Beschluss vom 25.07.2005 -
BVerwG 4 BN 31.05ECLI:DE:BVerwG:2005:250705B4BN31.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.07.2005 - 4 BN 31.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:250705B4BN31.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 BN 31.05

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 22.04.2005 - AZ: OVG 7 D 103/04.NE

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juli 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. April 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Antragsteller zu 1, 2 und 3 tragen jeweils ein Drittel der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde rügt in mehreren Punkten einen Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung. Diese Rüge greift nicht durch. Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Aufklärungsmangels hätte dementsprechend substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin hätte dargelegt werden müssen, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Lediglich schriftsätzlich angekündigte Beweisanträge genügen den letztgenannten Anforderungen nicht (BVerwG, vgl. Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerde nicht gerecht. Sie legt insbesondere nicht dar, dass in der mündlichen Verhandlung auf die jetzt vermisste Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist.
Im Übrigen zeigt die Beschwerde unter 1 a) auch nicht auf, dass es auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts auf die Frage angekommen wäre, ob in dem bereits bebauten Plangebiet ein nicht unerheblicher Leerstand existiert. Dies versteht sich auch nicht von selbst. Denn für das Oberverwaltungsgericht kam es auf die umstrittene planbedingte - also durch die Beschlussfassung des Bebauungsplans verursachte - Erhöhung des Verkehrsaufkommens an. Eine intensivere Ausnutzung bereits vorhandener, aber leer stehender Gebäude wird jedoch nicht durch den jetzt beschlossenen Bebauungsplan hervorgerufen. Den planbedingten Mehrverkehr durch die zu erwartende Bebauung der Verkaufsflächen 1 und 2 hat die Vorinstanz in Rechnung gestellt (UA S. 24 f.).
Soweit die Beschwerde unter 1 b) auf die GFZ eingeht, unterstellt sie dem Oberverwaltungsgericht ersichtlich die Behauptung, dass die GFZ von 2,0 auf 1,0 reduziert werden könne. Eine so weitgehende Aussage enthält das angegriffene Urteil indes nicht. Vielmehr verweist es lediglich auf eine Darstellung in der Bebauungsplanbegründung (Urteil S. 24). Daher hätte die Beschwerde - neben anderem - auch näher darlegen müssen, dass es für die Entscheidung des Normenkontrollgerichts auf die von den Antragstellern vermisste Tatsachenfeststellung überhaupt ankam. Im Übrigen fehlt es an der Darlegung des Beweismittels.
Hinsichtlich der Ausführungen der Beschwerde zu 1 c) ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass das Normenkontrollgericht aus rechtlichen Erwägungen, die es auf Seite 26 (unten) seines Urteils näher darlegt, davon ausgeht, dass die Auswirkungen eines anderen Bebauungsplans nicht in das vorliegende Bebauungsplanaufstellungsverfahren einzubeziehen waren. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung brauchte das Gericht der Frage, in welcher Höhe planbedingte Verkehre der angrenzenden Bebauungspläne entstehen, nicht nachzugehen, so dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung auch aus diesem Grund ausscheidet.
2. Die Beschwerde rügt ferner einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz. Auch diese Rüge bleibt erfolglos. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Vorschrift verpflichtet das Gericht, alle erheblichen Tatsachen oder Beweisergebnisse zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich für die Überprüfung seiner Entscheidung darauf, ob die Grenze einer die anerkannten Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist. Beschränkt sich der Mangel tatrichterlicher Überzeugungsbildung auf die Würdigung von Tatsachen, ohne die rechtliche Subsumtion zu berühren, gehört er nicht zum dem materiellen Recht zugeordneten Bereich der freien Beweiswürdigung, sondern begründet einen Verfahrensfehler, der im Revisionsverfahren gerügt werden kann (BVerwG, Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 7 C 23.03 - Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 27 m.w.N.).
Vorliegend verneint das Normenkontrollgericht, eine mögliche Verkehrszunahme an den Grundstücken der Antragsteller sei planbedingt, also durch die Beschlussfassung des Bebauungsplans verursacht. Dabei stellt es wesentlich darauf ab, dass das überplante Gebiet bereits weitgehend bebaut ist. Demgegenüber geht die Beschwerde von einem anderen rechtlichen Ansatz aus, wenn sie die Verkehrsmengen aus "diversen Gebietsausweisungen" betrachtet und meint, diese würden sich auch auf den Grundstücken der Antragsteller auswirken. Bereits aus diesem Grund legt sie keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz dar. Daher bedarf es keiner weiteren Ausführungen zu den an eine derartige Rüge zu stellenden Anforderungen an die eindeutige Erkennbarkeit eines derartigen Verstoßes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1).
Die Beschwerde legt auch nicht näher dar, warum das Fehlen der Angabe eines Prognosezeitraums in einem Verkehrsgutachten geeignet sein kann, die Richtigkeit des angegriffenen Urteils in Frage zu stellen.
3. Aus den dargestellten Gründen scheidet auch ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) aus.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.