Beschluss vom 22.05.2008 -
BVerwG 8 B 33.08ECLI:DE:BVerwG:2008:220508B8B33.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.05.2008 - 8 B 33.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:220508B8B33.08.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 33.08

  • VG Gera - 16.01.2008 - AZ: VG 2 K 392/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Mai 2008
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. Januar 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Gera wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.

2 Die Rechtssache hat nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig, ob der faktische Enteignungsbegriff auch gegen den Eigentümer gewendet werden kann. Eine solche Lesart wäre mit Art. 14 GG nicht vereinbar. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts beantworten. Eine Enteignung im Sinne des Vermögensgesetzes setzt keine bestimmte Form der Enteignung voraus; sie ist vielmehr immer dann anzunehmen, wenn der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete staatliche Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt worden ist (Beschluss vom 21. September 1994 - BVerwG 7 B 14.94 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 30; Urteil vom 23. Januar 1997 - BVerwG 7 C 19.96 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 15).

3 Die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verpflichtet den Gesetzgeber nicht, alle Enteignungen in der DDR vermögensrechtlich als wiedergutmachungspflichtigen Zugriff auf den enteigneten Vermögenswert zu bewerten, wenn die Enteignung den Maßstäben des Art. 14 Abs. 3 GG nicht genügt hat (Beschluss vom 24. Februar 1998 - BVerwG 7 B 42.98 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 139). Vielmehr war der Gesetzgeber bei der Auswahl der Tatbestände, die an eine Wiedergutmachung anknüpfen wollte, nur durch das Sozialstaatsprinzip und den Gleichheitssatz gebunden. Für Enteignungen in der Deutschen Demokratischen Republik galten die Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG nicht, weil sich der Geltungsbereich des Grundgesetzes auf das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik nicht erstreckte und das Grundgesetz für dieses Gebiet auch nicht rückwirkend in Kraft getreten ist (BVerfG, Beschluss vom 9. Dezember 1997 - 1 BvR 1611/94 - BVerfGE 97, 89). Art. 14 GG gebietet nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland für eigentumsentziehende Handlungen der DDR einsteht, die mit einer nach den Maßstäben des Art. 14 Abs. 3 GG unzureichenden Entschädigung verbunden waren. Eine solche Pflicht besteht auch nicht gegenüber solchen deutschen Staatsangehörigen, die im Zeitpunkt der Enteignung ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatten. Eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland im Sinne eines Einstehensmüssens für etwaige aus ihrer Sicht rechts- oder verfassungswidrige Hoheitsmaßnahmen in der DDR bestand daher nicht (BVerfG, Urteil vom 23. April 1991 - 1 BvR 1170/90, 1174/90, 1175/90 - BVerfGE 84, 90 <123 f.>).

4 Die Revision ist wegen der behaupteten Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) nicht zuzulassen. Sämtliche Abweichungsrügen sind unzulässig, weil die Beschwerde keinen Rechtssatzwiderspruch darlegt. Da die Divergenzrevision der Wahrung der Rechtseinheit und ggf. auch der Rechtsfortbildung dient, setzt ihre Zulassung eine Abweichung im Grundsätzlichen, also einen abstrakten Rechtssatzwiderspruch voraus. Einen solchen Rechtssatzwiderspruch lässt das Beschwerdevorbringen nicht erkennen.

5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG.