Beschluss vom 24.02.2003 -
BVerwG 8 B 17.03ECLI:DE:BVerwG:2003:240203B8B17.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.02.2003 - 8 B 17.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:240203B8B17.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 17.03

  • VG Meiningen - 02.10.2002 - AZ: VG 2 K 682/02.Me

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r , den Richter am Bundesverwaltungsgericht
G o l z e und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht
Dr. von H e i m b u r g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 2. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 11 954 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das verwaltungsgerichtliche Urteil weicht nicht von der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 1.). Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wird teils nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO); im Übrigen hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 2.).
1. Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nur vor, wenn die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 - BVerwG 8 B 144.97 - Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 <11>). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde verkennt den Inhalt des vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 8. Dezember 1994 (- BVerwG 7 B 180.94 - teilweise, nämlich ohne den von der Beschwerde zitierten Satz - veröffentlicht in Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 34 S. 69) aufgestellten Rechtssatzes. Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 1 VermG ist die Rückübertragung ausgeschlossen bei einem redlichen Erwerb "nach dem 8. Mai 1945". Vor diesem Tag - und damit vor Ende der NS-Herrschaft - konnten Vermögenswerte nicht redlich erworben werden. Davon geht selbstverständlich auch der genannte Beschluss aus. Vor dem von der Beschwerde zitierten Satz wird in dem Beschluss hinsichtlich der Bürger, die das frühere Eigentum von NS-Opfern zu Zeiten der DDR durch Kauf erworben haben, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hier "der Käufer einen neuen Erwerbstatbestand schafft, der bei der Frage der Redlichkeit des Erwerbs einer eigenständigen Beurteilung zugänglich ist". Als abwegig bezeichnet wird in dem Beschluss lediglich das dortige Beschwerdevorbringen, ein Vermögenserwerb unmittelbar von einem jüdischen Voreigentümer - und damit ein Vermögenserwerb in der NS-Zeit - könne als redlich geschützt werden.
Dies erkennt die Beschwerde selbst, wenn sie weiter unten (S. 8 f. der Beschwerdebegründung) ausführt, sie wolle nicht die These vertreten, dass es in Fällen der Entziehung von jüdischem Vermögen überhaupt keinen redlichen Erwerb geben könne. Insoweit ist das Beschwerdevorbringen widersprüchlich.
2. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>).
Die Beschwerde genügt überwiegend nicht dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Vielmehr wendet sie sich im Stile einer Berufungsbegründung gegen die inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, ohne eine klärungsbedürftige Rechtsfrage ausdrücklich oder sinngemäß zu stellen.
Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde die Frage,
ob ein Rechtserwerb im Sinne des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG nicht in Einklang mit den zum Zeitpunkt des Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften stand, wenn ein Grundstück, das der Beschlagnahme nach dem Befehl Nr. 124 der sowjetischen Militärverwaltung unterlegen hatte, ohne die nach der Verfügung der Regierung der DDR vom 31. Dezember 1954 erforderliche Genehmigung veräußert worden ist.
Diese Frage ist zum einen im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Ein Rechtserwerb ist nur dann als unredlich anzusehen, wenn er nicht in Einklang mit den zum Zeitpunkt des Erwerbs in der Deutschen Demokratischen Republik geltenden allgemeinen Rechtsvorschriften usw. stand und der Erwerber dies wusste oder hätte wissen müssen. Das Verwaltungsgericht ist im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gelangt, dass hier ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften usw. den Erwerbern nicht hätte bekannt sein müssen (Amtlicher Umdruck S. 12).
Zum anderen beurteilt sich die Frage, ob gegen im Zeitpunkt des Erwerbs geltende Rechtsvorschriften der DDR verstoßen worden ist, nach dem irrevisiblen (vgl. § 137 VwGO) Recht der DDR. Wann ein - möglicherweise - vorliegender Verstoß gegen DDR-Recht im Sinne des § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG beachtlich ist, wird von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet. Danach ist ein solcher Verstoß nur beachtlich, wenn die Abweichung von den allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen oder einer ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis bei objektiver Betrachtung die Absicht erkennen lässt, den Erwerbsvorgang gezielt zu beeinflussen. § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG setzt mithin eine dem Erwerb selbst anhaftende sittlich anstößige Manipulation voraus. Ein einfacher Verstoß gegen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätze oder eine ordnungsgemäße Verwaltungspraxis genügt nicht (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 19. Januar 1995 - BVerwG 7 C 42.93 - BVerwGE 97, 286 <289 f.>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 und 14 GKG. Der Senat hat keine Veranlassung, von der Wertfestsetzung des Verwaltungsgerichts abzuweichen; das von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. Februar 2003 vorgelegte Wertgutachten betrifft ein anderes Flurstück.