Beschluss vom 23.01.2003 -
BVerwG 1 B 467.02ECLI:DE:BVerwG:2003:230103B1B467.02.0

Beschluss

BVerwG 1 B 467.02

  • VGH Baden-Württemberg - 11.07.2002 - AZ: VGH 13 S 1111/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und H u n d
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 11. Juli 2002 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird unter entsprechender Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichtshofs für das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren auf je 8 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde muss erfolglos bleiben. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und ist deswegen nicht zulässig.
Die Beschwerde beruft sich allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Eine Rechtssache hat eine solche Bedeutung nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage und einen Hinweis auf den Grund, der die Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerdebegründung muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer in verallgemeinerungsfähiger Weise zu beantwortenden, bisher revisionsgerichtlich nicht entschiedenen Rechtsfrage führen kann. Diesen Voraussetzungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht.
Die Beschwerde hält die Frage für klärungsbedürftig, "ob § 102 a AuslG n.F. auf vor dem 17. März 1999 gestellte Einbürgerungsanträge auch dann Anwendung findet, wenn hierdurch eine bereits erteilte Einbürgerungszusicherung wirkungslos wird". Sie macht geltend, die Vorschrift des § 102 a AuslG n.F. stelle einen Fall unechter Rückwirkung dar. In diesen Fällen sei das Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand gesetzlicher Regelungen nur eingeschränkt geschützt. Es komme in jedem Fall zu einer Güterabwägung zwischen dem Recht des Staates, seine Gesetzgebung weiterzuentwickeln, und dem Vertrauen des Bürgers auf den Fortbestand ihm günstiger Rechtsvorschriften. Im vorliegenden Fall sei dem Kläger, der bereits im Besitz einer Einbürgerungszusicherung gewesen sei und der seine türkische Staatsangehörigkeit inzwischen verloren habe, durch die Gesetzesänderung in der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung die Einbürgerung sozusagen "aus der Hand geschlagen" worden.
Damit ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend dargelegt. Die Beschwerde setzt sich namentlich nicht damit auseinander, dass es sich bei § 102 a AuslG um eine Übergangsvorschrift handelt. Entsprechend dem Zweck der Grundsatzrevision, eine für die Zukunft richtungweisende gesetzliche Klärung herbeizuführen, rechtfertigen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Rechtsfragen, die sich nur aufgrund von ausgelaufenem Recht oder Übergangsrecht stellen, regelmäßig nicht die Zulassung der Grundsatzrevision (vgl. z.B. Beschluss vom 12. Dezember 1991 - BVerwG 1 B 157.91 - Buchholz 402.24 § 10 AuslG Nr. 130 und vom 9. Juni 2000 - BVerwG 4 B 19.00 - juris). Die Beschwerde macht nicht ersichtlich, weshalb hier ausnahmsweise anderes gelten sollte. Außerdem legt die Beschwerde auch nicht - wie erforderlich - dar, dass das Berufungsgericht eine Einbürgerungszusicherung zu Gunsten des Klägers - wie in der formulierten Grundsatzfrage vorausgesetzt - überhaupt festgestellt hat (vgl. demgegenüber BU UA S. 10, 30 zur Einbürgerungszusage hinsichtlich der Ehefrau des Klägers).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG. Es entspricht der Spruchpraxis des beschließenden Senats, in Einbürgerungssachen den doppelten "Auffangwert" nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde zu legen (vgl. z.B. Beschluss vom 8. Mai 1996 - BVerwG 1 B 68.95 -; vgl. ferner Streitwertkatalog in der Fassung vom Januar 1996 Ziff. 41, NVwZ 96, 563).