Beschluss vom 24.06.2005 -
BVerwG 8 B 38.05ECLI:DE:BVerwG:2005:240605B8B38.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.06.2005 - 8 B 38.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:240605B8B38.05.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 38.05

  • VG Greifswald - 01.02.2005 - AZ: VG 2 A 1935/99

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l ,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht G o l z e und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. H a u s e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin zu 2) gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 1. Februar 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin zu 2) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 21 602,08 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) nicht verletzt, weil es über den im Schriftsatz vom 9. September 1999 angekündigten Hilfsantrag auf Entschädigungszahlungen nicht entschieden hat. Gemäß § 103 Abs. 3 VwGO erhalten die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung nach Aufruf der Sache und Vortrag des wesentlichen Akteninhalts das Wort, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen. Maßgeblich sind die Anträge, wie sie in der mündlichen Verhandlung gestellt werden und nicht die Anträge in der Klageschrift oder in sonstigen vorbereiteten Schriftsätzen.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 1. Februar 2005 haben die Kläger übereinstimmend beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 1999 aufzuheben. Dieser Antrag wurde laut diktiert und genehmigt. Dem Protokoll kommt Beweiskraft für die Förmlichkeiten der Verhandlung zu (§ 105 VwGO i.V.m. § 165 ZPO). Im Tatbestand des Urteils wird der Inhalt dieser Parteierklärung wiedergegeben (§ 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO). Der Bevollmächtigte der Klägerin zu 2) hat weder einen Protokollberichtigungsantrag gemäß § 164 ZPO noch einen Antrag auf Berichtigung des Tatbestands gemäß § 119 Abs. 1 VwGO gestellt, so dass davon auszugehen ist, dass der schriftsätzlich angekündigte Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde.
Im Übrigen ist nicht dargelegt, inwiefern die Entscheidung auf dem vermeintlichen Verfahrensmangel beruht. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts wäre ein Entschädigungsanspruch nach dem Entschädigungsgesetz nicht erfolgreich gewesen, weil dieser einen Tatbestand nach dem Vermögensgesetz voraussetzt. Dieser wurde vom Verwaltungsgericht gerade verneint. Aus diesem Grund scheidet auch eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO aus.
2. Der Rechtssache kommt auch die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung für zukünftige Entscheidungen festzustellen, unter welchen Voraussetzungen eine dominierende, machtbeherrschende Funktion des Verwalters gegeben sei (a) und wann entsprechend § 1 Abs. 3 VermG unlautere Machenschaften staatlicher Stellen oder Dritter bejaht werden könnten (b). Damit zeigt sie keine maßgeblichen Rechtsfragen auf, die über ihre Bedeutung für den zu entscheidenden konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Auslegung und Anwendung oder für die Fortbildung des Rechts haben.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 7 C 14.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 93 S. 284 <285>) setzt der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchstabe c VermG ein eigenständiges Handeln des staatlichen Verwalters voraus, das auf den Entzug des Eigentums an dem Vermögenswert gerichtet gewesen sein muss. Der staatliche Verwalter muss sich gewissermaßen des Eigentums bemächtigt haben, um es an einen Dritten zu übertragen. An einem solchen Handeln fehlt es, wenn - wie es nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts hier der Fall war - der staatliche Verwalter eines Erbanteils an einer von der Erbengemeinschaft zum Zwecke der Erbauseinandersetzung vorgenommenen Veräußerung eines Nachlassgrundstücks nur mitwirkte, ohne das Geschäft selbst zu betreiben (vgl. auch Beschluss vom 10. November 2004 - BVerwG 7 B 52.04 - juris Rn. 6).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kennzeichnet § 1 Abs. 3 VermG solche Eigentumsentziehungen, bei denen in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR und diese tragenden ideologischen Grundvorstellungen nicht "alles mit rechten Dingen" zugegangen ist (Urteile vom 29. September 1993 - BVerwG 7 C 42.92 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 9, vom 26. Juni 1997 - BVerwG 7 C 25.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 113 und vom 28. April 1999 - BVerwG 8 C 5.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 1). Das Verwaltungsgericht hat hierzu festgestellt, dass die Verwalterin nicht in rechtswidriger Weise mit einer überhöhten Kostenschätzung genötigt wurde, dem Verkauf zuzustimmen. Ferner konnte das Verwaltungsgericht nicht feststellen, dass der Instandsetzungsbedarf in rechtswidriger Weise eingesetzt worden ist, um einen Verkaufsentschluss hervorzurufen. Der Kaufpreis sei nach den zurzeit des Verkaufs geltenden Vorschriften zur Wertermittlung festgelegt worden. Anhaltspunkte, dass bei dem Verkauf nicht "alles mit rechten Dingen" zugegangen ist, sind damit nicht erkennbar. Die Beschwerde wendet sich in Wahrheit nach Art einer Berufungsbegründung gegen die freie richterliche Überzeugungsbildung und rügt im Übrigen die fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht. Damit kann die Zulassung der Revision nicht erreicht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.