Beschluss vom 24.01.2012 -
BVerwG 1 WB 53.11ECLI:DE:BVerwG:2012:240112B1WB53.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.01.2012 - 1 WB 53.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:240112B1WB53.11.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 53.11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Stock und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Gelpke
am 24. Januar 2012 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens eines IT-Stabsoffiziers und Referenten, ODP ... (= Teileinheit/Zeile <TE/ZE> ...), beim ... in .... Der Antrag richtet sich gegen den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 13. Mai 2011, mit dem der Antrag des Antragstellers auf Versetzung auf diesen Dienstposten abgelehnt worden ist, und gegen die Entscheidung des Personalamts, den Beigeladenen auf diesen Dienstposten zu versetzen.

2 Der 1958 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Teilstreitkraft Heer, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 30. August 2018 enden wird. Er wurde am 28. März 2002 zum Oberstleutnant ernannt und mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Seit dem 1. Dezember 2008 war er zunächst auf dem nach Besoldungsgruppe A 14/A 13 bewerteten Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten, TE/ZE ..., beim ... in ... eingesetzt. Zum 1. April 2010 trat in dieser Dienststelle eine neue Stärke- und Ausrüstungsnachweisung (STAN) in Kraft; in den vorangegangenen STAN-Verhandlungen wurde der vom Antragsteller innegehabte Dienstposten der Besoldungsgruppe A 15 zugeordnet. Daraufhin versetzte das Personalamt den Antragsteller zum 1. April 2010 auf ein „dienstpostenähnliches Konstrukt“ (z.b.V.-Dienstposten) der Besoldungsgruppe A 14 .... Mit Verfügung des Personalamts vom 2. Februar 2011 wurde der Antragsteller zum 1. April 2011 mit Dienstantritt am 16. Mai 2011 zum Streitkräfteunterstützungskommando in ... auf einen nach Besoldungsgruppe A 13/A 14 bewerteten Dienstposten als IT-Stabsoffizier versetzt. Diese Versetzungsverfügung hat er im Verfahren BVerwG 1 WB 31.11 mit dem Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts angegriffen.

3 Mit Schreiben vom 1. Februar 2011 beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den strittigen Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten, ODP ... (= TE/ZE ...), beim .... Er wies darauf hin, er habe die Aufgaben dieses Dienstpostens noch in der alten Struktur im November 2009 übernommen. Nach Einnahme der neuen Struktur und der erfolgten Höherdotierung sei der Dienstposten nicht neu besetzt worden; die Aufgaben würden durch ihn wahrgenommen. Mit seinen Beurteilungen aus den letzten sieben Jahren und den in den vergangenen 14 Monaten gezeigten Leistungen habe er seine Qualifikation für den angestrebten Dienstposten nachgewiesen.

4 Den Antrag lehnte das Personalamt mit Bescheid vom 14. Februar 2011 mit der Begründung ab, der Antragsteller habe für den strittigen Dienstposten nicht mitbetrachtet werden können, weil er nicht über die Perspektive für A 15-Verwen-dungen verfüge. Darüber hinaus obliege der Luftwaffe das Besetzungsrecht für den Dienstposten. Die Luftwaffe plane, den Dienstposten zum 1. Mai 2011 mit einem geeigneten Offizier zu besetzen.

5 Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 10. März 2011 hob das Personalamt diesen Ablehnungsbescheid mit Bescheid vom 2. Mai 2011 auf und kündigte dem Antragsteller eine neue Entscheidung an. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Mai 2011 wurde der Versetzungsantrag erneut abgelehnt. Zur Begründung legte das Personalamt dar, dass dem Antragsteller in den letzten Beurteilungen zwar eine Eignung für Dienstposten der Ebene A 15 attestiert werde, die sein beurteilender Vorgesetzter auch für den strittigen Dienstposten bestätigt habe. Das primäre Besetzungsrecht für diesen Dienstposten stehe jedoch der Luftwaffe zu, die schon frühzeitig im vierten Quartal 2010 einen nach Eignung, Leistung und Befähigung besser qualifizierten Offizier ausgewählt habe; dieser sei mit Verfügung vom 1. Februar 2011 auf den Dienstposten versetzt worden. Der Bewerbung des Antragstellers habe man auch deshalb nicht entsprechen können, weil er mit Verfügung vom 2. Februar 2011 rechtskonform zum 1. April 2011 zum Streitkräfteunterstützungskommando in ... versetzt worden sei.

6 Mit der genannten Verfügung vom 1. Februar 2011 hatte das Personalamt den Beigeladenen, der der Teilstreitkraft Luftwaffe angehört, zum 1. Mai 2011 mit Dienstantritt am 2. Mai 2011 auf den strittigen Dienstposten versetzt. Gegen die dem zugrundeliegende Auswahlentscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 11. April 2011 Beschwerde ein und bat um Offenlegung der dokumentierten Auswahlerwägungen.

7 Gegen den ihm am 8. Juni 2011 eröffneten - zweiten - Ablehnungsbescheid vom 13. Mai 2011 legte der Antragsteller mit Schreiben vom 4. Juli 2011 Beschwerde ein. Dieser an das Personalamt der Bundeswehr adressierte Rechtsbehelf ging am 5. Juli 2011 bei der Abteilung Führungsunterstützung/G 6 des Streitkräfteunterstützungskommandos und nach Mitteilung des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - am 1. August 2011 beim Bundesministerium der Verteidigung ein.

8 Mit Bescheid vom 16. August 2011 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerden des Antragstellers vom 11. April 2011 und vom 4. Juli 2011 zurück. Zur Begründung führte er aus, die Beschwerde vom 4. Juli 2011 sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 WBO bei einer empfangszuständigen Stelle eingegangen sei. Auch die Beschwerde vom 11. April 2011 sei unzulässig, weil bei beiden Beschwerden nur eine einheitliche Bewertung möglich sei. Die eingetretene Bestandskraft des Bescheids des Personalamts vom 13. Mai 2011 erstrecke sich auch auf die materielle Entscheidung des Personalamts, den Beigeladenen auf den vom Antragsteller angestrebten Dienstposten zu versetzen.

9 Gegen diese ihm am 24. August 2011 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben vom 20. September 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 4. Oktober 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

10 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:

11 Die Auswahlentscheidung für den strittigen Dienstposten müsse am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG orientiert werden, weil der Dienstposten nach Besoldungsgruppe A 15 bewertet sei und deshalb für ihn, den Antragsteller, eine förderliche Verwendung darstelle. Die Aufgaben auf dem Dienstposten nehme er bereits seit November 2009 wahr. Daher verfüge er über einen Erfahrungsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen. Das „Besetzungsrecht der Luftwaffe“ stelle kein relevantes Recht im Rahmen des Art. 33 Abs. 2 GG dar. Bemerkenswert sei, dass der strittige Dienstposten von April 2010 bis Mai 2011 von der Luftwaffe nicht habe besetzt werden können. Im Übrigen ergebe sich aus der Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten, dass dessen Anforderungen nicht teilstreitkraftspezifisch formuliert seien; vielmehr werde der querschnittlich ausgebildete IT-Stabsoffizier und Datenverarbeitungs-Stabsoffizier verlangt. Hinsichtlich des Leistungsvergleichs seien die planmäßigen Beurteilungen aus dem Jahr 2009 nicht vergleichbar, weil der Beigeladene erst im Beurteilungszeitraum (am 27. März 2008) zum Oberstleutnant ernannt worden sei. Aus den früheren planmäßigen Beurteilungen der Jahre 2007 und 2005 ergebe sich für ihn, den Antragsteller, ein Leistungsvorsprung.

12 Der Antragsteller beantragt,
die Verfügung des Personalamts der Bundeswehr vom 1. Februar 2011, mit der der Beigeladene auf den Dienstposten eines IT-Stabsoffiziers und Referenten, ODP ... (= TE/ZE ...), beim ... in ... versetzt worden ist, den Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 16. August 2011 aufzuheben und
den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über die Besetzung dieses Dienstpostens bzw. über seinen, des Antragstellers Antrag auf Versetzung auf diesen Dienstposten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

13 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

14 Die angefochtenen Entscheidungen des Personalamts seien bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller dagegen nicht rechtzeitig Beschwerde eingelegt habe. Im Übrigen sei die Nichtauswahl des Antragstellers auch in der Sache nicht zu beanstanden, weil der strittige Dienstposten der Teilstreitkraft Luftwaffe zugeordnet sei. Diese Zuordnung sei in der Aufgabenbeschreibung und in den maßgeblichen Organisationsunterlagen mit Wirkung vom 1. April 2010 festgelegt. Der Versetzungsantrag des Antragstellers als eines Angehörigen des Uniformträgerbereiches Heer habe deshalb bereits aus diesem Grund - wie im Bescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 geschehen - abgelehnt werden müssen. Ein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG sei darin nicht zu sehen. Solange die Bundeswehr in Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche gegliedert sei und die Zugehörigkeit zu einem Uniformträgerbereich eine nicht nur unwesentliche Bedeutung für die Ausbildung, den Werdegang und die Prägung der Soldaten habe, sei die Beschränkung einer Personalauswahl auf den jeweiligen Uniformträgerbereich durch sachliche Gesichtspunkte gerechtfertigt.

15 Der Beigeladene hatte im Verfahren Gelegenheit zur Äußerung. Er hat keinen Antrag gestellt.

16 Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die zugunsten des Beigeladenen getroffene Versetzungsentscheidung und gegen den Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 mit Beschluss vom 6. Januar 2012 - BVerwG 1 WDS-VR 7.11 - zurückgewiesen.

17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - ... und ... -, die Personalgrundakten des Beigeladenen und des Antragstellers sowie die Gerichtsakten BVerwG 1 WB 31.11 , 32.11, 33.11 und BVerwG 1 WDS-VR 7.11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

19 1. Zwar ist der Antrag zulässig.

20 Er richtet sich bei sachgerechter Auslegung und unter Berücksichtigung der Beschwerde des Antragstellers vom 11. April 2011 auch gegen die vom Personalamt der Bundeswehr zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung, die - wie in der Regel (vgl. dazu und zu den Ausnahmen: Beschluss vom 22. November 2011 - BVerwG 1 WB 38.11 - Rn. 15) - in der Verfügung der personalbearbeitenden Stelle verkörpert ist, mit der der ausgewählte Bewerber auf den strittigen Dienstposten ver- oder umgesetzt wird.

21 Der Rechtsstreit hat sich durch die Besetzung des strittigen Dienstpostens mit dem Beigeladenen nicht in der Hauptsache erledigt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - Rn. 20 <insoweit jeweils nicht veröffentlicht in BVerwGE 138, 70 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 59> und vom 19. Dezember 2011 - BVerwG 1 WDS-VR 5.11 - Rn. 27).

22 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23 Die Entscheidung des Personalamts, den Antragsteller nicht für den strittigen Dienstposten auszuwählen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dieser hat keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene und mit der Versetzungsverfügung vom 1. Februar 2011 umgesetzte Auswahlentscheidung des Personalamts verletzt den Antragsteller deshalb nicht in seinen Rechten. Auch der Ablehnungsbescheid des Personalamts vom 13. Mai 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

24 Das hat der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in dem Beschluss vom 6. Januar 2012 (BVerwG 1 WDS-VR 7.11 ), der den Verfahrensbeteiligten bekannt ist, im Einzelnen dargelegt.

25 Eine neuerliche Prüfung der Sach- und Rechtslage im vorliegenden Hauptsacheverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe seines Beschlusses vom 6. Januar 2012 Bezug, an denen er festhält.

26 Der Senat weist noch einmal darauf hin, dass der Antragsteller als Angehöriger der Teilstreitkraft Heer bzw. als Heeresuniformträger keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den strittigen Dienstposten hat, weil dieser Dienstposten aufgrund einer in der Organisationshoheit des Bundesministers der Verteidigung liegenden Entscheidung nur für die Besetzung mit einem Luftwaffenuniformträger zur Verfügung stand. Da der Antragsteller subjektive Rechte bezüglich des Besetzungsrechts der Luftwaffe nicht geltend machen kann, ist die Dauer der Nichtbesetzung des Dienstpostens für ihn irrelevant. Das Personalamt hätte Heeresuniformträger nur dann in das Auswahlverfahren einbeziehen dürfen, wenn die Luftwaffe - entweder generell oder für diese konkrete Auswahlentscheidung - gegenüber dem Personalamt ausdrücklich auf ihr Besetzungsrecht verzichtet hätte. Das war hier aber nicht der Fall. Vielmehr hat die Luftwaffe - wie schon dem ersten Ablehnungsbescheid vom 14. Februar 2011 zu entnehmen war - auf dem ihr eingeräumten Besetzungsrecht bestanden.

27 3. Der Bund ist nicht mit den notwendigen Aufwendungen des Beigeladenen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu belasten.

28 Dies kommt in entsprechender Anwendung des § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 WBO nur dann in Betracht, wenn der Beigeladene im gerichtlichen Verfahren Anträge stellt und deshalb hinsichtlich der Erstattung seiner notwendigen Aufwendungen in derselben kostenrechtlichen Position wie ein Antragsteller zu sehen ist (vgl. Beschlüsse vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 - Rn. 63 und vom 19. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 28.10 - Rn. 51). Diese Voraussetzung erfüllt der Beigeladene im vorliegenden Verfahren nicht. Er hat sich im Verfahren nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.