Beschluss vom 23.12.2003 -
BVerwG 5 B 13.03ECLI:DE:BVerwG:2003:231203B5B13.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.12.2003 - 5 B 13.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:231203B5B13.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 13.03

  • Niedersächsisches OVG - 11.12.2002 - AZ: OVG 4 LB 94/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist nicht begründet.
Der Beschwerdevortrag des Klägers rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
Die eigene Stellungnahme des Klägers, die dem Beschwerdeeinlegungs- und -begründungsschriftsatz seines Prozessbevollmächtigten beigefügt ist, auf die dort ergänzend und abschließend verwiesen und auf deren Inhalt vollinhaltlich zwecks Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, genügt dem Begründungserfordernis nach § 133 Abs. 3, § 67 VwGO nicht. Denn insoweit fehlt die Sichtung und Durchdringung des zulassungsrelevanten Streitstoffs durch seinen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten (BVerwGE 22, 38; BVerwG, Beschlüsse vom 16. Dezember 1996 - BVerwG 4 B 218.96 - NJW 1997, 1865 und vom 5. August 1998 - BVerwG 4 B 74.98 - NVwZ 1999, 643). Im Übrigen belegen die in dieser Stellungnahme geführten Angriffe gegen die Richtigkeit des Berufungsurteils keinen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO.
Der Kläger macht in seiner von seinem Prozessbevollmächtigten gefertigten Beschwerdebegründung als Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) allein geltend, das Berufungsgericht habe gegen § 86 Abs. 1 und 2 VwGO verstoßen; es hätte durch Sachverständigengutachten Beweis über die Erkenntnis- beziehungsweise Einsichtsfähigkeit des Klägers in Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm verlangten Angaben beziehungsweise der Rechtswidrigkeit der Sozialhilfegewährung erheben müssen.
Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor, weil der Kläger seinen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht nur hilfsweise gestellt hat.
Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO wäre, selbst wenn er vorläge, nicht relevant; auf ihm könnte die Entscheidung nicht beruhen. Denn die vom Kläger für bedeutsam gehaltene Beweisfrage kann sich nur dann stellen, wenn es nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit oder nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X auf positive Kenntnis oder Unkenntnis infolge grober Fahrlässigkeit ankäme. Das aber setzte voraus, dass sich der Kläger sonst nach § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X auf Vertrauen berufen könnte. Schutzwürdiges Vertrauen für den Fall, dass der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, hat das Berufungsgericht aber mit einer eigenständigen, vom Kläger insoweit nicht angegriffenen Begründung abgelehnt (Berufungsurteil S. 14 unten). Schon deshalb reichen die Angriffe gegen die zusätzlichen Ausführungen des Berufungsgerichts zum Vertrauensschutz (Berufungsurteil S. 15 oben: "Darüber hinaus ....") für die Zulassung der Revision nicht.
Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO liegt aber auch nicht vor. Ausgehend von der materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die Rücknahme ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X hat, musste sich ihm die vom Kläger vermisste Beweisaufnahme nicht aufdrängen. Es finden sich nirgends Anhaltspunkte für Zweifel daran, dass die Erkenntnis des Klägers in Bezug auf Einkommen und Vermögen als für die Sozialhilfe relevante Größen eingeschränkt gewesen sein könnte. Dass der Kläger solche behauptet, genügt ebenso wenig wie seine Hinweise auf die "Gesamtumstände". Auch ist nicht ersichtlich, dass sich Zweifel in dieser Richtung aus seiner Krankheit ergeben. Solche Zweifel sind jedenfalls nicht dem vom Berufungsurteil und vom Kläger angeführten Gutachten des Prof. Dr. Dr. K. vom 1. Februar 1990 (Beiakte J Bl. 207 ff.) zu entnehmen; dort heißt es vielmehr (Gutachten S. 29, Beiakte J Bl. 235): "... die Leistungen intellektuell getragener Urteilsfähigkeit und Kritik werden durch das psychische Leiden des Herrn P. nicht berührt". Auch enthält das Beschwerdevorbringen des Klägers keinen Hinweis auf eine frühere oder jetzige fachärztliche Stellungnahme, in der Zweifel angedeutet werden, der Kläger sei sich der Bedeutung von Einkommen und Vermögen nicht bewusst (gewesen).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.