Verfahrensinformation

Der klagende Ruhestandsbeamte bezieht neben seinen Versorgungsbezügen ein Erwerbseinkommen aus einer freiberuflichen Tätigkeit, die er nach Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand begonnen hat. Die Beteiligten streiten über den Umfang der Anrechnung dieses Erwerbseinkommens auf die Ruhestandsbezüge.


Urteil vom 25.09.2003 -
BVerwG 2 C 53.02ECLI:DE:BVerwG:2003:250903U2C53.02.0

Leitsatz:

Die Erhöhung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach § 2 Abs. 1 des Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetzes gehörte ab 1998 nicht mehr zu den Erhöhungstatbeständen, die sich bei der Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 53 a BeamtVG a.F. auszuwirken vermochten.

  • Rechtsquellen
    BeamtVG a.F. § 53 a Abs. 1
    BwBAnpG §§ 2, 3

  • OVG Schleswig - 04.10.2002 - AZ: OVG 3 L 95/01 -
    Schleswig-Holsteinisches OVG - 04.10.2002 - AZ: OVG 3 L 95/01

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 25.09.2003 - 2 C 53.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:250903U2C53.02.0]

Urteil

BVerwG 2 C 53.02

  • OVG Schleswig - 04.10.2002 - AZ: OVG 3 L 95/01 -
  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 04.10.2002 - AZ: OVG 3 L 95/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S i l b e r k u h l
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e , G r o e p p e r und Dr. B a y e r
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Der im Jahre 1939 geborene Kläger war Regierungsdirektor und wurde mit Ablauf des 31. Dezember 1994 nach § 1 des Gesetzes zur Anpassung der Zahl von Beamten im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung an die Verringerung der Streitkräfte (Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetz - BwBAnpG) in den Ruhestand versetzt. Bei der Festsetzung der Versorgungsbezüge ermittelte die Beklagte eine ruhegehaltfähige Dienstzeit des Klägers von 43 Jahren und 94 Tagen einschließlich der Erhöhungszeit nach § 2 Abs. 1 BwBAnpG. Hieraus errechnete sie einen Ruhegehaltssatz von 75 v.H.
Nach seiner Zurruhesetzung erzielte der Kläger aus einer Tätigkeit als Rechtsanwalt im Jahre 1998 ein Einkommen von 79 067 DM. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28. Dezember 1999 forderte die Beklagte in Anwendung der Ruhensregelung des § 53 a BeamtVG a.F. 13 259,79 DM als im Jahre 1998 zuviel gezahlte Versorgungsbezüge zurück. Sie führte aus: Wenn die Erhöhung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach § 2 Abs. 1 BwBAnpG nicht berücksichtigt werde, ergebe sich nach § 53 a BeamtVG a.F. ein Ruhegehaltssatz von 63,32 v.H. als Ausgangsgröße für die Berechnung des "fiktiven Ruhegehalts" als unterer Bemessungsgrundlage. Die Differenz zum Ruhegehalt des Klägers, das sich vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften ergibt, belaufe sich demnach auf einen Betrag in Höhe von 11,68 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers. Die danach ruhenden, aber bereits ausgezahlten Versorgungsbezüge müsse der Kläger zurückzahlen.
Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt: Ebenso wie die obere errechne sich auch die untere Bemessungsgrundlage im Sinne des § 53 a BeamtVG a.F. in Anwendung des § 85 BeamtVG. Die danach erforderliche Vergleichsberechnung ergebe als höheren und damit maßgebenden Ruhegehaltssatz den nach § 85 Abs. 1 BeamtVG ermittelten Satz. Er betrage 74 v.H. Der Sozialbestandteil belaufe sich folglich auf 1 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 4. Oktober 2002 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 15. Mai 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Revision bei.

II


Die Revision ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger ist nicht verpflichtet, einen Teil der Versorgungsbezüge für das Jahr 1998 zurückzuzahlen. Eine Anrechnung des in diesem Jahr erzielten Erwerbseinkommens ist ausgeschlossen, weil die Erhöhung des Ruhegehalts gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Zahl von Beamten im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung an die Verringerung der Streitkräfte (Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetz - BwBAnpG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl I S. 2378) die Anwendung des § 53 a des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) in der vom 1. Oktober 1994 bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes, des Soldatenversorgungsgesetzes sowie sonstiger versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG 1993) vom 20. September 1994 (BGBl I S. 2442) im Jahre 1998 nicht ermöglichte. Nach dieser Vorschrift wurde das Erwerbseinkommen eines Beamten aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes auf das Ruhegehalt bis zur Höhe des Betrages angerechnet, um den das Ruhegehalt, das sich vor Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften ergibt, den Betrag überschreitet, der sich als Ruhegehalt ergäbe, wenn im Einzelnen genannte, eine Ruhegehaltserhöhung bewirkende gesetzliche Regelungen unberücksichtigt bleiben. Die Differenz zwischen dem Ruhegehaltsbetrag ohne Ruhensanordnungen, Kürzungen und Anrechnungen, der "oberen Bemessungsgrundlage", und dem "fiktiven Ruhegehalt", das sich bei der Außerachtlassung des im jeweiligen Fall verwirklichten Erhöhungstatbestandes nach § 53 a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BeamtVG a.F. ergäbe, der "unteren Bemessungsgrundlage", ist der Ruhegehaltsbestandteil, der dem vorzeitig in den Ruhestand getretenen Beamten aus "sozialen" Gründen gewährt worden ist.
Zwischen dem "unbereinigten" Ruhegehalt des Klägers nach einem Ruhegehaltssatz von 75 v.H. als der oberen Bemessungsgrundlage und dem "fiktiven" Ruhegehalt als der unteren Bemessungsgrundlage besteht keine Differenz in Höhe des Ruhegehaltsanteils, den der Kläger durch die Erhöhung aufgrund des § 2 Abs. 1 BwBAnpG erworben hat.
§ 53 a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. schreibt für die Ermittlung der unteren Bemessungsgrundlage vor, dass die in § 53 a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BeamtVG genannten Erhöhungen nicht berücksichtigt werden. In dieser Vorschrift ist nicht auch die Außerachtlassung der Erhöhung nach § 2 Abs. 1 BwBAnpG angeordnet. Die Einbeziehung dieser Erhöhung in den Kreis der nach § 53 a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. unberücksichtigt zu lassenden Erhöhungstatbestände ist allein durch § 2 Abs. 3 BwBAnpG angeordnet. Das Bundeswehrbeamtenanpassungsgesetz ist aber gemäß § 3 am 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten. Da § 2 Abs. 3 BwBAnpG ab Januar 1998 keine Geltung mehr hatte, konnten die in § 53 a Abs. 1 Satz 1 BeamtVG genannten Vorschriften auch nicht mehr § 2 Abs. 1 und 2 BwBAnpG umfassen. Für eine Anrechnung von Erwerbseinkommen mit Rücksicht auf die Erhöhung des Ruhegehalts nach diesen Vorschriften war kein Raum.
Der Kläger hat auch keinen der in § 53 a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BeamtVG a.F. aufgeführten Erhöhungstatbestände verwirklicht. Deshalb ergibt sich zwischen dem Ruhegehaltssatz nach der oberen und dem "fiktiven" Ruhegehaltssatz nach der unteren Bemessungsgrundlage keine Differenz. Die vorinstanzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides in Höhe lediglich des 1,23 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge übersteigenden Teils der Versorgungsbezüge beruht auf dem - eingeschränkten - Antrag des Klägers (vgl. § 88 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.