Beschluss vom 22.08.2007 -
BVerwG 2 B 71.07ECLI:DE:BVerwG:2007:220807B2B71.07.0

Beschluss

BVerwG 2 B 71.07

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 30.04.2007 - AZ: OVG 1 A 1939/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. August 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele, Groepper
und Dr. Heitz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 782 134,70 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet. Der Sache kommt eine derartige Bedeutung nicht zu.

2 Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob der vollständige Übergang einer abgrenzbaren Aufgabe von einer fortbestehenden Körperschaft auf eine andere Körperschaft sich nach den § 128 Abs. 4, Abs. 1, § 132 Abs. 3, Abs. 1 BRRG richtet mit der Folge, dass die Versorgungslasten für Versorgungsempfänger, die bei ihrer Zurruhesetzung im Bereich der später übergegangenen Aufgabe tätig waren, auf diese Körperschaft übergehen oder ob sich aus den §§ 128, 132 BRRG ein ausnahmsloser Grundsatz ableiten lässt, dass die Versorgungslasten stets bei der die Aufgabe abgebenden Körperschaft bleiben, wenn die Körperschaft auch nach dem Aufgabenübergang fortbesteht.

3 Der Kläger wirft diese Frage vor dem Hintergrund auf, dass die bis Ende 2000 zu ihren Aufgaben gehörende Straßenbauverwaltung zu diesem Zeitpunkt auf das Land überging. Die Parteien streiten über die Frage, wer die Versorgungslasten für die Beamten zu tragen hat, die vor dem Übergang der Aufgabe auf das beklagte Land in den Ruhestand getreten sind.

4 Die Frage bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung. Ihre Beantwortung ergibt sich vielmehr mit hinreichender Eindeutigkeit aus dem Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

5 Die §§ 128 bis 132 BRRG regeln die status-, besoldungs- und versorgungsrechtlichen Folgen der Eingliederung einer Körperschaft in eine andere (§ 128 Abs. 1) oder in mehrere andere Körperschaften (§ 128 Abs. 2), sowie die Folgen einer Fusion mit einer oder mehreren anderen Körperschaften (§ 128 Abs. 4) und schließlich die Folgen eines entsprechenden Aufgabenübergangs (§ 128 Abs. 4 letzte Alternative BRRG). Nach § 132 Abs. 3 BRRG i.V.m. Abs. 2 bleiben die versorgungsrechtlichen Ansprüche der im Zeitpunkt des Aufgabenübergangs vorhandenen Versorgungsempfänger gegenüber der abgebenden Körperschaft bestehen. Diese Regelung kann naturgemäß nicht mehr eingreifen, wenn die abgebende Körperschaft durch Aufgehen in einer oder in mehreren anderen nicht mehr fortexistiert; in diesem Falle gehen auch die Versorgungslasten auf die neue Körperschaft über. In dem hier gegebenen Fall, dass nur Aufgaben übergehen, kann es jedoch keinem begründeten Zweifel unterliegen, dass der Kläger nach wie vor die Versorgungslasten für diejenigen Versorgungsempfänger zu tragen hat, die bei Aufgabenübergang am 1. Januar 2001 „vorhanden“ waren. Dies entspricht dem anerkannten Grundsatz, dass diejenige Körperschaft die Versorgungslasten zu tragen hat, in deren Dienst die aktiven Beamten im Zeitpunkt der Zurruhesetzung gestanden haben (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 2 C 68.03 - BVerwGE 122, 301 <304>). Der eindeutige Wortlaut des § 132 Abs. 2 BRRG lässt die von der Beschwerde vertretene Auslegung nicht zu, die Regelung sei im Falle des vollständigen Übergangs einer abgrenzbaren Aufgabe nicht anzuwenden. Ebenso wenig erweckt das Gesetz Zweifel daran, dass Versorgungslasten bei der die Aufgabe abgebenden Körperschaft auch und gerade dann verbleiben, „wenn die Körperschaft auch nach dem Aufgabenübergang fortbesteht“. Denn anders als bei den Fällen des Aufgehens einer Körperschaft in einer anderen setzt der bloße Aufgabenübergang von einer Körperschaft auf eine andere schon begrifflich den Fortbestand der abgebenden Körperschaft voraus. Andernfalls wäre ein Fall der Eingliederung oder der Fusion gegeben. Dabei unterscheidet das Gesetz nicht danach, ob eine Aufgabe (oder ein Aufgabenbereich) „vollständig“ oder „teilweise“ auf die andere Körperschaft übergeht, sondern setzt beide Fälle gleich. Diese gesetzliche Bewertung entspricht schon deswegen praktischen Bedürfnissen, weil sich bei jeder Aufgabenübertragung darüber streiten lässt, ob sie als „vollständig“ oder als „teilweise“ anzusehen ist; dies hängt in hohem Maße von der Betrachtungsweise und der Wortwahl ab. So umfasste die in dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1970 - BVerwG 6 C 8.69 - (BVerwGE 36, 179) erörterte Übertragung zwar „vollständig“ die Aufgaben der kommunalen Vollzugspolizei, aber nur „teilweise“ die Aufgaben der Polizei im Sinne des Ordnungsrechts. Die Beschwerde, deren Darlegungen diese Überlegungen in weitem Maße bestätigen, lässt nicht erkennen, worin angesichts des insoweit klaren Sinnes der Vorschrift klärungsbedürftige Zweifel begründet sein sollten. Dies gilt insbesondere für die Angriffe der Beschwerde gegen die erwähnte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1970 - a.a.O. -, in der sich das Bundesverwaltungsgericht eingehend mit der Auslegung der hier maßgeblichen Vorschriften auseinandergesetzt hat. Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht, anders als die Beschwerde meint, auch den Fall ins Auge gefasst, dass eine Aufgabe vollständig auf eine andere Körperschaft übergeht (Urteil vom 27. Oktober 1970 a.a.O. S. 186). Die Entscheidung ist selbst nach den Darlegungen der Beschwerde nur vereinzelt auf Kritik gestoßen; der Gesetzgeber hat keinen Anlass gesehen, die Vorschrift zu ändern.

6 Auf die Frage, welcher Regelung bei Aufgabenübertragung die Verteilung der aktiven Beamten zu folgen hätte (Übergang kraft Gesetzes nach § 128 Abs. 1 oder Übernahme im Einvernehmen der beteiligten Körperschaften nach § 128 Abs. 2 BRRG; vgl. hierzu Beschluss vom 26. Juli 1965 - BVerwG 2 B 1.65 -), kommt es hier nicht entscheidungserheblich an. Denn § 132 Abs. 2 BRRG schließt derartige Zweifel jedenfalls für die Gruppe der Versorgungsempfänger aus, indem hier sowohl für die Fälle des § 128 Abs. 3 als auch für die Fälle des § 128 Abs. 4 BRRG bestimmt ist, dass die Versorgungsansprüche der im maßgeblichen Zeitpunkt vorhandenen Versorgungsempfänger sich weiterhin gegen die abgebende Körperschaft richten. Diese Bestimmung erfasst alle Fälle des § 128 Abs. 4 BRRG, also sowohl die „vollständige“ als auch „teilweise“ Aufgabenübertragung. Dies trägt auch die Beschwerde selbst vor, indem sie (S. 9) darlegt, die Übertragung der Straßenbauverwaltung auf das Land stelle einen „Übergang von Aufgaben“ im Sinne des § 128 Abs. 4 BRRG dar.

7 Die Ausführungen der Beschwerde über die teleologische Auslegung der Vorschrift zeigen ebenfalls keinen Klärungsbedarf auf. Mit ihnen hat sich das Bundesverwaltungsgericht bereits in der zitierten Entscheidung vom 27. Oktober 1970 (a.a.O. S. 187) auseinandergesetzt und sie als „eine an erwerbswirtschaftlichen Betrieben orientierte Betrachtungsweise“ zurückgewiesen.

8 Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 52 Abs. 3 GKG.