Beschluss vom 24.10.2012 -
BVerwG 4 C 10.12ECLI:DE:BVerwG:2012:241012B4C10.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.10.2012 - 4 C 10.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:241012B4C10.12.0]

Beschluss

BVerwG 4 C 10.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Oktober 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 4. April 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Dem Vorbringen der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hätte. Eine Fortführung ihres Revisionsverfahrens gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO kann sie deshalb nicht beanspruchen.

2 Die Klägerin macht geltend, sie habe im Revisionsverfahren im Rahmen einer Verfahrensrüge vorgetragen, dass Fluglärm aus der Sicht der Lärmmedizin eindeutig als schädlich für die Gesundheit eingeordnet werde und sich durch den Fluglärm am Tag insbesondere für Personen, die in der Tag-Schutzzone 2 leben, Gesundheitsgefahren ergeben würden, die im Planfeststellungsverfahren durch zusätzlichen aktiven Schallschutz abgearbeitet werden müssten. Zur weiteren Stützung dieses Tatsachenvortrags sei erstinstanzlich jeweils die Einholung weiterer Sachverständigengutachten und die Vernehmung von Sachverständigen als Zeugen beantragt worden. Das Tatsachengericht habe diesen Vortrag in Ansehung der rechtlichen Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG für unerheblich gehalten und die Beweisanträge abgelehnt. Das Rechtsmittelgericht habe die darauf bezogenen Sachaufklärungsrügen als unsubstantiiert erachtet, weil der Vortrag bei Zugrundelegung der rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts nicht entscheidungserheblich sei. Somit sei der gesamte Vortrag der Klägerin zu den Gesundheitsgefahren unberücksichtigt geblieben. Damit werde nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt. Denn auf den Vortrag von erheblichen Gesundheitsgefahren und gravierenden Gesundheitsschutzlücken komme es im Rahmen einer rechtmäßigen Abwägung stets an. Der Senat lasse zudem völlig unberücksichtigt, dass die Aufklärungsrüge unter Vorbehalt ausdrücklich für den Fall gestellt worden sei, dass die tatrichterliche Einordnung der Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG als fachplanerische Unzumutbarkeitsschwelle als zutreffend erkannt werde. Die Entscheidungserheblichkeit des lärmmedizinisch substantiiert vorgebrachten Sachvortrags gelte gerade dann, wenn man wie hier der Behörde grundsätzlich erst unterhalb einer gesetzlich festgesetzten fachplanerischen Unzumutbarkeitsschwelle einen Abwägungsspielraum eröffne.

3 Mit diesen Ausführungen verfehlt die Klägerin bereits die Darlegungsanforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO. Einen entscheidungserheblichen Gehörsverstoß hat sie damit nicht in schlüssiger Weise behauptet. Die Klägerin räumt selbst ein, dass der Senat ihren Vortrag zu den behaupteten Gesundheitsgefahren zur Kenntnis genommen hat. Kritik übt sie allein daran, dass er ihrer Auffassung zur Entscheidungserheblichkeit ihres Vortrags zu den Gesundheitsgefahren nicht gefolgt ist und ihre Sachaufklärungsrüge als unsubstantiiert zurückgewiesen hat. Die Anhörungsrüge kann indes nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass dem Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung eines angeblichen Verfahrensfehlers der Vorinstanz ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2007 - VI ZR 38/07 - NJW 2008, 923; BVerwG, Beschluss vom 28. November 2008 - BVerwG 7 BN 5.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 6 Rn. 2).

4 Die von der Klägerin angeführten Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte gebieten keine andere Sichtweise. Der Senat hat die Entscheidungserheblichkeit des klägerischen Vortrags zu den behaupteten Gesundheitsgefahren gerade deshalb verneint, weil er die für die Tag-Schutzzonen 1 und 2 maßgeblichen Auslösewerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG zum Schutz der menschlichen Gesundheit für ausreichend gehalten und keine Anhaltspunkte für eine Überschreitung des gesetzgeberischen Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraums zu erkennen vermocht hat (UA Rn. 153 und 155). Von einer Gesundheitsgefährdung ist der Senat also gerade nicht ausgegangen. Außerdem hat er den bereits seinen Urteilen zum Planergänzungsbeschluss „Lärmschutzkonzept BBI“ (z.B. Urteil vom 13. Oktober 2011 - BVerwG 4 A 4001.10 - BVerwGE 141, 1 <Rn. 166 f.>) zugrunde liegenden rechtlichen Ansatz noch einmal bestätigt, dass die Auslösewerte des § 2 Abs. 2 FluglärmG als fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle auch bei der Bewältigung der durch Fluglärm hervorgerufenen Probleme im Rahmen der Abwägung zugrunde zu legen sind und es für die Abwägung grundsätzlich genügt, die Lärmschutzbelange ausgehend von dieser Schwelle zu gewichten (UA Rn. 190). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht dadurch verletzt, dass der Senat der zur Kenntnis genommenen gegenteiligen Auffassung der Klägerin, wonach im Rahmen der Abwägung von Lärmbelästigungen unterhalb der fachplanerischen Zumutbarkeitsschwelle auf die Erkenntnisse der Lärmmedizin zurückzugreifen sei, nicht gefolgt ist (vgl. Beschluss vom 23. Juni 2008 - BVerwG 9 VR 13.08 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 7 Rn. 3).

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht; die Höhe der Gerichtsgebühren ergibt sich aus Nr. 5400 KV GKG.