verwendungsermessen hat das Bundesministerium der Verteidigung im Sinne der Gewährleistung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) unter anderem in den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76), zuletzt geändert durch Erlass vom 9. Juni 2009 (VMBl 2009 S. 86) - im Folgenden: Versetzungsrichtlinien - gebunden. Die Praxis orientiert sich auch in den Fällen der vorzeitigen Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung an den Versetzungsrichtlinien. Zu ihrer Umsetzung hat das Einsatzführungskommando der Bundeswehr spezifische Regelungen in der Handakte „Personalführung und -bearbeitung für Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr in besonderen Auslandsverwendungen“ (EinsFüKdoBw - J 1 - Az.: 16-01-00 vom 4. Januar 2008, für das vorliegende Verfahren maßgeblicher Stand: Mai 2009) - im Folgenden: Handakte - getroffen. Diese Praxis ist, wie der Senat wiederholt entschieden hat, rechtlich nicht zu beanstanden (Beschlüsse vom 12. August 2008 a.a.O. m.w.N., vom 28. September 2010 - BVerwG 1 WB 11.10 - und vom 1. Februar 2011 a.a.O.).

30 Gemäß Nr. 4 1. Spiegelstrich der Versetzungsrichtlinien kann ein Soldat versetzt - hier: vorzeitig von einer besonderen Auslandsverwendung abgelöst - werden, wenn ein dienstliches Bedürfnis besteht. Die Fallkonstellationen eines dienstlichen Bedürfnisses sind in Nr. 802 der Handakte in Anlehnung an Nr. 5 der Versetzungsrichtlinien näher bestimmt. Die unter Berücksichtigung des dienstlichen Bedürfnisses zu treffende Ermessensentscheidung des zuständigen Vorgesetzten kann von den Wehrdienstgerichten darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO).

31 a) Unter Beachtung dieser Maßgaben weist die Repatriierungsentscheidung des - nach Nr. 803 der Handakte dafür zuständigen - Kontingentführers keine materiellrechtlichen Fehler auf.

32 aa) Für die vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers bestand ein dienstliches Bedürfnis. Gemäß Nr. 802 5. Spiegelstrich der Handakte (in Anlehnung an Nr. 5 Buchst. h der Versetzungsrichtlinien) liegt ein dienstliches Bedürfnis regelmäßig vor, wenn Störungen, Spannungen und/oder Vertrauensverluste, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasten, nur durch vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Soldaten behoben werden können.

33 Der Kontingentführer hat zutreffend angenommen, dass Vertrauensverluste in diesem Sinne eingetreten waren. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist bei einem Fortsetzungsfeststellungsantrag der Zeitpunkt, in dem sich die angefochtene Maßnahme erledigt hat. Das war hier - wie dargelegt - der Zeitpunkt der Entlassung des Antragstellers aus dem Wehrdienst zum 15. Januar 2010.

34 Vertrauensverluste, die den Dienstbetrieb unannehmbar belasten, können sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht nur aus einem feststehenden Dienstvergehen, sondern grundsätzlich auch schon aus dem Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung durch den Soldaten ergeben (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 29. Mai 2008 - BVerwG 1 WDS-VR 10.08 -, vom 12. August 2008, a.a.O., vom 28. September 2010 - BVerwG 1 WB 11.10 - und vom 1. Februar 2011 a.a.O.). Hierfür genügen nicht beliebige aus der Luft gegriffene Beschuldigungen. Erforderlich ist - je nach den Umständen des Einzelfalls - ein hinreichendes Maß an Konkretheit des Verdachts sowie ein hinreichendes Gewicht des Dienstvergehens, auf dass sich der Verdacht bezieht (Beschlüsse vom 12. August 2008 a.a.O. und vom 1. Februar 2011 a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Am Einsatzort in … wurden gegen den Antragsteller wegen der in Rede stehenden Vorwürfe umfangreiche Ermittlungen durch den Disziplinarvorgesetzten durchgeführt. Der Verdacht der mehrfachen Dienstpflichtverletzung hat sich dann in der gegen den Antragsteller verhängten Disziplinarbuße vom 17. Dezember 2009 konkretisiert. Zu Unrecht bezeichnet der Antragsteller das Dienstvergehen als geringfügig. Das Gewicht der strittigen Dienstverletzungen beruht darauf, dass ihm mehrere Verstöße gegen Anordnungen und Befehle - insbesondere Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen - vorgeworfen werden, woraus unter anderem Verletzungen der Pflichten aus § 7 SG und § 11 Abs. 1 SG resultieren können. Der gegen den Antragsteller bestehende Verdacht schuldhafter Dienstpflichtverletzungen war bis zum Termin seiner Entlassung aus dem Wehrdienst nicht ausgeräumt; vielmehr wurde er durch den rechtskräftig gewordenen Beschluss des Truppendienstgerichts Süd vom 14. Dezember 2010 uneingeschränkt bestätigt. Auf die Frage des vom Antragsteller behaupteten unvermeidlichen Verbotsirrtums kommt es daher nicht an. Die Repatriierung dient der Sicherung und Aufrechterhaltung eines geordneten militärischen Dienstbetriebs; bei der hier in Rede stehenden Konstellation hängt ihre Zulässigkeit nicht davon ab, dass endgültig geklärt ist, ob der betroffene Soldat das Dienstvergehen, dessen er verdächtig ist, schuldhaft begangen hat. Vielmehr reicht - wie dargelegt - bereits der Verdacht einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung aus.

35 Die Einschätzung des Kontingentführers, dass das mit der Disziplinarbuße geahndete Fehlverhalten des Antragstellers zu grundlegenden und unwiderruflichen Vertrauensverlusten geführt hat, die den Dienstbetrieb nicht nur im Bereich der …-Führung, sondern auch im Deutschen Einsatzkontingent unannehmbar belasten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei ist insbesondere das Abwägungsergebnis des Kontingentführers, dass ein weiteres Verbleiben des Antragstellers im Einsatz - speziell auf einem Dienstposten im sicherheitsrelevanten Bereich - im Hinblick auf die ordnungsgemäße und effektive Auftragserfüllung des Einsatzkontingents nicht verantwortet werden könne. Mit dem hinreichend konkretisierten Verdacht wiederholter Dienstpflichtverletzungen wurde nicht nur die Vorbildfunktion des Antragstellers als Leiter des … und später als stellvertretender Abteilungsleiter … durchgreifend in Frage gestellt, sondern auch und vor allem das Vertrauen seiner Disziplinarvorgesetzten in seine Bereitschaft, gegebene Befehle und militärische Anordnungen insbesondere im Bereich der Sicherheitsvorschriften umzusetzen und einzuhalten. Die eingetretenen Vertrauensverluste im Verhältnis zu seinem nächsten Disziplinarvorgesetzten hat der Antragsteller durch seinen Ablösungsantrag vom 14. Dezember 2009 selbst bestätigt.

36 bb) Die Ermessensentscheidung des Kontingentführers begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Sie erweist sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht als fürsorgewidrig oder unverhältnismäßig. Wie oben bereits dargelegt, begründet die Fürsorgepflicht des Vorgesetzten aus § 10 Abs. 3 SG nicht einen Anspruch des Soldaten, auf einem bestimmten Dienstposten (weiter) verwendet zu werden. Es sind keine Umstände ersichtlich, die es als ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig erscheinen lassen, dass von der Möglichkeit, den Antragsteller von seiner besonderen Auslandsverwendung abzulösen, Gebrauch gemacht wurde. Es war nicht geboten, die vom Antragsteller angeregten Ersatzverwendungen in Erwägung zu ziehen. Unerheblich ist insbesondere, dass nach dem Vorbringen des Antragstellers die amerikanischen Partner „(are) glad to have you with us, Marcus“. Die Repatriierungsentscheidung des Kontingentführers ist maßgeblich von dem Aspekt getragen, dass der Antragsteller durch sein Verhalten seine Integrität und Verlässlichkeit als Stabsoffizier gravierend beeinträchtigt hatte und vom Kontingentführer selbst als nicht mehr förderlich für die ordnungsgemäße und effektive Auftragserfüllung des Einsatzkontingents beurteilt wurde. Daran hätte sich im Fall einer Zusammenarbeit des Antragstellers mit Angehörigen der Streitkräfte der USA nichts geändert. Diesen Aspekt und den Umstand, dass der Antragsteller wiederholt gegen Sicherheitsbestimmungen verstoßen hatte, konnte der Kontingentführer ohne Rechtsfehler als wesentliche Erwägungen dafür ansehen, den Antragsteller nicht bis zum 31. März 2010 im Auslandseinsatz zu belassen.

37 b) Die Repatriierungsentscheidung des Kontingentführers weist auch keine formellen Fehler auf.

38 aa) Der Kommandeur … war als nächster Disziplinarvorgesetzter des Antragstellers für den auf dienstliche Gründe gestützten Repatriierungsvorschlag sachlich zuständig. Das ergibt sich - in Umsetzung von Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 der Versetzungsrichtlinien - aus Nr. 810 der Handakte. Danach wird eine vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung aus dienstlichen Gründen regelmäßig vom nächsten Disziplinarvorgesetzten vorgeschlagen. Unerheblich ist insoweit, dass der Kommandeur … sein Schreiben vom 15. Dezember 2009 als „Antrag“ und nicht als „Vorschlag“ auf vorzeitige Beendigung der besonderen Auslandsverwendung des Antragstellers bezeichnet hat. Er hat in dem Formular mit den Worten „hiermit beantrage ich …“ ausdrücklich seinen eigenen Antrag „aus dienstlichen Gründen“ formuliert. Zutreffend haben deshalb auch die Beschwerdebescheide festgestellt, dass es sich um einen Repatriierungsvorschlag des Disziplinarvorgesetzten im Sinne der Nr. 810 der Handakte handelte. Für die Auslegung als Repatriierungsvorschlag spricht zusätzlich, dass der Antragsteller seinen eigenen Ablösungsantrag vom 14. Dezember 2009, den er nur auf persönliche Gründe gestützt hatte, nach Ergehen der Repatriierungsentscheidung des Kontingentführers nicht weiter verfolgt hat, sondern die Repatriierungsentscheidung schon im Rahmen seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2009 und anschließend in seinen Beschwerdeschriftsätzen vom 21. und 23. Dezember 2009 angegriffen hat. Damit hat er unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die vorzeitige Beendigung seiner besonderen Auslandsverwendung nicht wünschte.

39 bb) Der nächste Disziplinarvorgesetzte hat seinen Vorschlag ausführlich begründet; damit ist den Anforderungen in Nr. 9 Abs. 1 Satz 2 der Versetzungsrichtlinien und in Nr. 810 der Handakte Rechnung getragen.

40 cc) Die Anhörung des Antragstellers zum Vorschlag der vorzeitigen Beendigung seiner besonderen Auslandsverwendung ist verfahrensfehlerfrei durchgeführt worden. Entgegen seiner Darlegung hatte er hinreichend Gelegenheit, entsprechend Nr. 807 der Handakte zu der beabsichtigten Maßnahme Stellung zu nehmen. Das in Nr. 807 der Handakte festgelegte Erfordernis der Schriftform der Anhörung ist eingehalten worden. Nr. 807 der Handakte enthält keine Bestimmungen zu besonderen Terminen oder Fristen, die bei der Anhörung des Soldaten vor einer Repatriierungsentscheidung zu beachten sind.

41 dd) Eine Beteiligung des Militärpfarrers oder des Truppenpsychologen ist nur in Fällen vorgeschrieben, in denen der betroffene Soldat die vorzeitige Beendigung seiner Auslandsverwendung selbst beantragt (Nr. 812 und Nr. 814 der Handakte) und auf private, familiäre oder persönliche Gründe stützt (Nr. 813 der Handakte). Die angefochtene Entscheidung des Kontingentführers beruht hingegen auf einem Vorschlag des nächsten Disziplinarvorgesetzten und ist allein auf dienstliche Gründe gestützt.

42 ee) Der Umstand, dass die für die Offiziere zuständige Vertrauensperson vor der Entscheidung des Kontingentführers nicht förmlich angehört worden ist, hat keine Rechte des Antragstellers verletzt.

43 Nach der Rechtsprechung des Senats folgt aus dem Soldatenbeteiligungsgesetz im Falle der vorzeitigen Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung kein Anspruch auf Anhörung der Vertrauensperson. Insbesondere ergibt sich aus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SBG keine derartige Anhörungspflicht. Denn die vorzeitige Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung stellt keine (Rück-)Kommandierung eines Soldaten dar. Auch die analoge Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SBG auf den Fall der vorzeitigen Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung ist ausgeschlossen (vgl. im Einzelnen: Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 1 WB 6.10 - DokBer B 2011, 183, Rn. 42 bis Rn. 45).

44 In seiner vorgenannten Entscheidung vom 1. Februar 2011 hat der Senat allerdings ausgesprochen, dass das Einsatzführungskommando der Bundeswehr sich in der Handakte durch ständige Verwaltungspraxis dahin habe festlegen dürfen, die Anhörung der Vertrauensperson als antragsabhängige Verfahrensgarantie zu Gunsten des betroffenen Soldaten zu regeln; es sei insoweit vor der Beendigung einer besonderen Auslandsverwendung zu einer rügefähigen Anhörung der Vertrauensperson verpflichtet.

45 An dieser Rechtsprechung hält der Senat unter Berücksichtigung des Beschlusses des 6. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1991 - BVerwG 6 P 5.91 - (Buchholz 250 § 47 BPersVG Nr. 7) nicht mehr fest. Der 6. Revisionssenat hat entschieden, dass die Beteiligung des Personalrats durch den Dienststellenleiter bei personellen Maßnahmen über die gesetzliche Regelung hinaus nicht zu einer gerichtlich zu beachtenden Erweiterung der Rechte des Personalrats führe. Zur Begründung hat der 6. Revisionssenat hervorgehoben, dass die Beteiligungsrechte der Personalvertretungen gesetzlich abschließend geregelt seien; beteilige ein Dienststellenleiter Personalvertretungen über den gesetzlichen Rahmen hinaus, so werde dadurch kein formelles Verfahren ausgelöst, in dessen Rahmen Personalvertretungen einen Anspruch auf Beteiligung hätten. Bei einer derartigen gesetzlich nicht vorgesehenen Beteiligung könne es sich nur um Informationen oder Konsultationen handeln. Eine außergesetzliche Erweiterung der Beteiligungsrechte sei auch nicht im Rahmen einer Selbstbindung der Verwaltung möglich. Ein betroffener Antragsteller könne insoweit keine Verletzung von Mitwirkungsrechten geltend machen. Diese Rechtsauffassung des 6. Revisionssenats, die er nicht aufgegeben hat, wird in der aktuellen personalvertretungsrechtlichen Literatur geteilt (vgl. z.B. Rehak in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, BPersVG, Stand: August 2011, Vorbemerkungen zu §§ 75 bis 81, Rn. 2, § 75 Rn. 2, § 76 Rn. 4; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 11. Auflage 2008, § 75 Rn. 1 m.w.N.). Sie ist gem. § 48 SBG ebenso für die Personalvertretungen zu beachten, die in den personalratsfähigen Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr zu wählen sind. Der Rechtsauffassung des 6. Revisionssenats schließt sich der beschließende Senat auch für den Bereich der Beteiligungsrechte der Vertrauensperson an.

46 Dafür ist maßgeblich, dass der Katalog der Beteiligungsrechte der Vertrauensperson bei Personalmaßnahmen in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG abschließend geregelt ist. Das hat der Senat im Einzelnen in seinem Beschluss vom 1. Februar 2011 (a.a.O.) ausgeführt. Die Konzentration der Beteiligungstatbestände in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG auf die nur dort bestimmten Personalmaßnahmen entsprach im Übrigen einer ausdrücklichen Zielsetzung des Gesetzgebers (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom 5. Juni 1990 <BTDrucks 11/7323 S. 16 und S. 20>; vgl. auch Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 7. Auflage 2011, § 23 SBG Rn. 1). Überdies ergibt sich aus § 20 SBG, dass die Vertrauensperson nur über beteiligungspflichtige beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen zu unterrichten und dazu anzuhören ist. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass zum Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit - im Sinne eines Vorrangs des Gesetzes - die förmlichen und unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 2 Satz 2 SBG einklagbaren Beteiligungspflichten allein im Gesetz geregelt und limitiert sein sollen. Das vom Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Nr. 808 der Handakte geregelte Verfahren über die Beteiligung der Vertrauensperson erweist sich vor diesem Hintergrund lediglich als eine nicht förmliche Konsultation der Vertrauensperson zu der beabsichtigten Repatriierung. Abweichungen von dem in Nr. 808 der Handakte geregelten Verfahren können insofern vom Antragsteller nicht als Ermessensfehler im Rahmen der ihm zustehenden geschützten Rechte geltend gemacht werden.