Beschluss vom 25.05.2007 -
BVerwG 1 B 203.06ECLI:DE:BVerwG:2007:250507B1B203.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.05.2007 - 1 B 203.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:250507B1B203.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 203.06

  • VGH Baden-Württemberg - 26.07.2006 - AZ: VGH 11 S 2545/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Mai 2007
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie die Abweichung des Berufungsurteils von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend gemacht werden, bleibt ohne Erfolg.

2 1. Mit der zu Art. 8 EMRK im Hinblick auf die persönlichen und familiären Bindungen des Beschwerdeführers als grundsätzlich angesehenen Frage,
„ob [hinter] diesen Interessen des Klägers das Interesse der Beklagten zurücktritt, andere Ausländer durch die Ausweisung des Klägers von der Begehung ähnlicher wie der vom Kläger begangenen Straftaten abzuschrecken“,
verfehlt die Beschwerde die Darlegungsanforderungen an eine Grundsatzfrage (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Mit der Grundsatzrüge muss eine über den jeweiligen Einzelfall hinausgreifende, in verallgemeinerungsfähiger Weise im Interesse der Rechtseinheit oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsfähige und klärungsbedürftige konkrete Frage des revisiblen Rechts dargelegt werden. Die von der Beschwerde formulierte Frage lässt indes keinen fallübergreifenden Gehalt erkennen, sondern erschöpft sich darin, die auf den konkreten Einzelfall bezogene Würdigung des Berufungsgerichts anzugreifen, das die Ausweisung als mit Art. 8 EMRK vereinbar angesehen hat (UA S. 24 ff.). Damit wird die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt.

3 2. Die von der Beschwerdebegründung sinngemäß aufgeworfene Grundsatzfrage, ob bei einer Ausweisung wegen eines nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoßes gegen Rechtsvorschriften im Rahmen der Beurteilung der Wiederholungsgefahr Straftaten einbezogen werden dürfen, die vor Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis begangen und abgeurteilt worden sind, erweist sich nicht als entscheidungserheblich. Diese Frage setzt an der vom Berufungsgericht gebilligten spezialpräventiven Motivation der angefochtenen Ausweisungsverfügung an (UA S. 14 ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat aber die alternativ angestellten Erwägungen der Beklagten zur Gebotenheit der Ausweisung des Beschwerdeführers unter generalpräventiven Gesichtspunkten ebenfalls als tragfähig beurteilt (UA S. 19 ff.). Bezüglich dieses Begründungsteils macht die Beschwerde keine durchgreifenden Zulassungsgründe geltend (s.o.). Ist das Berufungsurteil mehrfach selbständig tragend begründet, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Begründungsstrangs ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Beschlüsse vom 6. September 1979 - BVerwG 8 B 35/37.79 - und vom 9. März 1982 - BVerwG 7 B 40.82 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 176 bzw. 209; stRspr).

4 3. Die geltend gemachte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Im Gewande der Divergenzrüge kritisiert die Beschwerdebegründung lediglich die einzelfallbezogene Würdigung des Berufungsgerichts zu der prognostizierten Wiederholungsgefahr der Begehung von Straftaten seitens des Beschwerdeführers sowie die vom Verwaltungsgerichtshof gebilligte Abweichung der Ausländerbehörde von der positiven Sozialprognose des Strafgerichts. Zudem betrifft auch die Divergenzrüge allein die spezialpräventive Ausweisungsmotivation, so dass das Berufungsurteil - selbst wenn man eine Abweichung zugunsten des Beschwerdeführers unterstellt - darauf nicht beruhen würde.

5 4. Mit der erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Behauptung, er sei - wie er zwischenzeitlich erfahren habe - Vater eines deutschen Kindes, kann der Beschwerdeführer die Zulassung der Revision nicht erreichen. Als Grundlage der vom Beschwerdeführer abgeleiteten aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen gemäß Art. 6 GG war dieser neue Tatsachenvortrag nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, so dass der Verwaltungsgerichtshof in der angefochtenen Entscheidung dazu keine tatrichterlichen Feststellungen treffen konnte. Das neue Vorbringen vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen. Im Übrigen macht der Beschwerdeführer insoweit auch keinen der in § 132 Abs. 2 VwGO aufgeführten Revisionszulassungsgründe geltend.

6 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.