Beschluss vom 22.10.2008 -
BVerwG 6 B 66.08ECLI:DE:BVerwG:2008:221008B6B66.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.10.2008 - 6 B 66.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:221008B6B66.08.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 66.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 29.04.2008 - AZ: OVG 19 A 1863/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn
und Dr. Bier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. April 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 373,06 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

2 Die Beschwerde will geklärt wissen: „Geht das allgemeine Tilgungsbestimmungsrecht des Schuldners, wie es sich beispielsweise aus der zivilrechtlichen Regelung des § 366 Abs. 1 BGB oder aus § 225 Abs. 1 AO ergibt, der Verrechnungsvorschrift, wie sie sich aus § 7 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren in seiner unveränderten Ursprungsfassung vom 18. November 1993 ergibt, vor?“ Sie fragt ferner: „Ist die Verjährungseinrede zwingend notwendigerweise auch explizit hinsichtlich von Gebührenansprüchen zu erheben, bezüglich derer ein entsprechender Gebührenbescheid dem Gebührenschuldner nicht zugegangen ist? Kann sich ein Gebührenschuldner in der Folge wirksam auf die Einrede der Verjährung berufen, wenn er die Einrede der Verjährung zu einem Zeitpunkt erhebt, in welchem trotz anderslautender Tilgungsbestimmung des Schuldners durch den Gläubiger eine Verrechnung in Bezug auf die (verjährte) Forderung vorgenommen worden ist?“

3 Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision schon deshalb nicht, weil sie sich auf irrevisibles Landesrecht beziehen. Wie die Klägerin selbst nicht verkennt, gehört § 7 der Satzung des Beklagten über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 18. November 1993, der sich mit der Verrechnung eingehender Zahlungen auf rückständige Rundfunkgebühren befasst, dem nichtrevisiblen Landesrecht an. Bezüglich der Ermächtigungsgrundlage für diese Satzungsbestimmung, die das Berufungsgericht in § 4 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - erblickt, gilt das Gleiche. Denn die Bestimmungen dieses Staatsvertrages wurden erst durch § 10 RGebStV in der Fassung des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages, der am 1. März 2007 in Kraft getreten ist, für revisibel erklärt. Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die hier umstrittenen Zahlungsaufforderungen in den Bescheiden des Beklagten vom 3. April 2003 und vom 5. Januar 2004 hinsichtlich eines in der Vergangenheit liegenden Gebührenzeitraums maßgeblich war. Unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten „Bestimmungen dieses Staatsvertrages“ sind die Bestimmungen in der Fassung zu verstehen, die sie durch Art. 7 des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages erhalten haben, nicht hingegen das - hier noch übergangsweise geltende - bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (Beschluss vom 5. April 2007 - BVerwG 6 B 15.07 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 42 Rn. 4 m.w.N.).

4 Die Fragen, die die Beschwerde aufwirft, führen auch nicht deshalb auf revisibles Recht, weil § 4 Abs. 4 RGebStV hinsichtlich der Verjährung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches verweist. Soweit Landesrecht auf bundesrechtliche Regelungen Bezug nimmt, erlangen auch die so rezipierten Bestimmungen den Charakter nicht revisiblen Landesrechts, da das für anwendbar erklärte Bundesrecht nicht aus sich heraus, sondern kraft normativer Entscheidung des Landesgesetzgebers gilt (Urteile vom 24. September 1992 - BVerwG 3 C 64.89 - BVerwGE 91, 77 <81> = Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 173 S. 22 und vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 - Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 3). An der Bewertung, dass die Grundsatzbeschwerde auf die Anwendung irrevisiblen Landesrechts zielt, ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass sich die Klägerin hinsichtlich des Tilgungsbestimmungsrechts des Rundfunkgebührenschuldners auf einen allgemeinen Rechtsgrundsatz in Anlehnung an § 366 Abs. 1 BGB bzw. § 225 Abs. 1 AO beruft. Auch allgemeine Rechtsgrundsätze sind dem nicht revisiblen Landesrecht zuzuordnen, wenn sie im konkreten Fall zu dessen Ergänzung herangezogen werden (vgl. auch Urteil vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <172> = Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 13 S. 10).

5 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.