Urteil vom 22.02.2005 -
BVerwG 1 D 2.04ECLI:DE:BVerwG:2005:220205U1D2.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.02.2005 - 1 D 2.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:220205U1D2.04.0]

Urteil

BVerwG 1 D 2.04

  • Bayer. VG München - 03.03.2004 - AZ: BDiG IV VL 1/03

In dem Disziplinarverfahren hat das Bundesverwaltungsgericht, Disziplinarsenat,
in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 22. Februar 2005,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht
A l b e r s ,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht
H e e r e n ,
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r ,
Technischer Fernmeldeamtsrat Stefan P o h l i g
und Justizamtsinspektorin Irene F o r m a n n
als ehrenamtliche Richter
sowie
Postdirektor ...
als Vertreter der Einleitungsbehörde
und
Justizangestellte ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

  1. Auf die Berufung des Technischen Fernmeldeoberinspektors
  2. ... wird das Urteil des ... Verwaltungsgerichts ... vom 3. März 2004 mit Ausnahme der Kostenentscheidung aufgehoben.
  3. Die jeweiligen Dienstbezüge des Beamten werden um ein Zehntel auf die Dauer von einem Jahr gekürzt.
  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens und die dem Beamten hierin erwachsenen notwendigen Auslagen haben der Beamte zu einem Drittel und der Bund zu zwei Dritteln zu tragen.

I


1. Der Bundesdisziplinaranwalt hat dem am ... in ... geborenen Beamten mit Anschuldigungsschrift vom 7. März 2003 vorgeworfen, dadurch ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er
1. am 12. Juli 2000 in seiner Dienststelle durch extrem lautes und aggressives Verhalten den Betriebsfrieden in besonders erheblichem Maße gestört habe,
2. am 12. Juli 2000 als Betreuer der Intranet-Homepage seiner Niederlassung dort einen das Ansehen der Telekom schädigenden Text veröffentlicht und damit die Arbeitsabläufe in der Niederlassung gestört habe,
3. im Untersuchungsverfahren am 20. März 2001 eine Ärztin des betriebsärztlichen Dienstes der DTAG verunglimpft habe.
2. Das ... Verwaltungsgericht ... hat durch Urteil vom 3. März 2004 entschieden, dass die Dienstbezüge des Beamten wegen eines Dienstvergehens um ein Fünftel auf die Dauer von fünf Jahren gekürzt werden. Es hat zu den ersten beiden Anschuldigungspunkten folgende Sachverhalte festgestellt und diese wie folgt disziplinarisch gewürdigt:
Der Beamte habe sein Verhalten am 12. Juli 2000 - sowohl den Wutausbruch als auch die von ihm veranlasste Änderung der Homepage im Intranet - eingeräumt. Die in der Untersuchung vernommenen Zeugen hätten die Vorfälle bestätigt und die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb glaubwürdig und überzeugend geschildert. Von dem Vorwurf 3 sei der Beamte freizustellen, da sich die Zeugin an den Vorfall aus dem Jahr 1993 nicht mehr habe erinnern können. Zugunsten des Beamten sei in diesem Fall davon auszugehen, dass er eine Äußerung der Zeugin möglicherweise missverstanden habe.
Der Beamte habe hierdurch ein erhebliches Dienstvergehen begangen. Hierbei wiege besonders schwer, dass der Beamte seine dienstliche Stellung als Beauftragter für das Intranet zu Angriffen auf die Geschäftsleitung genutzt habe. Es sei nicht hinnehmbar, wenn ein Beamter seine Dienststellenleitung öffentlich und schriftlich auf diese Weise diffamiere. Er unterstelle, dass Mobbing in der Niederlassung gang und gäbe sei, ohne dass er hierfür den geringsten Anhaltspunkt habe, außer seiner Annahme, er persönlich werde gemobbt. Des Weiteren werfe er der Geschäftsleitung vor, sie unternehme nichts gegen die - nach seiner Darstellung in der gesamten Niederlassung herrschenden unhaltbaren - Zustände. Für die vermeintlich unhaltbaren Zustände gebe es keine objektiven Anhaltspunkte. Allein das subjektive Empfinden des Beamten, er werde ausgegrenzt, rechtfertige diese pauschalen und auf die ganze Dienststelle bezogenen Vorwürfe nicht. Damit werde der Beamte seiner Pflicht, seine Vorgesetzten zu unterstützen, in keiner Weise gerecht. Nach Auffassung des Gerichts sei das ein massiver öffentlicher Angriff gegen seine Vorgesetzten, der nicht hingenommen werden könne.
Das Verändern der Intranet-Homepage habe auch noch weitere Auswirkungen auf den Dienstbetrieb gehabt; denn es habe zur Folge gehabt, dass der Server für Stunden habe abgeschaltet werden müssen und somit alle Mitarbeiter der Niederlassung auf die Daten nicht hätten zugreifen können. Der Einwand des Beamten, er sei als EDV-Betreuer verpflichtet, das Passwort in regelmäßigen Abständen zu verändern, könne ihn nicht entlasten. Gerade wenn er - wie er vortrage - der einzige Verantwortliche für den Server gewesen sei, sei es seine Pflicht gewesen, für Notfälle das Passwort zu hinterlegen. Tue er dies nicht, so liege die Vermutung nahe, dass er Störungen im Betriebsablauf herbeiführen wolle, zumindest aber billigend in Kauf nehme.
Auch sein Verhalten am 12. Juli 2000 in seinem Büro sei nicht zu entschuldigen. Von einem Beamten werde erwartet, dass er im Amt und privat die allgemeinen zwischenmenschlichen Regeln kenne und nach diesen handele. Er erweise sich für eine Zusammenarbeit im Dienstbetrieb als wenig geeignet, wenn er vermeintlichen Kränkungen durch Szenen dieser Art zu begegnen versuche. Damit verhalte er sich nicht so, wie es das Amt von ihm erfordere. Er störe den Betriebsfrieden, halte die Mitarbeiter von der Arbeit ab und schade dem Ansehen der DTAG auch nach außen. Immerhin hätten sich die Vorgesetzten des Beamten gezwungen gesehen, die Polizei zu rufen, um seinem Schreien und Toben Einhalt zu gebieten. Vernünftigem Zureden sei der Beamte, wie die Zeugen bekundet hätten, nicht mehr zugänglich gewesen.
Der Beamte habe auch schuldhaft gehandelt. In seinem im Untersuchungsverfahren eingeholten ausführlichen Gutachten habe Dr. R. überzeugend dargelegt, dass weder die Einsichts- noch die Steuerungsfähigkeit des Beamten eingeschränkt gewesen seien.
Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme seien alle Umstände zu Gunsten und zu Lasten des Beamten, aber auch seine Persönlichkeit zu bewerten gewesen. Zu Lasten des Beamten sei zu berücksichtigen, dass er den Eklat vom 12. Juli 2000 bewusst und zielgerichtet herbeigeführt habe. Ein konkreter Anlass für einen Wutausbruch oder die Verunglimpfung auf der für alle 1 800 Mitarbeiter einsehbaren Intranet-Homepage habe nach seinen eigenen Angaben nicht bestanden. Eine emotionale Belastung des Beamten durch die Vorgänge aus dem Jahr 1997 erscheine wenig glaubhaft. Damals sei die am 3. Juli 1995 (wegen Beleidigung von Vorgesetzten und Mitarbeitern) verfügte vorläufige Dienstenthebung aufgehoben worden, nachdem das Bundesdisziplinargericht zwar die vorläufige Dienstenthebung bestätigt, die ebenfalls verfügte Bezügekürzung jedoch aufgehoben habe. Der Beamte sei daraufhin zum Dienstantritt aufgefordert worden. Ihm sei ein neues Arbeitsgebiet zugewiesen worden, mit dem er zunächst auch zufrieden gewesen sei. Es erscheine dem Gericht befremdlich, dass der Beamte aus der Aufforderung zum Dienstantritt den Schluss ziehe, der Dienstherr habe damals durch die Aufhebung der Suspendierung den Betriebsfrieden stören wollen. Das Gericht habe den Eindruck, dass der Beamte mit der nachfolgenden Suspendierung (bei vollen Bezügen) durchaus zufrieden gewesen sei. Gegen diese Entscheidung vom 13. Oktober 2000 habe er nichts unternommen. Vielmehr habe er ausdrücklich im Rahmen der Vorermittlungen gebeten, ihn im Interesse seiner Gesundheit weiterhin vom Dienst zu befreien. Offensichtlich sei auch, dass der Beamte sehr geneigt sei, für jeden vermeintlichen Missstand sein Arbeitsumfeld (Vorgesetzte und Kollegen) verantwortlich zu machen. In der mündlichen Verhandlung habe er zum Ausdruck gebracht, dass es Sache des Dienstherrn sei, wenn dieser ihm keinen genehmen Arbeitsplatz und entsprechende Kollegen zur Verfügung stellen könne, ihn auch weiterhin (ohne Arbeitsleistung) zu alimentieren. Dies gebiete schließlich die einem Lebenszeitbeamten zustehende Fürsorgepflicht des Dienstherrn.
Angesichts dieser Umstände, so die Vorinstanz, sei auch daran zu denken gewesen, den Beamten aus dem Dienst zu entfernen; denn sein Verständnis vom Beamtenverhältnis als einem gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnis sei schwer nachvollziehbar.
Das Gericht habe sich aber zu einer langfristigen Kürzung der Dienstbezüge entschlossen, da es das Vertrauensverhältnis noch nicht als vollständig zerstört ansehe. Allerdings müsse dem Beamten auch verdeutlicht werden, dass dies seine letzte Chance sei, sein Verständnis vom Status eines Lebenszeitbeamten zu überdenken.
3. Hiergegen hat der Beamte rechtzeitig Berufung eingelegt und beantragt, ihn freizusprechen.
Zur Begründung führt er aus, die Dienststelle habe den Gutachter Dr. R. getäuscht, indem sie diesen auf die von ihm, dem Beamten, verursachte mehrjährige Störung des Betriebsfriedens hingewiesen habe. Im Übrigen sei zu bemängeln, dass das Gericht seinen Beweisantrag vom 31. Mai 2001 ignoriert habe. Dort habe er beantragt zu prüfen, ob seit Aufhebung seiner vorläufigen Dienstenthebung Mobbing-Aktionen durch vorgesetzte Stellen der Deutschen Telekom AG gegen ihn durchgeführt worden seien. Nicht nachvollziehbar sei die Begründung des Gerichts, er sei verpflichtet gewesen, das Passwort zu hinterlegen. Es sei vielmehr Aufgabe seiner Vorgesetzten gewesen, durch Schaffung korrekter Arbeitsstrukturen dafür zu sorgen, dass ein Vertreter zur Verfügung stehe. Zu einer Hinterlegung des Passwortes bei fachlich nicht kompetenten Kollegen sei er nicht berechtigt gewesen. Das Gericht bemängele zu Unrecht, dass er gegen seine Suspendierung nichts unternommen habe, da er offensichtlich damit nicht unzufrieden gewesen sei. Das sei schon deshalb Unsinn, weil die derzeit zu anderen Unternehmen versetzten ca. 20 000 Telekom-Beschäftigten überwiegend bei vollem Gehalt nicht beschäftigt würden. Nicht nachvollziehbar sei auch, dass das Gericht die von ihm genannten Beleidigungen und Gewaltandrohungen durch Kollegen und Vorgesetzte als vermeintliche Kränkungen verharmlose.
Die Behauptung, er habe den Eklat am 12. Juli 2000 bewusst und zielgerichtet herbeigeführt, sei durch nichts zu belegen und außerdem völlig falsch. Sein Nervenzusammenbruch sei eine Folge mehrjähriger schwerster Beleidigungen und Gewaltandrohungen gewesen. Außerdem sei besonders in den letzten Wochen vor diesen Ereignissen am 12. Juli 2000 seitens der Dienststelle jegliche Kommunikation eingestellt worden. Seine Vorgesetzten hätten ein Verhalten gezeigt, das durch nichts zu entschuldigen und mit einem gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnis nicht zu vereinbaren sei.

II


Die Berufung des Beamten hat teilweise Erfolg; sie führt zu einer Kürzung der Dienstbezüge auf die Dauer von einem Jahr um ein Zehntel.
Das Disziplinarverfahren ist nach bisherigem Recht, d.h. auch nach In-Kraft-Treten des Bundesdisziplinargesetzes nach den Verfahrensregeln und -grundsätzen der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen (vgl. zum Übergangsrecht z.B. Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - NVwZ 2002, 1515). Allerdings können auf so genannte Altfälle - wie hier - ausnahmsweise auch Vorschriften des Bundesdisziplinargesetzes Anwendung finden, soweit diese den beschuldigten Beamten materiellrechtlich besser stellen (vgl. zuletzt Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = ZBR 2005, 91).
Das Rechtsmittel ist unbeschränkt eingelegt. Der Beamte begehrt einen Freispruch und bestreitet sinngemäß, schuldhaft ein Dienstvergehen begangen zu haben. Der Senat hat deshalb den Sachverhalt selbst festzustellen und disziplinarrechtlich zu würdigen.
Aufgrund der zum Gegenstand der Berufungsverhandlung gemachten Beweismittel und der Einlassung des Beamten, soweit dieser gefolgt werden konnte, ist in den einzelnen Anschuldigungspunkten von folgendem Sachverhalt und folgender disziplinarrechtlichen Würdigung auszugehen, wobei das vorgeworfene Verhalten in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 als an einem Tattag begangen in einem inneren Zusammenhang steht.
Der Beamte, der den lauten Wutausbruch am 12. Juli 2000 in seinem Dienstzimmer einräumt, trägt dazu vor, es sei durch nichts zu belegen und außerdem völlig falsch zu behaupten, er habe den Eklat bewusst und zielgerichtet herbeigeführt. Sein Nervenzusammenbruch sei vielmehr eine Folge mehrjähriger schwerster Beleidigungen und Gewaltandrohungen. Außerdem sei besonders in den letzten Wochen vor diesen Ereignissen von Seiten der DTAG jegliche Kommunikation eingestellt worden. Seine Vorgesetzten hätten ein Verhalten gezeigt, das durch nichts zu entschuldigen und mit einem gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnis nicht zu vereinbaren sei. Er sei zu seinem Verhalten von der Dienststelle provoziert worden und deshalb schuldlos. Das trifft nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung nicht zu. Das Verhalten des Beamten als solches ist aufgrund der Zeugenaussagen, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, belegt.
Die im Untersuchungsverfahren vernommenen Zeugen S. und W. haben übereinstimmend bekundet, aus dem Dienstzimmer des Beamten seien am 12. Juli 2000 laute Geräusche gedrungen. Er, der Zeuge S., habe den Eindruck gehabt, der Beamte würde "durchdrehen". Eine Kollegin habe sich aus Angst sogar in ihrem Dienstzimmer eingeschlossen. Nach Beratung mit Kollegen sei er, der Zeuge S., zusammen mit Frau H. und Herrn W. gemeinsam in das Dienstzimmer des Beamten gegangen, um ihn zu fragen, ob es Probleme gebe, weil er so laut schreie und auf Möbel einschlage. Der Beamte habe das Schreien abgestritten und sie des Zimmers verwiesen. Mit Einverständnis des Niederlassungsleiters habe er, der Zeuge Steib, zuerst den Notarzt gerufen, der ihn an die Polizei verwiesen habe, die mit vier Beamten erschienen sei. Der Beamte sei schließlich für den Rest des Tages beurlaubt worden und habe mit der Polizei friedlich das Gebäude verlassen.
Durch sein Verhalten am 12. Juli 2000 hat der Beamte vorsätzlich die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens als Teil der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) verletzt. Er hat den Dienstbetrieb gestört und sich gegenüber Kollegen ungebührlich verhalten. Wenn ein Beamter an seinem Arbeitsplatz derart die Fassung verliert, dass sich die Dienststelle veranlasst sieht, sowohl einen (externen) Arzt als auch die Polizei zu rufen, trägt er außerdem dazu bei, eine offensichtlich bestehende Konfliktsituation nach außen zu tragen. Bei bestehenden Problemen am Arbeitsplatz kann von einem Beamten erwartet werden, dass er sich auch von sich aus um eine Lösung bemüht, beispielsweise das Gespräch mit Kollegen und Vorgesetzten sucht. Der Beamte hat wesentlich selbst zu seiner Isolierung beigetragen.
Auch den Disziplinarvorwurf zu 2 hat der Beamte eingeräumt. Er hat die von ihm allein betreute Intranet-Homepage der TNL ... am 12. Juli 2000 verändert. Die Homepage enthielt offiziell u.a. folgende Aussage:
"Aus den Grundsätzen des Handelns und Führens bei der Deutschen Telekom: Feindselige Verhaltensweisen wie Mobbing oder Rassismus akzeptieren wir nicht und finden in unserem Unternehmen auch keinen Platz."
Hierzu hatte der Beamte unerlaubt folgenden Satz angefügt:
"In unserer Niederlassung wird jedoch weiter gemobbt und die Geschäftsleitung kümmert sich nicht darum." Da ein Löschen des Eintrags die Kenntnis eines nur dem Beamten bekannten Passwortes voraussetzte, musste der Server für mehrere Stunden abgeschaltet werden, um eine weitere Verbreitung des die Leitung der Niederlassung beleidigenden Textes zu verhindern. Dass er das Passwort schließlich nach mehreren Stunden erst übermittelt hat, kann ihn nicht entlasten. Der Beamte hat auch insoweit vorsätzlich gehandelt und dadurch eine weitere Pflichtverletzung im Sinne von § 54 Satz 3 BBG begangen. Eine Intranet-Homepage stellt ein betriebliches Arbeitsmittel dar und steht allen Mitarbeitern allein für dienstliche Zwecke zur Verfügung. Wer sie in der angeschuldigten Art und Weise aus persönlichen Gründen missbraucht und dadurch ihre Abschaltung herbeiführt, betreibt Sabotage und stört den Betriebsfrieden. Die Einlassung des Beamten in der Berufungsverhandlung, er sei nicht befugt gewesen, das Passwort in der Dienststelle zu hinterlegen, da er keinen Vertreter gehabt habe, kann ihn ebenfalls nicht entlasten. Entscheidend ist, dass der Beamte darum wusste, dass ein Löschen seines Eintrags ohne seine Mitwirkung nur mit erheblichem Zeitaufwand würde erfolgen können und die Leitung der Niederlassung bis zur Behebung des Problems den Text nicht stehen lassen konnte. Er hat also die Abschaltung mindestens in Kauf genommen.
Beide Disziplinarvorwürfe hat der Beamte am 12. Juli 2000 auch vorwerfbar schuldhaft begangen. In der Berufungsverhandlung hat er zwar erneut geltend gemacht, er sei an diesem Tage schuldunfähig gewesen. Aufgrund der Ergebnisse der im Untersuchungsverfahren eingeholten Gutachten trifft dies indes nicht zu. Dr. R., Oberarzt Forensik am Bezirkskrankenhaus ..., hat den Beamten eingehend untersucht und für eine Schuldunfähigkeit des Beamten am Tattage keinerlei Anhaltspunkte gefunden. In seinem Gutachten vom 20. Oktober 2001 führt er u.a. folgendes aus:
"Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass bei Herrn X. kein Hinweis für hirnorganische Störungen, psychotische Störungen oder Persönlichkeitsstörungen vorliegen bzw. zur Tatzeit vorgelegen haben, die die Merkmalskategorie einer krankhaften seelischen Störung erfüllen. Inwieweit bei dem beschriebenen affektiven Ausnahmezustand eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung vorgelegen hat, muss zumindest stark bezweifelt werden. ... Häufig spielen konstellative Faktoren eine Rolle. Die Sinn- und Erlebniskontinuität ist häufig gestört und es kann zu Erinnerungsstörungen kommen. Derlei Abläufe finden sich im vorliegenden Fall nicht. Es fehlt ein Zusammenhang zwischen Provokation, Erregung und Tat. Durch die Vorgeschichte des wiederholten Schreiens ist eine gewisse Vorwegnahme dieser Verhaltensweisen in der Phantasie vollzogen. Die Tatsituation wurde ausschließlich durch den Täter herbeigeführt. Die Erinnerung von Herrn X. ist im Wesentlichen vorhanden. Da Herr X. keine Einschränkung der Einsichtsfähigkeit hat, war es von seiner Seite völlig klar, dass er im Affekt einen Regelverstoß begangen hat, in dem er den Text ins Intranet stellte. Sein zugegebenermaßen lautes Schreien ist weder selbst- noch fremdgefährdend, so dass auch zumindest aus der Sicht der Polizisten kein Straftatbestand vorlag. Inwieweit eine Störung des Betriebsfriedens vorgelegen hat, ist eine Sache der gerichtlichen Auseinandersetzung, die Herr X. offenbar herbeiwünscht. Wogegen er sich wendet ist das Wort permanent, weil er nur zu wiederholten und besonderen Zeitpunkten sein lautes Verhalten an den Tag legte. Selbst wenn also durch die beschriebene emotionale Spannung eine Bewusstseinsstörung postuliert wird, kann sie nach den genannten Kriterien wohl kaum als tiefgreifend im Sinne des Gesetzes gewertet werden."
Die ergänzend durchgeführte testpsychologische Untersuchung durch die Diplom-Psychologin L. bestätigt dieses Ergebnis. Nach der zusammenfassenden Beurteilung im testpsychologischen Zusatzgutachten vom 31. Dezember 2001 handelt es sich bei dem Beamten um einen Menschen, dessen "ausgeprägtes Kontrollbedürfnis" auffällt. Der Beamte neige zu verbalen Feindseligkeiten gegen andere, leugne dabei eigene Anteile, bagatellisiere die Probleme und betone dabei seine Opferrolle. Die Gesamtschau der von ihr erhobenen Befunde - so die Gutachterin weiter - lasse eine auffällig gestörte Persönlichkeit im passiv-aggressiven Sinne mit antisozialen und emotional-instabilen Zügen erkennen, auf dem Boden einer depressiven, selbstunsicheren Grundstruktur, die bei ausreichender Realitätskontrolle keine Anzeichen einer psychotischen Störung zeige.
Der Senat hält die sich gegenseitig stützenden Gutachten für überzeugend. In der Berufungsverhandlung sind keine Anhaltspunkte zutage getreten, die die Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten und sein Steuerungsvermögen am Tattage abweichend von den Gutachten als möglich erscheinen lassen. Die Gutachter setzen sich ausführlich mit den diagnostischen Erhebungen zur Persönlichkeitsstruktur des Beamten auseinander und mit dessen Schilderungen, wie es aus seiner Sicht zu den Vorgängen gekommen ist, die den Disziplinarvorwürfen zugrunde liegen; ihre Ausführungen sind widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Der Senat hat daher keine Veranlassung, ihnen nicht zu folgen. Sonach steht zu seiner Überzeugung fest, dass der Beamte sich am 12. Juli 2000 zwar in einer emotional angespannten Situation befunden hat, in die er sich hineingesteigert hatte, gleichwohl aber in der Lage war, sein eigenes Verhalten zu steuern und zu beherrschen. Die Voraussetzungen der §§ 20 und 21 StGB lagen somit am Tattage nicht vor. Der Beamte hat vorsätzlich schuldhaft gehandelt. Er wollte bewusst provozieren.
Von dem Disziplinarvorwurf zu 3 hat die Vorinstanz den Beamten zu Recht freigestellt. Die Berufungsverhandlung hat keine Anhaltspunkte für eine abweichende Würdigung ergeben. Im Protokoll über die Vernehmung des Beamten am 20. März 2001 befindet sich die dem Beamten zugeschriebene Äußerung, die Telekom habe "ihre Postbetriebsärzte unter Kontrolle", nicht. Vielmehr äußert sich der Beamte in einem späteren Schreiben zu der ihm zugeschriebenen Behauptung in der Weise, dass er ein Gespräch zwischen ihm und Dr. M. Ende März 1993 schildert und eine angebliche Äußerung von Dr. M. in der Weise referiert, sie, Dr. M., müsse in erster Linie die Interessen der Verwaltung vertreten. Im Untersuchungsverfahren hat Dr. M. sich an die ihr zugeschriebene Äußerung nicht mehr erinnern können; der dazu in der Berufungsverhandlung erneut befragte Beamte hat erklärt, er sei sich heute nicht mehr sicher, wie die Äußerungen der Frau Dr. M. zu werten gewesen seien. Angesichts dieser Beweislage lässt sich der Disziplinarvorwurf zu 3, der Beamte habe auch insoweit schuldhaft gehandelt, nicht mehr aufrechterhalten. Somit verbleibt es bei der Freistellung.
Das aufgrund der festgestellten Pflichtverletzungen in den Anschuldigungspunkten 1 und 2 vom Beamten vorsätzlich begangene einheitliche Dienstvergehen (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG) hat Gewicht und macht eine Kürzung seiner Dienstbezüge auf die Dauer von einem Jahr erforderlich.
Gesetzliche Grundlage einer solchen Disziplinarmaßnahme ist § 8 BDG. Wie der Senat mit Urteil vom 8. September 2004 - BVerwG 1 D 18.03 - ZBR 2005, 91 ff. - entschieden hat, beurteilt sich unter der Geltung des Bundesdisziplinargesetzes die Höchstlaufzeit einer Kürzung der Dienstbezüge auch in so genannten Altfällen, die - wie hier - verfahrensrechtlich noch nach der Bundesdisziplinarordnung fortzuführen sind, wegen der in der Herabsetzung von höchstens fünf auf höchstens drei Jahre liegenden materiellrechtlichen Besserstellung der Beamten nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG; entsprechendes gilt für die Möglichkeit der Abkürzung der Laufzeit des Beförderungsverbotes (§ 8 Abs. 4 Satz 2 BDG). Unter diesen maßstabbildenden Voraussetzungen hält der Senat im vorliegenden Fall den Ausspruch einer Gehaltskürzung auf die Dauer von einem Jahr für erforderlich, aber auch ausreichend. Maßgebend sind insoweit - mangels Regelrechtsprechung - die Umstände des Einzelfalls (vgl. zu Dienstvergehen ähnlicher Art z.B. Urteil vom 3. März 1993 - BVerwG 1 D 35.91 ; Urteil vom 30. Juni 1994 - BVerwG 1 D 13.92 ; Urteil vom 5. September 1995 - BVerwG 1 D 41.94 - BVerwGE 103, 268 = Buchholz 232 § 54 Satz 1 BBG Nr. 4 = DÖD 1996, 200). Auch wenn beide Pflichtverletzungen - ungebührliches Verhalten im Dienst und Störung des Dienstbetriebs - zeitlich fast zusammenfallen, machen sie schon wegen der vom Beamten selbst eingeräumten Wiederholungsgefahr und der darin zum Ausdruck kommenden Uneinsichtigkeit - ungeachtet einer bereits durch Verfügung vom 11. März 1999 gegen den Beamten ausgesprochenen Missbilligung (§ 6 Abs. 2 BDO) - die Verhängung einer Maßnahme mit sich wiederholender Mahnfunktion erforderlich. Allerdings reicht hierfür eine Laufzeit der Gehaltskürzung von 12 Monaten aus. Denn der Beamte wird nicht durch weitere Erschwerungsgründe belastet. Insbesondere gibt es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, er habe mit dem angeschuldigten Verhalten seine anschließende Suspendierung vom Dienst - bei vollen Bezügen - provozieren wollen. Einer entsprechenden Äußerung im erstinstanzlichen Urteil ist er in der Hauptverhandlung vor dem Senat substantiiert entgegengetreten. Die Richtigkeit seiner Einlassung kann ihm nicht widerlegt werden. Schließlich ist zu Gunsten des straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelasteten Beamten zu berücksichtigen, dass es sich um ein spontanes und - nach Auffassung des Gutachters - einem Handeln im Affekt nahe kommendes Fehlverhalten handelt.
Während die Laufzeit der Gehaltskürzung durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt wird, sind für die Festlegung des Kürzungsbruchteils die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten maßgebend. Bei Beamten des gehobenen Dienstes, wie im vorliegenden Fall, wird die Quote regelmäßig auf ein Zehntel festgesetzt (Urteil vom 21. März 2001 - BVerwG 1 D 29.00 - BVerwGE 114, 88). Da der Senat keine Anhaltspunkte dafür hat, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten vom Durchschnitt der entsprechenden Laufbahnbeamten wesentlich unterscheiden, ist auf diesen Kürzungssatz auch hier zu erkennen.
Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 BDG davon abgesehen, die Laufzeit des mit der Kürzung der Dienstbezüge verbundenen einjährigen Beförderungsverbotes abzukürzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 2 und § 115 Abs. 5 BDO. Maßgebend für die Kostenquote ist der in der Berufungsschrift angekündigte und in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Beamten, ihn freizusprechen; denn mit dem Antrag in der Berufungsschrift wird das Ziel des Rechtsmittels bestimmt (vgl. Urteil vom
13. Juli 1999 - BVerwG 1 D 81.97 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 13 = ZBR 1999, 424 = IÖD 2000, 105 m.w.N.).