Beschluss vom 23.12.2003 -
BVerwG 5 B 52.03ECLI:DE:BVerwG:2003:231203B5B52.03.0

Beschluss

BVerwG 5 B 52.03

  • Niedersächsisches OVG - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 3/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. F r a n k e und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2003 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg. Die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig zunächst die Frage auf, "ob eine Auslandsausbildung förderungsfähig ist, wenn der Auszubildende nicht ... täglich eine im Ausland gelegene Ausbildungsstätte besucht, sondern nur in einem untergeordneten Umfang (hier: an einem Tag in der Woche) die Grenze überquert, wenn der überwiegende Teil der Ausbildung (hier: Praktikum in einer Behindertenwerkstatt) im Inland durchgeführt wird". Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der erste Teil der Frage betreffend den erforderlichen quantitativen Umfang der Grenzüberquerung beantwortet sich, wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung (BTDrucks VI/2352, Bericht des federführenden Bundestagsausschusses, besonderer Teil zu § 5 S. 5) und des mit der Regelung verfolgten gesetzgeberischen Anliegens bereits aus dem Gesetz. Nach der Gesetzesbegründung ist wegen des Erfordernisses, dass die Auszubildenden "von ihrem grenznahen ständigen Wohnsitz im Geltungsbereich des Gesetzes aus die Bundesgrenze täglich überschreiten, um eine außerhalb des Geltungsbereiches gelegene Ausbildungsstätte zu besuchen", eine Förderung "nicht möglich, wenn wegen der Entfernung ihres ständigen Wohnsitzes im Geltungsbereich des Gesetzes von der Ausbildungsstätte eine tägliche Fahrt nicht möglich ist". Danach ist eine Förderung möglich, wenn die tägliche Erreichbarkeit der Ausbildungsstätte vom ständigen Wohnsitz aus gewährleistet ist und der Auszubildende diese Ausbildungsstätte durch tägliches Pendeln an den Tagen besucht, die ihm nach Maßgabe der Ausbildungsbestimmungen von seiner Ausbildungsstätte vorgegeben sind. Zutreffend weist die Vorinstanz darauf hin, dass das Erfordernis eines täglichen Grenzübertritts etwa dazu führen würde, dass bei Erfüllung des Pensums
von 20 Vorlesungs-/Seminarstunden pro Woche Ausbildungsförderung zwingend versagt werden müsste, wenn die Veranstaltungen an drei Vorlesungstagen in der Woche abgehalten würden. Eine rein am Wortlaut orientierte Auslegung der Bestimmung würde dem Anliegen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, den Bewohnern in den Grenzregionen der Bundesrepublik die Ausbildungsstätten jenseits der Grenzen förderungsrechtlich zu erschließen. Soweit die Beschwerde weiter darauf abstellt, dass "der überwiegende Teil der Ausbildung (hier: Praktikum in einer Behindertenwerkstatt) im Inland durchgeführt" werde, kommt es nach dem Vorgesagten nicht auf die Quantität der ausbildungsbedingten Grenzübertritte zum Zweck des Besuchs der Ausbildungsstätte an; entscheidend ist vielmehr, ob das Inlandspraktikum rechtlich noch der Auslandsausbildung als deren Bestandteil zugeordnet werden kann, oder ob es sich - wie die Beschwerde meint - lediglich um eine normale Berufstätigkeit neben der Ausbildung handelt.
2. Das Vorbringen der Beschwerde, es handele sich bei der Tätigkeit der Klägerin in einem heilpädagogischen Kindergarten in Nordhorn entgegen der rechtlichen Bewertung durch das Berufungsgericht nicht um eine in das Studium integrierte, sondern lediglich um eine darauf anrechenbare Berufstätigkeit ohne Ausbildungscharakter, neben der die Ausbildung an der Hogeschool als nicht förderfähige Teilzeitausbildung zu bewerten sei, wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine lediglich berufsbegleitende Ausbildung neben einer vorgeschriebenen Berufstätigkeit bzw. eine lediglich in Teilzeitform neben der Berufstätigkeit durchgeführte Ausbildung keine förderungsfähige Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 5 BAföG ist, weil sie die Arbeitskraft des Studierenden nicht voll in Anspruch nimmt (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 1975 - BVerwG 5 C 15.74 - <BVerwGE 49, 279> betr. die Ausbildung an einem Abendgymnasium; vom 3. Juni 1988 - BVerwG 5 C 59.85 - <Buchholz 436.36 § 2 BAföG Nr. 16> betr. eine dauernde Berufstätigkeit von 40 Wochenstunden mit Präsenzpflicht neben der Ausbildung; vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 28.93 - <Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 112> betr. ein vollständig in Teilzeitform durchgeführtes Heilpädagogikstudium). Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage dieser Rechtsprechung die ausbildungsbegleitende praktische Tätigkeit der Klägerin nach Maßgabe der Ausbildungsbestimmungen in Würdigung der einzelnen Regelungen der Hogeschool zur Überprüfung, Begleitung und theoretischen Vertiefung der berufspraktischen Tätigkeit in Übereinstimmung mit dem Oberverwaltungsgericht Münster (Beschluss vom 27. November 1998 - 16 B 2290/98 -; vorangehend Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 2. Oktober 1998 - 1 L 1435/98 -) als integrierten Bestandteil der Hochschulausbildung bewertet, nicht aber als eine neben der Ausbildung betriebenen Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dass eine solche Bewertung einer in die Ausbildung integrierten beruflichen Tätigkeit grundsätzlich rechtlich möglich ist, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren; der erforderliche Zusammenhang zwischen Studium und Praxis muss allerdings durch die von der Hochschule in den Ausbildungsbestimmungen gesetzten Rahmenbedingungen in der Weise gewährleistet sein, dass der berufspraktische, außerhalb des organisatorischen Zusammenhangs der Hochschule durchgeführte Teil der Ausbildung einen integrierten Bestandteil der Hochschulausbildung darstellt (vgl. dazu auch OVG Münster, Urteil vom 29. Juni 1988 - 14 A 1207/86 - ). Dies hat die Vorinstanz in Würdigung der Verbindung von Lehrveranstaltungen und berufspraktischer Tätigkeit, der Kontrollmöglichkeiten der Hogeschool über den Inhalt der berufspraktischen Tätigkeit sowie die ständige Begleitung der Praxis durch die Hochschuldozenten als hinreichend sichergestellt angesehen. Die Beschwerde wendet sich mithin, ohne zusätzlichen Klärungsbedarf aufzuzeigen, gegen die einzelfallbezogene Anwendung der rechtsgrundsätzlich geklärten Voraussetzungen, unter denen berufspraktische Elemente einer Ausbildung einen integralen und damit förderungsfähigen Teil der Ausbildung bilden, und greift die tatrichterliche Würdigung der Studienbedingungen und -organisation der Hogeschool als unzutreffend an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 VwGO.