Beschluss vom 23.11.2006 -
BVerwG 7 B 59.06ECLI:DE:BVerwG:2006:231106B7B59.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.11.2006 - 7 B 59.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:231106B7B59.06.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 59.06

  • VG Berlin - 20.04.2006 - AZ: VG 22 A 159.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. November 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Sailer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Krauß und Guttenberger
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. April 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Kläger begehren in ungeteilter Erbengemeinschaft nach H. K. und E. von H. (ehemals persönlich haftende Gesellschafter der C. W. OHG/Kohlegroßhandel) die Auskehr des im Rahmen eines Investitionsvorrangverfahrens erzielten Veräußerungserlöses für das Grundstück H.straße 29/30 in B. (ehemaliger Kohlelagerplatz ...). Im Juli 1950 verpachtete die OHG den streitbefangenen Kohlelagerplatz samt Gebäuden an die Deutsche Handelszentrale - DHZ - (Pachtpreis 23 000 DM/anno; weiterer Pachtzins für das Inventar 18 000 DM/anno). Bereits im Jahre 1944 hatte die OHG ihren Firmensitz kriegsbedingt aus B.-M. nach B.-C. verlegt. Mit der Verpachtung endete die gewerbliche Tätigkeit auf einem Standort im Ostteil von Berlin. Am 25. September 1950 entzog der Magistrat von Groß-Berlin der OHG die Gewerbeerlaubnis und ordnete die Betriebsübergabe an die DHZ als Treuhänderin an. Mit Inanspruchnahmebescheid vom 8. Dezember 1966 wurde das streitbefangene Grundstück (gegen eine spätere Entschädigung von 299 430 Mark) in Volkseigentum überführt zur Errichtung eines Heizkraftwerkes. 1972 stellte die OHG ihre geschäftlichen Tätigkeiten ein.

2 Vermögensrechtliche Ansprüche der Kläger wies das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen ab. Die hiergegen erhobene Klage auf Berechtigungsfeststellung und Erlösauskehr gemäß § 6 Abs. 6a Satz 1 und 3 VermG blieb ohne Erfolg, da das streitbefangene Grundstück keinen Maßnahmen nach § 1 VermG unterlegen habe. Das Verwaltungsgericht hat die Revision nicht zugelassen; hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

3 Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, welche die Kläger ihr beimessen.

4 Die Kläger möchten als rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,
ob ein unmittelbar vor dem schädigenden Zugriff auf ein im Osten belegenes Unternehmen erfolgter Abschluss eines Betriebspachtvertrages durch den im Westen ansässigen Unternehmensinhaber gleichzusetzen sei mit der Einstellung des Unternehmens und dies zur Folge habe, dass zeitlich nachfolgende unternehmensschädigende Zugriffe auf das im Osten tätige Unternehmen nicht mehr stattfinden könnten und die Anwendung des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG scheitere.

5 Diese Frage würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren (mangels Erheblichkeit) nicht stellen und rechtfertigt daher nicht die Zulassung der Revision.

6 Das Verwaltungsgericht hat die - mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und das Revisionsgericht somit bindenden - Feststellungen getroffen, dass bereits 1944 - kriegsbedingt - der Firmensitz von B.-M. nach B.-C. verlegt worden ist, die gewerblichen Tätigkeiten der OHG von Ost-Berlin aus mit Abschluss des Pachtvertrages im Juli 1950 endeten und der Betrieb der OHG im Jahre 1972 insgesamt eingestellt worden ist. Das Verwaltungsgericht ging somit davon aus, dass im Sommer 1950 die OHG den Kohlelagerplatz mit Gebäuden und Inventar auf- und im Rahmen eines Pachtvertrages abgegeben hat, ohne dass damit eine Betriebsauf- oder Betriebsübergabe durch die OHG stattgefunden hätte; letztere betrieb vielmehr ihre Geschäfte - wenn auch nicht mehr vom Ost-Berliner Kohlelagerplatz aus - fort. An diesen Feststellungen geht das Vorbringen der Beschwerde zum Vorliegen eines Betriebspachtvertrages und zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 6a VermG vorbei. Der zusätzliche Hinweis der Beschwerde, dass seitens der OHG im Jahre 1950 ein „lebendiges Unternehmen“ verpachtet worden und die OHG als Inhaberin des Unternehmens diesem auch noch nach der Verpachtung verbunden geblieben sei, findet keinen Niederschlag in den Feststellungen des Verwaltungsgerichts.

7 Eine Revisionszulassung muss ausscheiden, wenn die aufgeworfene rechtserhebliche Frage von einem Sachverhalt ausgeht, der in dem angegriffenen Urteil so nicht festgestellt worden ist und gegebenenfalls erst nach einer Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (stRspr, Beschluss vom 5. September 1996 - BVerwG 9 B 387.96 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12). Zudem hatte das Verwaltungsgericht aufgrund seiner Feststellungen allein die Frage (entscheidungstragend) zu prüfen, ob der ehemalige Kohlelagerplatz mit den damaligen Gebäuden einer schädigenden Maßnahme im Sinne von § 1 VermG unterlegen war. Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage stellte sich für das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang nicht. Unter diesen Umständen hätte die Beschwerde, um die Voraussetzungen der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung darzutun, (auch) die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Prüfung des § 1 VermG wegen rechtsgrundsätzlicher Erwägungen in Frage stellen müssen, was nicht geschehen ist. Eine für die Entscheidung des Vorgerichtes nicht entscheidungserhebliche Rechtsfrage kann die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen (stRspr, vgl. Beschluss vom 7. Januar 1986 - BVerwG 2 B 94.85 - Buchholz 310 § 75 VwGO Nr. 11).

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, den Klägern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sich diese mit der Stellung eines eigenen Antrags ihrerseits in das Kostenrisiko begeben hat. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 und Abs. 4 GKG.