Beschluss vom 22.12.2008 -
BVerwG 8 B 81.08ECLI:DE:BVerwG:2008:221208B8B81.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.12.2008 - 8 B 81.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:221208B8B81.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 81.08

  • VG Cottbus - 09.04.2008 - AZ: VG 1 K 693/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 9. April 2008 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 813 € festgesetzt.

Gründe

1 Die mit Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründete Beschwerde des Klägers hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat sich seiner Überzeugung, dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen das streitbefangene Grundstück redlich durch Tausch erworben hat, anhand einer unzureichenden Sachaufklärung gebildet. Das angefochtene Urteil beruht auf diesem Verfahrensmangel. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit der Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht Gebrauch (§ 133 Abs. 6 VwGO).

2 In ständiger Rechtsprechung verlangt das Bundesverwaltungsgericht von den Verwaltungsbehörden und den Verwaltungsgerichten, dass sie den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen ermitteln müssen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Erst nach erfolgloser Ausschöpfung aller vernünftigerweise in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ist mit Blick auf den Restitutionsausschluss wegen redlichen Erwerbs zu prüfen, ob greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine mögliche Unredlichkeit des Erwerbs bestehen (vgl. Beschluss vom 2. November 1998 - BVerwG 8 B 211.98 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 59). Der von dem Kläger zu Recht gerügte Verfahrensfehler besteht darin, den damaligen Bürgermeister ... R. nicht als Zeugen gehört zu haben, der für den Rat der Gemeinde den Tauschvertrag abgeschlossen hatte.

3 Über das sozialistische Eigentum, das zu schützen Pflicht aller Bürger und Betriebe war (§ 20 Abs. 2 ZGB der DDR), durfte entsprechend der ideologischen Vorstellungen außerhalb spezieller, im gesellschaftlichen Interesse erlassener Rechtsvorschriften nicht verfügt werden. Bei staatlichen Stellen ist das Wissen vorauszusetzen, dass volkseigene Grundstücke nicht zum persönlichen Eigentum übertragen werden durften. Deshalb ist die Veräußerung durch eine staatliche Stelle auch ohne Weiteres als manipulativ anzusehen, da der Rechtsverstoß gerade darauf abzielte, der Erwerberin das Eigentum an einem volkseigenen Grundstück zu verschaffen (Urteil vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <253> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20). Da nach Auffassung des Verwaltungsgerichts der dem Tausch zugrundeliegende Sachverhalt nicht der Anordnung über den Tausch volkseigener Grundstücke gegen nicht volkseigene Grundstücke unterfiel (vgl. dazu Urteil vom 30. November 2000 - BVerwG 7 C 94.99 - Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 8), kommt es gemäß § 4 Abs. 3 Buchst. a VermG streitentscheidend darauf an, ob eine zumindest fahrlässige Unkenntnis der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen bezüglich dieses Rechtsverstoßes bei Abschluss des Tauschvertrages vorgelegen hatte. Um dies festzustellen, genügt es nicht, nur die Beigeladenen (informatorisch) zu befragen. Der besagte, vom Kläger angebotene Zeuge R. soll von der Rechtswidrigkeit des Tauschvertrages gewusst haben. Es drängt sich daher auf, ihn zum Kenntnisstand beider Vertragsparteien bei Abschluss des Tauschvertrages zu befragen, ehe über die subjektive Seite des Ausschlussgrundes abschließend befunden wird.

4 Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 GKG.