Beschluss vom 23.02.2010 -
BVerwG 1 WB 36.09ECLI:DE:BVerwG:2010:230210B1WB36.09.0

Leitsätze:

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1. Die dienstliche Beurteilung eines Soldaten, die nicht fristgerecht mit der Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung angefochten wird, erwächst in Bestandskraft, sofern sie nicht ausnahmsweise entsprechend den Grundsätzen des § 44 VwVfG nichtig ist. Nach Eintritt der Bestandskraft kann der Soldat nur unter den Voraussetzungen des § 51 VwVfG eine Entscheidung über die Änderung oder Aufhebung der Beurteilung beanspruchen.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 33 Abs. 2
    WBO § 17
    VwVfG § 51
    SLV § 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.02.2010 - 1 WB 36.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:230210B1WB36.09.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 36.09

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Leusch und
die ehrenamtliche Richterin Major Meiners
am 23. Februar 2010 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens eines Laborgruppenleiters am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.

2 Die 1965 geborene Antragstellerin ist Berufssoldatin; ihre Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Januar 2027. Zuletzt wurde sie am 1. Juli 2001 zum Oberstabsarzt befördert. Seit Oktober 1998 wird die Antragstellerin am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes ... - Außenstelle ... - als Sanitätsstabsoffizier Laboratoriumsmedizin eingesetzt. Am 17. Juli 2007 erhielt sie die Anerkennung als Fachärztin für Laboratoriumsmedizin und am 6. November 2008 die Anerkennung als Fachärztin für Mikrobiologie.

3 Seit dem 1. August 2008 war der nach Besoldungsgruppe A 15 bewertete Dienstposten des Laborgruppenleiters (Teileinheit/Zeile 130/010) am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ... - Außenstelle ... - nachzubesetzen.

4 Mit Schreiben vom 19. August 2008 beantragte die Antragstellerin ihre Versetzung auf diesen Dienstposten. Unter dem 12. September 2008 teilte das Personalamt der Bundeswehr der Antragstellerin mit, dass sie die formellen Voraussetzungen erfülle und ihr die Mitbetrachtung bei der Besetzungsentscheidung zugesagt werde.

5 Mit Schreiben vom 3. November 2008 an das Personalamt legte der Leiter des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes ein „Bewerberprofil“ für die Besetzung des Dienstpostens vor. Zusammenfassend würden vom zukünftigen Dienstposteninhaber folgende Eigenschaften erwartet: Arzt/Ärztin für Laboratoriumsmedizin; umfassende Kenntnisse in der Immunologie, vor allem sicheres Beherrschen der Autoimmundiagnostik; überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und beispielgebendes persönliches Engagement; umfassende DV-Kenntnisse, vor allem für das Labordatenverarbeitungssystem IMP-MIC; Bewährung im Auslandseinsatz, uneingeschränkte Verfügbarkeit für weitere Auslandseinsätze.

6 Mit weiterem Schreiben an das Personalamt vom 15. Dezember 2008 nahm der Leiter des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes zur Eignung der Antragstellerin sowie des damaligen Oberstabsarztes Dr. W. Stellung. Im Ergebnis sprach sich der Leiter des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes für eine Besetzung des Dienstpostens mit Dr. W. aus.

7 In der Konferenz „Verwendungsentscheid PST 142S“ entschied das Personalamt der Bundeswehr am 15. Dezember 2008, den Dienstposten Teileinheit/ Zeile 130/010 beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes ab 1. Januar 2009 mit dem damaligen Oberstabsarzt Dr. W. zu besetzen. Das Protokoll der Konferenz vom 15. Dezember 2008 enthält eine tabellarische Übersicht über drei Bewerber, nämlich den damaligen Oberstabsarzt Dr. W., die Antragstellerin sowie Oberstabsarzt Dr. R. Aus dem Protokoll ist ferner ersichtlich, dass der Personalführer Dr. W. zur Auswahl vorgeschlagen hatte und die Konferenz diesen mit drei Ja-Stimmen ausgewählt und sich mit jeweils drei Nein-Stimmen gegen die Antragstellerin und Dr. R. ausgesprochen hat.

8 Mit Schreiben vom 17. Dezember 2008 erhob die Antragstellerin Beschwerde, weil ihr am 19. August 2008 gestellter Antrag auf Versetzung auf den strittigen Dienstposten bislang nicht beschieden worden sei. Inzwischen seien in Bezug auf die Nachbesetzung des Dienstpostens einige Dinge vorgefallen, durch die sie sich persönlich benachteiligt und massiv beschwert fühle. Sowohl der Amtschef des Sanitätsamts als auch mehrfach der Abteilungsleiter I des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes hätten Personalgespräche mit ihr geführt, in denen ihre Bewerbung explizit Gegenstand gewesen sei. Im Laufe der Gespräche sei immer wieder auf ihre bestehende Schwangerschaft und ihre familiäre Situation als de facto alleinerziehende Mutter angespielt und daraus gefolgert worden, dass sie weniger leistungsfähig sei. Diese Ereignisse stünden in einer traurigen Reihe von Vorfällen, die ihre persönliche Benachteiligung dokumentierten und die ab dem Zeitpunkt begonnen hätten, als sie gegen den Willen ihrer Dienststelle erstmals Teilzeitarbeit beantragt habe.

9 Mit Bescheid vom 13. Januar 2009 verfügte das Personalamt der Bundeswehr den Wechsel von Dr. W. auf den Dienstposten Teileinheit/Zeile 130/010 beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes zum 1. Januar 2009. Am 12. März 2009 wurde Dr. W. zum Oberfeldarzt befördert.

10 Mit Bescheid vom 27. April 2009 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Die Untätigkeitsbeschwerde sei in der Sache unbegründet, weil der Versetzungsantrag abgelehnt werde. Die am 15. Dezember 2008 zugunsten von Dr. W. getroffene Entscheidung sei rechtmäßig. Dieser verfüge gegenüber der Antragstellerin über einen deutlichen Leistungsvorsprung aus den letzten drei planmäßigen Beurteilungen, die sowohl er als auch die Antragstellerin jeweils im Dienstgrad eines Oberstabsarztes erhalten hätten. Dr. W. sei bei der planmäßigen Beurteilung zum Termin 31. März 2008 mit der Note 5,70 bewertet worden; die Antragstellerin habe demgegenüber lediglich die Note 4,80 erhalten. Das für Dr. W. günstigere Beurteilungsbild setze sich in der vorletzten, jeweils zum Termin 30. September 2005 erstellten Beurteilung fort. In der vorvorletzten Beurteilung hätten Dr. W. und die Antragstellerin eine im Wesentlichen gleich gute Beurteilung erhalten. Es sei auch zulässig gewesen, die Beurteilung zum 31. März 2008 zu verwerten. Nach Nr. 1103 Buchst. c ZDv 20/6 könne eine Beurteilung für Personalentscheidungen herangezogen werden, wenn sie - wie hier - bestandskräftig und abschließend vom Personalamt geprüft worden sei. Die Antragstellerin habe keine Rechtsmittel eingelegt, sondern lediglich Gegenvorstellungen/Stellungnahmen zur Beurteilung abgegeben, die vom Personalamt im Rahmen der Dienstaufsicht geprüft worden seien; dabei hätten keine Erkenntnisse vorgelegen, die zu einer Aufhebung hätten führen müssen. Erstmals mit der Untätigkeitsbeschwerde seien Sachverhalte vorgetragen worden, die einer näheren Überprüfung bedürften. Der Antragstellerin sei zwar darin zuzustimmen, dass in ihrer Vergleichsgruppe nicht zwischen Fachärzten und Weiterbildungsassistenten unterschieden werden dürfe; falls dies bei ihrer Beurteilung der Fall gewesen sein sollte, hätte das Personalamt insoweit eine Aufhebung der Beurteilung im Wege der Dienstaufsicht zu prüfen. Auf die am 15. Dezember 2008 getroffene Verwendungsentscheidung habe dies aber keinen Einfluss, weil die Verwertung der Beurteilung zum damaligen Entscheidungszeitpunkt in jedem Falle rechtmäßig gewesen sei. Dr. W. verfüge darüber hinaus über die bessere Eignung für den Dienstposten. Für die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens seien umfangreiche IT-Kenntnisse notwendig, über die Dr. W., nicht aber die Antragstellerin verfüge. Im Übrigen bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin in anderer Hinsicht besser für den Dienstposten geeignet wäre. Hinsichtlich der fachlichen Qualifikation seien sie und Dr. W. gleich gut geeignet, weil sie beide Fachärzte für Laboratoriumsmedizin seien. Da sich die Qualifikationen an den Anforderungen des Dienstpostens orientierten, seien darüber hinausgehende Weiterbildungen nicht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen. Wegen der Teilzeitbeschäftigung der Antragstellerin werde darauf hingewiesen, dass sich diese nach der Richtlinie für die Personalführung bei Teilzeitbeschäftigung vom 20. Juli 2006 nicht nachteilig auf die Beurteilung auswirken dürfe.

11 Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. Juni 2009 beantragte die Antragstellerin hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2009 dem Senat vor.

12 Zur Begründung trägt die Antragstellerin insbesondere vor:
Die Entscheidung, den Dienstposten des Laborgruppenleiters mit Dr. W. und nicht mit ihr zu besetzen, verstoße gegen § 3 SG sowie Art. 33 Abs. 2 und Art. 3 GG. Die Ausführungen des Beschwerdebescheids zur besseren Eignung von Dr. W. seien nicht nachvollziehbar und hielten einer Betrachtung am Leistungsprinzip nicht stand. Insbesondere sei die Aussage willkürlich, dass sie, die Antragstellerin, auch in anderer Hinsicht nicht besser für den Dienstposten geeignet sei. So umfasse die strittige Stelle die fachliche Vertretung des Abteilungsleiters; da die Abteilung über die Laborgruppen Immunologie und Mikrobiologie verfüge, sei hierbei von enormem Vorteil, zugleich Facharzt für Mikrobiologie zu sein. Vorteile bestünden auch hinsichtlich der Weiterbildungsermächtigung zur Erlangung von Facharztqualifikationen. Insoweit seien daher sehr wohl ihre weitergehenden Qualifikationen in die Auswahlentscheidung einzubeziehen gewesen.

13 Was den Vergleich der dienstlichen Beurteilungen angehe, sei ihre Beurteilung rechtswidrig und habe daher der Auswahlentscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Insbesondere sei bei der Beurteilung von falschen Vergleichsgruppen ausgegangen worden. Die Rechtswidrigkeit der Beurteilung sei bei der gerichtlichen Kontrolle zu berücksichtigen. Die Bestandskraft stehe dem nicht entgegen; eine dienstliche Beurteilung könne im Rahmen eines Konkurrentenstreitverfahrens inzidenter überprüft werden, auch wenn seinerzeit keine Beschwerde erhoben worden sei. Zudem habe sich die Situation durch die Entscheidung des Senats vom 26. Mai 2009 zu den Beurteilungsbestimmungen der ZDv 20/6 grundlegend geändert. Unabhängig davon, ob die dort geäußerten Bedenken gegen die Beurteilungsrichtlinien zur Nichtigkeit der Beurteilungen führten, habe sie, die Antragstellerin, jedenfalls einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich ihrer dienstlichen Beurteilung.

14 Sie weise schließlich nochmals auf ihre Benachteiligung wegen ihres Geschlechts, ihrer Situation als Mutter und der von ihr teilweise praktizierten Teilzeitbeschäftigung hin. Auffällig sei, dass immer wieder - auch im Schreiben des Leiters des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes vom 15. Dezember 2008 - auf die Teilzeitbeschäftigung und das Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz abgestellt werde. In dem Protokoll der Konferenz vom 15. Dezember 2008 seien die Tatsachen der Teilzeitbeschäftigung und des Entbindungstermins in der tabellarischen Übersicht speziell umkreist.

15 Die Antragstellerin beantragt,
die Entscheidung betreffend die Versetzung von Herrn Oberstabsarzt Dr. W. auf den streitigen A 15-Dienstposten des Laborgruppenleiters Teileinheit/Zeile 130/010 am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ..., Außenstelle ..., und die Entscheidung in dem Wehrbeschwerdeverfahren hierzu vom 27. April 2009 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über die Besetzung des nach Vergütungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens am Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ..., Außenstelle ..., unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

16 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

17 Der Antrag sei gemäß den Darlegungen des Beschwerdebescheids unbegründet. Der ausgewählte Kandidat Dr. W. verfüge gegenüber der Antragstellerin über einen teilweise deutlichen Leistungsvorsprung. Auch die letzte Beurteilung der Antragstellerin zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt sei insoweit verwertbar. Rechtsmittel habe die Antragstellerin hiergegen nicht eingelegt. Mögliche Probleme bei der Vergleichsgruppenbildung hätten sich erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt herausgestellt und hätten bei der zugunsten von Dr. W. getroffenen Verwendungsentscheidung nicht berücksichtigt werden können. Auch komme es nach dem materiellen Recht bei Anfechtungsbegehren auf den Zeitpunkt der getroffenen Entscheidung, hier also der Entscheidung zugunsten des Konkurrenten, an. Da Dr. W. über einen deutlichen Leistungsvorsprung auf der Grundlage der letzten drei Beurteilungen verfüge, sei auch eine Benachteiligung der Antragstellerin wegen ihrer Schwangerschaft bzw. ihrer Teilzeitbeschäftigung zu verneinen.

18 Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 2. September 2009 beantragte die Antragstellerin wegen ihrer planmäßigen dienstlichen Beurteilung zum 31. März 2008 das Wiederaufgreifen des Verfahrens; durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - habe sich die ihrer dienstlichen Beurteilung zugrundeliegende Rechtslage in Gestalt der Beurteilungsbestimmungen der ZDv 20/6 nachträglich zu ihren Gunsten geändert. Mit Bescheid vom 24. November 2009 lehnte das Personalamt der Bundeswehr den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ab; aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich weder eine Änderung der Sachlage noch eine Änderung der Rechtslage. Gegen diese Entscheidung des Personalamts hat die Antragstellerin keine Beschwerde eingelegt.

19 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 606/09 - und die Personalgrundakten der Antragstellerin und von Oberfeldarzt Dr. W., jeweils Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

20 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

21 Die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 15. Dezember 2008 in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 27. April 2009, den nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten eines Laborgruppenleiters (Teileinheit/Zeile 130/010) beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr ... - Außenstelle ... - ab 1. Januar 2009 mit dem damaligen Oberstabsarzt (seit 12. März 2009: Oberfeldarzt) Dr. W. zu besetzen, ist rechtmäßig. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine erneute Auswahlentscheidung.

22 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig. Der Rechtsstreit hat sich insbesondere nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit dem ausgewählten Bewerber Dr. W. besetzt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von seinem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn die Antragstellerin bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - Rn. 29 m.w.N. <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50> sowie zuletzt vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -).

23 Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Auswahlentscheidung zugunsten von Oberfeldarzt Dr. W. ist hinreichend dokumentiert (dazu 1.) und in der Sache nicht zu beanstanden (dazu 2.). Insbesondere konnten der Auswahlentscheidung die planmäßigen Beurteilungen der Antragstellerin ohne weitere Überprüfung mit dem Inhalt, mit dem sie in Bestandskraft erwachsen sind, zugrunde gelegt werden (dazu 3.).

24 1. Das „Bewerberprofil“ für die Besetzung des Dienstpostens (Schreiben des Leiters des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes vom 3. November 2008) und das vom Personalamt der Bundeswehr erstellte „Protokoll für die Konferenz ‚Verwendungsentscheid PST 142S am 15.12.2008’“ vom 15. Dezember 2008 stellen, jedenfalls in Verbindung mit den Ausführungen in dem Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 27. April 2009, eine hinreichende Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen dar.

25 a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der sich heraus ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese gilt nicht nur bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sondern auch bei Beförderungsentscheidungen; ihm korrespondiert ein Anspruch des Einstellungs- oder Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 a.a.O.; aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vgl. NdsOVG, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317.07 - NVwZ-RR 2008, 552 = DÖD 2008, 132 m.w.N.).

26 § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Diese Erweiterung der Reichweite des Leistungsgrundsatzes ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der Praxis der Bundeswehr die Entscheidung über die höherwertige Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des Dienstpostens entsprechende Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich vorprägt. Der Senat hat deshalb eine der beamtenrechtlichen Rechtsprechung entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die - wie im vorliegenden Fall - ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 <14 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50).

27 Zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Hinblick auf die in § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 WBO verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die Dokumentationspflicht aber auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn und soweit sie eine eigene Sachentscheidung trifft (vgl. - auch zum Folgenden - näher Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Bestätigt die Beschwerdestelle die Ausgangsentscheidung und weist sie die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO), kann sie, falls eine Dokumentation bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid die wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen oder eine vorhandene Dokumentation der Ausgangsentscheidung ergänzen oder inhaltlich fortschreiben. Sofern sie auf eine eigene Sachentscheidung verzichtet und den Beschwerdevorgang im Wege der Abhilfe zum Zweck der Neubescheidung zurückgibt, liegt die Dokumentationspflicht wiederum zunächst bei der für die Auswahlentscheidung zuständigen Stelle.

28 b) Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung für den hier strittigen Dienstposten des Laborgruppenleiters hinreichend dokumentiert.

29 Die Anforderungen an die Bewerber ergeben sich aus dem vom Leiter des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes erstellten „Bewerberprofil“ (Schreiben an das Personalamt vom 3. November 2008). Es nennt als - einzige - zwingende Voraussetzung für die Dienstpostenbesetzung die Qualifikation als „Arzt/Ärztin für Laboratoriumsmedizin“, womit nach dem Zusammenhang die entsprechende Facharztqualifikation gemeint ist; dies deckt sich mit dem vom Bundesminister der Verteidigung im gerichtlichen Verfahren vorgelegten „Tätigkeitsbild“ der Fachärzte für Laboratoriumsmedizin (dort Nr. 5). Als weitere Eigenschaften, die aus der Sicht des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes vom zukünftigen Dienstposteninhaber erwartet würden, bezeichnet das „Bewerberprofil“: umfassende Kenntnisse in der Immunologie, vor allem sicheres Beherrschen der Autoimmundiagnostik; überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und beispielgebendes persönliches Engagement; umfassende DV-Kenntnisse, vor allem für das Labordatenverarbeitungssystem IMP-MIC; Bewährung im Auslandseinsatz, uneingeschränkte Verfügbarkeit für weitere Auslandseinsätze.

30 Das Protokoll der Auswahlkonferenz beim Personalamt der Bundeswehr vom 15. Dezember 2008 enthält eine Übersicht über drei Bewerber, nämlich den damaligen Oberstabsarzt Dr. W., die Antragstellerin sowie Oberstabsarzt Dr. R., die in tabellarischer Form Angaben zur Person (Spalten 1 und 2), zum dienstlichen Werdegang und zur Verwendung (Spalten 3 und 4), zu den Bewertungen in den drei letzten Beurteilungen (Spalte 5) sowie - in einer Rubrik „Bemerkung“ (Spalte 6) - Angaben insbesondere zu Auslandseinsätzen, im Falle der Antragstellerin auch zu deren Erziehungszeiten, ihrer Teilzeitbeschäftigung, ihrem damals bevorstehenden Entbindungstermin und ihrer Qualifikation als „Doppelfachärztin Laboratoriumsmedizin/Mikrobiologie“, enthält. Aus dem Protokoll ist ferner ersichtlich, dass der Personalführer den damaligen Oberstabsarzt Dr. W. zur Auswahl vorgeschlagen hatte (Spalte 7) und die Konferenz diesen mit drei Ja-Stimmen (ohne Nein-Stimmen und Enthaltungen) ausgewählt und sich mit jeweils drei Nein-Stimmen (ohne Ja-Stimmen und Enthaltungen) gegen die Antragstellerin und gegen Oberstabsarzt Dr. R. ausgesprochen hat (Spalte 8).

31 Aus dem Protokoll der Konferenz ergibt sich allerdings nicht ausdrücklich, welche der in der tabellarischen Übersicht enthaltenen Gesichtspunkte letztlich für die Auswahlentscheidung zugunsten von Dr. W. ausschlaggebend waren. Nach den Umständen und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass alle drei betrachteten Bewerber als grundsätzlich geeignet für die Besetzung angesehen wurden, da sie alle über die zwingend vorgegebene Qualifikation als Facharzt/Fachärztin für Laboratoriumsmedizin verfügen (Angaben in Spalte 4 „Verwendung“). Da sich auch in den anderen Rubriken zu allen drei Kandidaten im Wesentlichen gleichartige Angaben finden, drängt sich die Annahme auf, dass für die Reihung der Kandidaten und für die Auswahl von Dr. W. die Bewertungen in den dienstlichen Beurteilungen (Angaben in Spalte 5 „Beurteilung“) bestimmend waren, zumal es sich hierbei um das - auch von Rechts wegen (dazu unten 2 a) - „naheliegende“ Kriterium der Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern handelt.

32 Ob das Konferenzprotokoll vom 15. Dezember 2008 damit bereits für sich genommen den Dokumentationsanforderungen genügt, kann dahingestellt bleiben, weil jedenfalls der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 27. April 2009 insoweit eine eindeutige Klarstellung enthält. Der Bundesminister der Verteidigung war nach dem oben Gesagten befugt, im Rahmen seiner Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Satz 1 WBO) die Dokumentation des Personalamts zu ergänzen und inhaltlich fortzuschreiben. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es sich bei dem Beschwerdebescheid, weil er auf eine Untätigkeitsbeschwerde der Antragstellerin erging, der Sache nach um die erstmalige Bescheidung ihres Antrags auf Versetzung auf den strittigen Dienstposten handelt. Nach dem Beschwerdebescheid wurde Dr. W. in erster Linie ausgewählt, weil er über einen deutlichen Leistungsvorsprung aus den letzten drei planmäßigen Beurteilungen verfüge. Ergänzend weist der Beschwerdebescheid darauf hin, dass sich eine bessere Eignung von Dr. W. für den Dienstposten auch aus dessen umfangreichen IT-Kenntnissen ergebe. Andere Kriterien, wie etwa über die Qualifikation als Facharzt für Laboratoriumsmedizin hinausgehende Weiterbildungen oder die Tatsache der Teilzeitbeschäftigung der Antragstellerin, hätten bei der Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt.

33 Jedenfalls in der Gesamtschau ermöglichen damit das „Bewerberprofil“ vom 3. November 2008, das Konferenzprotokoll vom 15. Dezember 2008 und die die ergänzenden Ausführungen in dem Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 27. April 2009 eine sachgerechte Kontrolle der Auswahlentscheidung.

34 2. Die Auswahlentscheidung für den Dienstposten eines Laborgruppenleiters (Teileinheit/Zeile 130/010) ist auch materiell rechtmäßig. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass Oberfeldarzt Dr. W. aufgrund seiner besseren Leistungsbewertung im Vergleich der dienstlichen Beurteilungen ausgewählt und der Antragstellerin vorgezogen wurde.

35 a) Für die nach Art. 33 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 SG gebotene Auswahl nach Eignung, Befähigung und Leistung und die gerichtliche Kontrolle der Auswahlentscheidung gelten nach der Rechtsprechung des Senats insbesondere die nachfolgenden Grundsätze (vgl. zum Ganzen zusammenfassend insb. Beschlüsse vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 <2 ff.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49 und vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 52.08 -):

36 Da Eignung, Befähigung und Leistung unbestimmte Rechtsbegriffe wertenden Inhalts sind, steht dem zuständigen Vorgesetzten bei der Entscheidung über die Eignung eines Soldaten für eine bestimmte Verwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 SG ein Beurteilungsspielraum zu, den er unter Berücksichtigung des von dem Soldaten wahrzunehmenden Dienstpostens auszufüllen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 26. November 1986 - BVerwG 1 WB 117.86 - BVerwGE 83, 251 <253>). Demzufolge beschränkt sich die gerichtliche Nachprüfung der Eignung insoweit auf die Kontrolle, ob der Vorgesetzte bei der Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. Beschluss vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 40, 41 und 42.99 - BVerwGE 111, 22 <23> = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 21).

37 Festlegungen über die Anforderungen an die Wahrnehmung eines Dienstpostens (etwa in Form einer Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung oder eines Anforderungsprofils) unterliegen als organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit zwar nicht der gerichtlichen Kontrolle, binden aber die zuständige Stelle im Auswahlverfahren; ob sie ihre Auswahlentscheidung an der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung bzw. an dem Anforderungsprofil ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (vgl. dazu im Einzelnen Beschluss vom 16. Dezember 2008 a.a.O. S. 3 f.).

38 Wenn mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung (Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <338> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41; für das Beamtenrecht Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61> = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 54). Zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt; zur abgerundeten Bewertung des Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsbildes und seiner Kontinuität ist es nach der Rechtsprechung des Senats darüber hinaus zulässig, in die Auswahlentscheidung auch frühere Beurteilungen bis zu den beiden letzten planmäßigen Beurteilungen vor der aktuellen Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 6.07 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 9 m.w.N. und vom 16. Dezember 2008 a.a.O. S. 7).

39 Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung der Auswahlentscheidung schließlich ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies gilt auch für die hier vorliegende Kombination der Anfechtung einer Auswahlentscheidung mit dem Verpflichtungsantrag, über die Besetzung des Dienstpostens neu zu entscheiden (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 a.a.O. S. 334 und vom 16. Dezember 2008 a.a.O. S. 2).

40 b) Die Entscheidung über die Besetzung des hier strittigen Dienstpostens eines Laborgruppenleiters steht im Einklang mit diesen Grundsätzen.

41 Wie bereits erwähnt verfügen alle drei betrachteten Bewerber über die Qualifikation als Facharzt/Fachärztin für Laboratoriumsmedizin und erfüllen damit das einzige im „Bewerberprofil“ zwingend vorgegebene Anforderungskriterium für die Besetzung des Dienstpostens.

42 Für die Auswahl unter den mehreren grundsätzlich geeigneten Bewerbern war nach dem Protokoll der Personalkonferenz in Verbindung mit dem Beschwerdebescheid der „deutliche Leistungsvorsprung“ von Dr. W. im Vergleich der - bestandskräftigen (dazu im Einzelnen unten 3.) - letzten drei planmäßigen Beurteilungen ausschlaggebend. Das Personalamt und der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - haben damit auf dasjenige Auswahlkriterium zurückgegriffen, das nach der Rechtsprechung, aber auch nach den Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (siehe insb. Nr. 102 Buchst. a ZDv 20/6) vorrangig heranzuziehen ist. Die planmäßigen Beurteilungen waren insofern ohne Weiteres miteinander vergleichbar, als alle Bewerber durchgängig denselben Dienstgrad, nämlich den eines Oberstabsarztes, innehatten. Zutreffend hat der Beschwerdebescheid bei dem Vergleich in erster Linie auf die aktuellste, für alle Bewerber zum Termin 31. März 2008 erstellte planmäßige Beurteilung abgestellt. Der ausgewählte Kandidat Dr. W. erzielte hier auf der neunstufigen Skala einen signifikant besseren Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung (5,70) als die beiden Mitbewerber (die Antragstellerin: 4,80; Dr. R.: 3,80). Unter dem Blickwinkel der Kontinuität des Beurteilungsbildes besteht ein Leistungsvorsprung von Dr. W. auch bei der vorletzten, für alle Bewerber zum Termin 30. September 2005 erstellten planmäßigen Berteilung; bei dieser wurde Dr. W. auf der siebenstufigen Skala des damaligen Beurteilungssystems mit einem Durchschnittswert von 6,38, die Antragstellerin mit 6,06 und Dr. R. mit 6,25 beurteilt. Auch die vorvorletzte planmäßige Beurteilung, die allerdings zu divergierenden Stichtagen erfolgte (Dr. W.: 31. März 2003 [das im Konferenzprotokoll angegebene Datum 31. Juli 2004 betrifft eine die planmäßige Beurteilung aufrechterhaltende Sonderbeurteilung]; Antragstellerin: 30. September 2001 [die Beurteilung 2003 entfiel wohl wegen der Elternzeit]; Dr. R.: 30. September 2003), steht jedenfalls nicht im Widerspruch zu der getroffenen Auswahlentscheidung; die entsprechenden Durchschnittswerte lauten insoweit für Dr. W. 6,19, für die Antragstellerin ebenfalls 6,19 und für Dr. R. 6,07.

43 Insgesamt ist die getroffene Auswahlentscheidung damit bereits durch das durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene bessere Leistungsbild von Dr. W. gerechtfertigt. Auf die in dem Beschwerdebescheid ergänzend angeführten umfangreichen IT-Kenntnisse von Dr. W. kommt es entscheidungserheblich nicht mehr an.

44 Die Einwände der Antragstellerin stellen die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung nicht in Frage.

45 Soweit die Antragstellerin auf ihre zusätzlichen ärztlichen Qualifikationen, wie insbesondere ihre Qualifikation als Fachärztin für Mikrobiologie sowie ihre besonderen molekularbiologischen Kenntnisse und Erfahrungen verweist, gehören diese nicht zu den Anforderungen, die an den Dienstposteninhaber gestellt werden; sie konnten deshalb bei der Auswahlentscheidung außer Betracht bleiben. Die Zweckmäßigkeit des „Bewerberprofils“ vom 3. November 2008 selbst unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle.

46 Soweit die Antragstellerin betont, dass sie zwar nur einen Auslandseinsatz, diesen jedoch mit einer - gegenüber den Auslandseinsätzen von Dr. W. längeren - Dauer von 6 Monaten absolviert habe, spielte dieses Kriterium bei der Bewerberauswahl ersichtlich keine bestimmende Rolle. Wie im Einzelnen aus der Kandidatenübersicht im Konferenzprotokoll ablesbar ist, haben sich alle drei Bewerber im Auslandseinsatz bewährt; bei keinem Bewerber wurde die erwünschte uneingeschränkte Verfügbarkeit für weitere Auslandseinsätze angezweifelt.

47 Soweit sich die Antragstellerin schließlich wegen ihrer Situation als Mutter und wegen der von ihr in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung benachteiligt sieht, lässt sich der Auswahlentscheidung kein Anhaltspunkt für eine rechtswidrige Diskriminierung entnehmen. Die Antragstellerin hat zwar glaubhaft gemacht, dass zwischen ihr und ihrem Vorgesetzten, dem Abteilungsleiter I beim Zentralen Institut des Sanitätsdienstes, Unstimmigkeiten herrschen, die sich gerade auch an der Tatsache ihrer Teilzeitbeschäftigung festmachen; auch macht der Leiter des Zentralen Instituts des Sanitätsdienstes in seiner Stellungnahme vom 15. Dezember 2008 zur Besetzung des Dienstpostens deutlich, dass es sich bei der Antragstellerin nicht um die von ihm bevorzugte Kandidatin handelt. Die Auswahlentscheidung selbst stützt sich jedoch, wie dargelegt, ausschlaggebend auf den - objektiven - Vergleich der dienstlichen Beurteilungen. Auch wenn die Antragstellerin zu Recht auf dem Standpunkt steht, dass sie wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung nicht benachteiligt werden dürfe - was im Übrigen auch der Beschwerdebescheid hervorhebt -, so begründet die Tatsache der Teilzeitbeschäftigung andererseits aber auch keinen Anspruch auf Bevorzugung in dem Sinne, dass dem oder der Teilzeitbeschäftigten bei förderlichen Verwendungsentscheidungen trotz schlechterer Leistungsbeurteilung der Vorrang zu geben wäre. Soweit die Antragstellerin der Auffassung sein sollte, dass sie wegen ihrer Teilzeitbeschäftigung bereits bei der Bewertung in der dienstlichen Beurteilung benachteiligt worden sei, so hätte sie sich hiergegen mit einer Beschwerde gegen die dienstliche Beurteilung zur Wehr setzen müssen (siehe dazu sogleich unter 3.). Soweit die Antragstellerin schließlich beanstandet, dass die Tatsache ihrer Teilzeitbeschäftigung sowie ihr Entbindungstermin in dem Konferenzprotokoll „speziell umkreist“ sei, ist diese „Umkreisung“ offenbar später auf einer Kopie des Protokolls angebracht worden; sie befindet sich nicht auf dem dem Gericht vorgelegten Original des Protokolls.

48 3. Das Personalamt der Bundeswehr und der Bundesminister der Verteidigung waren nicht verpflichtet, im Rahmen der Auswahlerwägungen die Einwände der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit ihrer dienstlichen Beurteilung vom 18. März 2008 zu überprüfen. Sie konnten vielmehr die Beurteilung der Antragstellerin - wie auch die entsprechenden Beurteilungen der Konkurrenten - mit dem Inhalt, mit dem sie in Bestandskraft erwachsen ist, der Auswahlentscheidung zugrunde legen.

49 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erwächst die dienstliche Beurteilung eines Soldaten, die nicht fristgerecht im Beschwerdeweg angefochten wird, in Bestandskraft (vgl. Beschlüsse vom 28. November 2000 - BVerwG 1 WB 90.00 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 12, vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 18.01 - und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - Rn. 17 f.), sofern sie nicht ausnahmsweise entsprechend den Grundsätzen des § 44 VwVfG nichtig ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 4. Juli 1990 - BVerwG 1 WB 103.89 - und vom 2. März 1994 - BVerwG 1 WB 25.93 -). Wirkung der Bestandskraft in diesem Sinne ist nicht nur die formelle Unanfechtbarkeit der Beurteilung mit Rechtsbehelfen. Hinzu kommt vielmehr die materielle (Tatbestands-)Wirkung, dass der von der Bestandskraft erfasste Inhalt der Beurteilung, wie hier insbesondere die Wertung der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten (vgl. Nr. 102 Buchst. b Satz 1 ZDv 20/6), zur Grundlage für andere Entscheidungen, insbesondere im Rahmen von Auswahl- und Perspektivbestimmungsverfahren (vgl. Nr. 102 Buchst. a Satz 2 ZDv 20/6), genommen werden kann.

50 Die Antragstellerin hat gegen ihre dienstliche Beurteilung vom 18. März 2008 keine Beschwerde erhoben. Sie hat vielmehr lediglich zu dem ihr ausgehändigten Beurteilungsentwurf eine schriftliche Äußerung gemäß Nr. 619 Buchst. c ZDv 20/6 (Schreiben vom 28. Februar 2008) und sodann zu der ihr eröffneten Beurteilung eine - von ihr ausdrücklich als solche bezeichnete und daher nicht als Beschwerde auslegbare - Gegenvorstellung gemäß Nr. 1001 ZDv 20/6 abgegeben (Schreiben vom 26. März 2008). Ein besonders schwerwiegender und zudem offensichtlicher Fehler, der entsprechend § 44 Abs. 1 VwVfG zur Nichtigkeit der Beurteilung führen könnte, ist weder nach dem Vortrag der Antragstellerin noch sonst erkennbar. Die Beurteilung vom 18. März 2008 ist damit bestandskräftig geworden.

51 b) Nach Eintritt der Bestandskraft kann der Soldat nur unter den Voraussetzungen der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 51 VwVfG eine Entscheidung über die Änderung oder Aufhebung der Beurteilung beanspruchen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 65.06 -, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - Rn. 22 und vom 25. Juni 2008 - BVerwG 1 WB 28.08 -). Im Übrigen kommt nur die Überprüfung im Wege der Dienstaufsicht in Betracht (siehe dazu Nr. 901 ZDv 20/6). Allerdings wird die Dienstaufsicht allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen (vgl. Beschluss vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 51.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 62 = NZWehrr 2007, 252). Sie obliegt dem zuständigen Vorgesetzten nicht gegenüber den Untergebenen und dient damit nicht im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO der Wahrung der Rechte eines Soldaten; der betroffene Soldat hat deshalb keinen Anspruch darauf, dass seine Beurteilung außerhalb eines förmlichen Beschwerdeverfahrens in Ausübung der Dienstaufsicht durch einen höheren Vorgesetzten oder durch personalbearbeitende Stellen aufgehoben wird; die Unterlassung einer dienstaufsichtlichen Prüfung stellt - ebenso wie das Ergebnis einer dienstaufsichtlichen Prüfung in Gestalt eines Bescheides - gegenüber dem betroffenen Soldaten keine anfechtbare truppendienstliche Maßnahme gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar (vgl. Beschluss vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - Rn. 18 m.w.N.).

52 Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 2. September 2009 beim Personalamt der Bundeswehr das Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich ihrer dienstlichen Beurteilung vom 18. März 2008, hilfsweise deren Aufhebung im Wege der Dienstaufsicht beantragt. Zur Begründung verwies sie insbesondere auf den Beschluss des Senats vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 -, wonach für das durch die Beurteilungsbestimmungen vom 17. Januar 2007 eingeführte Richtwertesystem keine hinreichende normative Grundlage bestehe und dienstliche Beurteilungen, die auf der Anwendung des Richtwertesystems beruhten, rechtswidrig seien. Mit Bescheid vom 24. November 2009 lehnte das Personalamt den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ab, weil die gerichtliche Entscheidung vom 26. Mai 2009 keine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG darstelle. Ferner teilte das Personalamt mit, dass es aus Gründen der Rechtssicherheit die Beurteilung auch nicht im Wege der Dienstaufsicht aufhebe. Gegen den Bescheid des Personalamts vom 24. November 2009 hat die Antragstellerin keine Beschwerde eingelegt. Die Bestandskraft der dienstlichen Beurteilung vom 18. März 2008 ist deshalb auch nicht nachträglich durchbrochen worden.

53 c) Der Senat hält an den vorstehenden Grundsätzen seiner Rechtsprechung zur Bestandskraft der dienstlichen Beurteilung der Soldaten auch nach erneuter Überprüfung fest.

54 aa) Ein Anlass zur Korrektur der Senatsrechtsprechung ergibt sich nicht aus der abweichenden Rechtslage bei der dienstlichen Beurteilung der Beamten.

55 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind dienstliche Beurteilungen der Beamten nicht der Bestandskraft fähig (Urteile vom 9. November 1967 - BVerwG 2 C 107.64 - BVerwGE 28, 191 = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 12, vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1 und vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 - Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2; vgl. auch Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., Stand November 2009, Rn. 435 ff.). Der Beamte ist deshalb - im Unterschied zum Soldaten - nicht genötigt, Einwendungen gegen die Beurteilung unmittelbar gegen diese vorzubringen, um zu verhindern, dass eine Beurteilung, die er für rechtswidrig hält, zu seinem Nachteil bei Auswahlentscheidungen verwendet wird. Er kann vielmehr - auch ohne vorherige Anfechtung der Beurteilung selbst - seine Einwendungen in dem Auswahlverfahren, in dem die Beurteilung herangezogen wird, ebenso wie in einem ggf. anschließenden verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreit geltend machen und die Beurteilung auf diese Weise einer inzidenten Rechtmäßigkeitsprüfung zuführen; eine - einzelfallbezogene - Grenze wird insoweit lediglich durch die Grundsätze der Verwirkung gezogen.

56 Diese abweichende Rechtslage bei der dienstlichen Beurteilung der Beamten ist Folge einer andersartigen gesetzlichen Ausgestaltung des Rechtsschutzsystems. Die für die Beamten geltenden Grundsätze lassen sich deshalb nicht auf die dienstliche Beurteilung der Soldaten übertragen.

57 Die genannte Rechtsprechung zum Beamtenrecht beruht tragend auf dem Umstand, dass Beurteilungen nicht als Verwaltungsakte im Sinne von § 35 VwVfG zu qualifizieren sind und deshalb nicht der Widerspruchsfrist des § 70 VwGO unterfallen. Daraus folgt, dass für die dienstlichen Beurteilungen der Beamten keine Rechtsbehelfsfristen gelten, weshalb die Beurteilungen nicht unanfechtbar werden und damit auch nicht in Bestandskraft erwachsen können (vgl. Urteile vom 9. November 1967 a.a.O. S. 193 und vom 13. November 1975 a.a.O. S. 357).

58 Kennzeichnend für den Rechtsschutz der Soldaten ist hingegen, dass sämtliche Rechtsbehelfe nach der für sie maßgeblichen Wehrbeschwerdeordnung - von der Beschwerde über die weitere Beschwerde bis zum Antrag auf Entscheidung durch das Wehrdienstgericht - einer Frist unterliegen (siehe § 6 Abs. 1, § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO); die Beschwerdefrist des § 6 Abs. 1 WBO gilt im Übrigen auch dann, wenn für eine Klage aus dem Wehrdienstverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (§ 23 Abs. 1 WBO). Für den Rechtsschutz nach der Wehrbeschwerdeordnung spielt hingegen die Qualifikation als Verwaltungsakt keine Rolle; maßgeblich ist insoweit, wenn der Soldat gerichtlichen Rechtsschutz begehrt, der - weiter gefasste - Begriff der dienstlichen Maßnahme (§ 17 Abs. 3 Satz 1 WBO), dem nach ständiger Rechtsprechung auch die dienstliche Beurteilung unterfällt (vgl. z.B. Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - <zur Veröffentlichung in BVerwGE und Buchholz vorgesehen>). Anders als die dienstliche Beurteilung des Beamten wird deshalb die Beurteilung des Soldaten, wenn innerhalb der jeweiligen Frist kein Rechtsbehelf eingelegt wird, unanfechtbar und damit bestandskräftig. Die Bestandskraft der Beurteilung kann auch nicht durch eine inzidente Überprüfung in anderen Rechtsbehelfsverfahren unterlaufen werden.

59 bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - zur fehlenden normativen Grundlage für das durch die Beurteilungsbestimmungen vom 17. Januar 2007 eingeführte Richtwertesystem.

60 Der Senat hat bereits in diesem Beschluss (Rn. 68 f.) darauf hingewiesen, dass es sich hierbei - ungeachtet der Tatsache, dass der beanstandete Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes Auswirkungen auf eine Vielzahl von dienstlichen Beurteilungen haben kann - nicht um eine „Normenkontrollentscheidung“ handelt. Eine solche Verfahrensart sieht die Wehrbeschwerdeordnung generell nicht vor; sie käme im Übrigen schon deshalb nicht Betracht, weil es sich bei den Beurteilungsbestimmungen um eine Verwaltungsvorschrift und nicht um eine Rechtsnorm handelt. Die in dem Beschluss vom 26. Mai 2009 getroffenen Aussagen zur Zulässigkeit des Richtwertesystems und zur Rechtswidrigkeit darauf beruhender dienstlicher Beurteilungen können deshalb stets nur im Rahmen der Einzelfallprüfung zum Tragen kommen, wenn ein Soldat seine dienstliche Beurteilung im Wehrbeschwerdeverfahren anficht. Unberührt bleibt damit - auch nach dem Beschluss vom 26. Mai 2009 - die Bestandskraft der auf der Grundlage des neuen Beurteilungssystems erstellten und unanfechtbar gewordenen dienstlichen Beurteilungen, wie hier die Beurteilung der Antragstellerin vom 18. März 2008.

61 cc) Für die Rechtsprechung des Senats zur Bestandskraftfähigkeit dienstlicher Beurteilungen von Soldaten sprechen im Übrigen auch materielle Erwägungen.

62 Das Rechtsschutzsystem der Wehrbeschwerdeordnung gewährt dem Soldaten umfassenden Rechtsschutz innerhalb des Wehrdienstverhältnisses. Zugleich ist es auf eine zügige Klärung und Befriedung und auf die baldmögliche Herstellung von Rechtssicherheit angelegt; dem dienen auch die in allen Stadien des Wehrbeschwerdeverfahrens vorgesehenen und mit Devolutiveffekt ausgestatteten Untätigkeitsrechtsbehelfe, mit denen der Soldat seinerseits das Verfahren vorantreiben kann (siehe § 1 Abs. 2, § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO). Das Interesse an einer zügigen Herstellung von Klarheit und Rechtssicherheit, wie es durch die Bestandskraftfähigkeit der dienstlichen Beurteilung gefördert wird, entspricht auch der Ausgestaltung des Beurteilungswesens der Bundeswehr. Zum einen werden planmäßige Beurteilungen für Soldaten in einem kurzen Turnus, nämlich alle zwei Jahre erstellt (vgl. Nr. 203 Buchst. a ZDv 20/6). Die schnelle Abfolge und Erneuerung der jeweils aktuellen Leistungsbewertung, die zugleich auf eine kontinuierliche Fortschreibung des Beurteilungsbildes zielt, setzt voraus, dass förmliche Einwendungen gegen eine Beurteilung zeitnah mit der Beschwerde vorgebracht werden und nicht der nachfolgende Turnus (einschließlich der dabei durch den Vorgesetzten zu führenden Beurteilungsgespräche) mit der Ungewissheit über mögliche „versteckte“ Vorbehalte gegen die zurückliegende Beurteilung belastet wird. Zum anderen wird in den neueren Beurteilungsbestimmungen der Ausgangspunkt der dienstlichen Beurteilung als einer individuellen, auf die Person des jeweiligen Soldaten bezogenen Wertung zunehmend durch den Gedanken einer vergleichenden Betrachtung ergänzt, der die Leistung des zu beurteilenden Soldaten auch in der Relation zu den vergleichbaren Leistungen anderer Soldaten sieht und bewertet (vgl. z.B. Nr. 404 Abs. 1 ZDv 20/6). Wird schon die Überprüfung der Leistungen des Soldaten im Beurteilungszeitraum mit zunehmender zeitlicher Distanz immer schwieriger (was auch in der beamtenrechtlichen Rechtsprechung als Problem gesehen wird; vgl. Urteil vom 13. November 1975 a.a.O. S. 358 f.), so verstärken sich diese Schwierigkeiten noch erheblich, wenn das Leistungsbild darüber hinaus im Vergleich mit anderen Soldaten und damit in einem weiter ausgreifenden Bezugsrahmen zu würdigen ist. Auch dies spricht nachdrücklich dafür, den Rechtsschutz des Soldaten auf die fristgebundene Anfechtung der dienstlichen Beurteilung alsbald nach ihrer Eröffnung zu konzentrieren und eine inzidente Überprüfung bestandskräftiger Beurteilungen in Auswahl- und Konkurrentenstreitverfahren auszuschließen.